Dritte Kaffeewelle

Für Anhänger der dritten Kaffeewelle ist die Verarbeitung von Kaffeebohnen ein Kunsthandwerk. Ein möglichst großer Teil des Aromas der Bohnen soll in den gebrauten Kaffee übergehen.

Die Third wave of coffee, auf Deutsch dritte Kaffeewelle, ist eine Konsumhaltung, die für die Produktion von hochqualitativem Kaffee steht und Kaffee, ähnlich wie Wein, Schokolade, Gin oder Craft beer, als Genussmittel und nicht als bloße Ware betrachtet. Dazu bedarf es Verbesserungen auf jeder Produktionsstufe. Der Anbau, die Ernte und die Verarbeitung müssen genauso verbessert werden wie die Beziehung zwischen den Kaffeebauern, -händlern und -röstern. Der Prozess des Röstens von frischem, hochwertigem Kaffee, das in Analogie auf das microbrewing von Bier oft microtoasting genannt wird, soll verfeinert werden. Beim Kaffeebrauen soll mehr Augenmerk auf das handwerkliche Geschick gelegt werden.[1]

Third wave of coffee hat den Anspruch, für Kaffee eine Genusskultur ähnlich wie für andere pflanzenbasierte Produkte wie Wein, Tee und Schokolade zu entwickeln. Der Konsument soll Bewusstsein und Wertschätzung für den nuancenreichen Geschmack, die Sortenvielfalt und die verschiedenen Anbauregionen entwickeln. Third wave coffee zeichnet sich durch Direkteinkauf, qualitativ hochwertige Bohnen und Single-Origin-Kaffee (im Gegensatz zu Mischungen), hellere Röstungen und latte art aus. Es beinhaltet auch die Rückkehr von alternativen Methoden zur Kaffeezubereitung wie Vakuumkaffee und Aufbrüh-Geräte wie der Chemex und der Hario V60.

Der Terminus Dritte Welle wurde 2002 kreiert und bezeichnet hauptsächlich das amerikanische Phänomen, speziell die Phase seit den 1990er-Jahren bis heute, aber mit einigen Nachwirkungen vorheriger Jahrzehnte. Ähnliche Bewegungen gibt es in Kanada, Australien, Neuseeland und Skandinavien. Um es breiter zu fassen, kann man die dritte Kaffeewelle zur Spezialitätenkaffeebewegung zählen.

Die Third wave of coffee wird auch als Konsumideologie für Privilegierte beschrieben, die sich die Produkte leisten können, die von den großen Marken im Nischenmarketing vertrieben werden.[2] Der Anteil an Third Wave-Kaffee wird 2019 auf 5 % des Gesamtmarkts geschätzt.[3]

Geschichte

Vorreiter der dritten Kaffeewelle war Peet’s Coffee & Tea aus Berkeley, Kalifornien, welche bereits in den späten 1960ern mit dem handwerklich betonten Anbau, Rösten und Mischen begonnen hatten und die Kaffeeszene der 1970er, 80er und 90er prägten. Diese Zeit, die retrospektiv als „Zweite Welle“ tituliert wird, war die Geburt der handwerklichen amerikanischen Espresso Bars, von denen sich einige in landesweite Ketten entwickelten, wie zum Beispiel Starbucks. (Peet’s verkaufte mehrheitlich dunkle Bohnen zum Gebrauch zu Hause und verkaufte bis 1984 keinen Espresso. Die Vorläufer davon waren italoamerikanische Espresso Bars, die hauptsächlich Immigranten zu ihrer Zielgruppe zählten, und Kaffeeimporteure der Ersten Welle des 19. Jahrhunderts.)

