Zahlentheoretische Funktion

Eine zahlentheoretische oder arithmetische Funktion ist eine Funktion, die jeder positiven natürlichen Zahl eine komplexe Zahl zuordnet. Diese Funktionen dienen in der Zahlentheorie dazu, Eigenschaften von natürlichen Zahlen, besonders deren Teilbarkeit, zu beschreiben und zu untersuchen.

Spezielle zahlentheoretische Funktionen

Beispiele

Die ersten Werte einiger zahlentheoretischen Funktionen
n=φ(n)ω(n)Ω(n)λ(n)μ(n)Λ(n)π(n)σ0(n)σ1(n)σ2(n)r2(n)r3(n)r4(n)
11100110.000111468
22111-1-10.69123541224
33211-1-11.10224100832
422212100.69237214624
55411-1-11.613262682448
62‧3222110.0034125002496
77611-1-11.95428500064
823413-100.6944158541224
932612101.10431391430104
102‧5422110.004418130824144
11111011-1-12.40521212202496
1222‧3423-100.0056282100896
13131211-1-12.566214170824112
142‧7622110.006424250048192
153‧5822110.00642426000192
1624814100.6965313414624
17171611-1-12.837218290848144
182‧32623-100.007639455436312
19191811-1-12.948220362024160
2022‧5823-100.008642546824144
213‧71222110.008432500048256
222‧111022110.008436610024288
23232211-1-13.14922453000192
2423‧3824100.00986085002496
25522012101.6193316511230248
262‧131222110.009442850872336
27331813-101.109440820032320
2822‧71223-100.009656105000192
29292811-1-13.3710230842872240
302‧3‧5833-1-10.00108721300048576
31313011-1-13.431123296200256
32251615-100.6911663136541224
333‧112022110.00114481220048384
342‧171622110.00114541450848432
355‧72422110.00114481300048384
3622‧321224100.00119911911430312
37373611-1-13.61122381370824304
382‧191822110.00124601810072480
393‧132422110.0012456170000448
4023‧51624100.00128902210824144

Wichtige arithmetische Funktionen sind

  • die identische Funktion und ihre Potenzen
  • die Dirichlet-Charaktere
  • die Teilerfunktionen
speziell ,
die die Summe aller Teiler bzw. der -ten Potenzen aller Teiler einer Zahl angeben und
  • die Teileranzahlfunktion die angibt, wie viele Teiler die Zahl besitzt,
  • die Eulersche φ-Funktion, die die Anzahl der zu teilerfremden natürlichen Zahlen angibt, die nicht größer als sind,
  • die Liouville-Funktion ,
  • die Ordnung , also die Anzahl der (nicht notwendigerweise verschiedenen) Primfaktoren von , sowie als Zahl der verschiedenen Primfaktoren,
  • die Dedekindsche Psi-Funktion,
  • die Möbiussche μ-Funktion (siehe den Absatz über Faltung weiter unten),
  • die Isomorphietypen-Anzahlfunktion ,
  • die p-adische Exponentenbewertung
  • die Primzahlfunktion die die Anzahl der Primzahlen angibt, die nicht größer als sind,
  • die Smarandache-Funktion,
  • die Chebyshev-Funktion,
  • die Mangoldt-Funktion ,
  • die Quadratsummen-Funktionen als Anzahl der Darstellungen einer gegebenen natürlichen Zahl als Summe von Quadraten ganzer Zahlen.

Multiplikative Funktionen

Eine zahlentheoretische Funktion heißt multiplikativ, wenn für teilerfremde Zahlen und stets gilt und nicht verschwindet, was äquivalent zu ist. Sie heißt vollständig multiplikativ, auch strikt oder streng multiplikativ, wenn dies auch für nicht teilerfremde Zahlen gilt. Jede vollständig multiplikative Funktion ist also multiplikativ. Eine multiplikative Funktion lässt sich darstellen als

d. h. eine multiplikative Funktion ist vollständig durch die Werte bestimmt, die sie für Primzahlpotenzen annimmt.

  • Von den oben als Beispiele angeführten Funktionen sind die Identität und ihre Potenzen sowie die Dirichlet-Charaktere vollständig multiplikativ, die Teileranzahlfunktion, die Teilerfunktionen und die Eulersche φ-Funktion multiplikativ. Die Primzahlfunktion und die Exponentenbewertung sind nicht multiplikativ.
  • Das (punktweise) Produkt von zwei (vollständig) multiplikativen Funktionen ist wieder (vollständig) multiplikativ.

