Eggarten-Siedlung

Luftbild 1979, von Süden nach Norden, links die Lassallestraße.
Luftaufnahme März 2021, von Westen nach Osten, vorne die Lassallestraße.

Die Eggarten-Siedlung (auch Kolonie Eggarten) ist eine ca. 21 Hektar[1] große historische Gartensiedlung zwischen dem Lerchenauer See und dem Münchner Nordring, sowie der Lassalle- und Feldbahnstraße in München Lerchenau.

2020 wurden Pläne für die Überbauung des Geländes vorgelegt.[2] Im Oktober 2021 wurde mit dem Abriss der Eggarten-Siedlung begonnen[3].

Geschichte

Bereits um 1600 nannte man das Gebiet die Egern, abgeleitet von Ödgarten.[4] Auf dem mageren Boden wurde eine Mehrfelderwirtschaft betrieben, bis es ab 1700 Teil der Fasanerie der Wittelsbacher wurde.[5] In den 1920er Jahren stellte die bayerische Krongutsverwaltung die Flächen des ehemaligen Oberen Fasangartens im Münchner Norden für Siedlungszwecke zur Verfügung. Die Siedler erhielten Erbbaurechtsverträge, die bis 1999 gelten sollten.[5] Erlaubt war die Errichtung eines „Hauptgebäude bescheidenen Umfangs“ sowie „ein paar Stallungen und Wirtschaftsschuppen“. Bis 1926 entstanden auf dem Gelände 62 Häuser. Der Bau wurde von den Bewohnern selbst übernommen. Damals gab es dort auch Lebensmittelläden, eine Wirtschaft und eine Holzkirche.

Ab 1938 wurden viele Bewohner zum Zwangsverkauf gedrängt, weil dort ein Verschiebebahnhof geplant war.[6][7] Im Herbst 1939 wurden einige Häuser abgerissen.[5] In unmittelbarer Nähe, an der heutigen Lassallestraße gegenüber der Einmündung der Wilhelmine-Reichard-Straße, wurde das Lager Eggarten errichtet, ein Zwangsarbeiterlager des Reichsbahnausbesserungswerks Freimann.[8][9][10] Durch Bombardierungen wurden im Krieg weitere Häuser der Siedlung zerstört.[5]

Bis 1990 plante die damalige Deutsche Bundesbahn als Grundstückseigentümerin des Geländes die Errichtung eines Rangierbahnhofs auf dem Areal. Nachdem diese Pläne aufgegeben wurden, fiel das Grundstück an das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) und in der Folge rund 2/3 des Areals an die bundeseigene Immobiliengesellschaft Vivico Real Estate GmbH. Das restliche Drittel verblieb zunächst beim Bundeseisenbahnvermögen. Mit dem Verkauf der Vivico Real Estate GmbH an die österreichische CA Immobilien Anlagen AG im Jahr 2007 fiel auch das sich im Besitz der Vivico Real Estate GmbH befindliche Grundstückseigentum an den neuen Eigentümer. Nach einer Ausschreibung im Dezember 2014 wurde 2016 das restliche Drittel des Geländes vom BEV an die Büschl-Unternehmensgruppe verkauft.[11] Im gleichen Jahr wurde durch CA Immo und die Büschl-Unternehmensgruppe eine gemeinsame und paritätische Gesellschaft für die Entwicklung des Areals gegründet, die Eggarten Projektentwicklung GmbH & Co. KG. Gemeinsam erarbeiten beide Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Stadt München ein Strukturkonzept für das 21 Hektar große Gebiet.[1]

2020 standen auf 84 Grundstücksparzellen noch 20 der ehemals 62 Häuser. Die meisten Bewohner dürfen die Gebäude nur als Gartenhaus benutzen, einige Bewohner genießen ein lebenslanges Wohnrecht.[5] Im Juni 2016 sorgten Baumfällungen durch die CA Immo für Unmut,[12] bei einer Bürgerversammlung von 500 Anwohnern aus Feldmoching und dem Hasenbergl im März 2017 wurde die geplante Bebauung des Eggarten abgelehnt und der Erhalt der „grünen Oase“ gefordert.[13][14]

Im Juli 2020 verkündeten die Projektentwickler den Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs. Demnach sollen auf dem Gelände rund 2000 Wohnungen entstehen, die Bebauung soll Dichte und Durchlässigkeit kombinieren und mehrere begrünte Quartierplätze aufweisen.[2] Der Münchner Stadtrat bestätigte die Planungen im März 2021.[15]

Ab Oktober 2021 wurden die bestehenden Bauten abgerissen, Proteste von Anwohnern und Naturschützern hatten keinen Erfolg.[16][17]

Der Eggarten ist ein Ort der Kulturgeschichtspfade in München.

