Djer

Namen von Djer
Grabstele des Djer; Ägyptisches Museum, Kairo
Horusname
Hor-djer
Ḥr.(w)-ḏr [j]
Abwehrer des Horus[1]
Eigenname




[A 1]
Iteti[A 2]
Jttj
Der Herrscher ist gekommen[A 3]
Königspapyrus Turin (Nr.II./14)
Itet
Jtt
(mit NamensIdeogramm
für einen König, das den
Horusfalken darstellt)
Königsliste von Abydos (Sethos I.) (Nr.3)
Itet
Jtt
Herrscher
Griechisch Manetho-Varianten:
Africanus: Kenkenes[A 4]
Eusebius: Kenkenes[A 5]
Eusebius, AV: Cencenes[A 5]

Djer (auch Hor-djer) ist der Horusname eines altägyptischen Königs (Pharaos) der 1. Dynastie (Frühdynastische Zeit), welcher um 2980/60 v. Chr. regierte.[2] Während seiner langen Regierungsdauer führte er viele Neuerungen ein.

Name und Identität

Eigenname Iteti in der Abydos-Liste.


Auf dem Kairostein steht neben dem Horusnamen des Djer ein weiterer Name, der möglicherweise eine frühe Form des späteren Goldnamens darstellte: Ni-nebu („Der Goldene“). Ähnlich wie bei Ninetjer aus der 2. Dynastie sind sich die Ägyptologen bei der Zuordnung des Namens in seiner Funktion sehr unsicher, da der Goldname als Titulatur erst unter Djoser (3. Dynastie) eingeführt wurde.

Der Kairostein nennt auch den möglichen Eigennamen des Herrschers, der mit „Iteti“ wiedergegeben wird und in einer Kartusche steht. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Anachronismus, da die Schreibung des Königsnamens in Kartuschen erst unter Pharao Huni gegen Ende der 3. Dynastie eingeführt wurde.[3]

Herkunft und Familie

Die Mutter des Djer mag eine Dame namens Chenethapi gewesen sein. Ihr Name erscheint allerdings bislang nur auf dem berühmten Kairostein und sie ist zeitgenössisch nicht belegt.[4] Verheiratet war Djer offenbar mit einer Prinzessin namens Herneith,[5] sowie möglicherweise mit einer Dame namens Penebui. Deren Tod wird auf einem Jahrestäfelchen aus Elfenbein erwähnt.[6] Als mögliche Nachkommen des Djer werden unter anderem Königin Meritneith und Pharao Wadji angesehen.[7]

Belege

Felszeichnungen des Djer fand man am 2. Katarakt am Nil (heute im Nationalmuseum Khartum). Sein Name erscheint auch im Wadi Halfa, was Expeditionen bis nach Nubien belegt.[7] Weitere Funde aus seiner Zeit sind aus Abydos und Sakkara bekannt. 2012 wurde eine Inschrift mit dem Namen von Djer auf der südlichen Sinai-Halbinsel entdeckt.[8]

Regierungszeit

Djer regierte sehr lange; die Ägyptologie geht von 54 Jahren aus. Dies ergibt sich aus den Aufzeichnungen und Rekonstruktionen des Kairosteins und des Palermosteins.[10] So sind neun Jahre auf dem Kairo-Fragment Nr. 1 (C1 / K1 = Kairostein) erhalten, zehn weitere auf dem Palermostein. Die Eintragungen belegen, dass unter Djer die Tradition eingeführt wurde, alle zwei Jahre das Horusgeleit zu feiern.[4] Djer gründete die königliche Domäne Semer-netjeru („Vortrefflicher der Götter“),[11] sowie die neue königliche Residenz Hor-sechentj-dju („Horus überragt die Berge“[12]). Verwaltet wurde die Residenz vom hohen Beamten Amka.[13] Djer gab auch mehrere Expeditionen in den Sinai in Auftrag. Dort fand sich auch eine Felsinschrift mit seinem Namen.[14] In seinem Grab (und dem seiner Tochter Meritneith) fanden sich Schmuckstücke aus Türkis, das traditionellerweise aus dem Sinai stammt.[7]

