Duale Basis

Die duale Basis ist ein Begriff aus der linearen Algebra, der in zwei unterschiedlichen Bedeutungen auftritt:

  • Zu einer gegebenen Basis eines endlichdimensionalen Vektorraums wird eine zugehörige duale Basis des Dualraums konstruiert.
  • Zu einer gegebenen Basis eines euklidischen Vektorraums wird eine weitere, zur ersten duale Basis von konstruiert, die auch reziproke Basis genannt wird.[1]

Letzteres ist der in Naturwissenschaft und Technik häufig auftretende Spezialfall des ersten Falls, und wird hier vorangestellt. Die Einführung von zwei reziproken Basissystemen erlaubt erweiterte algebraische Möglichkeiten sowie kompakte oder symmetrische und daher auch elegante Formulierungen vieler Beziehungen.[1]:116

Der zweite Abschnitt #Duale Basis im Dualraum V* behandelt den mathematisch aufwändigeren allgemeinen Fall.

Duale Basis im euklidischen Vektorraum V

Die duale Basis wird auch reziproke Basis genannt, denn

„Vektorsätze werden zueinander reziprok genannt, wenn die Vektoren des einen Satzes jeweils senkrecht stehen auf denjenigen Vektoren des anderen Satzes, die abweichende Indizes haben. Bei gleich indizierten Vektoren wird Eins gefordert.“

Wolfgang Werner[1]

Mathematisch ausgedrückt mit Basisvektoren und reziproker Basis eines n-dimensionalen euklidischen Vektorraums V bedeutet das:

mit dem Skalarprodukt „·“ des Vektorraums und dem Kronecker-Delta . Dies ist die Übertragung der definierenden Eigenschaften einer Orthonormalbasis auf eine schiefwinklige Basis. Bei einer Orthonormalbasis ist die reziproke Basis identisch zur gegebenen Basis.

Komponenten von Vektoren

Die reziproke Basis wird vor allem dazu verwendet, die Koeffizienten und Komponenten von Vektoren und Tensoren zu berechnen, beispielsweise

Insbesondere für die Basisvektoren ergibt sich[1]:143

Die auftretenden Skalarprodukte und sind die Metrikkoeffizienten des Vektorraums. Sie haben ihren Namen daher, dass mit ihrer Hilfe geometrische Eigenschaften wie Länge, Abstand und Winkel gemessen werden können, beispielsweise:

wo cos(a,b) den Cosinus des Winkels zwischen den Vektoren a und b ausgibt. Durch eine Abstandsdefinition, wie z. B. den euklidischen Abstand, wird die Metrik des Raumes bestimmt.[1]:115 Siehe auch #Tensor-Schreibweise und Krummlinige Koordinaten.

Berechnung der reziproken Basis

Werden die Basisvektoren spaltenweise in eine Matrix eingelagert, , dann finden sich die reziproken Basisvektoren in den Zeilen der Inversen oder den Spalten der transponiert inversen Matrix . Mit der Standardbasis ê1,2,…,n und dem dyadischen Produkt „⊗“ schreibt sich das:

denn

wo für die Einheitsmatrix steht. Bemerkenswert ist

Spezialfall R3

Im Vektorraum mit Standardskalarprodukt "·" und Kreuzprodukt "×" findet sich mit obiger Gleichung und der Formel für Matrizeninversion:

Im Nenner der Brüche steht das mit den Basisvektoren gebildete Spatprodukt, das invariant gegenüber einer zyklischen Vertauschung seiner Argumente ist, und das gleich der Determinante der Matrix ist, die aus den Basisvektoren gebildet wird. Die definierende Eigenschaft ist hier sofort ersichtlich.

Anwendung aus der Kristallographie

Die Bestimmung dieser dualen Basis im ist bei der Beschreibung von Kristallgittern wichtig. Dort bilden die primitiven Gittervektoren eine (i. A. nicht orthonormale) Basis des . Das Skalarprodukt zwischen Basisvektoren der reziproken Basis und primitiven Gittervektoren ist in der kristallographischen Konvention:

,

ist also die zu duale Basis im .

Beispiel: Die primitiven Gittervektoren des kubisch-flächenzentrierten (fcc) Gitters lauten:

Obige Gleichungen für den ergeben:

Diese bilden ein kubisch-raumzentriertes (bcc) Gitter.

