Doktor beider Rechte

Doktor beider Rechte oder Doctor iuris utriusque (mittellateinisch; Lehrer beiderlei Rechts, Doktor beiderlei Rechts) ist ein juristischer Doktorgrad, der im 21. Jahrhundert nur noch von wenigen Universitäten verliehen wird. Er umfasst Qualifikationen der staatlichen und kirchlichen Rechtswissenschaft, d. h. im engeren Sinn des römischen und des kanonischen Rechts. Der akademische Grad war ab dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit weit verbreitet und ist heute hauptsächlich von historischer Bedeutung.

Bezeichnungen

Die historischen und aktuellen Bezeichnungen variieren in Wortstellung und Schreibweise. So ist neben Doctor iuris utriusque (Dr. iur. utr.)[1] auch iuris utriusque doctor (iur. utr. doct. oder IUD bzw. J.U.D.)[2] sowie utriusque iuris doctor (utr. iur. dr.) oder Doctor utriusque iuris (Dr. utr. iur.)[3] geläufig; an den päpstlichen Universitäten wird auch die lateinische Bezeichnung Doctoratum in Utroque Iure verwendet.[4] Alle Wortbestandteile können mit großen oder kleinen Anfangsbuchstaben geschrieben werden, und das initiale ‚I‘ in Iuris wird häufig auch als ‚J‘ wiedergegeben.

Für den verwandten akademischen Grad eines Lizenziaten beider Rechte war die Bezeichnung juris utriusque licentiatus (abgekürzt J.U.L. o. ä.) üblich.[5]

Geschichte

Schon im 14. Jahrhundert gab es den akademischen Abschluss eines doctor utriusque iuris.[6] Dieser war die höchste juristische Qualifikation. Er war eine gute Voraussetzung zum Bekleiden höherer Funktionen, vor allem im Staatswesen, zum Beispiel als Kanzler. Landesherren des 16. bis 18. Jahrhunderts umgaben sich gern mit gut ausgebildeten Juristen als Räte und leitende Beamten in Diplomatie und Verwaltung. Als eine Vorstufe des Doktorats beider Rechte galt das Lizenziat beider Rechte.

Gegenwart

Heute wird der Abschluss des Doktors beider Rechte nur noch von wenigen Rechtsfakultäten verliehen. In Deutschland ist dies an den Universitäten in Köln, Potsdam, Augsburg und Würzburg der Fall, in der Schweiz an der Université de Fribourg, in Rom an der Lateranuniversität. In Österreich gibt es ein Doktorat beider Rechte seit 1872 nicht mehr.[7]

Ein qualitativer Unterschied zum normalen Doktor der Rechte wird heute in der Regel nicht mehr gesehen.[8]

Einzelnachweise

  1. Universität Würzburg, Abruf im Februar 2021.
  2. siehe Beschriftung auf Porträt 1653, Friedrich-Schiller-Universität Jena: Kustodie; Inventarnummer GP138. Abruf im Januar 2023.
  3. Université de Fribourg, Abruf im Februar 2021.
  4. Roberto Genuin OFMCap: Giusta, grave, gravissima causa nel Diritto processuale canonico. Pontificia Università Lateranense, Rom 1996 (Titelseite).
  5. Malcomesius, Johann Richard. Hessische Biografie (Stand: 18. November 2022). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Institut für Landesgeschichte, abgerufen am 29. Mai 2023.
  6. Martin Bertram: Die Handschriften des Liber Clementinarum des Johannes de Imola (1404). In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung. Band 105, 2019, Heft 1, S. 180–225 (Abstract S. 180).
  7. Adolf von Wretschko: Die akademischen Grade, namentlich an den oesterreichischen Universitäten. Wagner’sche Universitätsbuchhandlung, Innsbruck 1910. Referiert in: Archiv des öffentlichen Rechts. Band 28, 1912, Nr. 1, S. 175.
  8. Doctor iuris utriusque. In: Rechtslexikon.net, Abruf im Februar 2021.