Energieleitungsausbaugesetz

Basisdaten
Titel:Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen
Kurztitel:Energieleitungsausbaugesetz
Abkürzung:EnLAG
Art:Bundesgesetz
Geltungsbereich:Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von:Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG
Rechtsmaterie:Wirtschaftsverwaltungsrecht, Energierecht
Fundstellennachweis:752-7
Erlassen am:21. August 2009
(BGBl. I S. 2870)
Inkrafttreten am:26. August 2009
Letzte Änderung durch:Art. 3 G vom 2. Juni 2021
(BGBl. I S. 1295, 1296)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
9. Juni 2021
(Art. 5 G vom 2. Juni 2021)
GESTA:J033
Weblink:Text des Gesetzes
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) ist ein deutsches Bundesgesetz, das seit 2009 den beschleunigten Ausbau von 22 (ursprünglich 24) 380-kV-Drehstrom-Höchstspannungs-Freileitungen im Übertragungsnetz regelt. Im Rahmen von sechs (ursprünglich vier) Pilotvorhaben ist der abschnittsweise Einsatz von Erdkabeln möglich. Der EnLAG-Bedarfsplan, eine Liste konkreter Leitungsbauvorhaben, ist als Anlage Bestandteil dieses Gesetzes.

Eine mit dem EnLAG vergleichbare Funktion hat das 2013 verabschiedete Bundesbedarfsplangesetz, das weitere Leitungsbauvorhaben umfasst.

Hintergrund und Ziele

Das Energieleitungsausbaugesetz wurde am 7. Mai 2009 vom Bundestag und am 12. Juni 2009 vom Bundesrat verabschiedet.[1] Im Bundestag erfolgte der Beschluss mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und FDP bei Gegenstimmen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke sowie bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung aus der SPD.[2]

Die Entwicklung und Verabschiedung des Gesetzes steht im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Energiemärkte und mit der durch die Energiewende bedingten Notwendigkeit zum Netzumbau und -ausbau.[3] Mit dem Gesetz wurden diejenigen Höchstspannungsleitungen definiert, die von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) ab 2009 vordringlich auszubauen waren bzw. sind.

Gemäß § 1 des Gesetzes dienen die EnLAG-Leitungsbauvorhaben neben der Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen auch der Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der Europäischen Union (europäisches Verbundsystem), dem Anschluss neuer Kraftwerke oder der Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz. Alle Vorhaben entsprechen per § 1 Abs. 2 EnLAG den Zielsetzungen von § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), wodurch ihre energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf feststehen. Ihre Realisierung ist zudem aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich. Diese gesetzliche Verankerung der Planrechtfertigung (Feststellung des Bedarfs) ist für Planungsverfahren und Genehmigungen verbindlich.[3] Um das Ziel der Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, legt § 1 Abs. 3 EnLAG ferner einen kurzen Rechtsweg fest; bei Klagen entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (4. Revisionssenat) in erster und letzter Instanz.

Leitungsbauvorhaben des EnLAG-Bedarfsplans

Das Energieleitungsausbaugesetz in seiner 2019 geltenden Fassung umfasst 22 Vorhaben für Höchstspannungsleitungen mit einer Gesamtlänge von rund 1800 Kilometern, die in der Anlage des Gesetzes („EnLAG-Bedarfsplan“) aufgeführt sind. Die Auswahl der Vorhaben geschah vor allem aufgrund der dena-Netzstudie I von 2005[4] und der Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze (TEN-E) der Europäischen Union von 2006.[5] Aus der dena-Netzstudie I resultieren die EnLAG-Vorhaben-Nummern 1 bis 8 und 10; Vorhaben gemäß der TEN-E-Leitlinien sind die Nummern 1, 3, 4, 9 und 12.[6] Die beiden in der Erstfassung des Gesetzes enthaltenen Vorhaben Nr. 22 und 24 wurden im Anschluss an Netzentwicklungsplan-Überprüfungen zwischenzeitlich gestrichen; die fortlaufende Vorhabennummerierung blieb davon unberührt.

Nach § 2 EnLAG sind technisch und wirtschaftlich effiziente Erdkabel-Teilabschnitte unter bestimmten Voraussetzungen zulässig bei den sechs Vorhaben mit den Nummern 2 (im Abschnitt Ganderkesee–St. Hülfe), 4 (Abschnitt Altenfeld–Redwitz), 5, 6, 14 (Rheinquerung im Abschnitt Wesel–Utfort) und 16. Die für Errichtung, Betrieb und Änderung von Erdkabeln anfallenden Mehrkosten sind auf die vier Übertragungsnetzbetreiber umzulegen.

