Emilio Massera
Emilio Eduardo Massera Padula (* 19. Oktober 1925 in Paraná; † 8. November 2010 in Buenos Aires[1]) war ein argentinischer Admiral und von 1976 bis 1978 eines der führenden Mitglieder der argentinischen Militärjunta. Er gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die operative Durchführung der massiven Menschenrechtsverletzungen während der Militärherrschaft, denen bis zu 30.000 Menschen zum Opfer fielen.
Militärischer Aufstieg
Emilio Massera trat im Alter von 17 Jahren in die Marineschule ein. Anschließend studierte er an der US-Militärakademie School of the Americas und am Inter-American Defense College in Washington, D.C. Nach seiner Rückkehr nach Argentinien machte er rasch Karriere in der Militärhierarchie. 1974 ernannte ihn Präsident Juan Domingo Peron zum Admiral.[2]
Massera war vom 24. März 1976 bis zum 16. September 1978 Mitglied der Militärjunta zusammen mit Jorge Videla und Orlando Agosti.
Weltbild
Massera berief sich auf die militante Verteidigung konservativer „christlicher Werte“ und war einer der führenden Verfechter des „schmutzigen Krieges“ nach französischem Vorbild. Mit Hilfe meist in zivil agierender Militär- und Geheimdienstmitarbeiter entführte und ermordete die Diktatur die Mitglieder und Sympathisanten der Guerillagruppen Montoneros und ERP sowie eine große Zahl Unbeteiligter. Sie vernichtete so den linken, revolutionären Flügel der traditionellen peronistischen Bewegung. Später weitete sich die Verfolgung auf beinahe jegliche politische Dissidenten aus. Im Jahr 1977 erklärte der Admiral:
„Die aktuelle Krise der Menschheit ist drei Männern geschuldet: Zum Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte Marx die drei Bände seines Kapitals und säte mit ihnen Zweifel an der Unverletzlichkeit des Eigentums; Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die geheiligte Intimsphäre des Menschen angegriffen durch Freud mit seinem Buch die Traumdeutung, und schließlich hat Einstein 1905 mit seiner Relativitätstheorie die statische Vorstellung von der Materie und ihrem Untergang untergraben.“
Alle drei seien Juden gewesen, deren destruktives Wirken die Welt in das gegenwärtige Chaos gestürzt habe.
Bedeutung in der Junta
Massera war Oberkommandierender der Marine und in dieser Eigenschaft auch verantwortlich für die berüchtigte Marineschule Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA), eines der Zentren rechtswidriger Inhaftierung. Rund 5.000 Personen wurden dort gefoltert[3] und ermordet, darunter auch Ausländer. Insgesamt starben bis zu 30.000 Gegner der Militärdiktatur während der Junta-Herrschaft von 1976 bis 1983.[4]
Massera traf sich mehrfach mit dem damaligen Leiter des Jesuitenordens in Argentinien, Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Papst Franziskus, der beschuldigt wurde, in die Verhaftung zweier Jesuiten und deren Inhaftierung in der ESMA verwickelt gewesen zu sein, siehe Der Fall Jalics und Yorio.[5][6][7]
Massera war auch der Netzwerker der Junta. Mithilfe von Licio Gelli, einem ehemaligen Verbindungsoffizier Mussolinis, wurde er zum Mitglied der konspirativen, später verbotenen italienischen Freimaurerloge Propaganda Due (P2). Es gelang ihm dadurch, das US-Waffenembargo zu umgehen und in Vorbereitung auf den Falklandkrieg Militärausrüstung und Bewaffnung für die Junta im Wert von 6 Mrd. US-Dollar im Ausland zu beschaffen.[8]
Es gibt die Gerüchte, dass er 1978 ein Geheimtreffen mit Mario Firmenich, dem Exil-Chef der von der Diktatur bekämpften Guerillagruppe Montoneros in der argentinischen Botschaft in Paris organisiert habe, mit dem Ziel diese auf eine „katholische nationale Allianz“ einzuschwören. Einige Zeitzeugen erklären damit den kompletten Zusammenbruch der anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 geplanten Gegenoffensive der Montoneros und deren sofortige Verhaftung noch vor ihrem Grenzübertritt nach Argentinien.[9] Die einzige Zeugin dieser Treffen, die Botschaftsangestellte Elena Holmberg, wurde nach Buenos Aires zurückberufen, am 20. Dezember 1978 entführt und wenige Tage später tot im Hafenbecken der Stadt aufgefunden.[10]
1979 wurde Massera auf seiner Position in der Junta durch den Admiral Armando Lambruschini ersetzt.[2]
Strafverfolgung, Krankheit und Tod
Nach dem Ende der Diktatur versuchte er sich, gestützt auf die geknüpften Kontakte, als demokratischer Präsidentschaftskandidat, wurde aber 1985 wegen Mordes, Folterung, Freiheitsberaubung und Raub zu lebenslanger Haft und zum Verlust seines militärischen Rangs verurteilt. Ende 1990 wurde er im Zuge der Amnestie von Präsident Carlos Menem zugunsten von Mitgliedern der Militärregierung begnadigt. 1998 wurde er erneut angeklagt und inhaftiert, unter der Anklage, Babys von verschleppten Regimegegnern geraubt zu haben. Dieses Delikt fiel nicht unter die Amnestie von 1990. Später wurde die Haft durch Hausarrest ersetzt.[2]
2005 erlitt Massera ein Hirn-Aneurysma und war seitdem verhandlungsunfähig.[11] Dies bewahrte ihn vor weiterer juristischer Verfolgung, als 2007 durch den obersten Gerichtshof Argentiniens die Menem’sche Generalamnestie annulliert wurde. Neben dem Verfahren in Argentinien waren Auslieferungsbegehren seitens Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien anhängig; diese Länder warfen ihm vor, für die Verschleppung und Ermordung von Staatsangehörigen während seiner Zeit in der Militärregierung verantwortlich zu sein.[2]
Emilio Massera starb im Marinehospital von Buenos Aires an einer Hirnblutung.
