Erich Hocke
Erich Hocke (* 20. August 1934; † 9. August 1999) war ein deutscher Philosoph, Politikwissenschaftler, Friedensforscher und Oberst der Nationalen Volksarmee.
Er wirkte als Hochschullehrer (1961), Außerordentlicher Professor (1980) und Dekan (1990) an der Militärakademie „Friedrich Engels“ (MAFE)[1] der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik in Dresden (1961–1990).[2][3]
Leben
Herkunft und Ausbildung
Erich Hocke wurde am 20. August 1934 in Reichenberg (heute: Liberec) geboren. Er schloss die Schulzeit mit dem Abitur ab.[4]
Wissenschaftliche und militärische Laufbahn
Im Sommer 1959 legte Hocke nach einem Studium an der Humboldt-Universität Berlin das Staatsexamen als Diplom-Philosoph ab. Schon während des Studiums war er als Assistent tätig, betreute sowjetische Gastprofessoren und übersetzte deren Vorlesungen.[5]
Mit Gründung der Vorstudienfakultät Naumburg/Saale (als Bestandteil der Militärakademie „Friedrich Engels“ Dresden) nahm er dort seine Tätigkeit als Zivillehrer auf. Vordem sammelte er erste militärische Erfahrungen als Panzerkommandant.
Im November 1961 begann seine Hochschullehrer-Laufbahn an der Militärakademie „Friedrich Engels“ in Dresden mit einem Lehrauftrag als Hauptfachlehrer für Philosophie / Erkenntnistheorie. Im Jahr 1962 nahm er an einem militärischen Lehrgang teil, wurde anschließend in den aktiven Wehrdienst übernommen und zum Oberleutnant ernannt.
Hocke wurde im Jahr 1969 zum Fachgruppenleiter berufen und nach einer (berufsbegleitenden) außerplanmäßigen Aspirantur im Jahr 1971 zum ersten akademischen Titel Doktor der Philosophie (Dr. phil.) an der Militärakademie promoviert.[6] Zum Hochschuldozenten für Dialektischen und Historischen Materialismus wurde Oberstleutnant Dr. Hocke im Jahr 1973 berufen.[6]
Seine Promotion B (1977) an der Militärakademie „Friedrich Engels“ zum Doktor der Philosophischen Wissenschaften (Dr. sc. phil.) mit einer Gemeinschaftsarbeit mit Wolfgang Scheler (Zu philosophischen Problemen von Krieg und Frieden in der Gegenwart)[7] begründete eine Denkrichtung der Friedensforschung, die in der NVA und im geistigen Leben der DDR Einfluss erlangte. Im selben Jahr wurde er in den Wissenschaftlichen Rat bei der Akademie der Wissenschaften der DDR berufen.[8]
Erich Hocke wurde im Jahr 1980 zum Außerordentlichen Professor an der Militärakademie "Friedrich Engels" berufen. Im Jahr 1983 erfolgte seine Berufung zum Leiter des Lehrstuhls Wissenschaftlicher Kommunismus und die Berufung als Ordentlicher Professor (1985).[2]
Er erhielt im Herbst 1989 die Gründungsprofessur im Lehrstuhl Politikwissenschaften an der Militärakademie und wurde zum Dekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät gewählt.
Erich Hocke war einer der Vordenker zum Problemkreis Frieden – Krieg – Streitkräfte. Er gehörte zu den ersten Wissenschaftlern in der NVA, die erkannten und thematisierten, dass im Atom-Zeitalter Krieg zum Untergang der Menschheit führen kann und daher als Mittel der Politik untauglich geworden ist. Seit Beginn der achtziger Jahre trug er maßgeblich zur Überwindung des alten militärischen und Sicherheitsdenkens bei.
In den Jahren 1989/90 war Oberst Erich Hocke einer der Initiatoren der Reformen in der NVA und der demokratischen Militärreform in der DDR. Im Februar 1990 wurde Erich Hocke in den von Rolf Lehmann an der Militärakademie initiierten Interdisziplinären Wissenschaftsbereich Sicherheitspolitik (IWBS) berufen, der als Vorläufer für ein zu schaffendes Institut für Sicherheitspolitik konzipiert war. Dessen Arbeitsergebnisse, darunter Beiträge von Hocke, wurden in der Schriftenreihe der Militärakademie Arbeitspapiere IWBS öffentlich publiziert.[9]
Mit der Auflösung der Nationalen Volksarmee im Zuge der staatlichen Einheit Deutschlands wurde er am 30. September 1990, vor der Außerdienststellung der NVA, entlassen. (Oberst a. D.)