Additive Funktionen

Eine zahlentheoretische Funktion heißt additiv, wenn für teilerfremde Zahlen und stets gilt. Sie heißt vollständig additiv, auch strikt oder streng additiv, wenn dies auch für nicht teilerfremde Zahlen gilt.

Ein Beispiel für eine additive Funktion ist die -adische Exponentenbewertung. Aus jeder multiplikativen Funktion, die nirgends verschwindet, lässt sich eine additive Funktion konstruieren, indem man das Ergebnis logarithmiert. Präziser: Wenn (vollständig) multiplikativ und stets ist, dann ist eine (vollständig) additive Funktion. Gelegentlich wird auch ein (komplexer) Logarithmus einer nirgends verschwindenden zahlentheoretische Funktion (ohne Betrag) gebildet. Dabei ist jedoch wegen der verschiedenen Zweige des komplexen Logarithmus Vorsicht geboten.

Faltung

Die Faltung von zahlentheoretischen Funktionen wird nach Dirichlet auch als Dirichlet-Faltung bezeichnet. Zu anderen Bedeutungen des Wortes in der Mathematik siehe den Artikel Faltung (Mathematik).

Definition

Die Dirichlet-Faltung zweier zahlentheoretischer Funktionen ist definiert durch

wobei sich die Summe über alle (echten und unechten, positiven) Teiler von erstreckt.

Die summatorische Funktion einer zahlentheoretischen Funktion ist definiert durch , wobei die konstante Funktion mit dem Funktionswert  bezeichnet, also

Man kann zeigen, dass bzgl. der Faltungsoperation invertierbar ist; ihr Inverses ist die (multiplikative) Möbiusfunktion . Das führt zur Möbiusschen Umkehrformel, mit der man eine zahlentheoretische Funktion aus ihrer summatorischen Funktion zurückgewinnen kann.

Eigenschaften der Faltung

  • Die Faltung von zwei multiplikativen Funktionen ist multiplikativ.
  • Die Faltung von zwei vollständig multiplikativen Funktionen muss nicht vollständig multiplikativ sein.
  • Jede zahlentheoretische Funktion , die an der Stelle  nicht verschwindet, besitzt eine Inverse bezüglich der Faltungsoperation.
  • Diese Faltungsinverse ist genau dann multiplikativ, wenn multiplikativ ist.
  • Die Faltungsinverse einer vollständig multiplikativen Funktion ist multiplikativ, aber im Allgemeinen nicht vollständig multiplikativ.
  • Das neutrale Element der Faltungsoperation ist die durch und für alle definierte Funktion

Algebraische Struktur

  • Die Menge der zahlentheoretischen Funktionen bildet mit der komponentenweisen Addition, der skalaren Multiplikation und der Faltung als innerer Multiplikation
  • Die multiplikative Gruppe dieses Ringes besteht aus den zahlentheoretischen Funktionen, die an der Stelle  nicht verschwinden.
  • Die Menge der multiplikativen Funktionen ist eine echte Untergruppe dieser Gruppe.

Abgrenzung vom Raum der komplexen Zahlenfolgen

Mit der komplexen Skalarmultiplikation, der komponentenweisen Addition und – anstelle der Faltung – der komponentenweisen Multiplikation bildet die Menge der zahlentheoretischen Funktionen ebenfalls eine kommutative C-Algebra, die Algebra der formalen (nicht notwendig konvergenten) komplexen Zahlenfolgen. Diese kanonische Struktur als Abbildungsraum ist in der Zahlentheorie jedoch kaum von Interesse.

Als komplexer Vektorraum (also ohne innere Multiplikation) ist dieser Folgenraum mit dem Raum der zahlentheoretischen Funktionen identisch.

Zusammenhang mit Dirichletreihen

Jeder zahlentheoretischen Funktion kann eine formale Dirichletreihe zugeordnet werden. Die Faltung wird dann zur Multiplikation von Reihen. Diese Konstruktion wird im Artikel über Dirichletreihen näher beschrieben.

Siehe auch

Literatur

  • Jörg Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie. Springer-Verlag, 1995, ISBN 3-540-58821-3.
  • Peter Bundschuh: Einführung in die Zahlentheorie. 5. Auflage. Springer-Verlag, 2002, ISBN 3-540-43579-4.
  • Wolfgang Schwarz, Jürgen Spilker: Arithmetical Functions. Cambridge University Press, 1994, ISBN 0-521-42725-8.
  • Paul McCarthy: Arithmetische Funktionen. Springer Spektrum, 2017, ISBN 978-3-662-53731-2.