Dunganische Sprache

Dunganisch
Хуэйзў йүян
Huejzw jyian

Gesprochen in

Kirgisistan, Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan
Sprecherinsgesamt ca. 100.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in-
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

sit

ISO 639-3

dng

Zweisprachiges Schild auf Dunganisch und Russisch an einem Museum in Miljanfan, Kirgisistan

Die dunganische Sprache (dunganisch: Хуэйзў йүян/Huejzw jyian; Aussprache [Hɤuɛjtsu jyiɑn]; chinesisch 東干語 / 东干语, Pinyin Dōnggān yǔ; russisch дунганский языкdunganskij jazyk) ist eine sinitische Sprache, die von den Dunganen gesprochen wird, einer in Zentralasien lebenden, den Hui-Chinesen nahestehenden ethnischen Gruppe.

Dunganisch und Hochchinesisch sind größtenteils gegenseitig verständlich. Dass diese chinesische Sprache mit kyrillischen Buchstaben geschrieben wird, stellt einen einzigartigen Sonderfall dar.

Verbreitung

Dunganisch wird hauptsächlich in Kirgisistan gesprochen, mit Sprechern in Kasachstan, Usbekistan und auch in Russland. Die ethnische Gruppe der Dunganen sind die Nachfahren der Flüchtlinge aus China, die infolge der Dunganenaufstände[1] um 1870 westwärts nach Zentralasien zogen. Sie wird im Schulunterricht verwendet. In der Sowjetzeit gab es verschiedene Textbücher in den Schulen, die für den Unterricht der dunganischen Sprache veröffentlicht wurden, ein dreibändiges Russisch-Dunganisches Wörterbuch (14.000 Wörter), das Dunganisch-Russische Wörterbuch, philologische Monographien über die Sprache und Bücher auf dunganisch. Die erste Zeitung in dunganischer Sprache, die Hueyimin bo, wurde 1932 gegründet, sie erscheint noch heute monatlich.

Nach der Statistik des sowjetischen Zensus der Jahre von 1970 bis 1989 behielten die Dunganen die Verwendung ihrer eigenen Sprache viel erfolgreicher bei, als andere Minoritäten ethnischer Gruppen in Zentralasien. Nach dem Zerfall der Sowjetunion scheint der Anteil der dunganischen Muttersprachler stark gesunken zu sein, genauere Studien hierzu gibt es jedoch nicht.

Sprecher des Dunganischen nach Population
JahrDunganisch L1Russisch L2Dunganische GesamtpopulationQuelle
197036,445 (94,3 %)18,566 (48,0 %)38,644Sowjetischer Zensus
197949,020 (94,8 %)32,429 (62,7 %)51,694Sowjetischer Zensus
198965,698 (94,8 %)49,075 (70,8 %)69,323Sowjetischer Zensus
200141,400 (41,4 %)N/A100,000Ethnologue

Phonologie und Vokabular

In ihrer Grundstruktur und ihrem Vokabular ist die dunganische Sprache nicht sehr vom Mandarin-Chinesischen verschieden, speziell dem in den Provinzen Shaanxi und Gansu gesprochenen Mandarin-Dialekt. Wie auch andere chinesische Sprachen ist das Dunganische eine Tonsprache. Es gibt zwei Hauptdialekte, einer mit vier Tönen, und der andere, der als Standardaussprache angesehen wird, mit nur drei Tönen.

Die Basilekte des Gansu/Shaanxi-Mandarin und Dunganischen sind größtenteils untereinander verständlich. Chinesische Journalisten, die mit einem dieser Mandarindialekte vertraut sind, berichteten, dass sie sich verständlich machen konnten, wenn sie mit dunganischen Sprechern kommunizierten. Auf der Ebene des Grundwortschatzes enthält das Dunganische viele Wörter, die in den modernen Mandarin-Dialekten nicht vorkommen, wie z. B. arabische und persische Lehnwörter sowie veraltete Ausdrücke aus dem chinesischen Vokabular aus der Zeit der Qing-Dynastie.[2] Überdies haben die Akrolekte des Dunganischen und des Gansu/Shaanxi-Mandarin sich mit der Zeit und unter äußerlichen Einflüssen signifikant auseinanderentwickelt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts führten Übersetzer und Intellektuelle viele Neologismen und Lehnübersetzungen in die chinesische Sprache ein, insbesondere in den Bereichen der Politik und Technik. Das von der Hauptströmung des chinesischen Diskurses durch orthographische Barrieren abgeschnittene Dunganische entlehnte die Wörter für dieselben Bereiche aus dem Russischen, mit dem es durch Verwaltung und Studium in Kontakt kam. Als Resultat dieser Entlehnungen sind die äquivalenten standardchinesischen Bezeichnungen bei den Dunganen in weiten Kreisen unbekannt oder können von ihnen nicht verstanden werden.[3]

