Emil Brettle

Emil Brettle (* 5. Dezember 1877 in Schatthausen; † Sommer 1945 im Lager Treysa, Schwalmstadt) war Oberreichsanwalt des Deutschen Reichs im Nationalsozialismus.

Leben

Der Sohn eines Oberlehrers legte 1901 und 1905 die juristischen Staatsprüfungen ab. 1905 wurde er als Gerichtsassessor eingestellt und wurde 1913 zum Amtsrichter in Mannheim ernannt. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Hauptmann der Artillerie teil. Am 1. Mai 1918 erfolgte eine weitere Beförderung zum Landrichter und 1920 ernannte man ihn zum ersten Staatsanwalt in Mannheim. Oberstaatsanwalt wurde er im März 1926 in Waldshut, im April 1931 in Mannheim. Am 13. März 1933 übernahm er kommissarisch den Posten des Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Karlsruhe und wurde wohl am 27. April 1933 zum Ministerialrat im badischen Justizministerium[1] und im August 1933 endgültig zum Generalstaatsanwalt bestellt. Sein Parteibeitritt wurde auf den 1. Mai 1937 zurückdatiert. Am 1. Juni 1937 wurde er zum Oberreichsanwalt beim Reichsgericht befördert. Rudolf Heß gab am 22. Mai 1937 die Zustimmung, dass Brettle, obwohl er in der NSDAP-Zentrale noch nicht als Mitglied geführt wurde, zum Oberreichsanwalt beim Reichsgericht ernannt wurde.[2]

In dieser Funktion regte Brettle die Einführung einer Nichtigkeitsbeschwerde an, um Sondergerichtsurteile nachprüfen zu können. Die Verordnung vom 21. Februar 1940 führt die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Urteile von Amtsrichtern, von Strafkammern und von Sondergerichten ein.[3]

Im Februar 1940 erschien im SS-Journal Das Schwarze Korps unter der Überschrift „Das fehlte gerade“ ein Artikel, der die strenge Spruchpraxis der Gerichte in Deutschland pries und als Beispiel das Todesurteil für einen Mann, dem unanständige Handlungen mit zwei Jungen vorgeworfen wurden, lobte und die Spruchpraxis der Gerichte in Österreich für ihre Milde kritisierte. Fünf Tage nach der Veröffentlichung des Artikels teilte Staatssekretär Roland Freisler an Oberreichsanwalt Brettle mit, dass Reichsgerichtspräsident Erwin Bumke diese Kritik wertschätzte. Sie hatten beschlossen, den nächsten geeigneten Fall vor den Großen Senat des Reichsgerichts zu bringen. Freisler handelte umgehend und ließ eine Denkschrift an alle Staatsanwaltschaften in Österreich in Umlauf geben, die sie anwies, die Gesetze entsprechend der Spruchpraxis der Gerichte in Deutschland anzuwenden. Am 27. November 1941 schrieb Brettle an Freisler, dass der sechste Senat des Reichsgerichtes, der sich mit Österreich befasste, der deutschen Interpretation des herrschenden Gesetzes zur Sodomie zustimmte.[4]

Filbinger

Im Januar 1937 teilte Brettle Hans Filbinger mit, er bekäme eine Zulassung zum zweiten juristischen Examen, wenn die aktenkundigen politischen Beanstandungen ausgeräumt wären, Filbinger trat kurz darauf der NSDAP bei, um seine Referendarzeit beginnen zu können.

Parteimitgliedschaften

Ehrungen

Veröffentlichungen

  • Ein Jahr Nichtigkeitsbeschwerde, Deutsches Recht 1941, S. 561 ff.
  • Zusammenarbeit der Reichsanwaltschaft und des Reichsgerichtes, in : Erwin Bumke zum 65. Geburtstag, Berlin 1939[5].

Literatur

  • Friedrich Karl Kaul, Geschichte des Reichsgerichts, Band IV (1933–1945), Ost-Berlin 1971, S. 60f.

Einzelnachweise

  1. Christof Schiller: Das Oberlandesgericht Karlsruhe im Dritten Reich, Diss. Heidelberg (1995) Berlin 1997, S. 36.
  2. Helmut Heiber, Akten der Partei-kanzlei der NSDAP, Institut für Zeitgeschichte München. Seite 305. [1]
  3. Oberreichsanwalt Brettle an Dr. Freisler, Reichsjustizministerium, 27. November 1941, Bundesarchiv Koblenz R22/970 Blatt 47; Grau, Homosexualität in der NS-Zeit, Seite 261 Doc.67. [2] nach Lothar Gruchmann Justiz im Dritten Reich 1933 - 1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner, München 2001 S. 283 [3]
  4. Tim Kirk, Anthony McElligott Hrsg.Opposing Fascism, Community, Authority and Resistance in Europe [4]
  5. Gerhard Pauli Die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen zwischen 1933 und ihre Fortwirkung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, De Gruyter, Berlin, 1992 [5]