Einzelkämpferlehrgang

Sonderabzeichen Einzelkämpfer nach bestandenem EKL1, bis 3. Dezember 2020 nach bestandenem EKL2.[1]

Der Einzelkämpferlehrgang ist die lehrgangsgebundene Ausbildung der Bundeswehr für Überleben und Durchschlagen sowie Jagdkampf.

Ziel und Durchführung

Der Lehrgang hat das Ziel, die Teilnehmer an ihre psychischen und körperlichen Leistungsgrenzen zu führen. Durchhaltewille, Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit unter schwierigen Situationen und nach körperlicher Belastung sowie Führungswille sind geforderte psychische Leistungselemente.

Der Lehrgang besteht heute – im Gegensatz zu seiner Einführung Anfang der 1980er – aus zwei Ausbildungsabschnitten: dem vierwöchigen Einzelkämpferlehrgang 1 (EKL1) Führer einer auf sich gestellten Gruppe (Grundlehrgang) und dem aufbauenden Lehrgang EKL2 Führer eines Jagdkommandos / einer unterstellten Teileinheit (Leistungslehrgang). Die Ausbildungskapazität soll jährlich 600 bis 700 Soldaten die Ausbildung im Einzelkämpferlehrgang 1 ermöglichen. Inspektionschef ist ein Oberstleutnant, Hörsaalleiter als vormalige Kompaniechefs erfahrene Hauptleute, Ausbildungsfeldwebel erfahrene Feldwebeldienstgrade. Die Ausbildungsstärke liegt bei rund 20 Soldaten je Hörsaal.

Die Teilnahme am EKL1 ist für Offizier- und Feldwebelanwärter im Truppendienst verpflichtend. Für die Offizieranwärter und Offiziere anderer Truppengattungen wurde ersatzweise der Lehrgang Überleben im Einsatz beziehungsweise der Lehrgang Infanteristischer Kompetenzerhalt mit einer Ausbildungsdauer von drei Wochen eingeführt.

Die Inspektion führt mit dem Einzelkämpferlehrgang II auch den Jagdkommandolehrgang sowie den Lehrgang Militärischer Nahkampf durch. In fünf Wochen werden ausgewählte Soldaten beim Jagdkommandolehrgang auf Einsatzverfahren in fremdem Gelände samt Spreng- und Lufttransportübungen vorbereitet.

Der Lehrgangsinhalt Ausbilder waffenloser Nahkampf ist seit 2010 in den separaten Lehrgang Ausbildungsleiter militärischer Nahkampf aller Truppen ausgegliedert. Dessen Lehrgangsinhalte orientieren sich an der israelischen Krav-Maga-Selbstverteidigung.[2]

Voraussetzung für die Lehrgänge sind der Einsatzersthelfer A, der Leistungsnachweis Deutsches Sportabzeichen und nachgewiesene Einzelkämpfervorbereitungen (EKV). Die Eingangsprüfung besteht u. a. aus dem 3000-m-Geländelauf mit Waffe und Gepäck in 19:00 Minuten (vormals 15:30), 100 m Kleiderschwimmen in 4:00 Minuten sowie dem Tages-Orientierungsmarsch und dem Nacht-Orientierungsmarsch als Grundfertigkeiten.

Sowohl der Einzelkämpferlehrgang I Überleben und Durchschlagen als auch der Einzelkämpferlehrgang II Jagdkampf sind Führerlehrgänge, für die die Feldwebel- oder Offizierausbildung abgeschlossen sein sollen.

Geschichte

Der erste Lehrgang zum Einzelkämpfer wurde 1957 an der Luftlande- und Lufttransportschule durchgeführt.[3] Der Einzelkämpferlehrgang fand 1958, als erster Versuchslehrgang, an der Infanterieschule in Hammelburg statt; wurde ab 2007 dort jedoch eingestellt. Bis 1968 diente das Hofgut Sodenberg als Ausbildungs- und Unterkunftsstätte. Von 1968 bis zur ersten Auflösung der Einzelkämpferinspektion 1979 fand die Ausbildung zeitweise in zwei Inspektionen statt, bis 1974 im Schloss Seewiese (Gräfendorf). Dual wurden die Lehrgänge durch die V. Inspektion (5. Inspektion) an der Luftlande- und Lufttransportschule Ausbildungsstätte Sauwaldhof durchgeführt.[4]

Inhalt der Lehrgänge

Der Lehrgangsteil 1 bildet Führer und Ausbilder für „auf sich gestellte Soldaten“ aus, um diese in die Lage zu versetzen, nach Abkommen von der eigenen Truppe im Feindgebiet zu überleben und sich wieder zur eigenen Truppe durchzuschlagen. Unter körperlicher Anstrengung und psychischem Druck müssen die Teilnehmer später in der Lage sein, eine „auf sich gestellte Gruppe“ zu führen. Die benötigten Fertigkeiten sind u. a. Orientierungsübungen, Abseilen, Überqueren von Gewässern, Handstreich- und Hinterhaltausbildung. Höhepunkt ist eine 48-Stunden-Übung, bei der die Soldaten mit ihrer Gefechtsausrüstung fast ohne Proviant ausgesetzt werden. Lehrgangsinhalt sind praktische Dauerstressaufgaben zur Ermittlung von negativen Aggressionspotentialen und der Durchhaltefähigkeit des Soldaten als Führer und Ausbilder. Durch anspruchsvolle und überraschende Aufgabenstellungen und Schlafmangel werden die Soldaten an ihre Grenzen geführt.

