Drohobytsch

Drohobytsch
Дрогобич
Wappen von Drohobytsch
Drohobytsch (Ukraine)
Drohobytsch
Basisdaten
Oblast:Oblast Lwiw
Rajon:Rajon Drohobytsch
Höhe:297 m
Fläche:44,5 km²
Einwohner:76.375 (2018)
Bevölkerungsdichte:1.716 Einwohner je km²
Postleitzahlen:82100
Vorwahl:+380 3244
Geographische Lage:49° 21′ N, 23° 30′ O
KATOTTH:UA46020030010069501
KOATUU:4610600000
Verwaltungsgliederung:2 Städte, 32 Dörfer
Bürgermeister:Taras Kutschma
Adresse:пл. Ринок 1
82100 м. Дрогобич
Website:Stadtrat Drohobytsch
Statistische Informationen
Drohobytsch (Oblast Lwiw)
Drohobytsch (Oblast Lwiw)
Drohobytsch
i1

Drohobytsch (ukrainisch Дрогобич; russisch ДрогобычDrogobytsch, polnisch Drohobycz; jiddisch דראָביטש) ist eine ukrainische Stadt mit 76.300 Einwohnern (2018[1]). Sie liegt in der Oblast Lwiw, südlich der Bezirkshauptstadt Lwiw, die auch die nächste größere Stadt ist.

Blick auf die Innenstadt von Drohobytsch

Drohobytsch ist das Rajonszentrum des gleichnamigen Rajons Drohobytsch, war aber selbst bis Juli 2020 kein Teil desselben.

Geschichte der Stadt

Drohobytsch wurde im späten 11. Jahrhundert gegründet. Bekannt wurde die Stadt durch ihre Salzbergwerke. Sie war schon im 14. Jahrhundert ein Zentrum der Salzgewinnung. Von 1340 bis 1772 war die Stadt Teil der Ziemia Przemyska (polnisch: Przemyśler Land) im Königreich Polen, wobei sie von 1569 bis 1772 zu der Woiwodschaft Ruthenia, einer administrativen Einheit der Adelsrepublik Polen-Litauen, gehörte. Zwischen 1939 und 1959 war Drohobytsch die Hauptstadt der 10.400 km² großen Oblast Drohobytsch mit über 850.000 Einwohnern.

Hölzerne St.-Georgs-Kirche aus dem 16. Jahrhundert, seit 2013 UNESCO-Weltkulturerbe (Holzkirchen der Karpatenregion)
Choral-Synagoge

Österreichisches Kronland

Nach der ersten polnischen Teilung war Drohobytsch von 1772 bis 1918 Teil des österreichischen Kronlandes Königreich Galizien und Lodomerien. Im 18. Jahrhundert wurde eine Schule der ukrainischen Bruderschaft gegründet und später ein Gymnasium. Seit 1896 war die Schule in einem Gebäude untergebracht, welches jetzt das Hauptgebäude des Pädagogischen Institutes ist. Diese Schule besuchte der junge Iwan Franko, der in einem nahe gelegenen Dorf geboren wurde. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Nähe der Stadt Öl gefunden. Daraufhin setzte ein Boom ein. 1880 gab es bereits 36 Ölgesellschaften in Drohobytsch. Die Bevölkerung wuchs schnell, alle hofften auf Arbeit und ein bescheidenes Auskommen. Aber die Lebensbedingungen waren hart, und die Region bekam den Beinamen „Galizische Hölle“. Verwaltungstechnisch war der Ort ab 1850 der Sitz der Bezirkshauptmannschaft des Bezirks Drohobycz[2], 1867 kam noch ein Bezirksgericht im Ort dazu, beide existierten dann bis 1918.

Wechselnde Zugehörigkeit

Von 1919 bis 1939 gehörte die Stadt zu Polen und lag hier ab 1921 in der Woiwodschaft Lwów. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Drohobytsch etwa 35.000 Einwohner, darunter 35 Prozent Polen und 20 Prozent Ukrainer. Viele Einwohner waren Juden, die als Arbeitskräfte in den Ölschächten ihren Lebensunterhalt bestritten, da es in dieser Gegend größere Erdöl- und Erdgasvorkommen gibt.[3] Dazu gibt es noch große Kalivorkommen. Die Große Synagoge von Drohobytsch war zu dieser Zeit die größte Synagoge Polens, größer noch als die von Warschau. 1939 besetzte die Rote Armee, wie im geheimen Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes vereinbart, die Stadt. 1941 nahm die deutsche Wehrmacht beim Überfall auf die Sowjetunion Drohobytsch ein. Bei der Auflösung des Ghettos wurden die Juden 1943 in Vernichtungslager deportiert. Am 6. August 1944 besetzte die Rote Armee die Stadt erneut.

1945 kam die Stadt mit den östlichen Gebieten Polens zur Sowjetunion und wurde damit Teil der Ukrainischen SSR. Die polnische Bevölkerung wurde vertrieben.

