Erasmus Stella

Erasmus Stella (eigentlich: Johannes Stüler; * 1460 in Zwickau[1] oder Leipzig[2]; † 2. April 1521), war ein deutscher Arzt, Bürgermeister und Historiker.

Stella ließ sich nach seiner Rückkehr von einer italienischen Studienreise 1496 in seiner Heimatstadt Zwickau nieder. Er war Schüler von Ioannes Garzo Bononiensis (Giovanni Garzoni). Als einflussreicher Ratsherr fungierte er hier zwei Mal, 1513 und 1515, als Bürgermeister. Danach führte er eine erfolgreiche Arztpraxis.

Stella leitete den Namen der Stadt aus einer nach humanistischem Vorbild selbsterfundenen Mythologie her. Danach sei Zwickau, eine uralte Stadt, gegründet von einem gewissen Cygnus (deutsch: Schwan), dem Sohn von Hercules und der Ylba, einer Tochter von Falco. Nach Cygnus sei Cygnavia „Schwanenfeld“ benannt worden, der angeblich lateinische Name von Zwickau. Stella ließ anno 1516 die Cygnus-Legende in lebensgroßen Bildern an die Rathausfassade malen. Gemäß dem Historiker Clemen stammten seine Erfindungen teils aus wahren Ereignissen vermischt mit seiner sprudelnden Phantasie. Damit führte er seine Zeitgenossen und ehrbaren Mitbürger in ihrer Kritiklosigkeit und kindlichen Leichtgläubigkeit an der Nase herum. Er war aufgrund seiner Bildung und Reiseerfahrungen aus Italien eine Autorität in der Stadt. Dass sich Stella tatsächlich über seine Mitbürger lustig machte, bezeugen drei Urkunden von 1030, 1042 und 1074, die er erdichtet hatte.

Erasmus Stella fertigte einen Grabstein an, der angeblich in einem Grabhügel bei Steindorf gefunden wurde. Dieser vermeintliche Grabstein der Swanhildis, der Tochter des Cygnus, enthielt eine längere lateinische Inschrift[3][4] u. a. mit der Weissagung:

Stella fulgente umbram meam videbitis Cygnei

Das heißt wörtlich übersetzt:

»Im glänzenden Stern des Cygneus (d. h. des Sternbilds Schwan) werdet ihr meinen Schatten sehen.«[5]

Die angebliche Weissagung war jedoch doppeldeutig, da lateinisch stella nicht nur „Stern“ heißt, sondern auch Erasmus’ selbstgewählter Nachname war. Der Satz kann daher auch als Anspielung auf ihn selbst gedeutet werden:

»Wenn Stella glänzt / sich vor anderen auszeichnet (d. h. wenn Stella regierender Bürgermeister sein wird), werdet ihr Zwickauer mein Grabmal entdecken.«[6]

Eine weitere gefälschte Inschrift von Stella enthielt Gesetze eines Druiden. Auch die Inschrift eines Epitaphs zu einer hölzernen Statue des Diezmann in der Leipziger Paulinerkirche, lange Zeit Dante Alighieri zugeschrieben, ist eine Fälschung von Stella.

Werke

  • De rebus et populis oræ inter Albim et Salam
  • De antiquitatibus Borussiæ
  • De rebus Saxoniæ, Thuringiæ, Libanothiæ, Misniæ et Lusatiæ
  • Erasmi Stellae Libanothani Viri Clariss. De gem(m)is libellus unicus, Argentorati (Straßburg) 1530 (Digitalisat)

Einzelnachweise

  1. Otto Clemen: Aus der Geschichte Zwickaus. In: Zwickau. (= Deutschlands Städtebau.) Deutscher Architektur- und Industrie-Verlag, Berlin-Halensee 1921, S. 5.
  2. Franz Xaver von WegeleStella, Erasmus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 30 f.
  3. Abgedruckt bei: Johann Pistorius, Burkhard Gotthelf Struve: Rerum germanicarum scriptores aliquot insignes: qui historiam et res ..., Band 1, Regensburg 1726, S. 1165
  4. Ebenso abgedruckt bei: Gotthold Ephraim Lessing: Sämmtliche Schriften, hrsg. von Karl Lachmann. Neue Ausgabe, Band 9. Berlin 1839, S. 346f.
  5. Brage Bei der Wieden: Mensch und Schwan: Kulturhistorische Perspektiven zur Wahrnehmung von Tieren. Bielefeld 2014, S. 99
  6. Wilhelm Mannhardt: Letto-Preussische Götterlehre, Riga 1936

Literatur