EDU (Hochschule)
EDU war eine private Hochschule, die 2018 in Kalkara (Malta) gegründet wurde und ein Onlinestudium für internationale Studenten im Fach Medizin anbot. Das Studium sollte zu den Abschlüssen Bachelor of Medicine (B.Med.) und Masters of Medicine (MMed) führen. Die Anerkennung der Abschlüsse als Voraussetzung für die Approbation und damit die Erlaubnis zur Berufsausübung als Arzt war aber weder in Deutschland noch in anderen Ländern einschließlich Malta selbst gewährleistet. Am 23. November 2023 wurde ein Antrag beim Civil Court (Commercial Section) zur Auflösung und Abwicklung der Trägergesellschaft eingereicht.[1]
Allgemeines
Die Hochschule wurde 2018 durch Evarist Bartolo, damals Minister für Bildung und Arbeit der Republik Malta, zugelassen.[2] Sie ist bis zum 26. Juni 2024 als „Higher Education Institution“ lizenziert.[3] Trägerin ist die Digital Education Holdings Ltd.
Durch die MFHEA sind folgende Studiengänge akkreditiert:[4]
- Bachelor of Education – Early Childhood (180 ECTS)
- Bachelor of Medicine (180 ECTS)
- Masters of Medicine (120 ECTS)
- Philosphical Doctorate[5]
Die beiden größten Anteilseigner der Betreiberfirma Digital Education Holdings Ltd. sind die brandenburgischen Beteiligungsgesellschaften Spevde GmbH mit 34,9 % und Panta Rhei GmbH mit 27,8 %. Die restlichen Anteile verteilen sich auf 12 weitere Beteiligungsgesellschaften und Einzelpersonen, die jeweils weniger als 7 % des Unternehmens halten. Sitz des Unternehmens ist ein Co-Working Space auf Malta.[6] Bei der Panta Rhei GmbH handelt es sich um die Beteiligungsgesellschaft des Geschäftsführers Jürgen Laartz.[7]
Sprecher der Gründungsfakultät war der Bonner Anästhesist Andreas Hoeft, der im November 2020 verstarb. Die laufenden Geschäfte und die Verwaltung des Lehrbetriebs führt der Geschäftsführer Jürgen Laartz. Im Juni 2023 wurde Geertjan Wesseling, ehemaliger Professor und Chefarzt der Universitätsklinik der Universität Maastricht, zum Dekan ernannt.[8]
Studium
Die Teilnahme am Studium setzt keinen Wohnsitz in der Republik Malta voraus. Der Studienbeginn sei in der Regel zu sechs Startterminen pro Jahr möglich.
Bewerber benötigen die allgemeine Hochschulreife. Ein dreistufiger Aufnahmeprozess beinhaltet ein Motivationsschreiben, einen Online-Test und ein Interview mit Lehrkräften. Insofern ist die Zulassung gemäß Definition eines Numerus clausus ebenfalls grundsätzlich begrenzt.[9]
Das Studienjahr ist in drei Trimester untergliedert, in denen jeweils 10 Wochen englischsprachiger Online-Fernunterricht und anschließend vier Wochen praktischer Unterricht in einem Lehrkrankenhaus in der Landessprache stattfindet.[10]
Der theoretische Unterricht wird ausschließlich online in englischer Sprache durchgeführt. Deutsche Krankenhäuser der Helios-Gruppe und andere Klinikgruppen vermitteln die zugehörigen praktischen Ausbildungsinhalte, Stand Mitte 2023 werden 7 angegeben.[11]
EDU erhebt hierfür jährlich Studiengebühren in Höhe von 19.500 €. Es wird auf die Möglichkeit von Stipendien und andere Finanzierungshilfen hingewiesen.[12] Die Regelstudienzeit beträgt beim Bachelorstudiengang Medizin drei Jahre (9 Trimester) und beim anschließenden Masterstudiengang 2,5 Jahre (6 Trimester). Die Ausbildungsinhalte orientieren sich an den Lernzielkatalogen anderer Staaten.[13]
Im November 2018 begann man mit acht Studierenden.[14] Nach eigenen Angaben waren im Mai 2023 97 Studierende immatrikuliert.[15]
Der „Review Report“ der Universität Maastricht, welcher im Rahmen der Supervision im November 2022 veröffentlicht wurde, meint, dass sich EDU verglichen mit den meisten anderen Universitäten während der Covid-19-Pandemie als viel besser ausgerüstet erwies, das Programm auf einem höheren Niveau fortzusetzen. Das Master-Programm konnte nur auf Grundlage des Designs bewertet werden, weil die ersten 11 Studierenden erst kurz zuvor damit begonnen hatten. Gleichzeitig wurde das Fehlen von Skills Labs für Studenten vor den ersten Patientenkontakten kritisiert. Weiterhin wurde die fehlende Struktur der Lehrtätigkeit in den Krankenhäusern angemerkt. Insgesamt aber zeigte sich das Review Team beeindruckt von der Weiterentwicklung EDUs.[16]
Anerkennung des Abschlusses