Neubebauung der Siedlung

Die Planung für das neue Stadtquartier Eggarten-Siedlung mit 2000 neuen Wohnungen für 5000 Bewohner in der Lerchenau verpflichtet sich zu ökologischer Zurückhaltung. Die 20 Hektar große Kleingartensiedlung mit etwa 1000 Bäumen muss zwar weichen, aber ein 235 Meter breiter unbebauter Streifen ermöglicht eine klimaverträgliche Kaltluftschneise.[18] Der Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl hatte eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert, die von kleineren Parteien und einem Nachbarschaftsverein in der Lerchenau unterstützt wird.[19]

Filmkulisse

Dieses Haus diente als Tatort-Kulisse „Scoala Generala“

In den 1980er Jahren diente die Siedlung als Filmkulisse für Der Alte, im Jahr 2000 für den München-Tatort Kleine Diebe.[5]

Literatur

  • Volker D. Laturell: Feldmoching: die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte eines Münchner Stadtteiles: Mit den Ortsteilen Ludwigsfeld, Hasenbergl, Eggarten, Fasanerie-Nord, Harthof und Lerchenau. Tins, München 1970
Commons: Eggarten-Siedlung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Eggarten-Siedlung. muenchen.de, abgerufen am 4. November 2022.
  2. a b Süddeutsche Zeitung: Jury-Entscheidung – So soll das neue Quartier Eggarten bebaut werden, 20. Juli 2020
  3. Abriss der Eggarten-Siedlung beginnt. , Süddeutsche Zeitung vom 22-Oktober 2021. Abgerufen am 24. April 2022.
  4. Helmuth Stahleder: Von Allach bis Zamilapark: Namen und historische Grunddaten zur Geschichte Münchens und seiner eingemeindeten Vororte; eine Veröffentlichung des Stadtarchivs München. Buchendorfer Verlag, München 2001, ISBN 3-934036-46-5, S. 63
  5. a b c d e f Katrin Hildebrand: Eggarten-Siedlung: Ein Paradies in Gefahr, Münchner Merkur, 17. August 2015
  6. Lerchenau:Erbaut mit bloßen Händen, Süddeutsche Zeitung vom 12. September 2019
  7. Eggarten im Wandel: Zeitzeugen gesucht, Hallo München, 25. März 2011
  8. Sehr sehenswert: Die Ausstellung zu Krieg, Flucht und Vertreibung, Lokal-Anzeiger für den 24. Stadtbezirk, 21. Dezember 2015
  9. Lukas Eichner, Lisa Füchte, Anke Oehler: „Wir hatten immer Hunger“ – NS-Zwangsarbeit in München-Neuaubing, Projekt Münchner Leerstellen über „Orte der Zwangsarbeit“, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2015.
  10. Die Arbeitssklaven in München, tz, 6. Mai 2015
  11. Renate Regnet: Büschel erwirbt Teile des Eggartens, Lokalanzeiger, 4. Februar 2016
  12. Simon Schramm: Problematisches Wachstum: Baumfällungen im Eggarten verärgern Lokalpolitiker, Süddeutsche Zeitung, 19. Juni 2016
  13. Simon Schramm: „Hör auf mit dem Schmarrn“, Süddeutsche Zeitung, 31. März 2017
  14. Idylle in Gefahr: Die Eggartensiedlung in München, Videobeitrag in der Sendung Capriccio des Bayerischen Rundfunks, 26. Juni 2018
  15. Süddeutsche Zeitung: Eggarten in der Lerchenau – „Für München einzigartig und sehr ehrgeizig“, 11. März 2021
  16. Eggarten-Siedlung: Naturschützer kämpfen weiter gegen den Neubau - „Das letzte idyllische Stück Münchens“. tz München vom 27. Januar 2022. Abgerufen am 24. April 2022.
  17. Eggarten-Siedlung: Abriss "wie im Wilden Westen". Abendzeitung München vom 4. November 2021. Abgerufen am 24. April 2022.
  18. Sebastian Krass: München: Eggarten-Investoren zeigen aktuellen Plan. Abgerufen am 24. April 2021.
  19. Sebastian Krass: München-Lerchenau: Grüne loben Pläne für Eggarten. Abgerufen am 10. Mai 2021.

Koordinaten: 48° 11′ 27″ N, 11° 32′ 12″ O

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Eggarten Siedlung.jpg
Autor/Urheber: Michael.medvinskiy, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Eggarten-Siedlung, Luftaufnahme März 2021, von Westen nach Osten, vorne die Lassallestraße.
LerchenauEggartenSiedlung.jpg
Autor/Urheber: Karl Schillinger, Lizenz: CC BY 3.0
Die Eggarten-Siedlung in München-Lerchenau nach Norden gesehen.
Eggarten scoala generala front.jpg
Autor/Urheber: Klaus Mueller, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bildtitel des Fotografen: „Eggarten Scoala Generala front“. – Das Haus Daxetstraße 9 in der Eggarten-Siedlung, München.
Die Erklärung des Bildtitels liefert ein Artikel im Merkur vom 17.08.2015:
„Das Haus (...) diente im Jahr 2000 sogar als Filmkulisse. Damals wurden hier Szenen für den München-Tatort „Kleine Diebe“ gedreht, die in Rumänien spielen. Das Schild „Scoala generala No. 169“ hängt seitdem an der Fassade. Auf Rumänisch heißt das Hauptschule. (...) Freunde des Eggartens wünschen sich dagegen eine zurückhaltende, experimentierfreudige Bebauung des Geländes, die das einzigartige Flair vor Ort in die Zukunft hinüberrettet. Dazu würde natürlich der Erhalt vieler alter Bäume gehören. Und natürlich der der „Scoala generala“. Die ist schließlich über die Jahrzehnte zum Symbol der Kolonie geworden.“