Wasserdampfdiffusionswiderstand

Der Wasserdampfdiffusionswiderstand (auch Dampfsperrwert) drückt aus, wie stark ein Baustoff die Diffusion (lat. diffundere ‚ausbreiten‘, hier: Wandern von Wasserdampfmolekülen) von Wasserdampf behindert und wird in Form der Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl (auch Wasserdampfdiffusionswiderstandsfaktor, Symbol µ) ausgedrückt.

Die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl eines Baustoffs ist ein dimensionsloser Materialkennwert, der angibt, um welchen Faktor das betreffende Material gegenüber Wasserdampf dichter ist als eine gleich dicke, ruhende Luftschicht. Je größer die µ-Zahl, desto dampfdichter ist der Baustoff. Die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl kann dabei keine Werte kleiner 1 (μLuft = 1) annehmen, jedoch bis Unendlich ansteigen. Es gilt: 1 ≤ μ ≤ ꝏ.

Die µ-Zahlen für die gebräuchlichsten Baustoffe werden in der DIN EN ISO 10456 und der DIN 4108-4 beziffert.

Multipliziert man die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl mit der Dicke der Bauteilschicht, so erhält man die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke (sd-Wert).

Meist besteht ein Bauteil aus mehreren Schichten, so dass die Sd-Werte der jeweiligen Schichten addiert werden müssen, um den Diffusionswiderstand des gesamten Bauteils zu errechnen.

In beheizten Gebäuden besteht im Winter ein Temperaturgefälle von den Innenräumen nach außen. Warme Luft kann mehr Wasser in Dampfform aufnehmen als kalte. Dies führt im Regelfall zu einem dem Temperaturgefälle gleichgerichteten Dampfdruckgefälle. Der Wasserdampf ist bestrebt, in Richtung des Dampfdruckgefälles nach außen zu diffundieren. Daraus resultiert ein Dampfdiffusionsstrom, der vom Diffusionswiderstand des Bauteils und insbesondere im Bauteil enthaltenen Dampfbremsen begrenzt wird.

Eine genaue Kenntnis über die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen einzelner Baustoffe in einem Bauteil ist wichtig zur Vermeidung von Tauwasserausfall und Schimmelbildung.

Im Gegensatz zum Wasserdampfdiffusionswiderstand berücksichtigt der Wasserdampfdurchgangswiderstand auch den Dampfdurchgang durch Materialien aufgrund einer Luftströmung (Konvektionsstrom). Bedeutung hat dies bei der Bewertung der Atmungsaktivität von Textilien, Wundauflagen und Lebensmittelverpackungen.

Stoffbeispiele

Es wird eine Unterteilung der Widerstandszahlen in feucht und trocken vorgenommen. Dies ist verschiedenen Prüfverfahren geschuldet, bei denen jeweils die relativen Luftfeuchten variiert werden. Im Trockenbereich liegen die Luftfeuchten bei 0 bis 50 % und der Wasserdampf wird überwiegend durch Dampfdiffusion befördert. Im Nassbereich nehmen die Luftfeuchten Werte von 50 bis 93 % an. Die Poren reichern sich mit Wasser in flüssiger Form an, was eine Steigerung des Flüssigkeitsstroms zur Folge hat. Es werden kleinere Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen gemessen.

Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl einiger Stoffe nach DIN EN ISO 10456[1]:

