Emissionsgrad
Jeder Körper, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt, sendet Wärmestrahlung aus. Der Emissionsgrad eines Körpers (auch als Emissivität bezeichnet) gibt an, wie viel Strahlung er im Vergleich zu einem idealen Wärmestrahler, einem Schwarzen Körper, abgibt. Damit liegt dieser Wert stets zwischen 0 (keine Emission) und 1 (100 % Emission).
Schwarzer Körper als Strahlungsreferenz
Ein Schwarzer Körper ist ein idealisiertes Objekt, das Masse und Volumen hat und jegliche auf ihn treffende elektromagnetische Strahlung bei jeder Frequenz vollständig absorbiert. Er ist nicht zu verwechseln mit realen physikalischen Körpern, die schwarz sind; ein idealisierter Schwarzer Körper ist nicht gleich einem realen schwarzen Körper. Ein Schwarzer Körper ist nur ein erdachtes Modell der Realität, weil reale Körper immer einen Teil der auftreffenden elektromagnetischen Strahlung zurückbeugen und nicht absorbieren.
Das Absorptions- und das Emissionsvermögen von elektromagnetischer Strahlung bei realen physikalischen Körpern verhält sich stets proportional zueinander; das wird durch das Kirchhoffschen Strahlungsgesetz beschrieben. Demzufolge hat der idealisierte Schwarze Körper bei jeder Frequenz der auf ihn treffenden elektromagnetischen Strahlung das größtmögliche Absorptionsvermögen und (proportional) bei jeder Frequenz von elektromagnetischer Strahlung das stärkste Emissionsvermögen (Emissionsgrad), das bei gegebener Körpertemperatur möglich ist, nämlich jeweils 100 %. Stünde er zum Vergleich neben einem realen physikalischen schwarzen Körper und beide Körper hätten dieselbe Temperatur, so gäbe er seine Wärme schneller ab und leuchtete dabei auch heller als der reale Körper. Reale physikalische Körper, die eine schwarze Farbe haben, absorbieren niemals zu 100 % die auftreffende elektromagnetische Strahlung, wie es der idealisierte, gedachte Schwarze Körper tut. Einige reale physikalische Körper haben ein hohes Emissionsvermögen, wie etwa weißes arktisches Packeis am Nordpol, das trotz voller Mittagssonne im Sommer kühl bleibt. Einige reale physikalische Körper haben ein geringes Emissionsvermögen, wie etwa ein schwarzes T-Schirt auf dem arktischen Packeis am Nordpol, das sich in der Mittagssonne aufheizt und vergleichsweise warm wird.
Intensität und Frequenzverteilung der abgegebenen Strahlung des idealisierten Schwarzen Körpers hängen nur von seiner Temperatur ab und nicht von seiner materiellen Beschaffenheit, wie es bei realen physikalischen Körpern stets der Fall ist. Ein idealisierter Schwarzer Körper strahlt in jede Richtung gleichermaßen, die von ihm abgegebene Strahlung ist in allen Richtungen gleich stark; man sagt, er strahlt vollkommen diffus. Das wird durch das plancksche Strahlungsgesetz beschrieben.
Der universelle Charakter der von einem Schwarzen Körper abgegebenen thermischen Strahlung und der Umstand, dass bei einer beliebigen Frequenz kein realer Körper stärker abstrahlen kann als ein schwarzer Körper, legen es nahe, das Emissionsvermögen eines realen Körpers auf den vom schwarzen Körper vorgegebenen maximal möglichen Wert zu beziehen. Das Verhältnis der von einem realen Körper abgegebenen Strahlungsintensität zur Strahlungsintensität eines Schwarzen Körpers derselben Temperatur nennt man den Emissionsgrad des realen Körpers. Der Emissionsgrad realer Körper kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen; hierbei entspräche 0 dem Emissionsgrad eines idealisierten Weißen Körpers und 1 dem Emissionsgrad eines idealisierten Schwarzen Körpers und Werte dazwischen entsprächen den Emissionsgraden verschiedener realer Körper von ultraweißem Bariumsulfat[1] bis Vantablack.
