Erhardt Gißke

Erhardt Gißke (auch Ehrhardt Gisske; * 2. März 1924 in Schönstedt; † 19. Juli 1993 in Berlin) war ein deutscher Architekt und Generalbaudirektor der DDR. Unter seiner Leitung entstanden einige der bedeutendsten Bauten der DDR in Ost-Berlin.

Leben und Werk

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Bettenhaus der Charité
Zeiss-Großplanetarium Berlin

Nach Abschluss der Volksschule absolvierte Gißke zunächst eine Maurerlehre, danach studierte er an der Staatsbauschule (Baugewerkschule) Gotha Architektur (1941–1943). Am 12. Januar 1942 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde zu 1. September desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 9.225.457).[1] Nach dem Krieg wurde er Mitglied der KPD und 1946 mit der Zwangsvereinigung von SPD und KPD Mitglied der SED.[2]

Nach erfolgreichem Studiumabschluss arbeitete Gißke in der Planungsabteilung eines volkseigenen Baubetriebes in Bad Langensalza.
Als der Ort Bruchstedt am 23. Mai 1950 durch eine Hochwasserkatastrophe zu rund 80 Prozent zerstört worden war, berief der Erste Sekretär der SED-Landesleitung Thüringen Erich Mückenberger Erhardt Gißke zum Chef des Bauwesens, um einen schnellen Wiederaufbau zu organisieren, was ihm innerhalb von nur 50 Tagen gelang. In Thüringen arbeitete Gißke danach in Architektenkollektiven mit, die mit der Erstellung des Wintersportzentrums Oberhof (Rennrodelbahn Oberhof, Schanzenanlage im Kanzlersgrund und andere) im Thüringer Wald und dem Bau von Sportstätten in Leipzig beauftragt waren.

In Ost-Berlin erfolgte in den 1950er Jahren die Konzentration der DDR-Bautätigkeit auf die Stalinallee, bei welcher das NAW eine größere Rolle spielte. So beauftragte der Berliner Magistrat Erhardt Gißke mit der technischen Leitung, anfänglich für die Organisation der Trümmerbahn, mit deren Einsatz die kriegszerstörten Ruinen in diesem Gebiet beseitigt wurden; die Trümmerbahn stellte 1955 hier ihren Betrieb ein. Im Jahr 1956 erhielt Gißke die Berufung zum Stellvertreter des Chefarchitekten von Berlin, Hermann Henselmann, womit er für die bauliche Umsetzung der städtebaulichen Pläne und architektonischen Projekte Henselmanns zuständig war.

Im Jahr 1958 ernannte der Berliner Magistrat Erhardt Gißke zum Baudirektor. 1964 wurde er Direktor des Instituts für Industriebau an der Bauakademie der DDR, wo er 1969 promovierte und 1973 zum Professor berufen wurde. Im Jahr 1973 wurde Gißke Generaldirektor der Aufbauleitung Sondervorhaben der Hauptstadt Berlin, dann Generaldirektor der Baudirektion Berlin. In dieser Funktion unterstanden ihm insbesondere die Planungskollektive und er war für die Materialbeschaffung und den Einsatz von Bauhilfskräften zuständig, wobei auch Bausoldaten der NVA für die Erstellung der Bauten zum Einsatz kamen.
Erhardt Gißke war maßgeblich an der Realisierung folgender repräsentativer Bauvorhaben der Ära Erich Honeckers in Ost-Berlin beteiligt:

Henselmann widmete ihm am 24. Juli 1993 unter dem Titel Ein Macher von leidenschaftlichem Tatendrang in Neues Deutschland einen Nachruf.[3]

Ehrungen

Gißke war Träger des Vaterländischen Verdienstorden in Gold (1979) und des Karl-Marx-Ordens (1984). Mit dem Nationalpreis der DDR wurde er dreimal ausgezeichnet: 1969 erhielt er ihn III. Klasse für Wissenschaft und Technik,[4] 1976 in I. Klasse für Wissenschaft und Technik[5] und 1986 in II. Klasse für Kunst und Literatur.[6]

Veröffentlichungen

  • Bauen – mein Leben. Dietz, Berlin 1988, ISBN 3-320-01410-2 (Autor).
  • Nikolaiviertel und Friedrichswerdersche Kirche. Aufbau und Rekonstruktion. Bauakademie der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988 (Mitw.).
  • Bauen in Berlin. 1973–1987. Koehler u. Amelang, Leipzig 1987, ISBN 3-7338-0040-0 (Hrsg.)

Literatur

  • Bruno Flierl: Gebaute DDR – Über Stadtplaner, Architekten und die Macht. Verlag für Bauwesen Berlin, Berlin 1998, ISBN 3-345-00655-3.
  • Simone Hain, Helmut Müller-EnbergsGißke, Ehrhardt. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/11031461
  2. Erhardt Gißke im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. Hermann Henselmann: Ein Macher von leidenschaftlichem Tatendrang. Zum Tode von Erhardt Gißke. In: Neues Deutschland, 24. Juli 1993
  4. Neues Deutschland, 4. Oktober 1969, S. 6.
  5. Neue Zeit, 23. April 1976, S. 3.
  6. Neues Deutschland, 8. Oktober 1986, S. 4.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Bundesarchiv Bild 183-1988-0830-019, Berlin, internationales Handelszentrum.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-1988-0830-019 / Uhlemann, Thomas / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB Uhlemann 30.8.88 Berlin: Handelszentrum-Seit seiner Eröffnung am 1.9.1978 hat sich das Internationale Handelszentrum, das eine architektonische Dominante der DDR-Hauptstadt bildet, zu einem beachtlichen Ausgangspunkt aktiven Handelns entwickelt.
Berlin Zeiss Planetarium.JPG
Autor/Urheber: Mazbln, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Berlin, Prenzlauer Berg, Zeiss-Großplanetarium an der Prenzlauer Allee
Bundesarchiv Bild 183-1985-0415-029, Berlin, Palasthotel, Schubschiff auf Spree.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-1985-0415-029 / Junge, Peter Heinz / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB Junge 15.4.85 Berlin: Neues Wahrzeichen
Zu allen Jahreszeiten herrscht auf und über dem Wasser an der Liebknechtbrücke ein reger Verkehr. Seit seiner Fertigstellung 1979 ist das Palasthotel mit 1200 öffentlichen Gaststättenplätzen zu einem der beliebtesten Treffpunkte der Hauptstädter und ihrer Gäste geworden.
Berlin - Friedrichstadt Palast2.jpg
Autor/Urheber: Taxiarchos228, Lizenz: FAL
Berlin: Friedrichstadtpalast
Charité (Berlin).jpg
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Bettenhaus der Berliner Krankenhauses Charité vom Dach des Reichstags
Westin Grand Berlin Friedrichstraße.jpg
Das Westin Grand Hotel in der Friedrichstraße in Berlin. Das Hotel wurde 1987 eröffnet als Interhotel.