Andere Meilensteine waren die Gründung von George Howell's Coffee Connections in Cambridge im Jahre 1974 (welche von Peet’s beeinflusst wurde);[4] die Gründung des Spezialitätenkaffeeverbands im Jahre 1982 und die Bewegung der Dallis Bros. Coffee in New York, bei der es hauptsächlich um das Rösten ging.[5]

Verwendung des Begriffs

Trish Rothgeb (geborene Skeie) von den Wrecking Ball Coffee Roasters war es, die den Terminus third wave of coffee in einem im November 2002 im The Flamekeeper,[6] dem Newsletter der Röstergilde, die Gilde des amerikanischen Spezialitätenkaffeeverbands, erschienenen Artikel verwendete. Nicholas Cho von Murky Coffee hat die dritte Kaffeewelle in einem vielzitierten Online-Artikel,[7] und zuvor, im März 2005, in einem Interview in der Sendung „All Things considered“ im amerikanischen National Public Radio, weiter ausdefiniert.[8] Die dritte Kaffeewelle wurde auch in Medien wie New York Times,[9][10][11] LA Weekly,[12][13][14] Los Angeles Times,[15][16] La Opinion,[17] und im The Guardian[18] erwähnt.

Im März 2008 definierte Jonathan Gold, ein mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Journalist der LA Weekly, die dritte Kaffeewelle, indem er schrieb:

Die erste Kaffeewelle bestand im Popularitätsanstieg von Kaffee im 19. Jahrhundert, welches Folgers[19] in jedem Haushalt etablierte. Die zweite Kaffeewelle war die Ausbreitung, welche in den 1960ern mit Peet's begann und sich gewitzt durch die großen dekaffeinierten Milchkaffees von Starbucks, diverse Espresso-Getränke, und als regional verkauften Kaffee ihre Fortsetzung fand. Wir sind nun inmitten der dritten Kaffeewelle, wo Bohnen „vom Kaffeebauern“ und nicht aus irgendwelchen Ländern kommen, beim Rösten wird darauf geachtet die einzigartige Note einer jeden Bohne hervorzuheben, als sie beim Rösten zu verbrennen und der Geschmack ist ein sauberer, harter, und purer.[12]

Der frühere Terminus Spezialitätenkaffee wurde 1974 kreiert und bezeichnet lediglich hochqualitative Bohnen, welche auf einer 100-Punkte-Skala 80 erreichen.[20]

Unternehmen Stand 2015

In den Vereinigten Staaten gab es im Jahr 2015 eine Vielzahl von Dritte-Welle-Röstern und einige einzelne Coffee Shops oder kleine Ketten, die ihren eigenen Kaffee rösten, wie zum Beispiel brewpub. Es gab einige größere Unternehmen, welche sich dem Rösten verschrieben hatten – als die „großen Drei des Kaffees der Dritten Welle“[21][22] wurden meist Intelligentsia Coffee & Tea aus Chicago, Illinois sowie Stumptown Coffee Roasters aus Portland, Oregon, und Counter Culture Coffee aus Durham, North Carolina, welche auf Direkteinkauf ausgerichtet waren, angesehen. Intelligentsia hatte sieben Filialen – vier in Chicago, drei in Los Angeles – und ein lab in New York. Stumptown[23] hatte zehn Filialen – fünf in Portland, zwei in Seattle, zwei in New York, und eine in Los Angeles.[24] Counter Culture hatte acht regionale Trainingszentren – die nicht als Verkaufslokal funktionieren –, davon jeweils eines in Chicago, Atlanta, Asheville, Durham, Washington, D.C., Philadelphia, New York und Boston. Zum Vergleich hatte Starbucks 2015 über 23.000 Filialen weltweit.[25]

Sowohl Intelligentsia Coffe & Tea als auch Stumptown Coffee Roasters wurden 2015 von Peet’s Coffee & Tea (welches selbst Teil der JAB Holding ist) aufgekauft.[25] Zu dem Zeitpunkt wurden auch Philz Coffee (mit Sitz in San Francisco) und Blue Bottle Coffee (mit Sitz in Oakland, Kalifornien) zu den Hauptakteuren der dritten Kaffeewelle gezählt.[25]

