Domkapitel Halberstadt

Der Dom zu Halberstadt,
Sitz des Domkapitels

Das Domkapitel Halberstadt wird erst im 10. Jahrhundert erwähnt. Die Mitglieder entstammten meist niedersächsischen Adelsfamilien, wobei bis ins 15. Jahrhundert der hohe Adel tonangebend war.

Die Dignitäre waren Dompropst und Domdechant, wobei der Dompropst seit dem 15. Jahrhundert seinen Einfluss immer weiter zu Gunsten des Domdechanten verlor. Das Domkapitel selbst hatte die Propsteien über die Kollegiatstifte an Liebfrauen, SS. Bonifatii et Mauritii, SS. Petri et Pauli und Walbeck.

Im Jahre 1521 gab es erste evangelische Predigten in der Martinikirche. Später gab es in den Jahren 1525 und 1530 Versuche zur Einführung der Reformation, die jedoch erfolglos waren. Im Jahre 1540 wurden die Pfarrkirchen evangelisch. Eine Freigabe der evangelischen Konfession erfolgte 1541.[1]

Obwohl Hochstift und Bistum Halberstadt 1648 säkularisiert wurden, konnte das Domkapitel weiterbestehen und der bikonfessionelle Status wurde festgeschrieben.[2]

Im Jahre 1810 wurde es durch die Regierung des Königreichs Westphalen aufgehoben.[3]

Anzahl der Mitglieder

Im Jahre 1752 gab es beispielsweise 28 Kanonikerstellen, davon 20 Major- und 8 Minorpräbenden, ferner zusätzlich bis zu 24 Electi, die man als Exspektanten ansehen kann.[4][5] Im Jahre 1794 bestand das Domkapitel neben dem Dompropst aus 16 Kapitularen, von denen vier katholisch waren, 8 Minorpräbendaten, sowie 28 Electi (Aspiranten).[6]

Stephansorden

Ernst Ludwig Freiherr von Spiegel mit dem Stephansorden
(Domdechant 1753–1785)

1754 stiftete Friedrich II. für die Kapitulare den Stephansorden. Das Ordenszeichen war ein goldenes, weiß emailliertes Malteserkreuz, auf dessen Vorderseite der Preußische Adler mit Zepter, auf der Rückseite der Heilige Stephanus, der Patron des Halberstadter Doms, abgebildet war. Es wurde an einem roten, schwarzgeränderten Band um den Hals getragen.[7] Erster Träger war Domdechant Ernst Ludwig von Spiegel, dem auch das Recht zur Verleihung gegeben wurde. Nach seinem Tod ging der Orden unter.[8]

Dompröpste

  • 1313–1341 Heinrich von Anhalt
  • 1341–1367 Johann von Braunschweig
  • 1367–1382 Heinrich von Braunschweig, 1378 suspendiert
  • 1384–1411 Albrecht (Albert) von Wernigerode
  • 1411–1414 Dietrich von Rabiel, abgesetzt
  • 1414–1435 Friedrich von Hacke
  • 1435–1452 Busso (Busse, Burchard) Graf von Beichlingen
  • Ludolf von Eßdorf, nicht gesichert
  • 1453–1463 Rudolf Quirre
  • 1463–1474 Heinrich Gerwen
  • 1474–1516 Balthasar von Neuenstadt
  • 1516–1538 Wolfgang Graf von Stolberg-Wernigerode, resignierte
  • 1538–1544 Heinrich Graf von Stolberg, resignierte
  • 1544–1581 Christoph I. Graf zu Stolberg-Königstein
  • 1598–1623 Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel
  • 1623–1627 Friedrich Herzog von Schleswig-Holstein, später König Friedrich III. von Dänemark
  • 1627–1647 Anselm Casimir Wambolt von Umstadt, durch 1623 päpstliche Provision, Akzeptanzproblem beim protestantischen Kapitel, erst 1627 Installation, später Erzbischof von Mainz
  • der Papst ernannte Ernst Adalbert von Harrach, wurde vom Kapitel nicht angenommen, Erzbischof in Prag und Kardinal
  • –1652 Conrad von Burgstorff
  • –1692 Georg Friedrich von Waldeck, kaiserlicher und holländischer General-Feldmarschall
  • –1734 Markgraf Christian Ludwig zu Brandenburg-Schwedt, Komtur des Johanniterordens zu Lagow
  • 1734–1788 Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt, Prinz von Preußen, Neffe des Vorgängers, Komtur zu Lietzen
  • 1788–1810 August Ferdinand von Preußen, Herrenmeister der Ballei Brandenburg des Johanniterordens

Domdechanten

  • 1465–1506 Johann von Querfurt
  • 1511–1513 Sebastian von Plotho, resignierte
  • 1513–1538 Johannes von Marenholtz d. Ä.
  • 1538–1560 Huner von Sampleben
  • 1560–1576 Friedrich von Britzke
  • 1576–1588 Ludwig von Britzke
  • 1588–1605 Caspar von Kannenberg
  • 1605–1621 Matthias von Oppen
  • 1621–1622 Eitel Johann von Holle
  • 1622–1630, 1635–1651 Arnd Spiegel von Pickelsheim
  • 1630–1635, 1651–1660 Joachim von Hünecke
  • 1660–1661 Jobst Ludwig (Justus Ludolf) von Stedern
  • 1661–1677 Philipp Ludwig von Spitznase
  • 1677–1679 Johann Adrian von Wendt, resignierte
  • 1679–1691 Levin Caspar von Bennigsen
  • 1691–1705 Clamor von dem Bussche
  • 1705–1711 Johan Wolfgang von Stechow
  • 1711–1753 Clamor Eberhard von dem Bussche
  • 1753–1785 Ernst Ludwig von Spiegel zum Desenberg
  • 1785–1786 Georg Ludwig von Hardenberg
  • 1786–1796 Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode
  • 1796–1810 Johann August Ernst von Alvensleben

