Eisencarboxymaltose

Allgemeines
FreinameEisencarboxymaltose
Andere Namen

Eisen(III)-hydroxid-oxid-{4-O-poly[-α-D-glucopyranosyl-(1→4)]-D-gluconat}-Hydrat

Summenformel[FeOx(OH)y(H2O)z]n [(C6H10O5)m (C6H12O7)l]k, wobei n ~ 103, m ~ 8, l ~ 11, and k ~ 4
Kurzbeschreibung

brauner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer9007-72-1
EG-Nummer813-933-0
ECHA-InfoCard100.245.982
PubChem86278165
DrugBankDB08917
WikidataQ20817270
Arzneistoffangaben
ATC-Code

B03AC

Wirkstoffklasse

Parenterale Eisenpräparate

Eigenschaften
Molare Masse788,44 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Achtung

H- und P-SätzeH: 315​‐​319​‐​335​‐​361​‐​373
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Eisencarboxymaltose ist ein Arzneistoff zur parenteralen Behandlung von Eisenmangel/Eisenmangelanämie. Der Wirkstoff ist ein makromolekularer Komplex, bestehend aus Eisen(III)-hydroxid (dreiwertiges Eisen, Fe3+) und dem Komplexbildner Carboxymaltose.

Anwendung

Eisencarboxymaltose wird intravenös verabreicht bei Patienten mit Eisenmangel/Eisenmangelanämie, bei denen eine orale Eisentherapie ungenügend wirksam, unwirksam oder nicht durchführbar ist. Im Vergleich zur oralen Eisentherapie wird bei der intravenösen Eisentherapie der Eisenmangel rascher ausgeglichen und die Anämie in der Regel entsprechend schneller behoben.

Eisencarboxymaltose wird nur angewendet, wenn im Blut ein Eisenmangel nachgewiesen werden kann (z. B. niedriges Ferritin oder niedrige Transferrin-Sättigung).

Das Arzneimittel liegt in Ampullen vor. Eisencarboxymaltose kann als Bolus oder als Infusion verabreicht werden, für eine Infusion wird der Ampulleninhalt mit isotonischer Kochsalzlösung verdünnt. Für die Einzeldosis und die Wochendosis existieren Obergrenzen. Die Menge des insgesamt zu verabreichenden Eisens lässt sich aus dem Hämoglobinwert des Patienten und dem Körpergewicht berechnen, wobei die Ganzoni-Formel angewendet wird.

Da die intravenöse Verabreichung von Eisenpräparaten in seltenen Fällen akute Überempfindlichkeitsreaktionen vom Soforttyp (anaphylaktische Reaktionen) auslösen kann, darf das Präparat nur verabreicht werden, wenn medizinisches Fachpersonal vorhanden ist, welches solche Überempfindlichkeitsreaktionen sofort erkennt und behandeln kann. Für die Überempfindlichkeitsreaktion ist vorwiegend Dextran verantwortlich, das in früheren Eisenpräparaten zum Einsatz kam. Eisencarboxymaltose enthält kein Dextran.

Der Wirkstoff ist seit 2007 auf dem Markt und in über 70 Ländern zugelassen. Es wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter dem Handelsnamen Ferinject vertrieben.

Pharmakologie

Wirkungsweise

Der Wirkstoff wird im Blut über Makrophagen in das Retikulendotheliale System aufgenommen, vorwiegend in der Leber, wo das Eisen in Speichereisen (Ferritin) oder Transporteisen (Transferrin) verpackt wird und so dem Körper für verschiedenen Funktionen, hauptsächlich zum Einbau in Hämoglobin in den roten Blutkörperchen, zur Verfügung gestellt werden kann. Hämoglobin transportiert den Sauerstoff aus der Lunge zu den Körperzellen.

Pharmakodynamik

Die Utilisation, resp. Aufnahme in den Erythrozyten 24 Tage nach der Verabreichung, des über Eisencarboxmaltose intravenös zugeführten Eisens betrug bei Patienten mit Eisenmangelanämie zwischen 91 und 99 % und bei renaler Anämie zwischen 61 und 84 %.[3]

Pharmakokinetik

Im Anschluss an eine Verabreichung einer Einzeldosis werden maximale Serumeisenwerte nach 15 bis 70 Minuten erreicht. Das verabreichte Eisen wird rasch aus dem Blutplasma eliminiert mit einer Plasmahalbwertszeit zwischen 7 und 12 Stunden.[4] Die mittlere Verweildauer beträgt 11 bis 17 Stunden. Die renale Elimination ist vernachlässigbar.

