Erich Böhme (Architekt)

Erich Böhme (* 27. September 1925 in Nestomitz, Tschechoslowakei; † 5. August 2001[1]) war ein deutscher Bauingenieur und Architekt, der viele Jahre im Leipziger Wohnungsbau tätig war.

Leben und Wirken

Böhme wurde als Sohn eines Maurers geboren und erlernte ebenfalls das Maurerhandwerk. Er ließ sich zum Industriekaufmann umschulen und studierte von 1950 bis 1953 an der Fachschule für Bauwesen in Gotha. Er schloss diesen Studiengang mit dem Titel „Bauingenieur“ ab. Von 1953 bis 1973 war er als Architekt im VEB BK Leipzig (Hochbauprojektierung I) beschäftigt.

Bauten (Auswahl)

Unter Böhmes Leitung wurde für die Stadt Leipzig die 5-Mp-Plattenbauweise entwickelt. Von 1963 bis 1966 wurden zunächst 4-geschossige Plattenbauten mit Walmdach im WK Leipzig-Sellerhausen erbaut. Ab 1966 errichtete Erich Böhme zusammen mit Eduard Regula und Martin Winkler die 8-10-geschossigen Plattenbauten am Leipziger Johannisplatz. Von 1966 bis 1968 entstand in Probstheida das über 300 Meter lange zehngeschossige Wohnhaus Lange Lene. Zuvor war er von 1963 bis 1966 an der Planung des 8-geschossigen Plattenbaus in der Windmühlenstraße beteiligt.

Von 1968 bis 1971 entwickelte Erich Böhme zusammen mit Thomas Oechelhäuser die Variante „Leipzig“ des Wohnungstyps P2/11. Damit wurde der Wohnkomplex an der Straße des 18. Oktober mit vielen architektonischen Details geschaffen:

Loggien mit Farbglas-Brüstungen, Keramikmosaiken, Betonstrukturen an den Giebeln, vor den Verteilergängen setzten Betonformelemente Akzente.[2] Die Variante „Leipzig“ des Wohnungstyps P2/11 wurde aber nicht nur von 1968/1971 bei den Wohneinheiten in der Leipziger Straße des 18. Oktober angewendet. Auch beim Wohnkomplex „J. R. Becher“ in Lößnig wurde 1971 mit der Variante „Leipzig“ des Wohnungstyps P2/11 gearbeitet.[3] So entstand von 1971 bis 1975 östlich der Zwickauer Straße das Neubaugebiet Lößnig mit 3082 Wohnungen in ausschließlich elfgeschossigen Wohnblöcken (→ Plattenbauten in Leipzig).

Als Abrundung des Astoria-Komplexes am nördlichen Rand des Leipziger Stadtzentrums wurden 10-geschossige Wohnbauten des Mittelgangtyps in 5-MP-Querwandbauweise mit 275 Wohneinheiten für Internatsnutzung, in der Ostseite der Gerberstraße mit 320 Wohneinheiten gebaut. Die Wohngebäude Gerberstraße 16/Kurt-Schumacher-Straße zeigen eine neue Fassadengliederung, die wesentlich durch vertikal versetzte Betonstrukturelemente von Harry Müller bestimmt wird.[4][5][6]

Bewertung

Der Kunsthistoriker Christoph Glorius bewertete die Arbeit von Erich Böhme folgendermaßen:

„Wenn auch Erich Böhmes Tätigkeit eine persönliche Handschrift vermissen läßt, so könnte sein langjähriges Wirken im Leipziger Wohnungsbau doch eine exemplarische DDR-Berufslaufbahn verkörpern, die von Geradlinigkeit und dem Bemühen gekennzeichnet ist, die damaligen Ansprüche in solide Architekturlösungen umzusetzen.[7]

Schriften

  • Mittelganghaus Typ Leipzig. Wohnungstyp P 2/11 in Leipzig. In: Deutsche Architektur 1972, Nr. 2, S. 81.

Literatur

  • Christoph Glorius: Erich Böhme. In: Holger Barth, Thomas Topfstedt (Hrsg.): Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. Dokumentation eines IRS-Sammlungsbestandes biographischer Daten / IRS, Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung. Berlin 2000, ISBN 3-934669-00-X, S. 49f.

Einzelnachweise

  1. Todesanzeige für Erich Böhme. Abgerufen am 4. Juli 2023.
  2. Schulz/Müller/Schrödl, Nr. 72 „"Wohnscheiben" Variante ‚Leipzig‘ […] Keramikmosaik, Betonstrukturen an Giebeln, vor Verteilergängen Betonformelemente.“
  3. Schulz/Müller/Schrödl, Nr. 89 "Wohnkomplex „J.R.Becher“, Lößnig", Seit 1971, Architekten Johannes Schulze, Gerhard Eichhorn (Städtebau), Heinz Rauschenbach (Komplexarchitekt Projekt)[…] P 2.11 Variante Leipzig mit Loggien, Architekt Erich Böhme, 3080 Wohneinheiten […].
  4. Christoph Glorius: Erich Böhme. In: Holger Barth, Thomas Topfstedt (Hrsg.): Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. Dokumentation eines IRS-Sammlungsbestandes biographischer Daten / IRS, Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung. Berlin 2000, ISBN 3-934669-00-X, S. 49f.
  5. Erich Böhme: Mittelganghaus Typ Leipzig. Wohnungstyp P 2/11 in Leipzig. In: Deutsche Architektur 1972, Nr. 2, S. 81.
  6. Schulz/Müller/Schrödl, Nr. 54 „Wohnungsbauten“, Gerberstr. 1968–1970, Arch. E. Böhme. 10gesch. Mittelgangtyp in 5-MP-Querwandbauw.; Abrundung „Astoria“-Komplex mit 275 WE für Internatsnutzung, Gerberstr. Ostseite mit 320 WE. Fassadengliederung durch vertikal versetzte Betonstrukturelemente (H.Müller). Es erfolgte außerdem eine Neugestaltung des nördlichen Zuganges zum Stadtzentrum.
  7. Christoph Glorius: Erich Böhme. In: Holger Barth, Thomas Topfstedt (Hrsg.): Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. Dokumentation eines IRS-Sammlungsbestandes biographischer Daten / IRS, Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung. Berlin 2000, ISBN 3-934669-00-X, S. 50

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Das längste Wohnhaus Deutschlands in Leipzig-Probstheida
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