Eisbrecher (Wasserbau)
Als Eisbrecher, auch Eisbock oder Eisabweiser, werden oberstromseitig errichtete Schutzbauten und keilförmig verstärkte Brückenpfeiler an treibeisgefährdeten Brücken bezeichnet. Daneben existieren auch am Ufer speziell installierte keilförmige Befestigungen, die vor Eisgang schützen.
Die einige Meter oberhalb der Brücke in das Flussbett eingerammten Balken oder eisernen Schienen sollen die Brückenjoche und Pfeiler gegen den Eisgang, konkret den Andrang großer kompakter Treibeisschollen schützen, indem diese Eisschollen bereits vor dem Erreichen der Brücke durch den Eisbrecher in kleinere Schollen geteilt werden.
Gegen Eisgang und Hochwasser auf der Elbe wurden in der Sächsischen Schweiz auch Bollwerke mit dem Namen Habe errichtet.
Ungeschützte Gebäude wurden bei schwerem Eisgang, wie das Jahrtausendhochwasser im Winter 1783/84 in Köln und besonders in Mülheim am Rhein und Neuss zeigte, vom Eisgang weggerissen.
Kulturdenkmal Eisbrecher in Edingen-Neckarhausen
Unmittelbar am Neckarufer in Edingen finden sich die Reste einer mächtigen Befestigungsmauer aus Buntsandstein, die teilweise überbaut, teilweise aber auch nicht mehr vorhanden ist. Die Anlage, die heute nur noch wenig Beachtung findet, diente früher als Steinbollwerk gegen die folgenreichen Frühjahrshochwässer am Unteren Neckar.
Welche katastrophalen Zerstörungen der damals noch unregulierte Neckar anrichten konnte, zeigte sich im Frühjahr 1784, als ein schweres Hochwasser verbunden mit Eisgang die unmittelbar am Fluss liegende Gemeinde Neckarhausen nahezu zerstörte. Insgesamt waren 13 Tote sowie ein hoher Sachschaden von 56.000 Gulden zu beklagen. Über 200 Einwohner aus Neckarhausen verloren ihr Obdach und mussten im benachbarten Edingen in Notunterkünften untergebracht werden. Dort gab es zwar auch Schäden, diese waren aber nicht mit Neckarhausen zu vergleichen.
Die Naturkatastrophe war Anlass zur Errichtung erster Hochwasserschutzmaßnahmen zwischen Mannheim und Edingen. Über die Umsetzung und die Finanzierung der Bauwerke war man allerdings uneins. Vor allem fehlte es an Geld. Der Bau des steinernen Eiskeils am Neckarufer war erst möglich, nachdem Kurfürst Karl Friedrich von Baden ein Drittel der Kosten aus der Generallandeskasse übernahm. Erstmals tauchen der Eisbrecher sowie die dazugehörige Schutzmauer auf den Karten Gemarkungsatlas und auf Gemälden des niederländisch-deutschen Landschaftsmalers Johann Cornelius Mali (1828–1865) in der zweiten Hälfte des 19. Jh. auf. Der Eisbrecher bei Edingen ist damit wohl das älteste Kulturdenkmal zum Hochwasserschutz am Unteren Neckar.[1] Obwohl als Denkmal gelistet, bröckelt das Bauwerk seit Jahrzehnten vor sich hin. Inzwischen ist der Eisbrecher zu großen Teilen in den Fluss gestürzt.[2]
- „Habe“-Bollwerk gegen Eisgang in Stadt Wehlen
- „Habe“ in Postelwitz, Bad Schandau
- (c) John Clive Nicholson, CC BY-SA 2.0Eisabweiser Bywell Bridge erb. 1836, Northumberland
- Eisbrecher aus Stahl am Eisernen Steg in Regensburg
- Freileitung mit Eisabweiser an der Mulde im Biosphärenreservat Mittelelbe
Eisbrecher an Rhein, Main und Mosel
Viele historische Eisbrecher an Rhein, Main und Mosel wurden aus Basaltsteinen gebaut.