Klinische Wirksamkeit und Sicherheit

Die Wirksamkeit und Sicherheit wurde in zahlreichen klinischen Studien untersucht und dokumentiert. Unter anderem bei Dialysepatienten, bei Patienten mit Anämie im Rahmen von chronischen Darmerkrankungen,[5] Herzinsuffizienz,[6] Niereninsuffizienz[7] und bei Patientinnen mit postpartaler Anämie.[8]

Studien zur Wirksamkeit

Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und Eisenmangel konnte eine Verbesserung des Patient Global Assessment Score, des Müdigkeitsscores und der Lebensqualität erzielt werden. Gleichzeitig bestand ein geringeres Risiko für einen stationären Krankenhausaufenthalt infolge einer kongestiven Herzinsuffizienz.[9] Bei Frauen mit symptomatischer Müdigkeit unbekannter Ursache und Eisenmangel konnte innerhalb kurzer Zeit (7 Tage) die Müdigkeit verringert werden.[10] Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz ohne Dialyse fand sich ein verzögerter Bedarf an alternativen Therapien zur Behandlung der Anämie (Bluttransfusion, Erythropoiese-stimulierende Arzneimittel).[7] Bei schwangeren Frauen (2. und 3. Trimenon) mit Eisenmangelanämie wurde eine Verbesserung der vergleichbaren Hb-Werte erzielt. Es fand sich eine schnellere und häufigere Anämiekorrektur sowie bessere Lebensqualität mit Eisencarboxymaltose. Die Sicherheit und Verträglichkeit von Eisencarboxmaltose bei schwangeren Frauen und dem Foetus wurde bestätigt.[11] Bei Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa und Eisenmangel fand sich bei mehr Patienten in der Eisencarboymaltose-Gruppe im Vergleich zur Eisensaccharose-Gruppe ein erhöhter Hb-Wert. Die Lebensqualität war in beiden Gruppen verbessert, die Verträglichkeit war vergleichbar.[12]

Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen Eisenpräparate darf Eisencarboxmaltose, wie alle anderen parenteralen Eisenpräparate, nicht angewendet werden. Bei Anämien, die eine andere Ursache als Eisenmangel haben, wird kein Eisenpräparat verabreicht. Bei bekannter Eisenüberladung oder Eisenverwertungsstörung dürfen Eisenpräparate ebenfalls nicht verabreicht werden.

Da das Arzneimittel nicht bei Kinder untersucht worden ist, sollte das Präparat nicht bei Kinder unter 14 Jahren verabreicht werden.

Eisencarboxymaltose darf nicht mit anderen Arzneimittel gemischt oder gleichzeitig mit oralem Eisen verabreicht werden. Bei Verabreichung als Infusion darf das Präparat nur mit isotoner Kochsalzlösung verdünnt werden.

Nebenwirkungen

Als Nebenwirkungen mit einer Häufigkeit zwischen 1 und 10 % wurden unter anderen Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdruckanstieg, Übelkeit und lokale Reaktion an der Infusionsstelle beobachtet. Seltene Nebenwirkungen mit einer Häufigkeit zwischen 0,1 % und 1 % umfassten unter anderen Empfindungsstörungen, Geschmacksstörungen, Pulsanstieg, Blutdruckabfall, Wallungen, Muskelschmerzen und Bauchschmerzen. Als sehr seltene Nebenwirkungen mit einer Häufigkeit zwischen 0,1 und 0,01 % werden unter anderen anaphylaktische Reaktionen, Venenentzündung, Blähungen und grippeähnliche Symptome beschrieben.[13]

Weiterhin wurde gezeigt, dass die intravenöse Gabe von Eisencarboxymaltose in ca. 40 % der Fälle zu einer transienten (vorübergehenden) Hypophosphatämie führt.[14]