Aus einem Kalendereintrag geht Djers Todesdatum vom 7. Peret III hervor. Die Regierungszeit seines Nachfolgers Wadji begann am 22. Peret IV.[15] Da auf dem Annalenstein ansonsten bei einem Regierungswechsel innerhalb des Kalenderjahres die Regierungszeiten zweier Könige 365 Tage ergeben, bleiben die Gründe für die Differenz von 45 Tagen[16] unklar. In den Pyramidentexten des Alten Reiches wird eine Einbalsamierungsdauer von 70 Tagen genannt, die jedoch bei nur 45 Tagen Regierungszeitdifferenz nicht für eine Mumifizierung eingehalten werden konnte. Siegfried Schott vermutet deshalb ein Interregnum von 1 Jahr, 1 Monat und 15 Tagen. Daneben bleibt die Frage, ob bereits der altägyptische Kalender mit dem zugehörigen Wandeljahr in Gebrauch war oder ob sich die Datierungen auf den ebenfalls 365 Tage umfassenden Sothis-Mondkalender beziehen.[17]

Das Grab

Messerklinge aus Feuerstein mit vergoldetem Griff aus Djers Grab
Siegelabdruck mit den Namen des Djer
Elfenbeintäfelchen des Djer mit Sopdet als „Jahresöffner“.

Das Grab des Königs Djer befindet sich in Umm el-Qaab bei Abydos unter der Bezeichnung Tomb O. Es verfügt über 318 Nebenbegräbnisse[18] für Gefolgsleute und galt in späteren Dynastien als Grab des Totengottes Osiris. Es besteht aus einer Grabkammer mit den Maßen 12 × 13 m, welche damit die größte Grabkammer der 1. Dynastie ist. Etwa 1,5 km nördlich der Königsgräber von Abydos wurde ein Talbezirk aus dieser Epoche ausgegraben, der wohl als Kultanlage zum Grab gehörte.

Wie schon bei Menes ordnete man früher auch Djer zwei Gräber zu: das oben erwähnte Grab O in Abydos und das Grab Nr. 3471 in Sakkara. Die Forschung tendiert jedoch gerade in den letzten Jahren stark dazu, in Sakkara die Grabanlagen hoher Beamter zu sehen.[19] Im Grabbezirk wurde eine Stele des Djer gefunden. Sie ist die bislang früheste Grabstele dieser Art. Ein besonderer Fund ist ein Feuerstein-Messer mit vergoldetem Griff, auf dem der Name des Djer eingraviert ist.[20] Im letzten Jahrhundert wurde eine Basaltplastik entdeckt (die unter dem Namen „Osirisbett“ bekannt ist). Die Plastik wurde zunächst in die 25./26., später in die 13. Dynastie datiert,[21] also ca. tausend Jahre nach dem Tod des Königs Djer. Sie ist heute im Ägyptischen Museum in Kairo zu sehen.

Daneben fanden Archäologen in Djers Grabanlage die sogenannte Opferplakette des Djer, auf der zu sehen ist, wie ein Gefangener rituell getötet wird. In einem darunter folgenden Register werden dem – offenbar verstorbenen – König mehrere Totems dargereicht: Eine Himmelsleiter, eine mumiengestaltige Kultstatue, ein Nar-Wels, eine Pelikan-Statuette und ein königlicher Speer. Im dritten Register werden weitere Totems überreicht, darauf folgt die Meldung, dass zwei Prinzessinnen verstorben seien. Deren Namen sind zwar eingetragen, aber derart unleserlich, dass es diesbezüglich zu heftigen Kontroversen innerhalb der Ägyptologie gekommen ist.[22]

Außerdem ist auf einer in der Grabanlage gefundenen Plakette die bislang älteste ikonografische Darstellung von Sopdet als „Jahresgöttin“ erhalten, die im Falle des Djer mit der Jahreshieroglyphe über dem Achet-Determinativ ruht. Die Abbildung führte Ägyptologen zu der Annahme, dass spätestens unter Djer ein Jahreskalender eingeführt wurde.[7] Richard Anthony Parker hält es für möglich, dass ein auf Sirius basierender Sothis-Mondkalender schon länger in Gebrauch war. Christian Leitz vermutet daher, dass der altägyptische Verwaltungskalender zwei Jahrhunderte später mit Sopdet als Jahresanfangsgöttin auf Grundlage eines älteren Kalendersystems erstmals Anwendung fand.

