Doliche

Koordinaten: 37° 9′ 17″ N, 37° 21′ 52,6″ O Doliche, Dolike oder Dolikhe ist der Name der ältesten Siedlung in der Provinz Gaziantep im Südosten der Türkei, ca. 40 km vom Euphrat entfernt. Der Ort liegt etwa zehn Kilometer von der Stadt Gaziantep entfernt bei dem Dorf Dülük. Das antike Stadtgebiet erstreckt sich gegenüber dem modernen Dorf auf einer Keber Tepe genannten Anhöhe, die heute landwirtschaftlich genutzt wird. In armenischen Quellen des Mittelalters taucht der Name als Tlup auf. In arabischen Quellen ist die Stadt als Duluk bekannt, in lateinischen Quellen der Kreuzfahrerzeit als Tuluppa, Teluch oder Dolichenus. Die Assyrer nannten den Ort Doluk.

Geschichte

Der antike Ort war eine bedeutende Kultstätte des syrischen Baal. Ältere vorderasiatische Wurzeln weisen auf die Gestalt des nord-mesopotamischen Wettergottes Hadad, babylonisch Adad, der auf einem Stier stehend mit Doppelaxt und Blitzbündel dargestellt wurde.

Nach der Eroberung der Stadt Doliche und der Eingliederung in die Provinz Syria im letzten Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr. durch die Römer wurde der Kult auf Jupiter übertragen und verbreitete sich als Soldatengott Iupiter Dolichenus im gesamten Römischen Reich.

Nach der Zerstörung des Hauptheiligtums in Doliche durch den Sassanidenkönig Schapur I. Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. ging der Kult unter. Die Stadt bestand jedoch weiter und bildete auch nach der Eroberung durch die Araber im 7. Jahrhundert weiterhin ein militärisches und administratives Zentrum der Region.[1]

Ausgrabungen

Auf dem ca. 3 km südlich der antiken Stadt gelegenen 1211 m hohen Dülük Baba Tepesi konnte das Zentralheiligtum des Jupiter Dolichenus archäologisch nachgewiesen werden. Ab 2001 arbeitete dort ein internationales Team unter der Leitung von Engelbert Winter von der Forschungsstelle Asia Minor der Universität Münster. Neben der Erforschung des Heiligtums in römischer Zeit stand die Frühgeschichte des Platzes im Zentrum der Arbeiten. So konnte einer der größten ergrabenen Fundkomplexe späteisenzeitlicher Stempel- und Rollsiegel entdeckt werden. Auch die Nachfolgebesiedlung seit spätantiker Zeit unter christlichen Vorzeichen stellte einen Forschungsschwerpunkt dar. 2007 fand man mit einer Basaltstele die erste und bisher einzige Darstellung der populären Gottheit an ihrem ursprünglichen Heimatort. Ab 2015 liegt der Schwerpunkt der Forschungen auf dem Stadtgebiet von Doliche selbst, wo Wohnbereiche und öffentliche Anlagen durch Ausgrabungen und Surveys erforscht werden.

Literatur

  • Immanuel Benzinger: Doliche 4. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,1, Stuttgart 1903, Sp. 1276.
  • Anke Schütte-Maischatz, Engelbert Winter (Hrsg.): Doliche. Eine kommagenische Stadt und ihre Götter. Mithras und Iupiter Dolichenus (= Asia-Minor-Studien. Band 52). Habelt, Bonn 2004, ISBN 3-7749-3240-9.
  • Engelbert Winter, Michael Blömer: Iupiter Dolichenus – Der Gott auf dem Stier. Ein orientalischer Kult und seine Ursprünge. In: Antike Welt. 36, 4, 2005, S. 79–85.
  • Michael Blömer, Engelbert Winter: Doliche und das Heiligtum des Iupiter Dolichenus auf dem Dülük Baba Tepesi. 1. Vorbericht (2001–2003). In: Istanbuler Mitteilungen. Band 55, 2005, ISSN 0341-9142, S. 197–214.
  • Engelbert Winter, Michael Blömer: Doliche. Eine antike Stadt an der Nahtstelle der Kulturen. Ein Führer durch das antike Stadtgebiet und das Heiligtum des Iupiter Dolichenus. Nurol Matbaacılık ve Ambalaj Sanayi A.S., Sincan-Ankara 2006.
  • Michael Blömer, Engelbert Winter: Der Dülük Baba Tepesi bei Doliche und das Heiligtum des Iupiter Dolichenus. 2. Vorbericht (2004–2005). In: Istanbuler Mitteilungen. Band 56, 2006, ISSN 0341-9142, S. 185–205.
  • Michael Blömer, Dilek Çobanoğlu, Engelbert Winter: Die Stadtgrabung in Doliche. Zu den Ergebnissen der Feldarbeiten 2015–2018. In: Istanbuler Mitteilungen. Band 69, 2019, S. 103–185.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hansgerd Hellenkemper: Kommagene im Mittelalter. In: Jörg Wagner (Hrsg.): Gottkönige am Euphrat. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Kommagene. 2. Auflage, Philipp von Zabern, Mainz 2012, ISBN 978-3-8053-4218-6, S. 215–222, hier S. 216.