Siehe auch

  • Kategorie:Domherr (Halberstadt)

Quellen

  • Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Bd. 1: Bis 1236, Leipzig 1883 (Digitalisat).
  • Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Bd. 2: 1236–1303, Leipzig 1884 (Digitalisat).
  • Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Bd. 3: 1303–1361, Leipzig 1887 (Digitalisat).
  • Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Bd. 4: 1362–1425, Leipzig 1889 (Digitalisat).
  • Gerrit Deutschländer, Ralf Lusiardi, Andreas Ranft (Hrsg.): Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Bd. 5: 1426–1513, Köln 2014, ISBN 978-3-412-22282-6.
  • Caspar Abel: Stiffts-, Stadt- und Land-Chronick des jetzigen Fürstenthums Halberstadt, S. 564–568 - (Digitalisat).
  • Samuel Lentz: Diplomatische Stifts- und Landes-Historie von Halberstadt und angräntzenden Oertern, Halle 1749 (Digitalisat).

Literatur

  • Albert Brackmann: Urkundliche Geschichte des Halberstädter Domkapitels im Mittelalter. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der deutschen Domkapitel. (Dissertation, Wernigerode 1898).
  • Silke Siebrecht: Der Halberstädter Domherr Friedrich Eberhard von Rochow. Handlungsräume und Wechselbeziehungen eines Philanthropen und Volksaufklärers in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 334 S., zahlr. Abb., 2013; ISBN 978-3-943245-05-9 (Teildigitalisat).
  • Hans Fuhrmann: Balthasar von Neuenstadt († 1516), Dompropst von Halberstadt. Ein Stifter und seine Stiftungen. In: Werner Freitag (Hrsg.): Mitteldeutsche Lebensbilder. Menschen im späten Mittelalter. Böhlau 2002, ISBN 3-412-04002-9, S. 203–225 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Gustav Schmidt: Die Dompröpste von Halberstadt, in: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde, 19 (1886), S. 23–92 (Digitalisat).
  • Ulrich Schwarz: Ludolf Quirre (ca. 1395–1463), Dompropst von Halberstadt. Der langsame Aufstieg eines Bürgers in der Kirche. In: Werner Freitag (Hrsg.): Mitteldeutsche Lebensbilder. Menschen im späten Mittelalter. Böhlau 2002, ISBN 3-412-04002-9, S. 183–202 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Rudolf Meier: Die Domkapitel zu Goslar und Halberstadt in ihrer persönlichen Zusammensetzung im Mittelalter. (= Studien zur Germania Sacra, Band 1), Göttingen 1967.
  • Hans Fuhrmann: Die Inschriften des Doms zu Halberstadt (= Die Deutschen Inschriften Band 75, Leipziger Reihe 3. Band) Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 2009 (online).
  • Andreas Odenthal: Die Ordinatio cultus divini et caeremoniarium des Halberstädter Domes von 1591. Untersuchungen zur Liturgie eines gemischtkonfessionellen Domkapitels nach Einführung der Reformation. Aschendorff, Münster 2005, ISBN 3-402-04073-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Odenthal, Ordinatio cultus divini, S. 61.
  2. Dörthe Gruttmann: Die Grenzen lutherischer Konfessionalisierung. Das Hochstift Halberstadt unter dem postulierten Bischof Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1566–1613), in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Band 57 (2011), S. 1–36 (doi:10.1515/9783110236651.1).
  3. Hans-Georg Aschoff: Staat und Katholische Kirche im Königreich Westfalen. In: Thomas Scharf-Wrede (Hrsg.): Umbruch oder Übergang? Die Säkularisation von 1803 in Norddeutschland, Hildesheim 2004, S. 131–177.
  4. Neues Genealogisch-Schematisches Reichs- und Staats-Handbuch vor das Jahr MDCCLII, Franz Varrentrapp, Frankfurt am Main 1752, S. 109–110.
  5. Peter Hersche: Die deutschen Domkapitel im 17. und 18. Jahrhundert. Bern 1984 (3 Bände); Band 1, S. 200–201.
  6. Das evangelische Domkapitel zu Halberstadt im Jahr 1794. In: Carl Eduard Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation. Bd. 47–48, Hamburg 1859, S. 101–104 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  7. Caspar Abel: Stiffts- Stadt- und Land-Chronick des jetzigen Fürstenthums Halberstadt. Christof Gottfried Cörner, 1754, S. 568–569 (google.de [abgerufen am 28. Juli 2023]).
  8. Deutsche Biographie: Spiegel zum Desenberg, Ernst Ludwig Freiherr von. Abgerufen am 28. Juli 2023.

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Halberstadt Blick zum Dom von Martinikirche.jpg
Autor/Urheber: Xocolatl (Diskussion) 22:50, 18 April 2015 (UTC), Lizenz: CC BY 3.0
Halberstadt
SpiegelELC.jpg
Ernst Ludwig Christoph Freiherr von Spiegel zum Desenberg, mit dem den Halberstädter Domherrn gestifteten preussischen St. Stephansorden (lt. ADB ein in acht Spitzen ausgehendes Kreuz, in dessen Mitte sich auf der einen Seite das Bild Sancti Stephani als Patrons des Halberstädter Domes und auf der andern der goldgekrönte schwarze Adler mit ausgebreiteten Flügeln und einem goldenen Namenszuge befand