Nr.1Vorhaben1Länge[7] (ca. km)ÜNB[7](Geplante) Inbetriebnahme[7]Realisierte Abschnitte[7]
1Neubau Höchstspannungsleitung Kassø (DK)–Hamburg Nord–Dollern (Mittelachse), Nennspannung 380 kV195TenneT2020Flensburg-Handewitt–Audorf (im Bau seit 2018);
Audorf–Hamburg Nord (Inbetriebnahme 2017);
Hamburg Nord–Dollern (Teilinbetriebnahme 2019)
2Neubau Höchstspannungsleitung Ganderkesee–Wehrendorf, Nennspannung 380 kV94Amprion/TenneT2023im Bau seit 2017
3Neubau Höchstspannungsleitung Neuenhagen–Bertikow/Vierraden–Krajnik (PL), Nennspannung 380 kV12350Hertz2022Vierraden–Krajnik/Bundesgrenze (Inbetriebnahme 2018)
4Neubau Höchstspannungsleitung Lauchstädt–Redwitz (als Teil der Verbindung Halle/Saale–Schweinfurt), Nennspannung 380 kV19050Hertz/TenneT2017komplett
5Neubau Höchstspannungsleitung Dörpen/West–Niederrhein, Nennspannung 380 kV181Amprion/TenneT2023Dörpen/West–Meppen (im Bau seit 2018);
Nordvelen–Borken Süd (Testbetrieb seit 2018);
Borken Süd–Wesel (Testbetrieb seit 2016)
6Neubau Höchstspannungsleitung Wahle–Mecklar, Nennspannung 380 kV221TenneT2024Lamspringe–Hardegsen (im Bau seit 2018);
Landesgrenze NI/HE–Mecklar (im Bau seit 2018)
7Zubeseilung Höchstspannungsleitung Bergkamen–Gersteinwerk, Nennspannung 380 kV8Amprion2009komplett
8Zubeseilung Höchstspannungsleitung Kriftel–Eschborn, Nennspannung 380 kV10Amprion2017komplett
9Neubau Höchstspannungsleitung Hamburg/Krümmel–Schwerin, Nennspannung 380 kV6550Hertz2012komplett
10Umrüstung der Höchstspannungsleitung Redwitz–Grafenrheinfeld von 220 kV auf 380 kV (als Teil der Verbindung Halle/Saale–Schweinfurt)95TenneT2015komplett
11Neubau Höchstspannungsleitung Neuenhagen–Wustermark (als 1. Teil des Berliner Rings), Nennspannung 380 kV8050Hertz2021Birkenwerder–Wustermark (vorläufiger 220-kV-Betrieb seit 2017)
12Neubau Interkonnektor Eisenhüttenstadt–Baczyna (PL), Nennspannung 380 kV850Hertznicht vor 20302 
13Neubau Höchstspannungsleitung Niederrhein/Wesel–Landesgrenze NL (Richtung Doetinchem), Nennspannung 380 kV30Amprion2018komplett
14Neubau Höchstspannungsleitung Niederrhein–Utfort–Osterath, Nennspannung 380 kV42Amprion2024St. Tönis–Fellerhöfe (im Bau seit 2019);
Bestandsleitungsabschnitte:
Hüls West–St. Tönis,
Fellerhöfe–Osterrath
15Neubau Höchstspannungsleitung Osterath–Weißenthurm, Nennspannung 380 kV136Amprion2022Osterath–Rommerskirchen (im Bau seit 2018);
Rommerskirchen–Sechtem (im Bau seit 2017);
Sechtem–Weißenthurm (Inbetriebnahme 2013)
16Neubau Höchstspannungsleitung Wehrendorf–Gütersloh, Nennspannung 380 kV70Amprion2026 
17Neubau Höchstspannungsleitung Gütersloh–Bechterdissen, Nennspannung 380 kV31Amprion2018komplett
18Neubau Höchstspannungsleitung Lüstringen–Westerkappeln, Nennspannung 380 kV20Amprion2026komplett (2017 fertiggestellt, ein Stromkreis noch im 220-kV-Betrieb)
19Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel–Dauersberg, Nennspannung 380 kV126Amprion2025Kruckel–Garenfeld (im Bau seit 2019);
Landesgrenze NRW/RP–Eiserfeld (im Bau seit 2017)
Landesgrenze NRW/RP–Dauersberg (im Bau seit 2017)
20Neubau Höchstspannungsleitung Dauersberg–Hünfelden, Nennspannung 380 kV60Amprion2012komplett
21Neubau Höchstspannungsleitung Marxheim–Kelsterbach, Nennspannung 380 kV7Amprion2010komplett
223(aufgehoben)3 Umrüstung der Hochspannungsleitung Weier–Villingen von Nennspannung 110 kV auf Nennspannung 380 kV70TransnetBW– 3– 3
23Umrüstung der Höchstspannungsleitung Neckarwestheim–Mühlhausen von Nennspannung 220 kV auf Nennspannung 380 kV25TransnetBW2015komplett
244(aufgehoben)4 Neubau Höchstspannungsleitung Bünzwangen–Lindach, Nennspannung 380 kV, sowie Umrüstung der Hochspannungsleitung Lindach–Goldshöfe von Nennspannung 110 kV auf Nennspannung 380 kV60TransnetBW– 4– 4
Karte der EnLAG-Vorhaben (Stand 2013)
1 Vorhaben-Nummern und -Bezeichnungen entsprechen der EnLAG-Anlage.
2 Das Verfahren zum Vorhaben Nr. 12 ruht laut EnLAG-Monitoring-Bericht Q2/2019[7] wegen Schwierigkeiten mit der polnischen Seite. Eine Gesamtinbetriebnahme mit der polnischen Seite ist nicht vor 2030 absehbar.
3 Das Vorhaben Nr. 22 wurde nach einer Prüfung im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans Zieljahr 2022 als nicht mehr energiewirtschaftlich notwendig eingestuft. Es wurde daher 2013 durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze[8] aus dem EnLAG gestrichen.
4 Das Vorhaben Nr. 24 wurde nach einer Prüfung im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans Zieljahr 2024 als nicht mehr energiewirtschaftlich notwendig eingestuft. Es wurde daher 2015 durch Art. 5 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus[9] aus dem EnLAG gestrichen.