Flinders Petrie entdeckte bei der Untersuchung des Grabes im Jahr 1901 den Arm einer Mumie, mit Armbändern aus Gold und Halbedelsteinen; er vermutete, dass ein antiker Grabräuber überrascht wurde und seine Beute in einem Erdspalt versteckte. Der Schmuck befindet sich heute im Museum von Kairo, während die Mumienreste leider ohne Untersuchung blieben und mittlerweile abhandengekommen sind.

Literatur

  • Jochem Kahl: Inscriptional Evidence for the Relative Chronology of Dyn. 0–2. In: Erik Hornung, Rolf Krauss, David A. Warburton (Hrsg.): Ancient Egyptian Chronology (= Handbook of Oriental studies. Section One. The Near and Middle East. Band 83). Brill, Leiden/ Boston 2006, ISBN 978-90-04-11385-5, S. 94–115 (Online).
  • Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägyptischen Königsnamen. Deutscher Kunstverlag, München/ Berlin 1984, ISBN 3-422-00832-2.
  • Werner Kaiser: Zu den Königsgräbern der 1. Dynastie in Umm el-Qaab. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo. (MDAIK) Nr. 37, von Zabern, Mainz 1981, S. 247–254.
  • Martin von Falck, Susanne Martinssen-von Falck: Die großen Pharaonen. Von der Frühzeit bis zum Mittleren Reich. Marix, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-7374-0976-6, S. 37–42.
  • Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. In: Ägyptologische Abhandlungen. (ÄA) Band 45, Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4.
  • Werner Kaiser: Zum Siegel mit frühen Konigsnamen von Umm el-Qaab. In: MDAIK. Nr. 43, 1987, S. 115–119.
  • Rainer Stadelmann: Die ägyptischen Pyramiden. Vom Ziegelbau zum Weltwunder (= Kulturgeschichte der Antiken Welt. Band 30). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, von Zabern, Mainz 1991, ISBN 3-8053-1142-7.
  • Thomas Schneider: Lexikon der Pharaonen. Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-96053-3.
  • Günter Dreyer: Ein Siegel der frühzeitlichen Königsnekropole von Abydos. In: MDAIK. Nr. 43, 1987, S. 33–43.
  • Dilwyn Jones: An Index of ancient Egyptian titles, epithets and phrases of the Old Kingdom. Archaeopress, Oxford 2000, ISBN 1-84171-069-5.
  • Peter Kaplony: Inschriften der ägyptischen Frühzeit. Harrassowitz, Wiesbaden 1963.
  • Peter Kaplony: Djer. In: Lexikon der Ägyptologie. Band I, Harrassowitz, Wiesbaden 1975, ISBN 3-447-01670-1.
  • Henri Gauthier: Le livre des rois d’Égypte: Recueil de titres et protocoles royaux, noms propres de rois, reines, princes et princesses, noms de pyramides et de temples solaires, suivi d’un index alphabétique. Band 1: Des origines à la fin de la XIIe dynastie [Deutsch: Von den Anfängen bis zum Ende der XII. Dynastie] (= Mémoires de l’Institut Français d’Archéologique Orientale. Band 17, S. 55f). Imprimerie de l’Institut francais d’archéologie orientale, Kairo 1907 (Volltext online).

