Eglestonit
| Eglestonit | |
|---|---|
| Allgemeines und Klassifikation | |
| IMA-Symbol | Egl[1] |
| Chemische Formel | |
| Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Halogenide |
| System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana | III/C.03 III/D.06-040[3] 3.DD.05 10.05.04.01 |
| Kristallographische Daten | |
| Kristallsystem | kubisch |
| Kristallklasse; Symbol | hexakisoktaedrisch; 4/m32/m |
| Raumgruppe | Ia3d (Nr. 230)[4] |
| Gitterparameter | a = 16,04 Å[4] |
| Formeleinheiten | Z = 16[4] |
| Häufige Kristallflächen | {112}, {116}, {223}, {123} und viele andere[5] |
| Physikalische Eigenschaften | |
| Mohshärte | 2,5[5] |
| Dichte (g/cm3) | gemessen: 8,309 bis 8,45; berechnet: 8,652[5] |
| Spaltbarkeit | nicht beobachtet |
| Bruch; Tenazität | uneben bis muschelig; spröde[5] |
| Farbe | gelb, gelborange, hellbräunlichgelb bis dunkelbraun oder schwarz[5] |
| Strichfarbe | gelb bis grünlichgelb[5] |
| Transparenz | durchscheinend[5] |
| Glanz | Harzglanz bis Diamantglanz[5] |
Eglestonit (IMA-Symbol Egl[1]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“ mit der chemischen Zusammensetzung Hg1+6O(OH)Cl3[4] und damit chemisch gesehen ein Quecksilberoxychlorid.
Eglestonit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt flächenreiche dodekaedrische, oktaedrische oder würfelförmige Kristalle, die selten größer als einen Millimeter werden und einen harz- bis diamantähnlichen Glanz aufweisen. Er kommt aber häufig auch in Form körniger Mineral-Aggregate und krustiger Überzüge vor. Das Mineral ist allgemein durchscheinend und von gelber, gelboranger oder hellbräunlichgelber Farbe. An der Sonne dunkelt es allerdings schnell nach und wird dunkelbraun bis fast schwarz. Die Strichfarbe ist dagegen eher gelb bis grünlichgelb.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Eglestonit erstmals zusammen mit Terlinguait und Montroydit in Mineralproben, die B. F. Hill aus dem Bergbaubezirk Terlingua im Brewster County des US-Bundesstaates Texas gesammelt hatte. Analysiert und erstbeschrieben wurden die drei Minerale durch Alfred J. Moses, der die Erstbeschreibung 1903 zunächst im englischsprachigen Fachmagazin American Journal of Science und 1904 auch im deutschsprachigen Fachmagazin Zeitschrift für Kristallographie veröffentlichte.
Das Mineral Eglestonit benannte Moses nach Thomas E. Egleston (1832–1900). Dieser war Mitbegründer der Columbia School of Mines und Professor für Mineralogie und Metallurgie an der Columbia University in New York.[6]
Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung des National Museum of Natural History (NMNH) in Washington, D.C. unter der Inventarnummer R01325 aufbewahrt.[7][8]
Da der Eglestonit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Eglestonit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Eglestonit lautet „Egl“.[1]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Eglestonit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung „Oxidhalogenide“, wo er gemeinsam mit Kleinit, Mosesit und Terlinguait in der „Terlinguait-Eglestonit-Gruppe“ mit der Systemnummer III/C.03 steht.
In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer III/D.06-040. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Oxihalogenide“, wo Eglestonit zusammen mit Aurivilliusit, Comancheit, Gianellait, Hanawaltit, Kadyrelit, Kleinit, Mosesit, Pinchit, Poyarkovit, Tedhadleyit, Terlinguacreekit, Terlinguait und Vasilyevit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer III/D.06 bildet.[3]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Eglestonit in die erweiterte Abteilung „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Hg“ zu finden, wo es zusammen mit Kadyrelit die „Eglestonitgruppe“ mit der Systemnummer 3.DD.05 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Eglestonit die System- und Mineralnummer 10.05.04.01. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Halogenide“ und dort der Abteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel Am(O,OH)pXq“ in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 10.05.04, in der auch Kadyrelit eingeordnet ist.