Einzelkämpferlehrgang (EKL1)

Am Schlachttag während der Hungerwoche erlernen die Lehrgangsteilnehmer die Zubereitung von Rohverpflegung auch durch Schlachten von Forellen und Kaninchen.

Jagdkampflehrgang (EKL2)

  • Ausbilder in der Einzelkämpferausbildung aller Truppen
  • Führer eines Jagdkommandos oder einer Teileinheit im Jagdkommando im erweiterten Aufgabenspektrum Jagdkampf
  • Führer eines Jagdkommandos oder einer Teileinheit im Jagdkommando bei speziellen Operationen, besonders im Kampf gegen irreguläre Kräfte.

Beispiel eines Dienstplanes Führer einer auf sich gestellten Gruppe EKL1

Altes Sonderabzeichen EKL1 Führer einer auf sich gestellten Gruppe. keine Trageerlaubnis seit dem 4. Dezember 2020
  • 1. Woche
    • Montag: Anreise
    • Dienstag: Eingangstest (3000-m-Lauf und Hindernisbahn), Unterricht, Waffenempfang, Einweisungen
    • Mittwoch: Verlegen ins Übungsgelände, Eilmarsch, Versteckausbildung, Feuerausbildung, Feuerprüfung, Eilmarsch zurück mit Verwundetentransport.
    • Donnerstag: Orientierungsmarsch bei Tag und Zeltbahnpaketausbildung
    • Freitag: Knotenausbildung
  • 2. Woche
    • Montag: Verlegen in Sauwald, Hindernisbahn im Gruppenrahmen, Ausbildung Handstreich/Hinterhalt, Nahkampf (seit Anfang 2008 Krav Maga der IKMF)[5]
    • Dienstag: Eilmarsch zur Lechstaustufe, Ausbildung Abseilen, Schlauchboot, Zeltbahnpaket Überquerung der Lechstaustufe, Eilmarsch zum Sauwaldhof, bis 3:00 Uhr Prüfung in Handstreich/Hinterhalt
    • Mittwoch: Nahkampf, Unterricht, Seilgarten im Sauwald
    • Donnerstag: Eilmarsch zur Abseilstelle, Abseilen, Überqueren von Gewässern, Eilmarsch zum Sauwaldhof, Nahkampf
    • Freitag: Nahkampf, Hindernisbahn, Fallenausbildung, Rückverlegung nach Altenstadt
  • 3. Woche (Hungerwoche, maximal eine Packung Überlebensnahrung)
    • Montag: Verlegen in Sauwald, Nahkampf, Hindernisbahn im Gruppenrahmen, Nacht-Orientierungsmarsch
    • Dienstag: Unterricht Sickern, Gruppengefechtsbahn, seit 2010: 12-Stunden Überlebensnacht (allein und ohne Gepäck, mit anschließendem SERE-Aufnahmeverfahren)
    • Mittwoch: 24-Stunden-Kurzübung, Eilmarsch mit Verwundetentransport
    • Donnerstag: zurück zum Sauwaldhof, Schlachten
    • Freitag: Nahkampfprüfung, Rückverlegung nach Altenstadt
  • 4. Woche (während der gesamten Abschlussübung keine Verpflegung)
    • Montag bis Mittwoch: Abschlussübung mit allen Themen, Marschleistung ca. 70 km
    • Donnerstag: Nachbereitung, Abzeichenverleihung durch Kommandeur
    • Freitag: Abreise

Beispiel eines Dienstplanes Führer eines Jagdkommandos/einer unterstellten Teileinheit EKL2