Berichte und Monitoring

Gemäß § 3 EnLAG prüft das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Einvernehmen mit dem BMUB und dem BMVI den Bedarfsplan (Liste der EnLAG-Leitungsbauvorhaben) auf Anpassungsnotwendigkeiten und legt dem Bundestag regelmäßig einen Bericht darüber vor, in dem auch Erfahrungen mit dem Erdkabeleinsatz bei EnLAG-Vorhaben darzustellen sind. Anfangs galt für die Berichte ein dreijähriger Turnus (2012 und 2015). Seit 2015 ist in jedem geraden Kalenderjahr ein Bericht vorzulegen, was erstmals 2016[6] und danach im Herbst 2018[10] geschah.

Als Regulierungsbehörde überprüft außerdem die Bundesnetzagentur (BNetzA) gemäß § 35 EnWG regelmäßig die Planungs- und Baufortschritte und erstellt quartalsweise einen Monitoring-Bericht über den aktuellen Stand der EnLAG-Vorhaben.

Literatur

  • Armin Steinbach, Peter Franke (Hrsg.): Kommentar zum Netzausbau. NABEG/EnLAG/EnWG/BBPlG/PlfZV. de Gruyter, Berlin 2017. ISBN 978-3-11-052486-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Weg frei für Investitionen in moderne Netze – Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) kann in Kraft treten. Pressemitteilung. BMWi, 12. Juni 2009, archiviert vom Original am 30. Januar 2011; abgerufen am 16. Oktober 2017.
  2. Plenarprotokoll 16/220. (PDF) Stenografischer Bericht 220. Sitzung. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode, 7. Mai 2009, S. 24002, abgerufen am 18. Oktober 2017.
  3. a b Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG). BNetzA, abgerufen am 21. Oktober 2017.
  4. dena-Netzstudie – Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020. (PDF) Studie im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena). Konsortium DEWI/E.ON Netz/EWI/RWE Transportnetz Strom/VE Transmission, 24. Februar 2005, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  5. Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung Nr. 1229/2003/EG
  6. a b Drucksache 18/9855. (PDF) Unterrichtung durch die Bundesregierung. Bericht nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode, 29. September 2016, S. 1, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  7. a b c d e Monitoring des Stromnetzausbaus – EnLAG/BBPlG/Netzoptimierungsmonitoring/Offshore-Anbindungen – Zweites Quartal 2019. (PDF) BNetzA, 23. Oktober 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  8. BGBl. 2013 I S. 2543, PDF
  9. BGBl. 2015 I S. 2490, PDF
  10. Drucksache 19/4675. (PDF) Unterrichtung durch die Bundesregierung. Bericht nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode, 27. September 2018, abgerufen am 18. Oktober 2018.

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Autor/Urheber: Alexrk2, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Karte der Leitungsvorhaben in Deutschland nach dem Energieleitungsausbaugesetz von 2009 (EnLAG, mit Stand vom 23. Juli 2013)