Einzelnachweise
- ↑ Nachruf bei La Nación
- ↑ a b c d Christine Legrand: Emilio Massera. Le Monde, 12. November 2010, S. 23.
- ↑ „Der Admiral Eduardo Massera, der die Marine zu einem allmächtigen Repressionsapparat ausbaute und ihre „Mechanikschule“ in Buenos Aires (Esma) zum größten geheimen Folterzentrum werden ließ, übertraf ihn mutmaßlich noch an Grausamkeit“, so Josef Oehrlein: Der Ideologe des dreckigen Krieges, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Mai 2013
- ↑ Michael Riekenberg: Kleine Geschichte Argentiniens. C.H. Beck, München 2009, S. 174.
- ↑ Horacio Verbitsky (Pagina/12, 17. März 2013): Cambio de piel
- ↑ Francesco Jalics: Ejercicios de contemplación: introducción a la forma de vida contemplativa y a la invocación a Jesús. San Pablo, Buenos Aires 2003, ISBN 950-861-191-X, S. 140ff; zitiert bei Horacio Verbitsky: Doble juego: la Argentina católica y militar. Editorial Sudamericana, 2006, ISBN 950-07-2737-4, S. 73, und nach Hilda Marchiori: Victimologia/ Victimology, 2008, ISBN 987-1432-10-0, S. 108. Laut Anmerkung 42, ebd., fehlen diese Angaben in der argentinischen Ausgabe des Buchs von Jalics. - Siehe auch Daily Mail.uk, 17. März 2013: Special report: The damning documents that show new Pope DID betray tortured priests to the junta
- ↑ Horacio Verbitsky (Pagina/12, 9. November 2010): El Infierno es poco – El almirante y el cardenal
- ↑ The Independant: Obituaries: Admiral Emilio Massera: Naval officer who took part in the 1976 coup in Argentina and was later jailed for his part in the junta’s crimes vom 10. November 2010. Abgerufen am 14. März 2013
- ↑ Daniel Santoro: Comienzan a revelarse secretos del Batallón de Inteligencia 601, Clarín vom 22. Januar 2010. Abgerufen am 14. März 2013
- ↑ Jorge Camarasa: ¿Por qué asesinaron a Elena Holmberg en 1978? La Nación vom 22. Februar 2001. Abgerufen am 14. März 2013.
- ↑ Diana Kordon, Daniel Kersner: A propósito de la pericia al ex almirante Massera. Escrito dado a conocer a la opinión pública después de realizada la pericia. In: Diana Kordon, Lucila Edelman, Darío Lagos, Daniel Kersner (Hrsg.): Sur dictadura y después. Elaboración psicosocial y clínica de los traumas colectivos. Psicolibro ediciones de Librería Paidos, Buenos Aires 2010, S. 158–159, hier S. 158.
Personendaten | |
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NAME | Massera, Emilio |
ALTERNATIVNAMEN | Massera Padula, Emilio Eduardo |
KURZBESCHREIBUNG | argentinischer Militäroffizier und Politiker |
GEBURTSDATUM | 19. Oktober 1925 |
GEBURTSORT | Paraná (Entre Ríos) |
STERBEDATUM | 8. November 2010 |
STERBEORT | Buenos Aires |
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Preşedintele Nicolae Ceauşescu l-a primit pe Emilio Eduardo Massera, comandant-şef al marinei şi membru al Juntei militare de guvernământ din Republica Argentina, care face o vizită oficială în ţara noastră.(29.VI.1978)
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ESMA, Escuela de Mecánica de la Armada. Centro Clandestino de Detención (CCD) entre 1976-1983. Buenos Aires. Argentina.