Egisto Ott

Egisto Ott (* 1962[1] in Villach[2]) ist ein österreichischer Polizist, der vor allem im nachrichtendienstlichen Bereich tätig war. Er ist durch seine kontroverse Tätigkeit für den österreichischen Verfassungsschutz bekannt, die aufgrund des derzeitigen Erkenntnisstands eine Nähe zu russischen Geheimdienstkreisen vermuten lässt.

Leben

Als BVT-Beamter hatte Ott in der Wiener Rennwegkaserne seinen Arbeitsort.

Ott trat in den 1980er Jahren in den Polizeidienst ein.[1] Ab 1993 war er Mitglied der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus (EBT), einer Vorgängergruppe der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, wo er unter anderem in der „Sonderkommission Briefbomben“ tätig war, die letztendlich indirekt Franz Fuchs aufdeckte. Von 2001 bis 2009 war er Verbindungsbeamter in Italien, von 2010 bis 2012 in der Türkei. Nach seiner Rückkehr aus Ankara war er im Bereich Fremdenpolizei, von 2013 bis 2015 für das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Bereich Dschihadismus tätig.[3]

Ott wurde 2015 zum persönlichen Assistenten des Abteilungsleiters Martin Weiss. In dieser Zeit sollen Ott und Weiss nach Ermittlungsakten eine nachrichtendienstliche Zelle gebildet haben, deren Kapazitäten sich russische Dienste bedienten.[1][3] Im November 2017 wurde Ott aufgrund von Hinweisen ausländischer Nachrichtendienste, dass er Informationen an Russland verkauft habe, vorläufig suspendiert.[4][5] Im folgenden Jahr führte das fehlende Vertrauen anderer Geheimdienste in das BVT zum Ausschluss aus dem Berner Club. Laut Süddeutscher Zeitung könnte ein Grund dafür auch Erkenntnisse der CIA zu Otts Spionage für Russland gewesen sein.[6] Mitte 2018 wurde die Suspendierung vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben.

Ott wurde daraufhin in die Sicherheitsakademie versetzt. Es soll ihm gelungen sein, aufgrund persönlicher Kontakte weiterhin Personenabfragen ohne dienstlichen Hintergrund durchführen zu lassen. Anfang 2021 wurde über Ott die Untersuchungshaft verhängt und erneut eine Suspendierung ausgesprochen. Sechs Wochen später wurde er enthaftet,[7] das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese zweite Suspendierung.

Ott wurde am 29. März 2024[8] erneut in Untersuchungshaft genommen. Ihm wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, „systematisch nicht für die Öffentlichkeit bestimmte geheime Tatsachen und Erkenntnisse sowie personenbezogene Daten aus polizeilichen Datenbanken zum Zweck der Übermittlung an Jan Marsalek und an unbekannte Vertreter der russischen Behörden gesammelt“[9] zu haben. Während eines Kanu­ausflugs von drei hochrangigen Beamten des Innenministeriums, darunter Michael Takacs, sollen diesen die Handys mit „Staatsgeheimnissen“[10] ins Wasser gefallen sein. Für die Reparatur wurden diese an einen IT-Techniker weitergegeben, der laut Vorwurf Kopien davon anfertigte und an Ott übergab. Ott wird konkret vorgeworfen, Kopien dieser Handys über Kontaktpersonen an Jan Marsalek weitergegeben zu haben. Dieser soll wiederum die Handys an den russischen Geheimdienst FSB weitergegeben haben.[11] Ott wird außerdem vorgeworfen, die Meldeadresse von Christo Grosew abgefragt zu haben, in dessen Wohnung später eingebrochen wurde, wobei sein Laptop und ein USB-Stick gestohlen wurden.[12] Ein weiterer Vorwurf lautet, dass Ott einen SINA-Laptop, ein speziell gesicherter Laptop, auf dem sich „der Geheimhaltung unterliegende Daten eines EU-Staates“ befinden, an den FSB verkauft haben soll. Er soll laut Vorwurf außerdem gemeinsam mit dem Verfassungsschützer Martin Weiss Abfragen zu Personen gemacht haben, deren Aufenthaltsort der FSB wissen wollte, unter anderem zu einem abtrünnigen FSB-Agenten.[13] Ott bestreitet alle Vorwürfe.[14] Im Juni 2024 wurde er aus der U-Haft entlassen.[15]

Privates

Otts Mutter ist Italienerin; die ersten vier Lebensjahre soll er in Italien verbracht haben.[2] Sein Vorname ist die italienische Variante von Aigisthos.

Einzelnachweise

  1. a b c Christoph Franceschini: Der Spion. In: SALTO. 10. April 2024, abgerufen am 11. April 2024.
  2. a b Siegbert Lattacher: Polizeiattaché in Rom. In: Öffentliche Sicherheit. Das Magazin des Innenministeriums. Nr. 1–2, 2006, ISSN 1605-1394, S. 77 (bmi.gv.at [PDF]).
  3. a b Fabian Schmid: Wie Egisto Ott zum gefürchteten Doppelagenten für Russland wurde. In: Der Standard. 5. April 2024, abgerufen am 8. April 2024.
  4. Anthony Faiola, Souad Mekhennet: After invasion of Ukraine, a reckoning on Russian influence in Austria. In: Washington Post. 7. Juli 2022, ISSN 0190-8286 (washingtonpost.com [abgerufen am 13. April 2024]).
  5. Daniel Bischof und Maria Kronbichler: Was wir bisher über die Spionageaffäre um Egisto Ott wissen. In: Die Presse. 12. April 2024, abgerufen am 13. April 2024.
  6. Jörg Schmitt, Rallf Wiegand: Putins Mann in Wien. In: Süddeutsche Zeitung. 5. April 2024, S. 2.
  7. Ex-BVT-Agent Ott muss in U-Haft, Nationaler Sicherheitsrat tagt am 9. April. In: Der Standard. 1. April 2024, abgerufen am 11. April 2024.
  8. faz.net 18. April 2024: Der Wiener Arm des russischen Kraken
  9. „Systematisch gesammelt“: Neue Vorwürfe im Spionagefall Ott. In: Die Presse. 4. April 2024, abgerufen am 11. April 2024.
  10. ORF at/Agenturen vogl: Spionageaffäre Ott: BVT-Abteilungsleiter sagte in München aus. 13. April 2024, abgerufen am 13. April 2024.
  11. Ex-BVT-Agent Ott soll Handys von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben. Abgerufen am 13. April 2024 (österreichisches Deutsch).
  12. Russische Agenten brachen mithilfe eines Ex-BVT-Beamten in Wien bei Journalist ein. Abgerufen am 13. April 2024 (österreichisches Deutsch).
  13. ORF at/Agenturen red: Spionageaffäre: Zwei Geheimlaptops bei Ott gefunden. 10. April 2024, abgerufen am 13. April 2024.
  14. Ex-BVT-Beamter Ott sieht sich als „Aufdecker von Schweinereien“. In: orf.at. 11. April 2024, abgerufen am 11. April 2024.
  15. Mutmaßlicher Spion Egisto Ott enthaftet. In: profil.at. 26. Juni 2024, abgerufen am 26. Juni 2024.

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