Der Emissionsgrad eines realen Körpers muss experimentell ermittelt worden und bekannt sein, damit aus der Messung der Intensität der abgegebenen Wärmestrahlung seine Temperatur mit einem Pyrometer oder einer Wärmebildkamera bestimmt werden kann.
Emissionsgrade
Gerichteter spektraler Emissionsgrad
Die spektrale Strahldichte (Einheit: W·m−2·Hz−1·sr−1) eines Körpers der Temperatur gibt an, welche Strahlungsleistung der Körper bei der Frequenz in die durch den Polarwinkel und den Azimutwinkel gegebene Richtung pro Fläche, pro Frequenzbreite und pro Raumwinkel aussendet. Die spektrale Strahldichte eines Schwarzen Körpers ist richtungsunabhängig und durch das plancksche Strahlungsgesetz gegeben.
Der gerichtete spektrale Emissionsgrad eines Körpers ist das Verhältnis der von einem Flächenelement des Körpers bei der Frequenz in die durch die Winkel und gegebene Richtung abgestrahlten spektralen Strahldichte zu der von einem Schwarzen Körper derselben Temperatur bei derselben Frequenz in dieselbe Richtung abgestrahlten spektralen Strahldichte :
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Hemisphärischer spektraler Emissionsgrad
Die spektrale spezifische Ausstrahlung (Einheit: W·m−2·Hz−1) eines Körpers der Temperatur gibt an, welche Strahlungsleistung der Körper bei der Frequenz in den gesamten Halbraum pro Flächeneinheit und pro Einheits-Frequenzintervall aussendet. Die spektrale spezifische Ausstrahlung eines Schwarzen Körpers ist durch das plancksche Strahlungsgesetz gegeben.
Der hemisphärische spektrale Emissionsgrad eines Körpers ist das Verhältnis der von einem Flächenelement des Körpers bei der Frequenz in den Halbraum abgestrahlten spektralen spezifischen Ausstrahlung zu der von einem Schwarzen Körper derselben Temperatur bei derselben Frequenz in den Halbraum abgestrahlten spektralen spezifischen Ausstrahlung :
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Gerichteter Gesamt-Emissionsgrad
Die Gesamtstrahldichte oder Strahldichte (Einheit: W·m−2·sr−1) eines Körpers der Temperatur gibt an, welche Strahlungsleistung der Körper auf allen Frequenzen in die durch den Polarwinkel und den Azimutwinkel gegebene Richtung pro Flächeneinheit und pro Raumwinkeleinheit aussendet. Die Strahldichte eines Schwarzen Körpers ist richtungsunabhängig und durch das plancksche Strahlungsgesetz gegeben.
Der gerichtete Gesamt-Emissionsgrad eines Körpers ist das Verhältnis der von einem Flächenelement des Körpers auf allen Frequenzen in die durch die Winkel und gegebene Richtung abgestrahlten Strahldichte zu der von einem Schwarzen Körper derselben Temperatur auf allen Frequenzen in dieselbe Richtung abgestrahlten Strahldichte :
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Hemisphärischer Gesamt-Emissionsgrad
Die spezifische Ausstrahlung (Einheit: W·m−2) eines Körpers der Temperatur gibt an, welche Strahlungsleistung der Körper pro Fläche auf allen Frequenzen in den Halbraum aussendet. Die spezifische Ausstrahlung eines Schwarzen Körpers ist durch das Stefan-Boltzmann-Gesetz gegeben.
Der hemisphärische Gesamt-Emissionsgrad eines Körpers ist das Verhältnis der von einem Flächenelement des Körpers auf allen Frequenzen in den Halbraum abgestrahlten spezifischen Ausstrahlung zu der von einem Schwarzen Körper derselben Temperatur auf allen Frequenzen in den Halbraum abgestrahlten spezifischen Ausstrahlung :
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Alle Strahlgrößen und Emissionsgrade können natürlich auch als Funktion der Wellenlänge anstatt der Frequenz formuliert werden.