Formale Definition und Berechnung

Sei eine beliebige Basis eines euklidischen Vektorraums . Die dazu duale Basis in ist definiert durch die Eigenschaft

,

Hierbei bezeichnet das Skalarprodukt.

Weiter sei eine Orthonormalbasis in ,   beschreibe den Basiswechsel mit der invertierbaren Matrix . Durch Vergleichen von

mit ergibt sich

.

Mit dem dyadischen Produkt schreibt sich das wie eingangs angegeben.

Verallgemeinerung auf pseudo-riemannsche Metrik

Im endlichdimensionalen Vektorraum mit pseudo-riemannscher Metrik und einer Basis betrachte den Dualvektor definiert durch

.

Dann gilt

  mit .

Dabei ist der duale Vektor im Dualraum aus der ersten Bedeutung, das äußere Produkt und der durch die pseudo-riemannsche Metrik induzierte Isomorphismus zwischen und .

Duale Basis im Dualraum V*

Definition

Es sei ein -dimensionaler Vektorraum über einem Körper . (In Anwendungen ist der Körper oft oder .) Weiter sei eine Basis von .

Dann gibt es zu jedem genau eine lineare Abbildung mit und für , denn eine lineare Abbildung ist durch die Bilder auf einer Basis eindeutig bestimmt. Die so definierten bilden eine Basis des Dualraums , welche zur Basis von dual ist. Mit der Kronecker-Delta-Schreibweise, ist also die definierende Eigenschaft der dualen Basis .

Beispiel

Sei die Monombasis des Vektorraums der Polynome mit maximalem Grad 2. Wir definieren den Dualraum bezüglich des Skalarprodukts . Dann bilden die linearen Abbildungen die duale Basis des .

Verhalten bei Basiswechsel

Sei eine Basis von und die zugehörige duale Basis. Weiter sei eine zweite Basis von mit .

Als Matrix eines Basiswechsels ist invertierbar. Die Komponenten der Inversen seien mit bezeichnet. Ein Vergleich von

mit der definierenden Eigenschaft ergibt sofort das Transformationsverhalten der dualen Basis:

.

Berechnung bezüglich einer festen Basis

Ein endlichdimensionaler Vektorraum der Dimension über dem Körper ist stets isomorph zum Koordinatenraum der Spalten-Vektoren mit Einträgen aus . Wählt man als Isomorphismus

, usw.,

wird gemäß obigem abgebildet auf die i-te Zeile von .

Tensor-Schreibweise

Im Tensor-Formalismus der Relativitätstheorie schreibt man die Basis eines Vektorraumes (wie etwa eines Tangentialraums) mit oberen Indizes, , nennt diese Vektoren kontravariant und versteht diese als Spalten-Vektoren. Die zugehörige kovariante Basis ist dann genau die oben vorgestellte duale Basis in Form von Zeilen-Vektoren. Diese schreibt man dann mit unteren Indizes, . Die definierende Bedingung lautet dann .

Der Grund für diese Schreibweise ist das unterschiedliche Transformationsverhalten der Vektoren bei Basiswechsel. Ist die lineare Transformation, die eine Basis auf eine andere abbildet, so gilt:

und man liest ab, dass sich die duale Basis mittels transformiert. Betrachtet man Koordinaten bezüglich der Basen, so findet man ähnliche Verhältnisse. Ist etwa und ist , so gilt bei Beachtung der Einsteinschen Summenkonvention für einen Vektor :

.

Der Koeffizient von zum Basisvektor ist also , das heißt die Koeffizienten transformieren sich ebenfalls mittels der inversen Transformationsmatrix. Generell schreibt man alle (kontravarianten) Größen, die sich mittels transformieren, mit oberen Indizes und alle (kovarianten) Größen, die sich gegenläufig, also mittels transformieren, mit unteren Indizes.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Wolfgang Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik. Tensoralgebra und Tensoranalysis. Band 1. Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-25271-7, S. 81, doi:10.1007/978-3-658-25272-4.

Quellen

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-97217-3.
  • Hans Stephani: Allgemeine Relativitätstheorie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1991, ISBN 3-326-00083-9.