Epidermolysis bullosa
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
Q81.9 | Epidermolysis bullosa |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Epidermolysis bullosa (EB) ist eine genetisch bedingte Hautkrankheit, die je nach Subtyp autosomal-dominant oder -rezessiv vererbt wird. Betroffene werden als Schmetterlingskinder bezeichnet, weil ihre Haut so verletzlich wie die Flügel eines Schmetterlings sei.[1] Ursache ist eine angeborene Mutation in bestimmten Genen, deren Genprodukte (Proteine) u. a. für den intakten zellulären Aufbau der Haut notwendig sind.[2] Die mechanische Verbindung zwischen den unterschiedlichen Hautschichten ist unzureichend ausgebildet, dadurch können je nach Subtyp Blasen und Wunden mit möglicher Narbenbildung entstehen (am und im ganzen Körper, z. B. auch Mund (Mikrostomie) und Speiseröhre). Die Krankheit wird umgangssprachlich auch als Schmetterlingshaut bezeichnet.
Formen
Seit 1999 wird die EB nach Expertenkonsens in drei Hauptformen unterteilt, die in der Tabelle aufgeführt sind.[3] Die früher übliche Einteilung auf Grund molekularer Abnormitäten wurde wegen der ausgeprägten genetischen Vielfalt nicht mehr für sinnvoll gehalten.
Hauptform | häufigste Subtypen | mutierte Gene | Gen-kodierte Proteine |
---|---|---|---|
EB simplex (EBS) | EBS Weber-Cockayne EBS Koebner EBS Dowling Meara EBS mit Muskeldystrophie | KRT 5 und KRT 14 KRT 5 und KRT 14 KRT 5 und KRT 14 PLEC 1 | Keratin 5 und 14 Keratin 5 und 14 Keratin 5 und 14 Plectin |
EB junctionalis (EBJ) | EBJ Herlitz EBJ non-Herlitz EBJ mit Pylorusatresie | LAMB3, LAMC2, LAMA3 COL17A1, LAMB3, LAMC2, LAMA3 ITGA6, ITGB4 | Laminin 5 Kollagen XVII, Laminin 5 α6 β4 Integrin |
EB dystrophica (EBD) | EBD Hallopeau-Siemens EBD non-Hallopeau-Siemens Dominante EBD | COL7A1 COL7A1 COL7A1 | Kollagen VII Kollagen VII Kollagen VII |
Die Epidermolysis Bullosa ist nicht ansteckend, beeinträchtigt nicht die Intelligenz, führt aber zu mehr oder weniger schweren Behinderungen und kann zu frühzeitigem Tod führen. Mögliche Beeinträchtigungen und Folgen sind Unterernährung, Minderwuchs, Finger- und Zehenverwachsungen, Karies, Haarverlust, Bewegungsbehinderung, Hautkrebs und Schmerzen.
Es besteht eine Assoziation mit der Aplasia cutis congenita.
Therapie
Die Behandlung beinhaltet die regelmäßige (täglich mehrmalige) Wundversorgung. Derzeit gibt es keine heilende Therapie.
Die Gentherapie ist derzeit die einzige Hoffnung auf eine echte Heilung. Hier gab es im Jahr 2013 den erfolgversprechenden Bericht eines Patienten, der durch Transplantation genetisch veränderter Hautzellen zumindest an den transplantierten Hautstellen symptomfrei blieb.[4]
Am 8. November 2017 wurde in vielen Medien über die Heilung eines achtjährigen Jungen berichtet. Die Heilung erfolgte durch aus genetisch veränderten Stammzellen gewonnene Oberhautstücke. An 60 % der Haut war bei Einlieferung in die Bochumer Kinderklinik keine oberste Hautschicht mehr vorhanden. An einer der Stellen ohne Blasen wurden im September 2015 vier Quadratzentimeter Haut entnommen und daraus epidermische (also der Oberhaut) Stammzellen gewonnen. In diesen Stammzellen wurde der Gendefekt beseitigt, indem eine gesunde Variante des LAMB3-Gens mit einem Virus ins Erbgut eingebracht wurde. Folgend wurden aus diesen Zellen Oberhautstücke im Labor gezüchtet, welche dem Jungen im Oktober und November 2015 am Großteil seines Körpers vom Münsteraner plastischen Chirurgen Tobias Hirsch transplantiert wurden. Auf Teile der verbliebenen unbehandelten Körperfläche wurde im Januar 2016 noch Oberhaut transplantiert. Rund 80 % der Oberhaut des Jungen wurden ersetzt. Im Februar 2016 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen, im März besuchte er wieder die Schule. Der Junge hat nach dem im November 2017 erschienenen Bericht der Forscher aktuell kein Jucken mehr, keine Blasen und benötigt keine Salbe oder Medikamente.[5] Eine Gentherapie für diese Krankheit wurde schon 2006 erfolgreich versucht, jedoch im wesentlich kleineren Rahmen, bei einem Patienten, der Probleme an einer Stelle am Bein hatte.[6][7][8]
2023 genehmigte die FDA die erste von dem Startup Krystal Biotech entwickelte Gentherapie als Salbe[9]. Durch die Salbe werden in die Hautzellen Gene eingefügt, wodurch diese Zellen Kollagen selbst erzeugen. Da sich die Hautzellen regelmäßig erneuern, muss die Behandlung einmal pro Woche neu durchgeführt werden. Für einen Patienten wurde eine Version des Medikaments als Augentropfen entwickelt. Diese ermöglicht es dem Patienten erstmals, Objekte und nicht nur Schatten zu sehen[10].