Eigenschaften
Alle vier beschriebenen Emissionsgrade sind Materialeigenschaften des betrachteten Körpers (im Fall der analog definierten Absorptionsgrade gilt dies nur für den gerichteten spektralen Absorptionsgrad). Der gerichtete spektrale Emissionsgrad beschreibt die Richtungs- und Frequenzabhängigkeit der emittierten Strahlung durch Vergleich mit der von einem Schwarzen Körper emittierten Strahlung. Der hemisphärische spektrale Emissionsgrad beschreibt nur die Frequenzabhängigkeit, der gerichtete Gesamtemissionsgrad nur die Richtungsabhängigkeit und der hemisphärische Gesamtemissionsgrad nur die insgesamt abgegebene Strahlungsleistung. Für viele Materialien ist nur der letztere bekannt.
Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Emissionsgrad nicht von der Richtung abhängt, ist ein Lambert-Strahler; er gibt völlig diffuse Strahlung ab. Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Emissionsgrad nicht von der Frequenz abhängt, ist ein Grauer Körper. In beiden Fällen ergeben sich oft erhebliche Vereinfachungen für Strahlungsberechnungen, so dass reale Körper oft – soweit möglich – näherungsweise als diffuse Strahler und Graue Körper betrachtet werden.
Nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz ist für jeden Körper der gerichtete spektrale Emissionsgrad gleich dem gerichteten spektralen Absorptionsgrad. Für die anderen Emissions- und Absorptionsgrade gilt die Gleichheit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen.
Tabellen
Grundsätzlich sind die Angaben zum Emissionsgrad in den vielen zu findenden Tabellen mit Vorsicht zu genießen. Auf Grund der vielen möglichen Variationen, die selten alle angegeben sind, kann es durchaus größere Unterschiede geben.
Stoff | Temperatur / °C | Gesamtemissionsgrad in Richtung der Flächennormale | Hemisphärischer Gesamtemissionsgrad |
---|---|---|---|
Buchenholz | 70 | 0,94 | 0,91 |
Eis, glatt, Dicke > 4 mm | −9,6 | 0,965 | 0,918 |
Emaillelack, weiß | 20 | 0,91 | |
Kohle | 150 | 0,81 | |
Papier, weiß, matt | 95 | 0,92 | 0,89 |
Reifbelag, rau | 0 | 0,985 | |
Sand | 20 | 0,76 | |
Tafelglas, 6 mm dick | −60…0 | 0,910 | |
60 | 0,913 | ||
120 | 0,919 | ||
Natron-Kalk-Glas | 9,85 | 0,837 | |
Wasser, Dicke > 0,1 mm | 10…50 | 0,965 | 0,91 |
Stoff | Temperatur / °C[2] | Gesamtemissionsgrad in Richtung der Flächennormale | Hemisphärischer Gesamtemissionsgrad |
---|---|---|---|
Eisen, poliert | −73…727 | 0,04…0,19 | 0,06…0,25 |
— , oxidiert | −73…727 | 0,32…0,60 | |
— , blank geschmirgelt | 25 | 0,24 | |
— , blank geätzt | 150 | 0,128 | 0,158 |
— , Gußhaut | 100 | 0,80 | |
— , angerostet | 25 | 0,61 | |
— , stark verrostet | 20 | 0,85 | |
Gold, poliert | 227…627 | 0,020…0,035 | |
— , oxidiert | −173…827 | 0,013…0,070 | |
Kupfer, poliert | 327…727 | 0,012…0,019 | |
— , oxidiert | 130 | 0,76 | 0,725 |
— , stark oxidiert | 25 | 0,78 | |
327 | 0,83 | ||
427 | 0,89 | ||
527…727 | 0,91…0,92 | ||
Aluminium | 0,04 | ||
Platin | 0,05 |
Begrifflichkeiten
Der Begriff Emissionsvermögen wird oft synonymisch für Emissionsgrad verwendet, wobei Emissionsvermögen eine weitergefasste Bedeutung besitzt. So steht Emissionsvermögen vor allem in der älteren Literatur auch im Sinne einer strahlungsphysikalischen Größe, wie z. B. der spektralen Strahldichte.[3]
Weblinks
- Emissionsgrade metallischer, herkömmlicher Materialien (engl.)
