Eigentliches China

China zur Zeit seiner größten territorialen Ausdehnung während der Qing-Dynastie (1820):
Inneres oder eigentliches China
Äußere Besitzungen (1820)

Das eigentliche China (chinesisch 中國本土 / 中国本土, Pinyin Zhōngguó Běntǔ, alternativ中國本部 / 中国本部, Zhōngguó Běnbù, englisch China proper) ist eine in der westlichen Sinologie verwendete Bezeichnung für jene Regionen Chinas, welche in der chinesischen Geschichte nie über längere Zeit aus dem chinesischen Reich herausgelöst waren.[1] Außerhalb des eigentlichen Chinas stehen die historischen chinesischen Nebenländer Xinjiang, innere und äußere Mongolei, Tibet, Qinghai sowie die Mandschurei. Die alternativen Bezeichnungen lauten, engeres China oder inneres China (關內十八省 / 关内十八省, Guānnèi Shíbā Shěng, kurz關內 / 关内, Guānnèi; alternativ內地十八省 / 内地十八省, Nèidì Shíbā Shěng – „18 Provinzen des inneren Gebiets“, kurz內地 / 内地, Nèidì).[2]

Die 18 Provinzen

Weitgehend synonym verwendet wird der Ausdruck 18 Provinzen (十八行省, Shíbā Xíngshěng), die seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert das Gebiet des eigentlichen China abdecken. Es handelt sich um die (mit Ausnahme Zhilis) bis heute bestehenden folgenden Provinzen:[2]

Begriffsbestimmung

Der Begriff „Inneres China“ ist ein neuzeitlich geprägter und beschreibt am ehesten die Situation während der Qing-Dynastie des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Die Tang-Dynastie beherrschte das „Innere China“ und zeitweilig auch größere Teile der Mandschurei und Zentralasiens. Die Song-Dynastie regierte dagegen nur das „Innere China“ und dieses zuletzt auch nur zum Teil. Die Yuan-Dynastie fügte den Nordosten, Teile Sibiriens, die Mongolei und Yunnan zum Herrschaftsgebiet hinzu. Die Ming-Dynastie behauptete Yunnan und Teile des Nordostens, nicht aber die Mongolei und Sibirien. Unter der Qing-Dynastie erreichte China seine größte Ausdehnung.[3]

Status Taiwans

In neuerer Zeit gibt es vor dem Hintergrund des Taiwan-Konflikts Auseinandersetzungen um die Frage, ob die Insel Taiwan Teil des Inneren Chinas ist. Insbesondere viele taiwanische Publizisten und Politiker, sowie einige Historiker[3] verneinen dies. Die Insel wurde erst relativ spät, im Jahr 1683 in das Kaiserreich der Qing-Dynastie eingegliedert. Sie wurde zunächst administrativ der Provinz Fujian, also einer der inneren Provinzen Chinas zugeordnet. Jedoch waren lange Zeit große Teile der Insel nicht unter effektiver Kontrolle der Qing, sondern von indigenen austronesischen Völkern beherrscht. Strukturell ähnelte Taiwan damit eher einer äußeren Besitzung, wie beispielsweise Xinjiang, so die Argumentation der besagten Historiker.[4][3] Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass Taiwan im Gegensatz zu vielen anderen „äußeren Provinzen“ schon frühzeitig nach der chinesischen Inbesitznahme durch Einwanderung eine Han-chinesische Bevölkerungsmehrheit erlangte und damit Teil des chinesischen Kulturraums wurde. Als sich eine drohende Annexion der Insel durch imperialistische ausländische Mächte abzeichnete, wurde Taiwan 1887 zu einer (der 19.) Provinz erhoben, um seine Zugehörigkeit zu China zu festigen. Diesen Rang hatte es aber nur acht Jahre, bis es tatsächlich 1895 von Japan annektiert wurde.

Ähnliche oder komplementäre Begriffe

Han-China

China zur Zeit der Ming mit der Großen Mauer. Der blau dargestellte Bereich entspricht im Wesentlichen dem Siedlungsgebiet der Han.

Das „Innere China“ ist weitgehend identisch mit dem historischen Kern-Siedlungsgebiet der Han (漢地 / 汉地, Hàndì – „Han-Boden, Han-Gebiet“, alternativ漢疆 / 汉疆, Hànjiāng – „Han-Territorium“). Eine gewisse Sonderrolle nehmen dabei die beiden südlichen Provinzen Yunnan und Guangxi ein, da hier Nicht-Han-Völker einen bedeutsamen Bevölkerungsanteil einnehmen. Yunnan wird auch deswegen von manchen Autoren nicht zum Inneren China gezählt.[3]

Großchina

Der Begriff „Großchina“, gelegentlich auch „Größeres China“ (大中華 / 大中华, Dà Zhōnghuá, englisch Greater China), kann als Komplementärbegriff zum „Inneren China“ gesehen werden. Der Begriff ist allerdings sehr viel unschärfer als jener, da er in vielen verschiedenen Kontexten verwendet wurde und wird. Er kann in einem territorialen Sinne gemeint sein und z. B. die Volksrepublik China und Taiwan, oder sogar in einem maximalen Sinne das ganze Gebiet des ehemaligen Qing-Reichs umfassen. Er kann auch kulturell verstanden werden und neben Kern-China die chinesische Kultur im Ausland – in Südostasien, Australien, den Vereinigten Staaten, Kanada usw. – bezeichnen.[5][6]

Einzelnachweise

  1. William T. Rowe: China’s Last Empire. The Great Qing (= History of Imperial China. Band 6). Harvard University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-674-03612-3, S. 31. (englisch)
  2. a b Wilhelm Schüler: Abriss der neueren Geschichte Chinas unter besonderer Berücksichtigung der Provinz Schantung. Curtius, Berlin 1912 (PDF; 8,2 MB), S. 346–366.
  3. a b c d Pamela Kyle Crossley: The Wobbling Pivot, China since 1800: An Interpretive History. Wiley-Blackwell, 2010, ISBN 978-1-4051-6079-7, Kapt. 4 Essay: Strategic Borders, S. 66 (englisch).
  4. Taiwan has never been China’s. Taipe Times, 2. März 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018 (englisch).
  5. Harry Harding: The Concept of "Greater China": Themes, Variations and Reservations. In: The China Quarterly. Band 136. Cambridge University Press, Dezember 1993, S. 660–686, JSTOR:655587 (englisch).
  6. Wang Gungwu: Greater China and the Chinese Overseas. In: The China Quarterly. Band 136. Cambridge University Press, Dezember 1993, S. 926–948, JSTOR:655597 (englisch).

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China zur Zeit der Qing-Dynastie im Jahr 1820.