Literatur
- C. Solovan, M. Ciolan, L. Olari: The biomolecular and ultrastructural basis of epidermolysis bullosa. In: Acta Dermatovenerol Alp Panonica Adriat. 2005 Dec;14(4), S. 127–135. PMID 16435041
Weblinks
- DEBRA Austria, Hilfe bei Epidermolysis bullosa
- DEBRA Deutschland, Interessengemeinschaft Epidermolysis Bullosa e. V.
Einzelnachweise
- ↑ DEBRA Austria: Schmetterlingskinder, gesehen 11. Mai 2014.
- ↑ DEBRA Deutschland, Interessengemeinschaft Epidermolysis Bullosa e. V.
- ↑ Hauke Schumann, Gabriele Beljan, Leena Bruckner-Tuderman: Epidermolysis bullosa: eine interdisziplinäre Herausforderung. In: Deutsches Ärzteblatt. (2001) 98, S. A1559–A1563.
- ↑ Laura De Rosa, Sonia Carulli, Fabienne Cocchiarella, Daniela Quaglino, Elena Enzo, Eleonora Franchini, Alberto Giannetti, Giorgio De Santis, Alessandra Recchia, Graziella Pellegrini, Michele De Luca: Long-Term Stability and Safety of Transgenic Cultured Epidermal Stem Cells in Gene Therapy of Junctional Epidermolysis Bullosa. In: Stem Cell Reports. Band 2, Nr. 1, S. 1–8, 14. Januar 2014, doi:10.1016/j.stemcr.2013.11.001.
- ↑ His new skin is free of the agonizing disease that nearly killed him. In: NBC News. (nbcnews.com [abgerufen am 9. November 2017]).
- ↑ Schmetterlingskind erhält 80 Prozent neue Haut – science.ORF.at. In: science.ORF.at. 8. November 2017 (orf.at [abgerufen am 9. November 2017]).
- ↑ Ed Yong: A Dying Boy Gets a New, Gene-Corrected Skin. In: The Atlantic. (theatlantic.com [abgerufen am 9. November 2017]).
- ↑ Tobias Hirsch, Tobias Rothoeft, Norbert Teig, Johann W. Bauer, Graziella Pellegrini: Regeneration of the entire human epidermis using transgenic stem cells. In: Nature. 8. November 2017, doi:10.1038/nature24487.
- ↑ Office of the Commissioner: FDA Approves First Topical Gene Therapy for Treatment of Wounds in Patients with Dystrophic Epidermolysis Bullosa. 19. Mai 2023, abgerufen am 5. Juni 2023 (englisch).
- ↑ heise online: Gentherapie als Salbe: Ein 13-Jähriger mit Erbkrankheit kann wieder sehen. 24. Mai 2023, abgerufen am 5. Juni 2023.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Shown here is five-year-old Iraqi boy Abdulrahman, who was diagnosed with congenital epidermolysis bullosa, a rare skin condition that produces painful sores and blisters and affects one in 5 million people. Corpsmen and doctors from MNF-W and the Iraqi army worked with medical specialists in the United States to diagnose the boy's condition and bring special medical products to Iraq to help ease the boy's suffering. Story