- Emissionsgrade von Materialien (engl.)
- Emissionsgrade herkömmlicher Materialien (engl.)
- Grundlagen der berührungslosen Temperaturmessung, PDF-Datei, 1,3 MB (enthält u. a. Emissionsgradtabellen), abgerufen am 26. Januar 2017
Literatur
- Peter Stephan, Stephan Kabelac, Matthias Kind, Dieter Mewes, Karlheinz Schaber, Thomas Wetzel (Hrsg.): VDI-Wärmeatlas. 12. Auflage. Springer-Verlag GmbH Deutschland, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-52988-1, Abschnitt K Wärmestrahlung. mit Stofftabellen zu Emissionsgraden
- Hans Dieter Baehr, Karl Stephan: Wärme- und Stoffübertragung. 4. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-540-40130-X (Kap. 5: Wärmestrahlung).
Einzelnachweise
- ↑ Ultraweißes Bariumsulfat wird verwendet als Beschichtungsmaterial und Farbanstrich um Oberflächen zu kühlen, im Englischen passive radiative cooling genannt.
- ↑ Bei Angaben für ein Temperaturintervall darf zwischen den angegebenen Werten für die Emissionsgrade linear interpoliert werden.
- ↑ Emissionsvermögen. Spektrum.de, abgerufen am 28. Juni 2020.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Jan Schejbal, Lizenz: CC BY-SA 4.0
The top image shows a false-color thermal image of the beer can with three measurement points applied. The bottom image shows a visible-spectrum image of the same scene.
One square each of duct tape (left) and electrical tape (right) have been applied to the can and are showing up as cold areas in the thermal image (measured as 17.5 °C). The black surface of the can is measured as 19.6 °C, while the reflective surface of the can is measured as 26.6 °C, as it reflects the heat of the room. The white logo also shows up as noticeably warmer. These differences are a measurement error introduced due to the different Emissivity of the surfaces.
The infrared image also shows a reflection of the can on the stone countertop. Because the countertop is partially reflective (in the infrared spectrum), attempting to measure the temperature of the countertop based on an infrared image would yield a value between the temperature of the countertop itself and the object being reflected, making an accurate measurement impossible.
Notes: Taken with a FLIR ONE Pro. Artificial blur was applied to the background of the visible-spectrum image, which was taken at the same time as the infrared image with the secondary camera built into the device. The lenses are slightly offset.Thermal images of two faces of Leslie's cube taken with an infrared camera, compared with conventional black & white photographs of the cube. The four faces of the cube are at the same temperature. The face that has been painted black emits thermal radiation strongly. The polished face of the aluminum cube emits much more weakly, and the reflected image of the experimenter's warm hand is clear. This cube is made by 3B Scientific, Inc. (See Leslie's Cube - Instruction Sheet (January 2011). Retrieved on 2014-08-01.)
Autor/Urheber: Карас Студио, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Stefan-Boltzmann law describes the relation between total energy radiated per unit surface area per unit time and temperature. But, in this law Stefan-Boltzmann constant appears as constant of proportionality. Yet, the radiated energy depends on the characteristics of the body surface. In this experiment, two grey bodies are presented, on closer to black body and other closer to white body. The change in the temperature shows that the body which is closer to black body cools down faster then the white body. One can conclude that the first body radiates more energy per unit time then the white body. Prepared, performed and explained by Prof. Oliver Zajkov at the Physics Institute at the Ss. Cyril and Methodius University of Skopje, Macedonia.