2014 investierte Starbucks rund $20 Millionen in eine Rösterei und eine Verkostungsfiliale in Seattle, um auch gezielt den Markt der dritten Kaffeewelle anzusprechen.[25] In Starbucks’ regulären Filialen werden, im Kontrast zu Mitbewerbern der dritten Kaffeewelle, aus Gründen der Effizienz und der Sauberkeit, automatisierte Espresso-Maschinen verwendet.[25]

Literaturhinweise

Einzelnachweise

  1. Lisa Koch: Die dritte Kaffeewelle – Third Wave Coffee. In: CREMUNDO Magazin. 12. Mai 2017, abgerufen am 5. August 2019 (deutsch).
  2. Marie Schmidt: Konsum: Kleine Geschichte vom richtigen Leben. In: Die Zeit. 18. Juni 2015, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 5. August 2019]).
  3. Miri: Third Wave Coffee: Ist Kaffee der neue Wein? In: Kaffee Blog von barista-passione.de. 12. Juli 2019, abgerufen am 5. August 2019 (deutsch).
  4. All About George (Memento vom 23. Februar 2007 im Internet Archive)
  5. Dallis Bros Coffee
  6. Norway and Coffee. (Nicht mehr online verfügbar.) In: The Flamekeeper. 2003, archiviert vom Original am 11. Oktober 2003; abgerufen am 10. Dezember 2015.Vorlage:Cite web/temporär
  7. Nicholas Cho: The BGA and the Third Wave. In: CoffeeGeek. 1. April 2005;.Vorlage:Cite web/temporär
  8. Stuart Cohen: Coffee Barista Preps for National Competition. In: NPR, 10. März 2005.
  9. Hannah Wallace: Do I Detect a Hint of … Joe?. In: The New York Times, 29. Mai 2008.
  10. Gregory Dicum: Los Angeles: Intelligentsia. In: The New York Times, 9. März 2008.
  11. Ted Botha: Bean Town. In: The New York Times, 24. Oktober 2008.
  12. a b Jonathan Gold: La Mill: The Latest Buzz. In: LA Weekly, 12. März 2008.
  13. Jonathan Gold: The 10 Best Dishes of 2008. In: LA Weekly, 31. Dezember 2008.
  14. Jonathan Gold: Tierra Mia Explores Coffee for the Latino Palate. In: LA Weekly, 20. August 2008.
  15. Amy Scattergood: Artisans of the roast. In: Los Angeles Times, 25. Oktober 2006.
  16. Cyndia Zwahlen: Coffeehouse Serves the Latino Community. In: Los Angeles Times, 15. September 2008.
  17. Yolanda Arenales: Cafe Gourmet Pese La Crisis (spanish). In: La Opinion, 7. September 2008.
  18. Stuart Jeffries: It’s the third wave of coffee!. In: The Guardian, 16. März 2009.
  19. Our Coffee History | Folgers Coffee | Folgers Coffee. Abgerufen am 5. August 2019.
  20. Der Specialty Coffee oder Spezialitätenkaffee. Was ist das eigentlich? Abgerufen am 5. August 2019 (englisch).
  21. The Decade's Top Ten in Specialty Coffee, Nick Cho, Dec 31 2009; also references Michaele Weissman's "God in a Cup," which features the group collectively.
  22. Monica Bhide: Good to the last drop. In: Salon. 30. Juni 2008;.Vorlage:Cite web/temporär Elaborates that these three were widely cited in the industry as most influential.
  23. New York Training Lab - Intelligentsia Coffee. Abgerufen am 13. Dezember 2015.Vorlage:Cite web/temporär
  24. Stumptown Coffee Roasters - Coffee Shop Locations. In: Stumptown Coffee Roasters. Abgerufen am 13. Dezember 2015.Vorlage:Cite web/temporär
  25. a b c d e Peet's rides coffee's 'third wave' with stake in Intelligentsia. In: Reuters, 30. Oktober 2015. Abgerufen am 31. Oktober 2015.

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Red coffee cherries are mature coffee berries, fit to be pulped according to the 'wet method', to obtain 'washed coffee', the standard for specialty coffee.