Elisabeth Augustin (Schriftstellerin)
Elisabeth Theresia Augustin, geborene Glaser (geboren am 13. Juni 1903 in Berlin; gestorben am 14. Dezember 2001 in Amsterdam) war eine deutsch-niederländische Schriftstellerin.
Leben
Elisabeth Augustin wurde als Elisabeth Theresia Glaser in Berlin-Friedenau geboren. Ihr Vater Eduard Joseph Glaser stammte aus einer christlich-jüdischen Familie. Die Mutter Elli Glaser, geborene Cohn, hatte jüdische Vorfahren, war allerdings wie ihr Mann getauft. Folgerichtig wurde Elisabeth christlich erzogen. 1908 siedelte die Familie nach Leipzig über, wo Augustin die höhere Bürgerschule besuchte. Sie nahm Schauspielunterricht, gab den Wunsch, als Schauspielerin Karriere zu machen, jedoch auf Drängen des Vaters auf. Stattdessen wandte sie sich dem Journalismus und der Schriftstellerei zu. Erste Veröffentlichungen sind ab 1923 belegt. 1927 heiratete sie Paul Felix Augustin, einen in der Schweiz geborenen und in Holland aufgewachsenen Germanisten. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.
Durch den jüdischen Familienhintergrund und die Nähe zur SPD für die heraufziehende Gefahr sensibilisiert, verließ Elisabeth Augustin 1933 unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Deutschland. Zusammen mit ihrem Mann und den beiden Kindern emigrierte sie nach Amsterdam. Ein Manuskript, das durch die politische Entwicklung nicht mehr im Gustav Kiepenheuer Verlag erscheinen konnte, hatte sie im Gepäck. Anstatt sich mit diesem nun an einen der zahlreichen Exil-Verlage in den Niederlanden zu wenden, erschien „De Uitgestootene“ im Amsterdamer Verlag van Kampen. Augustin hatte den Roman selbst ins Niederländische übertragen. Es folgten weitere Romane, die nun bereits in niederländischer Sprache entstanden und teilweise sehr positive Resonanz hervorriefen.
Nach dem Überfall auf die Niederlande durch die Deutsche Armee im Mai 1940 blieben die Augustins in Amsterdam. Die „Halbjüdin“ Elisabeth Augustin konnte zwar nicht mehr publizieren, war aber durch die Ehe mit einem „Arier“ nicht direkt von den Rassegesetzen der Nazis bedroht. Doch Augustins Mutter, die seit 1938 bei ihrer Tochter lebte, wurde 1943 deportiert und im NS-Vernichtungslager Sobibor ermordet.
Als Reaktion auf die Nachricht von der Ermordung ihrer Mutter begann Augustin an dem Roman „Labyrint“, auf Deutsch „Auswege“, zu schreiben – nun wieder in ihrer Muttersprache. In der polyperspektivischen Erzählung setzte sich Augustin mit dem Verlust ihrer Mutter auseinander und fragte nach den Möglichkeiten des Weiterlebens nach der Erfahrung der Shoah.
Preise und Auszeichnungen
- 1992 Goethe-Medaille des Goethe-Instituts
- 1992 Jacobsonpreis der Stiftung Tollensfonds[1]
- 1987 Kogge-Ring der Stadt Minden
- 1977 Georg-Mackensen-Literaturpreis (beste deutsche Kurzgeschichte)
Werke
Dass einige der Werke Elisabeth Augustins sowohl unter „Werke in deutscher Sprache“ als auch unter „Werke in niederländischer Sprache“ gelistet sind, ist dem ungewöhnlichen Umstand geschuldet, dass Elisabeth Augustin nicht nur in zwei Sprachen (Deutsch und Niederländisch) schrieb, sondern den Großteil ihrer Werke auch selbst in die jeweils andere Sprache übersetzte.
Werke in deutscher Sprache
- Das Guckloch. Fünf Erzählungen. Persona Verlag, Mannheim 1993, ISBN 978-3-924652-20-3
- Auswege. Persona Verlag, Mannheim 1988, ISBN 978-3-924652-10-4
- Meine Sprache/Deine Sprache. Xylos, Gelsenkirchen 1985, ISBN 978-3-921812-23-5
- Der Garten. Graphikum Mock, Bovenden 1982
- Verheissung des Aufschubs. Gedichte. Tentamen, Stuttgart 1981
- Das unvollendete Leben des Malcolm X. Peter, Rothenburg ob der Tauber 1970
Werke in niederländischer Sprache
- De uitgestootene. van Kampen, Amsterdam 1935
- Mirjam [Omslagteekening van Jozef Cantré[2]]. Brusse, Rotterdam 1938
- Het patroon. herinneringen. De Arbeiderspers, Amsterdam 1990
- Verloren tijd inhalen. gedichten. Zelen, Maasbree 1978
- Het onvoltooide leven van Malcolm X. Thespa, Amsterdam 1973 [deutsch: Das unvollendete Leben des Malcolm X]
- Labyrint. Holland, Amsterdam 1955 [deutsch: Auswege]
Übersetzungen
- Lea Smulders:[3] Bärchen Brumm-Brumm (Köln, 1965)
- Hendrik Thomas de Booy: Hier Rettungsboot Brandaris. Aus dem Leben des jungen Dick Spits (1964)
- Gerhard Walschap:[4] Schwester Virgilia. Roman (Bonn/Antwerpen/Paris/Amsterdam: 1951)
- Antoon Coolen: Brabanter Volk. Roman (Wiesbaden: 1946) [gemeinsam mit Paul Felix Augustin]
- A. den Doolaard: Orient-Express, Roman [Übertr. aus d. Holländ. von Elisabeth u. Felix Augustin], Querido Verlag, Amsterdam 1935. (DNB 992260914)
Literatur
- 95 Jahre Elisabeth Augustin. Eine Zeugin des Jahrhunderts. Ed. Xylos, Gelsenkirchen-Ückendorf 1998 (Solitär 3, ZDB-ID 1482367-6).
- Nikola Herweg: „nur ein land / mein sprachland“. Heimat erschreiben bei Elisabeth Augustin, Hilde Domin und Anna Maria Jokl. Königshausen und Neumann, Würzburg 2011, ISBN 978-3-8260-4761-9.
- Renate Wall: Elisabeth Augustin. In: Renate Wall: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933-1945. Haland & Wirth, Gießen 2004, ISBN 3-89806-229-5, S. 19–21.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ niederländischer Literaturpreis – Jacobson-prijs in der niederländischsprachigen Wikipedia
- ↑ niederländischer Grafiker – Jozef Cantré in der niederländischsprachigen Wikipedia
- ↑ niederländische Kinderbuchautorin – Lea Smulders in der niederländischsprachigen Wikipedia
- ↑ niederländischer Autor – Gerard Walschap in der niederländischsprachigen Wikipedia
Personendaten | |
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NAME | Augustin, Elisabeth |
ALTERNATIVNAMEN | Augustin, Elisabeth Theresia (vollständiger Name); Glaser, Elisabeth Theresia (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-niederländische Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 13. Juni 1903 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 14. Dezember 2001 |
STERBEORT | Amsterdam |