Die Bundesärztekammer (BÄK) und die Deutsche Hochschulmedizin (der Zusammenschluss der Universitätskliniken und der Medizinischen Fakultäten in Deutschland) wiesen 2018 darauf hin, dass noch viele Fragen zur Ausgestaltung dieser Form des Medizinstudiums offen seien. Insbesondere die Qualität des Studiums und die Qualifikation der Lehrenden und Prüfenden hielten BÄK und der Medizinische Fakultätentag (MFT) für fraglich. Die „höhere Bildungseinrichtung“ besitze keine Zulassung als Universität. Daher sei eine Anerkennung der Abschlüsse in Deutschland gemäß Berufsanerkennungsrichtlinie, die für den Arztberuf ein Studium an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität vorschreibt, gegenwärtig nicht möglich. Studierwilligen Interessenten wurde empfohlen, angesichts der im Verhältnis hohen Studiengebühren zuzüglich weiterer Kosten „dieses Studienangebot sorgfältig auf seine Tragfähigkeit und vor allem auf die Ermöglichung des angestrebten Studienziels zu prüfen“.[17]
Auch die maltesische Ärztegesellschaft äußerte gegenüber dem maltesischen Bildungsminister Bedenken. Sie befürchtete eine Hintertür für Ärzte mit fragwürdigen Qualifikationen, um in EU-Krankenhäusern zu arbeiten. Der Ruf Maltas als Exzellenzzentrum für die medizinische Ausbildung sei gefährdet.[18]
EDU und ihre Kooperationspartner stellen weiterhin die Approbation und Anstellungsverhältnisse in Aussicht.[19][20]
Als die EDU im April 2019 von der erfolgreichen Akkreditierung des Master-Studienprogramms in Malta berichtete, warnte die BÄK erneut, dass dieser Studiengang die Bedingungen der Berufsanerkennungsrichtlinie möglicherweise nicht erfülle.
2020 stellte die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) im Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK) nach detaillierter Prüfung fest, dass der Masterabschluss des EDU-Medizinstudiengangs nicht unter die automatische Berufsanerkennung innerhalb der Europäischen Union (EU) gemäß der EU-Richtlinie fällt und daher auch nicht zur Approbation als Arzt oder Ärztin in Deutschland führt. Auch in Malta werde der Masterabschluss der EDU nicht als ärztliche Qualifikation anerkannt. Darüber hinaus müsse dort im Anschluss an das Medizinstudium ein praktischer Dienst absolviert werden, zu dem EDU-Studierende jedoch nicht zugelassen würden.[21]
Im Februar 2021 stellte die maltesische Akkreditierungsbehörde MFHEA klar, dass die Akkreditierung des Studienprogramms noch nicht bedeute, dass die Absolventen den Beruf als Arzt ausüben dürften. Dies sei erst möglich, wenn der Medical Council Malta oder äquivalente Gesundheitsbehörden in anderen EU-Ländern den Abschluss als ärztliche Berufsqualifikation anerkennen würden. Die MFHEA habe nicht diese Kompetenz. Sie könne und werde daher Behauptungen oder Versprechen von EDU, die Kurse könnten zur Berufserlaubnis als Arzt führen, nicht bestätigen.[22]
Die Bundesärztekammer bekräftigte auf Nachfrage ihre Zweifel, ob das Studium den Anforderungen der Richtlinie 2005/36/EG genüge. Auch habe ihr der Medical Council von Malta zuletzt im November 2021 bestätigt, dass das Studium an der EDU nicht die Anforderungen der EU-Richtlinie erfüllt. Interessenten müssten also abwägen, ob sie ein Studium bei unklarer Anerkennungsfähigkeit in Deutschland „riskieren“ wollen.[23]
Im Februar 2020 wurde zur Qualitätssicherung eine Kooperation der EDU mit der Faculty of Health, Medicine and Life Sciences (FHML), einer Institution der Universität Maastricht vereinbart.[24] Der im November 2022 veröffentlichte „Review Report“ über die Supervision des laufenden Programms vertritt die Meinung, dass das EDU-Programm die Anforderungen von Absatz 24 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vollumfänglich erfüllt.[16]
Im Dezember 2022 leitete EDU ein juristisches Verfahren gegen die Regierung von Malta ein mit dem Vorwurf, dortige Behörden hätten durch jahrelanges Verzögern verhindert, dass die EDU-Absolventen eine Berufsanerkennung als Ärzte bekommen können.[25]
Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat am 26. Januar 2023 geurteilt, dass Studierende der EDU im Bachelor-Studiengang nach BAföG Leistungen erhalten können, wenn die anderen Kriterien erfüllt sind.[26]
Einer im Februar 2023 veröffentlichten Online-Petition von EDU-Studenten zufolge hätten die Investoren entschieden, Insolvenz anzumelden. Eine Gruppe von Studierenden überbrachte persönlich Briefe an die Bildungs- und Gesundheitsbehörden und vereinbarte ein Treffen mit dem Medical Council Malta.[27][28] Bis Oktober 2023 wurde kein Insolvenzantrag gestellt[29], jedoch stellte am 17. Oktober 2023 die deutsche Tochterfirma Candena GmbH einen Insolvenzantrag.[30]
Die Betreibergesellschaft Digital Education Holdings Ltd. weist in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2021 einen Jahresfehlbetrag von EUR 2,8 Mio. und einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von EUR 1,0 Mio. aus.[31]
Einzelnachweise
- ↑ Dr GeraldineA Spiteri Lucas LL.D.: Document 62.1. In: Malta Business Registry. 30. Dezember 2023, abgerufen am 3. Januar 2024 (englisch).
