DigiTask

Digi Task GmbH Gesellschaft für besondere Telekommunikationssysteme

RechtsformGmbH
SitzHaiger, Deutschland
LeitungAchim Pulverich
BrancheSoftwareentwicklung, Kommunikationstechnologie
Websitewww.digitask.de

Die Digi Task GmbH Gesellschaft für besondere Telekommunikationssysteme[1] (DigiTask) mit Sitz in Haiger (Lahn-Dill-Kreis in Hessen) ist ein mittelständisches Softwareunternehmen für Lösungen zur gesetzeskonformen Telekommunikationsüberwachung (Lawful Interception), die Ermittlungsbehörden zur Prävention, zur Ermittlung und zur Strafverfolgung einsetzen. Das Unternehmen wurde im August 1986 als Reuter Leiterplatten GmbH gegründet.[1][2] DigiTask ist in den Bereichen Softwareentwicklung, Netzwerktechnik und IT-Projektmanagement tätig. Zu den Leistungen gehören u. a. Datenbankdesign und -realisierung, Hardware- und hardwarenahe Programmierung, Schnittstellenprogrammierung, Softwareanpassungen, Visualisierungs- und Steuerungssysteme und Archivierungslösungen. DigiTask ist ein durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Bonn geheimschutzbetreutes Unternehmen.

Kritik

Reuter-Affäre

Der Firmenchef der Firma Reuter Electronic und Gründer von DigiTask[3] bestach bis 1999 Beamte des Zollkriminalamts, diese hatten dafür bevorzugt Technologie seiner Firma geordert. Er wurde 2002 vom Landgericht Köln wegen Bestechung von Beamten des Zollkriminalamts Köln und Vorteilsgewährung zu 1,5 Millionen Euro Geldbuße und 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Kundenstamm von Reuter Electronic wurde teilweise durch DigiTask übernommen.[2] Das Beratungsunternehmen Deloitte verwaltete die Firma Digitask zwischen 2000 und 2006 treuhänderisch.[4]

Big Brother Award 2009

Im Oktober 2009 wurde das Unternehmen mit dem Negativpreis „Big Brother Award“ in der Kategorie Wirtschaft ausgezeichnet, der für den missbräuchlichen Umgang mit Technik und Informationen vergeben wird. Der Laudator Frank Rosengart bezeichnete DigiTask als „Platzhirsch im deutschen Abhörbusiness“: „Wie sich aus veröffentlichten Ausschreibungsunterlagen zusammenrechnen lässt, erhielt die Firma Digi-Task im letzten Jahr von deutschen Behörden allein fünf Millionen Euro für solche Überwachungsanlagen und -Systeme. Zusammen mit der Firma Reuter electronic entwickelt Digi-Task spezialisierte Abhörvorrichtungen für Polizei und Geheimdienste.“[5]

Kontroverse um den „Staatstrojaner“

Im Oktober 2011 veröffentlichte der Chaos Computer Club (CCC) die Analyse einer mutmaßlich zur Onlinedurchsuchung eingesetzte Schadsoftware (auch „Staatstrojaner“ genannt). Diese entspricht in ihrem Funktionsumfang weitestgehend einem Angebot, welches laut einem Dokument auf Wikileaks[6] DigiTask den bayerischen Behörden machte. Daher berichteten viele Medien, dass DigiTask vermutlich der Urheber des sogenannten Staatstrojaners sei. Das bayerische Innenministerium teilte darauf hin mit, die Erstbewertung des bayerischen Landeskriminalamtes habe ergeben, dass eine der dem CCC zugespielten Schadsoftware einem Ermittlungsverfahren der Bayerischen Polizei aus dem Jahr 2009 zugeordnet werden kann.

Im Hessischen Rundfunk bestätigte ein Anwalt des Unternehmens, dass DigiTask die Schadsoftware programmiert habe,[7] die auch in der Schweiz[8] und in Österreich[9] zum Einsatz kam und in die Niederlande geliefert wurde.[10] Die Firma verteidigte sich gegen den Vorwurf der Inkompetenz und erklärte: „Es ist durchaus möglich, dass im November 2008 gelieferte Software heute nicht mehr den Sicherheitsanforderungen entspricht.“[11] Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken sagte der Anwalt, „die Grenzen der Anwendung seien nicht von der Firma, sondern von den Behörden zu beachten.“[12]

Das deutsche Bundeskriminalamt gründete im Juli 2008 die DigiTask User Group, um den Einsatz der Software innereuropäisch zu koordinieren.[13] DigiTask unterhält keine Verbindungen zu dieser Gruppe, die inzwischen in Remote Forensic Software User Group umbenannt wurde. Sicherheitsbehörden Baden-Württembergs und Bayerns trafen sich etwa zweimal jährlich mit Behörden der Schweiz, Belgiens und der Niederlande. Der Abgeordnete Andrej Hunko, auf dessen Frage die Information an die Öffentlichkeit gelangte, kritisierte, dass die „grenzüberschreitende Heimlichtuerei“ des BKA erst durch „zähe Recherchen“ öffentlich werde.[14]