Weblinks

Commons: Djer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Der Eigenname, wie er ab der 4. Dynastie mit „Sa Ra“ eingeleitet wird, existiert zu dieser Zeit noch nicht, weswegen die Weiterleitung auf Eigenname (Pharao) im Grunde problematisch ist. Die Formulierung Eigenname basiert auf Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägyptischen Königsnamen.
  2. nach einer Inschrift auf dem Kairostein
  3. Übersetzung nach Redaktion Ägyptologie
  4. Regierungsdauer: 31 Jahre.
  5. a b Regierungsdauer: 39 Jahre.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. Wiesbaden 1987, S. 115.
  2. Jahreszahlen nach T. Schneider: Lexikon der Pharaonen. Düsseldorf 2002,
  3. Wolfgang Helck: Der Name des letzten Königs der 3. Dynastie und die Stadt Ehnas. In: Studien zu Altägyptischen Kultur. Nr. 4, Buske, Hamburg 1976, ISSN 0340-2215, S. 125–128.
  4. a b Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. Routledge, London/ New York 1999, ISBN 0-415-18633-1, S. 71–73.
  5. Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. Fourier, Wiesbaden 1964, ISBN 3-921695-39-2, S. 53–58.
  6. Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4, S. 119 & 154.
  7. a b c d Nicolas Grimal: A History of Ancient Egypt. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-631-19396-0, S. 50–53.
  8. Pierre Tallet: Une inscription du roi Djer au Sud-Sinaï : la première phrase écrite en hiéroglyphes ? In: Abgadeyat. Band 8, 2013, S. 121–126 (Online).
  9. Peter Kaplony: New fragments from Tomb Z at Abydos. In: MDAIK. Band 56, Ausgabe 2000, S. 10.
  10. Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. Wiesbaden 1987, S. 124.
  11. Dieter Arnold, Nigel Strudwick, Sabine H. Gardiner: The Encyclopaedia of Ancient Egypt Architecture. Tauris, London u. a. 2003, ISBN 1-86064-465-1, S. 71.
  12. Dilwyn Jones: An Index of ancient Egyptian titles, epithets and phrases of the Old Kingdom. Band 2, Nr. 2209.
  13. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. London/ New York 1999, S. 124 & 146 ff.
  14. P. Talle, D. Laisnay: Iry-Hor et Narmer au Sud-Sinaï (Ouadi 'Ameyra), un complément à la chronologie des expéditios minière égyptiene. In: Bulletin de l’Institut français d’archéologie Orientale. (BIFAO) Band 112, 2012, S. 387–389, Figur 11.
  15. Der 22. Peret IV ergibt sich in einem Normaljahr; in einem Schaltjahr wäre es der 21/22. Schemu I.
  16. 7. Peret III bis 22. Peret IV; in einem Schaltjahr ergeben sich bis zum 21./22. Schemu I 74 oder 75 Differenztage.
  17. Siegfried Schott: Altägyptische Festdaten. In: Akadermie der Wissenschaften und der Literatur (Hrsg.): Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse. Nr. 10. Mainz 27. Oktober 1950, S. 54.
  18. Thomas Kühn: Die Königsgräber der 1. & 2. Dynastie in Abydos. In: Kemet. Heft 1, 2008.
  19. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. London/ New York 1999, S. 11–12.
  20. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. London/ New York 1999, S. 72 ff.
  21. Kairo, Journal d’Entrée number, Egyptian Museum. (JdE) 32090; A. Leahy: The Osiris ‘Bed’ Reconsidered. In: Orientalia. Band 46, 1977, S. 424–434.
  22. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. London/ New York 1999, S. 266 & 267ff.
VorgängerAmtNachfolger
Teti I.König von Ägypten
1. Dynastie
Wadji

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Elfenbeintäfelchen des Djer (Ausschnitt)

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Small ivory label with the serekh of Djer and the adendum "the fortress Heart-of-Horus-Djer thrives".

Originally from Abydos. Umm el Qaab, tomb O (Tomb Djer), now in the British Museum.

The piece, partly charred, shows the aftermath of a fire in the tomb of King Djer.
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Seal impression of the Egyptian king Djer, First Dynasty, around 3000 BC, from Abydos, British Museum
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Griff eines Ritualmessers mit dem Namen von Djer

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Stela of King Djer from Abydos