  • 1. Woche
    • Montag: Anreise
    • Dienstag: Einweisung in den Lehrgang, Eingangstest (Hindernisbahn unter 1:50 min, 7000-m-Lauf mit 20 kg Gepäck unter 52 min)
    • Mittwoch: Grundlagen Waffen- und Geräteausbildung, Unterrichte (Seilunterricht, Fernmelde, Funkgeräte, Handwaffen, …)
    • Donnerstag: Nahkampfausbildung, Orientierungslauf (ohne Bewertung), Luftverladeübung (CH 53)
    • Freitag: Nahkampfausbildung
  • 2. Woche
    • Montag: Verlegen Sauwald, Sprengausbildung, Unterrichte (Handstreich, Hinterhalt), Kartenfalttechnik
    • Dienstag: Praktische Seilausbildung in Füssen (Steinbruch), Unterricht Grundsätze des Jagdkommandos
    • Mittwoch: Praktische Ausbildung Handstreich/Hinterhalt im Rahmen des Jagdkommandos,
    • Donnerstag: Schulmäßiges Durchführen eines Jagdkommandoeinsatzes in allen Phasen an einem Objekt
    • Freitag: Nahkampfausbildung
  • 3. Woche
    • Montag: Praktische Prüfung in der Seilausbildung in Füssen (Steinbruch), Isolationsphase
    • Dienstag: Planungsphase, Verbringung in den Einsatzraum, Infiltration
    • Mittwoch: Infiltration, Leben im Versteck, Aufklärung des Objekts, Aufklärung im Nahbereich, Durchführen der Aktion (Handstreich)
    • Donnerstag: Ausweichen ins Nahversteck, Exfiltration, Beziehen des Verstecks, Aufnahme, Rückführung, Einsatznachbesprechung
    • Freitag: Schriftlicher Test Seilausbildung, Prüfung Ausbilder in der Nahkampfausbildung
  • 4. Woche:
    • Montag: Schriftlicher Test Jagdkommando, Beginn der Praktischen Prüfung Jagdkampf, Isolationsphase, Planungsphase, Verbringung
    • Dienstag: Infiltration, Leben im Versteck, Nahaufklärung, Objektaufklärung, Durchführen der Aktion (Handstreich)
    • Mittwoch: Ausweichen ins Nahversteck, beziehen Ausweichversteck, Folgeauftrag, Planung, Aufklärung, Durchführung eines Hinterhalts
    • Donnerstag: Exfiltration, Aufnahme, Rückführung, Einsatznachbesprechung
    • Freitag: Nahkampfprüfung Nahkampfbahn, Urbanes Gelände
  • 5. Woche
    • Montag: Isolationsphase, Planungsphase, Verbringung, Infiltration
    • Dienstag: Leben im Versteck, Objekt- und Nahaufklärung, Durchführen eines Handstreichs, Verwundetentransporte ins Nahversteck
    • Mittwoch: Exfiltration, Aufnahme, Verbringung, Einsatznachbereitung, Nachbesprechung
    • Donnerstag: Lehrgangsnachbereitung, Abgabe von Material
    • Freitag: Abzeichenverleihung, Lehrgangsende, Abreise

Trageweise

Die Trageweise von Sonderabzeichen regelt die Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-5 „Anzugordnung für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“. Gem. Anlage 7 der Richtlinie sind Sonderabzeichen (Führer im Fallschirmjägerspezialeinsatz, Heeresbergführer, Sicherungstruppenführer der Luftwaffe, Munitionsfachpersonal) mittig der rechten Brusttasche des Dienstanzuges zu tragen.

Siehe auch

Bekannte Absolventen

Literatur

  • Werner Ebeling, Horst Engelbrecht: Kämpfen und Durchkommen. Der Einzelkämpfer – kriegsnahe Ausbildung für das Verhalten abseits der Truppe. 11. Auflage. Bernard und Graefe, Koblenz 1999, ISBN 3-7637-5441-5. Erste Auflage unter dem Titel Kämpfen und Durchkommen. Kriegsnahe Ausbildung für das Verhalten abseits der Truppe. Wehr und Wissen Verlagsgesellschaft, Darmstadt 1961.
  • Bundeswehr / Einzelkämpfer: Raupen, Puppen, Erbspüree. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1969, S. 101–102 (online27. Oktober 1969).
  • Für die ganz Harten. In: Y – Das Magazin der Bundeswehr, Ausgabe 08/2011, 11. August 2011 (online).
  • Heinz Volz: Überleben in Natur und Umwelt – mit einfachen Mitteln Gefahren meistern. Mit Übungs- und Ausbildungsplan sowie ABC-Teil. 15., aktualisierte Auflage. Walhalla, Regensburg 2012, ISBN 978-3-8029-6437-4.

Einzelnachweise

  1. EKL2-Abzeichen ab 4. Dezember 2020 mit dem Zusatz „Jagdkommando“ im unteren Bereich.
  2. Wolfgang Dünnebier: Einzelkämpfer sind wieder daheim. In: Mainpost. 12. Dezember 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. November 2013; abgerufen am 3. Dezember 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mainpost.de
  3. www.deutschebundeswehr.de LL/LTS Geschichte 1957 Durchführung des ersten Einzelkämpferlehrgangs (Memento vom 22. Januar 2013 im Internet Archive)
  4. LL/LTS Lehrgruppe B V. In (Memento vom 24. April 2013 im Internet Archive)
  5. Das tut richtig weh (Memento vom 5. März 2010 im Internet Archive) Y – Das Magazin der Bundeswehr (siehe zweite Hälfte des Artikels)

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