StoffRohdichte
kg/m³
µ
trockenfeucht
Luft1,2311
Kork120105
Gips600–1.500104
Gipskartonplatten700–900104
Beton, mittlere Rohdichte1.80010060
Beton, hohe Rohdichte2.40013080
Glas, Metalle
Wärmedämmstoffe
Expandierter Polystyrol-
Hartschaum (EPS, Styropor)
10–506060
Extrudierter Polystyrol-
Hartschaum (XPS)
20–65150150
Polyurethanhartschaum28–556060
Mineralwolle10–20011
Schaumglas100–150
Perlitplatten140–24055
Holzfaserdämmplatten150–250105
Mauerwerksstoffe
Vollziegel (gebrannter Ton)1.000–2.4001610
Blähton Leichtbeton LAC2 (gebrannte Tonperlen, zementgebunden)500–55055
Kalksandstein900–2.2002015
Porenbeton300–1.000106
Mauer-, Putzmörtel250–2.0002010
Holz, Holzwerkstoffe
Konstruktionsholz5005020
Konstruktionsholz70020050
Sperrholz nach DIN, leicht30015050
Sperrholz nach DIN, schwer1.000250110
Sperrholz, mittlere Dichte1)70020070
Spanplatte3005010
Spanplatte9005020
OSB-Platte2)65050(-300)30(-200)
Holzfaserplatte25053
Holzfaserplatte, MDF3)400105
Holzfaserplatte, MDF4)6002012
Holzfaserplatte, MDF5)8003020
Massive Kunststoffe
Acrylkunststoffe1.05010.00010.000
Polycarbonate1.2005.0005.000
Polytetrafluorethylen (PTFE)2.20010.00010.000
Polyvinylchlorid (PVC)1.39050.00050.000
Polymethylmethacrylat (PMMA)1.18050.00050.000
Polyazetatkunststoffe6)1.410100.000100.000
Polyamid (Nylon)1.15050.00050.000
Polyethylen920–980100.000100.000
Polystyrol1.050100.000100.000
Polypropylen91010.00010.000
Polyurethan (PU)1.2006.0006.000
Epoxidharz1.20010.00010.000
Phenolharz1.300100.000100.000
Polyesterharz1.40010.00010.000
Gummi
Naturkautschuk91010.00010.000
Chloropren-Kautschuk1.24010.00010.000
Butylkautschuk1.200200.000200.000
Schaumgummi60–807.0007.000
Gestein
Kristalliner Naturstein2.80010.00010.000
Sediment-Naturstein2.600250200
Leichter Sediment-Naturstein1.5003020
Poröses Gestein, z. B. Lava1.6002015
1) 
Im „ökologischen Baustoffinformationssystem des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung“ wird bei einer Dichte von 400 bis 800 ein µ-Wert von 110 trocken und 50 feucht angegeben[2]
2) 
Die angegebenen Werte weichen stark voneinander ab und variieren möglicherweise mit Art und Menge des Bindemittels. Eine Quelle nennt etwa 300 trocken und 200 feucht.[3]
3) 
laut ÖNORM EN 13986[4]
4) 
laut ÖNORM EN 13986 liegt µ bei 12 bis 20, laut Forschungsbericht erreichen jedoch nur spezielle diffusionsoffene MDF-Platten einen µ-Wert von 16[5]
5) 
laut DIN EN 12524 liegt µ 5 bei 20[6], laut ÖNORM EN 13986 liegt µ bei 20 bis 30 und laut Forschungsbericht liegt µ bei 20 bis 67[7]
6) 
Die Quelle der Angaben ist nicht bekannt.

Siehe auch

Literatur

  • DIN 4108-3:2017. Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung. Entwurf. Beuth Verlag, Berlin 2017.
  • Lutz, Jenisch, Klopfer, Freymuth, Krampf, Petzold: Lehrbuch der Bauphysik. Schall – Wärme – Feuchte – Licht – Brand – Klima. 5. Auflage. Verlag Teubner, Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2002, ISBN 3-519-45014-3.
  • Wolfgang M. Willems, Kai Schild, Simone Dinter: Vieweg Handbuch Bauphysik Teil 1. Wärme- und Feuchtschutz, Behaglichkeit, Lüftung. 1. Auflage. Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-528-03982-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. DIN EN ISO 10456:2010. Baustoffe und Bauprodukte – Wärme- und feuchtetechnische Eigenschaften – Tabellierte Bemessungswerte und Verfahren zur Bestimmung der wärmeschutztechnischen Nenn- und Bemessungswerte (ISO 10456:2007 + Cor. 1:2009); Deutsche Fassung EN ISO 10456:2007 + AC:2009. S. 15–23.
  2. Ökologisches Baustoffinformationssystem des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) WECOBIS (Memento vom 18. Januar 2013 im Internet Archive) (abgerufen im Januar 2013)
  3. holz-kogler.de (Memento vom 28. Februar 2013 im Internet Archive)
  4. siehe Datenblatt (Memento vom 12. März 2017 im Internet Archive), S. 2, bei Dataholz.com
  5. Angaben zur ÖNORM EN 13986 und zum Forschungsbericht „Prüfung bauphysikalischer Kennwerte von Holz und Holzwerkstoffen“, MA 39-VFA (2002) im Datenblatt MDF (Memento vom 12. März 2017 im Internet Archive), S. 2, Stand 2012, bei Dataholz.com
  6. siehe Reiter "Technisches" auf der Seite Hochdichte und mitteldichte Faserplatten bei Wecobis.de
  7. Angaben zur ÖNORM EN 13986 und zum Forschungsbericht „Prüfung bauphysikalischer Kennwerte von Holz und Holzwerkstoffen“, MA 39-VFA (2002) im Datenblatt MDF (Memento vom 12. März 2017 im Internet Archive), S. 2, Stand 2012, bei Dataholz.com