Schriftsystem

Das moderne dunganische Alphabet, mit IPA und lateinischer Transkription[4]

BuchstabeIPATranskription
Аa, ɑa
Бpb
Вvv
Гkg
Дdd
Е(y)e
Ёyo
Жʐzh, rzh
Җtʂ, tɕzh
Зtsz
Иi, eii
Йj(y)u, (y)i
Кk
Лll
Мmm
Нnn
Ңɳng
Әeh
О/о*ɔo
П/пp
Рɚ, rr
Сss
Тt
Уɤu, uu
Ўuwu
Үy(y)u
Фff
Хxkh
Цtsʰts
Чtʂʰ, tɕʰch
Шʂsh
Щɕshch, hs
Ъ/ъ*
Ыɪ, ɭɘ`i
Ь/ь*`
Эɛe(i)
Юiɤuyu
Яia, iɑya

*Die Buchstaben О, Ъ und Ь werden nur in russischen Lehnwörtern verwendet.

Dunganisch ist die einzige Varietät der chinesischen Sprachen, die normalerweise nicht mit chinesischen Schriftzeichen geschrieben wird. Ursprünglich schrieben die Dunganen, die muslimische Nachfahren der Hui sind, ihre Sprache in einem auf dem arabischen Alphabet basierenden System, das unter dem Namen Xiao’erjing bekannt ist. Die Sowjetunion verbot alle arabischen Schriften in den späten 1920er Jahren, was zu einer lateinischen Orthographie führte. Die lateinische Orthographie bestand bis 1940, als die sowjetische Regierung das jetzige auf dem kyrillischen Alphabet basierende System verbreitete. Das Xiao'erjing ist heute bei den Dunganen praktisch ausgestorben, ist aber in einigen Hui-Gemeinschaften in China in begrenztem Gebrauch geblieben.

Das Schriftsystem basiert auf dem Standard-Dialekt mit drei Tönen. Tonzeichen oder Tonnummerierungen kommen in zu gewöhnlichen Zwecken dienender Schrift nicht vor, werden aber in Wörterbüchern spezifiziert, sogar für Lehnwörter.

Literatur

Eine Anzahl von Büchern in dunganischer Sprache, einschließlich Lehrbücher, Dunganisch-Russische und Russisch-Dunganische Wörterbücher, ein etymologisches Wörterbuch des Dunganischen, Sammlungen von Folklore, originale und übersetzte erzählende Literatur und Dichtung wurden in Kirgisistan veröffentlicht. Gewöhnliche Auflagen bestehen aus nicht mehr als einigen hundert Stück. Eine Zeitung auf Dunganisch wird ebenfalls publiziert.

Werke des dunganischen Dichters Yasir Shiwaza (Iasyr Shivaza) wurden ins Russische, Standardchinesische und eine Anzahl anderer Sprachen übersetzt, in einigen mit viel höheren Auflagen als im ursprünglichen Dunganischen. Englische Übersetzungen davon sind zusammen mit dem originalen dunganischen Text im Buch von S. Rimsky-Korsakoff (1991) erhältlich.

  • Svetlana Rimsky-Korsakoff Dyer: Soviet Dungan: The Chinese language of central Asia: alphabet, phonology, morphology. Asian Studies Research Institute, Indiana University, 1967.
  • Heinz Riedlinger: Likbez: Alphabetisierung bei den sowjetischen Dunganen seit 1927 und ihr Zusammenhang mit den Latinisierungsbestrebungen in China. Brockmeyer, Bochum 1989 (Chinathemen; Band 37)
  • Cihai. Shanghai cishu chubanshe, Shanghai 2002, ISBN 7-5326-0839-5
  • Svetlana Rimsky-Korsakoff Dyer: Iasyr Shivaza: The Life and Works of a Soviet Dungan Poet. 1991, ISBN 3-631-43963-6.
  • Dunganskaja enciklopedija. Biskek: Ilim 2005, ISBN 5-8355-1435-2

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Cihai, S. 358
  2. Archivlink (Memento des Originals vom 24. April 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/en.chinabroadcast.cn
  3. pinyin.info
  4. Nach der englischen Fassung.

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The house of the war hero Mansuzi Wanahun in Milyanfan village, Kyrgyzstan is preserved as a museum. It is located in the village's public park. Note the bilingual sign in Dungan and Russian. For the Dungan text (Совет Лянбонди Йинщун Мансузы Ванахунди музей фонзы, Sovet Lyanbondi Yinshchun Mansuzy Vanakhundi muzey fonzy) the closest Pinyin equivalent for Standard Mandarin would be "Sūwéi'āi Liánbāng-de Yīngxióng Mànsùzi·Wáng'āhōng-de bówùguǎn (muzey, Russian loan word) fángzi"