Die Stadt Andernach wird vom im Nordosten der Stadtmauer vorgelagerten kanonenbestückten Bollwerk mit spitzwinkliger Schanze zum Rhein geschützt, da die Stadt in einer Rheinbiegung liegend treibeisgefährdet war. Dieses Bollwerk wurde früher als eine ufernahe Verteidigungsbastion genutzt, heute ist es ein Kriegsopfergedenkstätte. Der Alte Krahnen in Andernach aus dem 16. Jahrhundert hat als Besonderheit einen Basalteisbrecher rheinaufwärts vorgebaut.
Der 1784 errichtete Alte Kranen in Marktbreit am Main mit einem Schutz aus Basalt ausgestattet, da dessen hälzerner Vorgängerbau dem Eisgang desselben Winters 1784 zum Opfer fiel.
Auch besonders treibeisgefährdete Brückenpfeiler aus Basalt wie die der Balduinbrücke über die Mosel in Koblenz und die Holzbrücke von Bad Säckingen über den Hochrhein wurden in entsprechender spitzwinkliger Form gebaut, um mit dem integrierten Eisbrecher die antreibenden Eisschollen zu zerteilen und damit das Bauwerk zu schützen.
Literatur
- Antje Gillich: „Vom Eise befreit …“. Der alte Eisbrecher von Edingen (Rhein-Neckar-Kreis). In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 40. Jg. 2011, Heft 3, S. 166 ff.
Einzelnachweise
- ↑ Regierungspräsidium Karlsruhe [1] Referat 26 Denkmalpflege
- ↑ Rhein-Neckar-Zeitung vom 26. April 2019 [2], abgerufen am 9. November 2021
Weblinks
Auf dieser Seite verwendete Medien
(c) Taxiarchos228, CC BY-SA 3.0
Holzbrücke Bad Säckingen, Richtung Stein (Schweiz) gesehen
Autor/Urheber: Dr. Bernd Gross, Lizenz: CC BY-SA 4.0
"Habe", Uferbestigungsanlage zum Schutz vor Eisgang, in Postelwitz, Bad Schandau
Autor/Urheber: Rolf Kranz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Alter Rheinkrahn am Andernacher Rheinufer. Industriedenkmal der rheinischen Renaissance.
Autor/Urheber: Michael Linnenbach, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Historischer Eisbrecher am Neckarufer von Edingen (Rhein-Neckar-Kreis), erbaut gegen Ende des 18. Jh. Im Jahr 2003 wurde ein stählerner Dalben (Schiffsanlegestelle) ins Neckarbett gerammt. Er sollte das Bauwerk vor Anfahrbeschädigungen durch Schiffe schützen.
Autor/Urheber: Rufus46, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Eiserner Steg: Fußgängersteg über die Donau, Am Weinmarkt; Badstraße; Donau; Nähe Holzländestraße.
Brücke auf zwei Strompfeilern, als Übergang ehemalige LZBrücke der deutschen Wehrmacht zweitverwendet, geschraubte Fachwerkkonstruktion aus Stahl, 1947.
Zwei Brückenköpfe mit je zwei Aufgängen und Resten von Rampen, Kalkstein, 1901.
Autor/Urheber: Andrzej Otrębski, Lizenz: CC BY-SA 3.0 pl
Eisabweiser an der Weichselbrücke Dirschau bei Tczew
Autor/Urheber: Brücke-Osteuropa, Lizenz: CC0
Habe - Künstlich errichtete Bollwerke zum Schutz der Bauwerke vor Eisgängen und Hochwasser der Elbe, Mennickestraße 15, Stadt Wehlen, Sachsen
Autor/Urheber: M_H.DE, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dessau-Roßlau, Ortsteil Kleutsch. Eisbrecher, Eisabweiser an der Mulde im Biosphärenreservat Mittelelbe.
(c) John Clive Nicholson, CC BY-SA 2.0
Flood debris on Bywell Bridge Built in 1836 to replace an earlier bridge destroyed by flood in 1771. See http://www.bridgesonthetyne.co.uk/bywell.html