Ellinor Wohlfeil

Ellinor Wohlfeil, geb. Landauer (* 8. April 1925 in Braunschweig; † 14. April 2022 in Erkrath-Unterbach[1][2]) war eine deutsche Schriftstellerin, die als Kind einer Christin und eines getauften Juden (nach NS-Ideologie und -Terminologie also aus einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ stammend) in Kindheit und Jugend durch ihre Erlebnisse während der Zeit des Nationalsozialismus geprägt wurde. Diese Erfahrungen beschrieb sie in romanhafter Form.[3]

Leben

Ellinor Wohlfeil wurde als einzige Tochter von Gertrud Landauer, geb. Fricke (* 23. Juni 1895 in Braunschweig; † 19. Juni 1975 in Bad Neuenahr[4]), Tochter von Robert Fricke, dem Rektor der Technischen Hochschule Braunschweig geboren.[5] Ihr Vater war der Kaufmann Kurt Landauer (* 2. April 1885 in Braunschweig; † 16. März 1943 durch Suizid in Braunschweig[6]) Sie hatte die beiden Brüder Rolfpeter (1922–1925) und Gerd (1926–2021).

1932 zog die Familie nach Bad Harzburg, wo sie zunächst die Grundschule und dann die Mittelschule besuchte. Ihre Kindheit und Jugend waren von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geprägt. Ellinor Landauer wollte ursprünglich Schauspielerin werden, was ihr jedoch wegen der „Mischehe“ ihrer Eltern und die damit vom Regime begründete „jüdische Abstammung“ verwehrt wurde. Sie zog deshalb 1941 nach Berlin, wo einer ihrer Onkel wohnte und machte an einer privaten Lehranstalt eine Ausbildung zur chemisch-technischen Assistentin.[4] Bis 1945 arbeitete sie in der Rüstungsindustrie. In den Wirren am Ende des Krieges schlug sie sich in den Westen durch. Um über die Grenze zwischen der sowjetisch besetzten Zone und dem Gebiet der Alliierten zu kommen, durchschwamm sie die Elbe.

In den folgenden Jahren nahm sie neben ihrer Berufstätigkeit Schauspielunterricht und bestand 1951 die Bühnenreifeprüfung am Düsseldorfer Schauspielhaus. Ihre Versuche, ein Engagement zu finden, schlugen jedoch fehl. 1952 heiratete sie Klaus Wohlfeil. Das Paar bekam zwei Söhne. 1965 begann Ellinor Wohlfeil ein Pädagogikstudium und war anschließend bis 1985 in Düsseldorf als Grundschullehrerin tätig. Nach ihrer Pensionierung begann sie zu schreiben. Zwei Erzählungen und zwei Romane von ihr wurden veröffentlicht, außerdem beteiligte sie sich mit Kurztexten und Gedichten an verschiedenen Anthologien.

Schriftstellerin

Ellinor Wohlfeil wollte mit ihrer schriftstellerischen Arbeit vor allem darauf aufmerksam machen, dass traumatische Erlebnisse ein ganzes Leben lang nachwirken können. Kinder, die in einem Klima von Bedrohung, Diskriminierung, Ausgrenzung und Existenzangst aufwachsen, können kein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Das entsteht nur auf dem Boden von Vertrauen und Sicherheit. Abgelehnt zu werden von der Gesellschaft, herausgerissen zu sein aus der sozialen Ordnung, erzeugt Misstrauen und ein tief sitzendes Gefühl von Verunsicherung. Wenn diese Verhältnisse zur Dauerbelastung werden, wenn junge Menschen unter dieser Dauerbelastung ihre Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen erleben, dann kann das tief in ihre Persönlichkeit eingreifen. Ihr Verhalten und ihre Sicht auf die Welt werden von Unsicherheit und Mangel an Selbstwertgefühl geprägt sein. Als Außenseiter hatten sie ja keine Identifikationsmöglichkeiten, keine Ideale und Wertvorstellungen, die sie übernehmen konnten. Die Missachtung, die sie erfahren haben, sitzt tief. Ihre Versagungstoleranz ist stark herabgesetzt. Sie haben den unvermeidlichen Frustrationen des Lebens nichts entgegenzusetzen. Oft ist die Flucht in die Depression die Folge. Ellinor Wohlfeil hat als Tochter eines jüdischen Vaters selbst mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt und auch erfahren, wie wenig Verständnis viele Mitmenschen dafür aufbringen. Aber es sind nicht nur die Probleme der Vergangenheit. Heute noch werden Menschen ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Rasse wegen verfolgt. Auch Emigranten, die sich weder in ihrer neuen Heimat noch in ihrem Ursprungsland zu Hause fühlen, machen diese leidvollen Erfahrungen. Ellinor Wohlfeil wollte mit ihren Büchern die Menschen für diese Problematik sensibilisieren.

Ellinor Wohlfeil war Mitglied im Freien Deutschen Autorenverband FDA und im Freundeskreis Düsseldorfer Buch.

Auszeichnungen

Im November 2007 erhielt Ellinor Wohlfeil den Literaturpreis des Freundeskreises Düsseldorfer Buch e.V. für ihr literarisches Gesamtwerk.

Werk

  • „Ich bleibe solo“, 2014, Verlag 3.0, Bedburg, ISBN 978-3-944343-45-7.
  • „Im Zwielicht der Zeit“, Neuedition 2013, Verlag 3.0, Bedburg, ISBN 978-3-944343-10-5.
  • „Im Bann der Vergangenheit“, Neuedition 2013, Verlag 3.0, Bedburg, ISBN 978-3-944343-49-5.
  • „Kein menschlicher Makel - weder gestern noch heute“, 2013, Verlag 3.0, Bedburg, ISBN 978-3-944343-44-0.
  • Kurzprosa und Gedichte in verschiedenen Anthologien

Literatur

  • Reinhard Bein: Sie lebten in Braunschweig. Biografische Notizen zu den in Braunschweig bestatteten Juden (1797 bis 1983). In: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Braunschweig, Nr. 1, Döring Druck, Braunschweig 2009, ISBN 978-3-925268-30-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alle Traueranzeigen für Ellinor Wohlfeil | trauer.rp-online.de. Abgerufen am 3. Juni 2022 (deutsch).
  2. RP ONLINE: Erkrath: Eine jüdische Kindheit. 9. November 2011, abgerufen am 3. Juni 2022.
  3. Ellinor Wohlfeil. In: Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 2014/2015: Band I: A-O. Band II: P-Z., Walter De Gruyter Incorporated, 2014, S. 1159, ISBN 978-3-11-033720-4.
  4. a b Reinhard Bein: Sie lebten in Braunschweig. Biografische Notizen zu den in Braunschweig bestatteten Juden (1797 bis 1983)., S. 568
  5. Reinhard Bein: Ewiges Haus. Jüdische Friedhöfe in Stadt und Land Braunschweig., S. 225
  6. Reinhard Bein: Sie lebten in Braunschweig. Biografische Notizen zu den in Braunschweig bestatteten Juden (1797 bis 1983). S. 566 und 568.