- ↑ Pressemitteilung der EDU: Digitales Medizinstudium: Malta kann Ärzte für Deutschland ausbilden. In: Deutsches Ärzteblatt. 3. Juli 2018, abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ https://medical.edu.mt/de/accreditation/ Abgerufen am 27. Juli 2023.
- ↑ qualifications.mfhea.gov.mt: Search | Results. Abgerufen am 28. Juni 2023.
- ↑ Der Eintrag in der Datenbank der Akkreditierungsagentur (Malta Further & Higher Education Authority/Qualifications and Awards. Abgerufen am 8. August 2023. ) lautet wörtlich Philosphical Doctorate (doctor philosophiae) PhD. - wahrscheinlich ist hier der übliche Philosophical Doctor gemeint, wie auch die Abkürzung PhD und die lateinische Schreibung nahelegt.
- ↑ Company Registration Number C 82123 - DIGITAL EDUCATION HOLDINGS LTD. Abgerufen am 25. Oktober 2022.
- ↑ PANTA RHEI GMBH, KETZIN/HAVEL. Abgerufen am 8. Januar 2022.
- ↑ Prof. Geertjan Wesseling - Dekan an der EDU. 2. Juni 2023, abgerufen am 9. Juni 2023 (deutsch).
- ↑ Pressemitteilung: Privatuni bietet EU-Studienmodell Humanmedizin. In: ÄrzteZeitung. 30. Juni 2018, abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ Digitales Medizinstudium · EDU. A degree smarter. Abgerufen am 14. Januar 2021 (deutsch).
- ↑ Hospital Partner Network
- ↑ Das Zulassungsverfahren, auf medical.edu.mt
- ↑ Lehrpläne auf der Webseite Anmerkung: Das veröffentlichte Schema des Masterstudienganges beinhaltet 2 Jahre und 6 Trimester, im Text wird auf 2,5 Jahre hingewiesen.
- ↑ Miriam Lenz: Online Arzt werden. In: Der Tagesspiegel. 3. Januar 2020, abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ EDU-Self-Assessment-Report-2023 | (PDF; 3,3 MB)
- ↑ a b Review Report | EDU Medical Programme (PDF; 1,9 MB)
- ↑ Bundesärztekammer und Hochschulmedizin sehen digitales Medizinstudium in Malta kritisch. In: Deutsches Ärzteblatt. 2. Oktober 2018, abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ Ivan Martin: Doctors meet minister over online medical courses fears. In: Times of Malta. 28. Januar 2019, abgerufen am 14. Januar 2021 (britisches Englisch).
- ↑ Studium an der digitalen Medizin-Hochschule EDU, auf helios-gesundheit.de
- ↑ Marienhaus-Stipendium für Medizinstudierende, auf marienhaus.de
- ↑ Digitales Medizinstudium in Malta: Keine automatische Anerkennung. In: Deutsches Ärzteblatt. 13. März 2020, abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ Announcement on EDU courses published on 15th February 2021 by MFHEA
- ↑ Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 06/2022
- ↑ EDU und Universität Maastricht: Eine Partnerschaft für das Medizinstudium des 21. Jahrhunderts, auf medical.edu.mt
- ↑ Malta-based online medical school sues to get its students accredited as doctors. EDU says situation has dragged on for years and is causing significant uncertainty. In: timesofmalta.com, 7. Dezember 2022
- ↑ 3 A 287/19
- ↑ Daniel Amiri: Petition: Die Zukunft von EDU's Medizinstudenten retten! In: change.org. 11. Februar 2023, abgerufen am 12. Februar 2023.
- ↑ Medical students fly to Malta, seeking answers about their online degrees. In: timesofmalta.com, 13. Februar 2023
- ↑ Company Registration Number C 82123 - DIGITAL EDUCATION HOLDINGS LTD. Abgerufen am 16. August 2022.
- ↑ Insolvenzbekanntmachungen: 36c IN 6291/23. 15. November 2022, abgerufen am 15. November 2022.
- ↑ Unternehmensregister: Panta Rhei Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2021. 14. August 2022, abgerufen am 16. August 2022. Im Jahresabschluss wird unter 2.2 Finanzanlage der Panta Rhei auf die EDU Betreiberfirma verwiesen und auf deren der Verlust und negatives. EK ausgewiesen