Judenverfolgung (1941–1944)

Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten rund 15.000 Personen – etwa 40 % der Stadtbevölkerung – der jüdischen Gemeinde an. Unmittelbar nach dem Einmarsch der Wehrmacht am 30. Juni 1941 ermordeten Ukrainer mit Unterstützung von Angehörigen der Wehrmacht[4] in einem dreitägigen Pogrom mehr als 300 Juden.[5] Es folgten willkürliche Festnahmen, Verpflichtung zu Zwangsarbeiten und Kennzeichnung mit einer weißen Binde mit Davidstern. Bis März 1942 leitete Walter Kutschmann die Gestapostelle in Drohobytsch. Ende März 1942 wurden 2000 Juden in das Vernichtungslager Belzec verschleppt. Zwischen dem 8. bis 17. August 1942 wurden Selektionen durchgeführt: Im Laufe dieser Aktion wurden über 600 Juden von ukrainischer Hilfspolizei und SS auf Straßen und Plätzen getötet und 2500 nach Belzec deportiert.[5] Anfang Oktober 1942 wurde das Ghetto Drohobytsch mit 10.000 Juden eingerichtet, darunter auch Überlebenden aus jüdischen Gemeinden der Umgebung. In weiteren „Aktionen“ vom Oktober und November 1942 wurden mehr als 3300 Juden ins Vernichtungslager Belzec geschafft und am 15. Februar 1943 wurden 450 Ghettoinsassen im Wald von Broniza erschossen. Zwischen dem 21. Mai 1943 bis zum 20. Juni wurde das Ghetto aufgelöst und auch die Juden aus den Arbeitslagern der Ölindustrie bis auf wenige Ausnahmen ermordet. Nach der Befreiung waren nur 400 Überlebende zu verzeichnen.[6]

Bauwerke

  • Orthodoxe Kirche St. Georg, um 1500, im Jahre 1656 aus dem Dorf Nadijewo hierher überführt,[7] Teil des Weltkulturerbes Holzkirchen der Karpatenregion
  • Ehem. katholische Schlosskirche St. Bartholomäus, 1392–16. Jahrhundert
  • Orthodoxe Kirche Mariä Himmelfahrt, spätes 15. Jahrhundert
  • Orthodoxe Heilig-Kreuz-Kirche, frühes 16. Jahrhundert
  • Choral-Synagoge, 1842–1865
  • Ose-Chesed-Synagoge (in der Stryjska Uliza)
  • Rathaus, 1920er Jahre, neoklassizistisch

Verwaltungsgliederung

Am 12. Juni 2020 wurde die Stadt zum Zentrum der neu gegründeten Stadtgemeinde Drohobytsch (Дрогобицька міська громада/Drohobyzka miska hromada). Zu dieser zählen auch die Stadt Stebnyk sowie die 32 in der untenstehenden Tabelle aufgelistetenen Dörfer[8]; bis dahin war sie Teil der Stadtratsgemeinde Drohobytsch zu der auch Stebnyk gehörte.

Folgende Orte sind neben dem Hauptort Drohobytsch Teil der Gemeinde:

Name
ukrainisch transkribiertukrainischrussischpolnisch
BijnytschiБійничіБойничи (Bojnitschi)Bilcze
BolechiwziБолехівціБолеховцы (Bolechowzy)Bolechowce
BronyzjaБроницяБроница (Broniza)Bronica
BykiwБиківБыков (Bykow)Byków
BystryzjaБистрицяБыстрица (Bystriza)Prusy
ChatkyХаткиХатки (Chatki)Chatki Lasowe
DereschytschiДережичіДережичи (Dereschitschi)Dereżyce
DobriwljanyДобрівляниДобровляны (Dobrowljany)Dobrowlany
Dolischnij LuschokДолішній ЛужокДолишний Лужок (Dolischni Luschok)Łużek Dolny
HlynneГлиннеГлинное (Glinnoje)Glinne
KotowaneКотованеКотовано (Kotowano)Kotowania
LischnjaЛішняЛешня (Leschnja)Lisznia
MedweschaМедвежаМедвежья (Medweschja)Niedźwiedza
Monastyr-DereschyzkyjМонастир-ДережицькийМонастырь-Дережичский (Monastyr-Dereschitschski)Manaster Dereżycki
Monastyr-LischnjanskyjМонастир-ЛішнянськийМонастырь-Лешнянский (Monastyr-Leschnjanski)Manaster Liszniański
MychajlewytschiМихайлевичіМихайлевичи (Michailewitschi)Michałowice
NahujewytschiНагуєвичіНагуевичи (Nagujewitschi)Nahujowice
Nowe SeloНове СелоНовое Село (Nowoje Selo)Nowa Wieś, Neudorf, Polminowice
NowoschytschiНовошичіНовошичи (Nowoschitschi)Nowoszyce
Nyschni HajiНижні ГаїНижние Гаи (Nischnije Gai)Gaje Niżne
OrtynytschiОртиничіОртыничи (Ortynitschi)Ortynice
PotschajewytschiПочаєвичіПочаевичи (Potschajewitschi)Poczajowice
RanewytschiРаневичіРаневичи (Ranewitschi)Raniowice
RychtytschiРихтичіРыхтичи (Rychtitschi)Rychcice
SaluschanyЗалужаниЗалужаныWacowice
SelezСелецьСелецьSielec
SnjatynkaСнятинкаСнятынкаŚniatynka
Stare SeloСтаре СелоСтарое Село (Staroje Selo)Stara Wieś
StebnykСтебникСтебник (Stebnik)Stebnik
StupnyzjaСтупницяСтупница (Stupniza)Stupnica
UnjatytschiУнятичіУнятичи (Unjatitschi)Uniatycze
Werchni HajiВерхні ГаїВерхние Гаи (Werchnije Gai)Gaje Wyżne
Wolja JakubowaВоля ЯкубоваВоля ЯкубоваWola Jakubowa