Friedenspolitisches Wirken
Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst blieb Erich Hocke auch ohne die Wirkungsmöglichkeiten einer akademischen Institution gesellschaftlich, wissenschaftlich und publizistisch aktiv.
Im Oktober 1990 war Hocke aktives Gründungsmitglied der Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (DSS), um mit gleich gesinnten, ebenfalls entlassenen Offizieren und Wissenschaftlern die gewonnenen Überzeugungen im öffentlichen Diskurs zu vertreten. Er war Vorstandsmitglied (ab 1990) und Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden (1998–1999).
Hocke publizierte eine Vielzahl eigener Beiträge in Heften der DSS-Arbeitspapiere und hatte bei öffentlichen Auftritten hohen Anteil am sicherheits- und friedenspolitischen Wirken der Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik, z. B. als Moderator beim Podium zum Weltfriedenstag (1993, 1995, 1996).
Erich Hocke verstarb 1999 und wurde auf dem Trinitatisfriedhof Dresden beigesetzt.
Auszeichnungen
- 1989 „Nationalpreis der DDR“, dritter Klasse, im Kollektiv für seine Beiträge zur marxistisch-leninistischen Theorie über Frieden, Krieg und Streitkräfte.[10]
- 1985 „Friedrich-Engels-Preis“ der DDR, erster Klasse, für hervorragende Leistungen zum Nutzen der sozialistischen Landesverteidigung als Mitglied eines Kollektivs (Autorenkollektiv des Buches Die Philosophie des Friedens im Kampf gegen die Ideologie des Krieges.)[11]
- 1978 „Friedrich-Engels-Preis“ der DDR, dritter Klasse, für hervorragende Leistungen zum Nutzen der sozialistischen Landesverteidigung als Mitglied eines Kollektivs.[8]
Literatur
- Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, 348 S. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221
Weblinks
- Schriften von Erich Hocke in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB).
- Schriften von Erich Hocke in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
Schriften (Auswahl)
Einzelnachweise
- ↑ Abkürzung in: ZMSBw: Standortdatenbank NVA und GT/DDR. [1]
- ↑ a b Siehe Biografische Daten von Erich Hocke. In: Joachim Klopfer et al. (Red.): Visitenkarten der DSS-Mitglieder In: Für Entmilitarisierung der Sicherheit. 10 Jahre Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (DSS). In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2001, Heft 50, S. 68. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-327003
- ↑ Siehe Biografische Daten von Erich Hocke. In: Wolfgang Scheler et al. (Red.): Für Entmilitarisierung der Sicherheit. 25 Jahre Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (DSS). Ein Resümee. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2015, Heft 115, S. 153. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-321465
- ↑ Siehe Wolfgang Scheler: Lebensdaten von Erich Hocke. In: Für Entmilitarisierung der Sicherheit. 20 Jahre Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2010, Heft 100, S. 168 f. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-327018
- ↑ Siehe Formierung des Lehrstuhls in der Fakultät Gesellschaftswissenschaften. In: Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, S. 16 f. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221
- ↑ a b Siehe Akademische Graduierungen und Berufungen. In: Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, S. 76. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221
- ↑ Wolfgang Scheler / Erich Hocke: Die Einheit von Sozialismus und Frieden. Zu philosophischen Problemen von Krieg und Frieden in der Gegenwart. Dissertation B, Gemeinschaftsarbeit, Dresden 1977, III, 307 und 33 S. Auch im Dietz Verlag, Berlin 1977.
- ↑ a b Siehe Promotionen, Berufungen und Wissenschaftspreise. In: Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, S. 164 ff. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221
- ↑ Siehe Arbeitspapiere IWBS. (Hrsg.) Militärakademie "Friedrich Engels", Dresden 1990, Heft 1. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-341704
- ↑ Siehe Promotionen, Berufungen und Wissenschaftspreise. In: Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, S. 267. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221}
- ↑ Siehe Promotionen, Berufungen und Wissenschaftspreise. In: Alwin Loose / Wolfgang Scheler: Philosophen an der Militärakademie. Der Philosophielehrstuhl an der Militärakademie „Friedrich Engels“. Reminiszenzen ehemaliger Mitglieder. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2014, Heft 109, S. 258. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-340221}
Personendaten | |
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NAME | Hocke, Erich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph, Politikwissenschaftler und Friedensforscher |
GEBURTSDATUM | 20. August 1934 |
STERBEDATUM | 9. August 1999 |
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Grab des Philosophen Erich Hocke auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden