Dimenhydrinat
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Dimenhydrinat | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C24H28ClN5O3 | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | R06AA02 | |||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||||||||
Wirkmechanismus | Kompetitiver Antagonismus zum Histamin am H1-Rezeptor. | |||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 469,96 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Dimenhydrinat, verwendet etwa im Präparat Vomex, ist ein Salz aus Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin und damit eine Kombination zweier Wirkstoffe. Diphenhydramin ist ein H1-Rezeptor-Antagonist (Antihistaminikum der 1. Generation) und wird vorwiegend als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen (Antiemetikum) und als Beruhigungsmittel (Sedativum) eingesetzt. 8-Chlortheophyllin gilt als ein mildes Anregungsmittel (Stimulans).
Diphenhydramin ist ein nichtselektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer und hat somit auch eine stimmungsaufhellende Wirkung. Zudem wirkt Diphenhydramin anticholinerg.
Wirkmechanismus
Das Medikament wirkt auf das zentrale Nervensystem, wo es primär kompetitiv H1-Rezeptoren blockiert. Das Diphenhydramin wirkt dabei als inverser Agonist. Wie bei anderen H1-Antihistaminika der ersten Generation handelt es sich um eine sogenannte Dirty-Drug, welche pharmakologisch mehrere Rezeptoren adressiert. Dadurch wirkt es auch anticholinerg.[2][3] Der Kombination mit 8-Chlortheophyllin (einer coffeinähnlichen Substanz) liegt die Vorstellung zugrunde, dass damit die Müdigkeit, welche die durch Diphenhydramin ausgelöste H1-Blockade erzeugt, eingedämmt werde. Unter verschiedenen Methylxanthinen vermochte nur 8-Chlortheophyllin mit Diphenhydramin ein ausreichend stabiles Salz zu bilden.[4]
Anwendungsgebiete
Dimenhydrinat ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Vorbeugung und symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unterschiedlicher Ursache, insbesondere von Reiseübelkeit, zugelassen. Es wurde zudem zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach chirurgischen Operationen eingesetzt.[5] Zur alleinigen Behandlung von durch Chemotherapie hervorgerufener Übelkeit und Erbrechen ist das Mittel nicht geeignet.[6]
In Deutschland ist Dimenhydrinat außer zur parenteralen Anwendung nicht rezeptpflichtig.[7] In Österreich ist es rezeptpflichtig.[8] In der Schweiz unterfällt es den Abgabekategorien B und D.[9]
Anwendungsbeschränkungen
Dimenhydrinat zur intravenösen Injektion (Handelsname Vomex A, Klinge Pharma) darf nicht angewendet werden bei:[6]
- Überempfindlichkeit/Allergie gegenüber Dimenhydrinat
- akutem Asthma-Anfall
- Engwinkelglaukom
- Phäochromozytom
- Porphyrie
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung
- Krampfanfällen (Epilepsie, Eklampsie)
Nur unter besonderer Vorsicht darf die Anwendung i. m./i. v. erfolgen bei folgenden Zuständen:[6]
- eingeschränkte Leberfunktion
- Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien)
- Kaliumarmut (Hypokaliämie), Magnesiumarmut (Hypomagnesiämie)
- verlangsamter Herzschlag (Bradykardie)
- angeborenes Langes QT-Syndrom oder andere klinisch signifikante Herzstörungen (insbesondere koronare Herzkrankheit, Erregungsleitungsstörungen)
- gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern (z. B. Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Antibiotika, Malaria-Mittel, Antihistaminika, Neuroleptika) oder zu einer Hypokaliämie führen
- chronische Atembeschwerden und Asthma
- Übelkeit durch verengten Magenausgang (Pylorusstenose)
Nebenwirkungen
Während des Kauens von Dimenhydrinat-Präparaten kann ein vorübergehendes Taubheitsgefühl der Mundschleimhäute auftreten. Abhängig von der individuellen Empfindlichkeit und der eingenommenen Dosis kann Dimenhydrinat u. a. sedierend wirken und zu Schläfrigkeit und Benommenheit führen. Dimenhydrinat kann auch ein zentrales anticholinerges Syndrom (ZAS) auslösen.[10] Als anticholinerge Begleiterscheinungen können zudem Mundtrockenheit, Gefühl einer verstopften Nase, Sehstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks und Störungen beim Urinieren auftreten.[11]
Dimenhydrinat kann in höheren Dosierungen möglicherweise halluzinogen[12] wirken.
Handelsnamen
- Monopräparate
- Antemin (CH), Emedyl (A), Reisefit Hennig (D), Reisegold (D), Reisetabletten (D), Superpep (D), Travel-Gum (A), Trawell (CH), Vertigo-Vomex (D), Vertirosan (A), Vomacur (D), Vomex A (D), RubieMen (D)
- mit Cinnarizin: Arlevert (D, A, CH),
- mit Coffein: Neo-Emedyl (A),
- mit Pyridoxinhydrochlorid: Vertirosan Vitamin B6 (A)
Einzelnachweise
- ↑ a b c Datenblatt Dimenhydrinate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. März 2011 (PDF).
- ↑ Canadian Agency for Drugs and Technologies in Health: Abuse and Misuse Potential of Dimenhydrinate: A Review of the Clinical Evidence. In: CADTH Rapid Response Reports. 2015, PMID 26985532 (englisch).
- ↑ How well do you know your anticholinergic (antimuscarinic) drugs? In: Therapeutics Initiative. 10. September 2018, abgerufen am 20. September 2018 (englisch).
- ↑ J. W. Cusic: Note on the Chemistry of Dramamine. In: Science. 1949, Band 109, Nummer 2840, S. 574. doi:10.1126/science.109.2840.574.a.
- ↑ Leopold H. J. Eberhart, W. Seeling, A. M. Morin, N. Vogt, M. Georgieff: Droperidol und Dimenhydrinat alleine und in Kombination zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen in der postoperativen Phase. In: Anästhesiologie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie. Jahrgang 36, Nr. 5, Mai 2001, S. 290–295.
- ↑ a b c Fachinformation Vomex A i.m./i. v. Injektionslösung. In: portal.dimdi.de. März 2022, abgerufen am 6. Mai 2025.
- ↑ Anlage 1 AMVV - Einzelnorm. In: gesetze-im-internet.de. Abgerufen am 6. Mai 2025.
- ↑ RIS - Rezeptpflichtverordnung - Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 06.05.2025. In: ris.bka.gv.at. 30. August 1973, abgerufen am 6. Mai 2025.
- ↑ Stoffliste. In: swissmedic.ch. Abgerufen am 6. Mai 2025.
- ↑ J. Wallenborn und andere: Metoclopramid und Dexamethason zur Prophylaxe von postoperativer Übelkeit und Erbrechen nach balancierter Anästhesie. In: AINS. Band 38, Nr. 11, November 2003, S. 695–704, hier: S. 702.
- ↑ Thomas Lempert: Wirksame Hilfe bei Schwindel: was dahinter steckt und wie Sie ihn wieder loswerden. Georg Thieme Verlag, 2003, ISBN 978-3-8304-3105-3, S. 75 (books.google.com).
- ↑ Avoxa-Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH: OTC-Missbrauch: Von Vomex-Partys und Loperamid-Rausch. Abgerufen am 20. April 2022.
Auf dieser Seite verwendete Medien
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