Städtepartnerschaften

Persönlichkeiten

  • Jurij Drohobytsch (1450–1494), rotruthenischer Astronom, Astrologe, Mediziner und Philosoph
  • Wilhelm Leopolski (1828–1892), galizisch-österreichischer Historien- und Porträtmaler des Realismus
  • Maurycy Gottlieb (1856–1879), galizisch-österreichischer Maler des Realismus
  • Iwan Franko (1856–1916), ukrainischer Dichter und Schriftsteller
  • Leon Sternbach (1864–1940), galizisch-österreichischer Altphilologe, Hochschullehrer und Opfer des Holocaust
  • Herman Lieberman (1870–1941), österreichischer Politiker, Justizminister der polnischen Exilregierung
  • Jonas Kreppel (1874–1940), österreichischer Schriftsteller und Publizist
  • Ephraim Moses Lilien (1874–1925), galizisch-österreichischer Maler
  • Léopold Gottlieb (1879–1934), polnischer Maler
  • Leon Reich (1879–1929), Publizist und Politiker
  • Norbert Liebermann (1881–1959), österreichischer Versicherungsfachmann und Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherungsanstalt
  • Kajetan Stefanowicz (1886–1920), polnischer Jugendstil-Maler
  • Bruno Schulz (1892–1942), polnischer Schriftsteller und Maler
  • Kazimierz Wierzyński (1894–1969), polnischer Schriftsteller
  • Joachim Weingart (1895–1942), galizisch-österreichischer Maler
  • Joseph Wilder (1895–1976), österreichisch-US-amerikanischer Neurologe und Psychiater
  • Isaak Hallemann (1896–1942), Pädagoge und Leiter des jüdischen Waisenhauses in Fürth, Bayern
  • Elisabeth Bergner (1897–1986), österreichisch-englische Schauspielerin
  • David Horowitz (1899–1979), israelischer Ökonom und Direktor der Bank of Israel
  • Shin Shalom (Shalom Yossef Shapira) (1905–1990), israelischer Dichter
  • Mordecai Roshwald (1921–2015), amerikanischer Sozialwissenschaftler und Schriftsteller
  • Alfred Schreyer (1922–2015), polnischer Opernsänger und Musiker
  • Adam Zielinski (1929–2010), polnisch-österreichischer Schriftsteller
  • Wiktor Wekselberg (* 1957), russischer Oligarch
  • Ihor Palij (* 1963), ukrainischer Künstler
  • Wolodymyr Bileka (* 1979), ukrainischer Radrennfahrer
  • Jaroslaw Popowytsch (* 1980), ukrainischer Radrennfahrer
  • Anastasia Bodnar (* 1989), deutsche Tanzsportlerin, Tanzsporttrainerin und Choreographin
  • Khrystyna Soloviy (* 1993), ukrainische Singer-Songwriterin
  • Marta Kizyma (* 1994), ukrainische Schauspielerin

Siehe auch

Weblinks

Commons: Drohobytsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Städte und Siedlungen in der Ukraine auf pop-stat.mashke.org; abgerufen am 29. Dezember 2018
  2. Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Oesterreich vom 8. October 1850, Nr. 383, Seite 1741
  3. Nur für wenige Fachleute bot dieses eine Überlebenschance, vgl. Christian Gerlach: Kalkulierte Morde – Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Studienausgabe Hamburg 2000, ISBN 3-930908-63-8, S. 529+576.
  4. so bei Gutmann, siehe aber auch Dokumente VEJ 7/21 und VEJ 7/46.
  5. a b Israel Gutman u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. München und Zürich 1995, ISBN 3-492-22700-7, Bd. 1, S. 371.
  6. Israel Gutman u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. München und Zürich 1995, ISBN 3-492-22700-7, Bd. 1, S. 371/372.
  7. Grigori Nikonowitsch Logwin (Hryhorij Nykonovyč Lohvyn): Ukraine und Moldawien. Ein Bildhandbuch. (= Kunstdenkmäler in der Sowjetunion), Edition Leipzig, Leipzig 1984, S. 401.
  8. Розпорядження Кабінету Міністрів України від 12 червня 2020 року № 718-р "Про визначення адміністративних центрів та затвердження територій територіальних громад Львівської області

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The Choral Synagogue in Drohobych, Lviv Oblast in Ukraine, is the most impressive of the Jewish structures in the town.
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