Kristallstruktur
Eglestonit kristallisiert in der kubischen Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230) mit dem Gitterparameter a = 16,04 Å sowie 16 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]
| Kristallstruktur von Eglestonit nach Mereiter, Zemann und Hewat (1992)[10] |
|---|
|
| Farblegende: _ Hg _ O _ Cl |
Bildung und Fundorte
Eglestonit bildet sich durch Oxidation aus primären Quecksilbermineralen in entsprechenden Quecksilber-Lagerstätten. An seiner Typlokalität im Bergbaubezirk Terlingua trat das Mineral außer mit Terlinguait und Montroydit noch vergesellschaftet mit Calcit, Calomel und gediegen Quecksilber auf. Des Weiteren kennt man Eglestonit im texanischen Brewster County noch aus der Mariposa Mine und der „Margaret D Lode“. Im San Mateo County von Kalifornien fand sich als weiteres Begleitmineral noch Cinnabarit und in der Quecksilberlagerstätte Kadyrel im Oorash-Khem-Flusstal im Uyuk-Gebirge der russischen autonomen Republik Tuwa im südlichen Teil von Sibirien fanden sich zusätzlich noch Lavrentievit und Kadyrelit.[5]
Als seltene Mineralbildung konnte Eglestonit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 40 Vorkommen[11] dokumentiert sind (Stand 2025). In den Vereinigten Staaten trat das Mineral außer in den bereits genannten Fundstätten in Texas und an weiteren Stellen in verschiedenen Counties von Kalifornien noch im Gila County in Arizona, im Howard County und im Pike County in Arkansas sowie im Humboldt County und Lander County in Nevada auf.
In Deutschland konnte Eglestonit bisher nur in mehreren Gruben am Moschellandsberg sowie in der Grube Frischer Mut am Stahlberg bei Rockenhausen in Rheinland-Pfalz entdeckt werden.
Weitere Fundorte sind unter anderem die Antimon-Quecksilber-Lagerstätten in Kadamdschai (englisch Kadamjay) in Kirgisistan, die Quecksilberminen San Luis nahe Taxco de Alarcón (Guerrero) und Dulces Nombres bei Moctezuma (San Luis Potosí) sowie San Onofre nahe Fresnillo (Zacatecas) in Mexiko, das als Fundstätte für sehr seltene Halogenid-Minerale bekannte Bergwerk Adolf bei Rudabánya in Ungarn, die Quecksilberlagerstätte Kelyana in der russischen autonomen Republik Burjatien, die Cerro Minado Minen bei Cuesta Alta in der Provinz Almería (Andalusien), die El Entredicho Mine bei Almadenejos in der Provinz Ciudad Real (Castile-La Mancha) und die Mariquita Mine (auch Sultana Mine) bei Usagre in der Provinz Badajoz (Extremadura) in Spanien sowie die Cinnabarit-Grube Monarch bei Gravelotte (Limpopo) in Südafrika.[12]
Siehe auch
Literatur
- Alfred J. Moses: Eglestonite, terlinguaite, and montroydite, new mercury minerals from Terlingua, Texas. In: American Journal of Science, Fourth Series. Band 16, 1903, S. 253–263 (englisch, rruff.info [PDF; 919 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- Alfred J. Moses: Eglestonit, Terlinguaït und Montroydit, neue Quecksilbermineralien von Terlingua in Texas. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 39, 1904, S. 3–13 (rruff.info [PDF; 930 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- Michael Fleischer, John Leslie Jambor: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 395–397 (englisch, rruff.info [PDF; 389 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- Kurt Mereiter, Josef Zemann, Alan W. Hewat: Eglestonite, (Hg2)3Cl3O2H: confirmation of the chemical formula by neutron powder diffraction. In: American Mineralogist. Band 77, 1992, S. 839–842 (englisch, rruff.info [PDF; 398 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
Weblinks
- Eglestonit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- David Barthelmy: Eglestonite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- IMA Database of Mineral Properties – Eglestonite. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
- Eglestonite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Eglestonite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- ↑ a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2025. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2025, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- ↑ a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 179 (englisch).
- ↑ a b c d e f g h i Eglestonite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 56 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- ↑ Eglestonite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- ↑ Catalogue of Type Mineral Specimens – E. (PDF 132 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 15. April 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
- ↑ Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Kurt Mereiter, Josef Zemann, Alan W. Hewat: Eglestonite, (Hg2)3Cl3O2H: confirmation of the chemical formula by neutron powder diffraction. In: American Mineralogist. Band 77, 1992, S. 839–842 (englisch, rruff.info [PDF; 398 kB; abgerufen am 15. April 2025]).
- ↑ Localities for Eglestonite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- ↑ Fundortliste für Eglestonit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 15. April 2025.
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Eglestonit (silbrig), Cinnabarit (rot)
- Fundort: Arzak, Tuva, Sibirien, Russland
- Gewicht: 254 g
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