In den Jahren 2005 bis 2011 ging ein Großteil der jährlichen Ermittlungsbudgets der Zoll- und Finanzbehörden an die Digitask GmbH. Vom Budget 2008 (3 Mio. Euro) erhielt das Unternehmen so im Rahmen von Ermittlungen 2,8 Mio. Euro.[15]

Abmahnung durch Wavecon GmbH wegen unlauteren Wettbewerbs

Am 21. Oktober 2011 erhielt DigiTask eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch die Wavecon GmbH, die DigiTask GmbH auf Unterlassung der Herstellung und des Verkaufs von Software zur Überwachung von Computern durch Strafverfolgungsbehörden in Anspruch nimmt. Eine gerichtliche Durchsetzung dieser Abmahnung unterblieb aber. Die Wavecon GmbH, selbst auch IT-Unternehmen, jedoch kein Entwickler von Überwachungssoftware, wurde daraufhin von DigiTask wegen der Veröffentlichung und Bekanntmachung der Abmahnung abgemahnt.[16][17][18]

Einzelnachweise

  1. a b Handelsregister: Wetzlar HRB 3177
  2. a b Konrad Lischka, Ole Reißmann und Christian Stöcker: Trojaner-Hersteller beliefert etliche Behörden und Bundesländer. 11. Oktober 2011, abgerufen am 11. Oktober 2011 (deutsch).
  3. Reuter Leiterplatten bei genios-firmen.de (Auszug aus dem handelsregister HRB 2384). Abgerufen am 22. Dezember 2011
  4. Oliver Voß: Überwachungs-Software: Auf der Spur des Trojaners. In: Wirtschaftswoche. 10. Oktober 2011, abgerufen am 11. Oktober 2011 (deutsch).
  5. Laudatio von Frank Rosengart: Die BigBrotherAwards 2009 Wirtschaft: deutsche Firmen, die Überwachungstechnik für Internet und Telefon anbieten, abgerufen am 12. Oktober 2011
  6. Wikileaks: Skype and SSL Interception letters – Bavaria – Digitask
  7. Bestätigung durch Rechtsanwalt: „Staatstrojaner“ kommt aus Hessen. 10. Oktober 2011, archiviert vom Original am 4. September 2012; abgerufen am 12. Oktober 2011 (deutsch).
  8. Peter Mühlbauer: «Staatstrojaner» im Fall Stauffacher eingesetzt: Bundesanwaltschaft spioniert im Computer der Zürcher Aktivistin. In: Neue Zürcher Zeitung. 13. Oktober 2011, abgerufen am 13. Oktober 2011.
  9. Emil Bobi: Trojanische Sitten. In: profil. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  10. Cyrus Farivar: German company behind government spyware admits sale to Bavaria. In: Deutsche Welle. 11. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (englisch).
  11. Konrad Lischka, Ole Reißmann: Staatstrojaner: DigiTask wehrt sich gegen Inkompetenz-Vorwurf. In: Spiegel online. 12. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (deutsch).
  12. Matthias Thiema: Computerüberwachung: Geschäfte mit der Software laufen gut. In: Mitteldeutsche Zeitung. 11. Oktober 2011, abgerufen am 13. Oktober 2011 (deutsch).
  13. Plenarprotokoll 17/138, Deutscher Bundestag (PDF-Datei; 827 kB), abgerufen am 1. September 2012
  14. BKA initiierte internationale Staatstrojaner-Arbeitsgruppe. In: Heise online, 14. November 2011. Abgerufen am 15. November 2011
  15. Trojaner und stille SMS ein lukratives Geschäft. In: Heise online, 6. Juni 2012
  16. Jörgen Linker: Digitask mahnt IT Firma ab. In: Mittelhessen.de. 11. Oktober 2011, archiviert vom Original am 26. Oktober 2011; abgerufen am 20. Oktober 2011.
  17. Cemil Degirmenci: Wavecon mahnt Digitask ab. (Nicht mehr online verfügbar.) In: wavecon.de. 11. Oktober 2011, archiviert vom Original am 1. Februar 2014; abgerufen am 20. Oktober 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wavecon.de
  18. Cemil Degirmenci: Netzwelt-Ticker: DigiTask mahnt Wavecon ab. In: Spiegel Online. 24. Oktober 2011, abgerufen am 1. März 2014.

Koordinaten: 50° 44′ 45,9″ N, 8° 13′ 12,9″ O

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