Handelsnamen

Eisencarboxymaltose wird unter dem Namen Ferinject gehandelt.[15]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Watsonnoke Scientific Ltd: 9007-72-1 Ferric Carboxymaltose - Watsonnoke Scientific Ltd, abgerufen am 29. Januar 2022
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von (2S,3S,4S,5R)-4-[(2R,3R,4R,5S,6R)-5-[(2R,3R,4R,5S,6R)-3,4-dihydroxy-6-(hydroxymethyl)-5-[(2R,3R,4S,5S,6R)-3,4,5-trihydroxy-6-(hydroxymethyl)oxan-2-yl]oxyoxan-2-yl]oxy-3,4-dihydroxy-6-(hydroxymethyl)oxan-2-yl]oxy-2,3,5,6-tetrahydroxyhexanoate;iron(3+);oxygen(2-);hydroxide;hydrate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 19. Juni 2018.
  3. S. Beshara, J. Sörensen, M. Lubberink, V. Tolmachev, B. Långström, G. Antoni, B. G. Danielson, H. Lundqvist: Pharmacokinetics and red cell utilization of 52Fe/59Fe-labelled iron polymaltose in anaemic patients using positron emission tomography. In: British Journal of Haematology. Band 120, Nummer 5, März 2003, S. 853–859, PMID 12614222.
  4. P. Geisser, J. Banké-Bochita: Pharmacokinetics, safety and tolerability of intravenous ferric carboxymaltose: a dose-escalation study in volunteers with mild iron-deficiency anaemia. In: Arzneimittel-Forschung. Band 60, Nummer 6a, 2010, S. 362–372, doi:10.1055/s-0031-1296301, PMID 20648928.
  5. S. Kulnigg, S. Stoinov, V. Simanenkov, L. V. Dudar, W. Karnafel, L. C. Garcia, A. M. Sambuelli, G. D'Haens, C. Gasche: A novel intravenous iron formulation for treatment of anemia in inflammatory bowel disease: the ferric carboxymaltose (FERINJECT) randomized controlled trial. In: The American Journal of Gastroenterology. Band 103, Nummer 5, 2008, S. 1182–1192, doi:10.1111/j.1572-0241.2007.01744.x, PMID 18371137.
  6. P. Ponikowski, D. J. van Veldhuisen, J. Comin-Colet, G. Ertl, M. Komajda, V. Mareev, T. McDonagh, A. Parkhomenko, L. Tavazzi, V. Levesque, C. Mori, B. Roubert, G. Filippatos, F. Ruschitzka, S. D. Anker: Beneficial effects of long-term intravenous iron therapy with ferric carboxymaltose in patients with symptomatic heart failure and iron deficiency†. In: European Heart Journal. Band 36, Nummer 11, 2015, S. 657–668, doi:10.1093/eurheartj/ehu385, PMID 25176939, PMC 4359359 (freier Volltext).
  7. a b I. C. Macdougall, A. H. Bock, F. Carrera, K. U. Eckardt, C. Gaillard, D. Van Wyck, B. Roubert, J. G. Nolen, S. D. Roger: FIND-CKD: a randomized trial of intravenous ferric carboxymaltose versus oral iron in patients with chronic kidney disease and iron deficiency anaemia. In: Nephrology, Dialysis, Transplantation. Band 29, Nummer 11, 2014, S. 2075–2084, doi:10.1093/ndt/gfu201, PMID 24891437, PMC 4209879 (freier Volltext).
  8. M. H. Seid, R. J. Derman, J. B. Baker, W. Banach, C. Goldberg, R. Rogers: Ferric carboxymaltose injection in the treatment of postpartum iron deficiency anemia: a randomized controlled clinical trial. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology. Band 199, Nummer 4, Oktober 2008, S. 435.e1–435.e7, doi:10.1016/j.ajog.2008.07.046, PMID 18928998.
  9. P. Ponikowski, D. J. van Veldhuisen, J. Comin-Colet, G. Ertl, M. Komajda, V. Mareev, T. McDonagh, A. Parkhomenko, L. Tavazzi, V. Levesque, C. Mori, B. Roubert, G. Filippatos, F. Ruschitzka, S. D. Anker: Beneficial effects of long-term intravenous iron therapy with ferric carboxymaltose in patients with symptomatic heart failure and iron deficiency†. In: European Heart Journal. Band 36, Nummer 11, 2015, S. 657–668, doi:10.1093/eurheartj/ehu385, PMID 25176939, PMC 4359359 (freier Volltext).
  10. B. Favrat, K. Balck, C. Breymann, M. Hedenus, T. Keller, A. Mezzacasa, C. Gasche: Evaluation of a single dose of ferric carboxymaltose in fatigued, iron-deficient women–PREFER a randomized, placebo-controlled study. In: PloS one. Band 9, Nummer 4, 2014, S. e94217, doi:10.1371/journal.pone.0094217, PMID 24751822, PMC 3994001 (freier Volltext).
  11. C. Breymann, N. Milman, A. Mezzacasa, R. Bernard, J. Dudenhausen: Ferric carboxymaltose vs. oral iron in the treatment of pregnant women with iron deficiency anemia: an international, open-label, randomized controlled trial (FER-ASAP). In: Journal of Perinatal Medicine. 2016, doi:10.1515/jpm-2016-0050, PMID 27278921.
  12. R. Evstatiev, P. Marteau, T. Iqbal, I. L. Khalif, J. Stein, B. Bokemeyer, I. V. Chopey, F. S. Gutzwiller, L. Riopel, C. Gasche: FERGIcor, a randomized controlled trial on ferric carboxymaltose for iron deficiency anemia in inflammatory bowel disease. In: Gastroenterology. Band 141, Nummer 3, September 2011, S. 846–853.e1, doi:10.1053/j.gastro.2011.06.005, PMID 21699794.
  13. Ferinject. In: compendium.ch. HCI Solutions AG, abgerufen am 10. April 2017.
  14. Robert Stöhr, Lukas Sandstede, Gunnar H. Heine, Nikolaus Marx, Vincent Brandenburg: High-Dose Ferric Carboxymaltose in Patients With HFrEF Induces Significant Hypophosphatemia. In: Journal of the American College of Cardiology. Band 71, Nr. 19, Mai 2018, S. 2270–2271, doi:10.1016/j.jacc.2018.03.448.
  15. Henning Schneider: Die Geburtshilfe. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-662-45064-2, S. 505.

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