Diethylstilbestrol

Strukturformel
Struktur von Diethylstilbestrol
Allgemeines
FreinameDiethylstilbestrol
Andere Namen

4-[4-(4-Hydroxyphenyl)hex-3-en-3-yl]phenol

SummenformelC18H20O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer56-53-1
EG-Nummer200-278-5
ECHA-InfoCard100.000.253
PubChem448537
ChemSpider395306
DrugBankDB00255
WikidataQ423989
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren

Eigenschaften
Molare Masse268,35 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

170–171 °C[1]

Löslichkeit

fast unlöslich in Wasser (12 mg·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-SätzeH: 315​‐​319​‐​335​‐​350​‐​360​‐​410
P: 201​‐​261​‐​273​‐​302+352​‐​305+351+338​‐​308+313[2]
Toxikologische Daten

> 3000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Diethylstilbestrol (DES), auch Diäthylstilböstrol, ist ein synthetischer Arzneistoff aus der Gruppe der nichtsteroidalen, selektiven Estrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM). Ein Analogon des DES ist Hexestrol. Das Antiestrogen DES wurde vor allem in den USA bis in die 1970er Jahre bei schwangeren Frauen eingesetzt um Schwangerschaftskomplikationen zu verhindern;[3] die Substanz wurde in der Gynäkologie verboten, nachdem bekannt wurde, dass sie teratogen wirkt und bei Nachkommen zum Auftreten von u. a. Vaginalkarzinom oder Mikropenis führen kann.[4] Heute geht man davon aus, dass 5 bis 10 Millionen Frauen (vor allem in den USA) mit DES behandelt wurden und es wurden total 12 gynäkologische Spätfolgen einer intrauterinen Exposition mit DES beschrieben, inklusive einer erhöhten Rate von Frühgeburten und Fehlgeburten.[3]

Geschichte

DES wurde erstmals 1938 von Edward Charles Dodds, Leon Goldberg und Robert Robinson synthetisiert[4][5] und zur Behandlung von Kolpitis, Minderung von Beschwerden in der Menopause und der Stillzeit zugelassen. 1960 erkannte man, dass DES besser wirkt als Androgene bei der Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs bei postmenopausalen Frauen.[6] 1971 wurde herausgefunden, dass es ein Teratogen ist und bei Nachkommen zum Auftreten von u. a. Vaginalkarzinom oder Mikropenis führen kann.[4] DES fand auf Grund seiner die Gebärmutterschleimhaut verändernden Wirkung Anwendung als eine das Einnisten des befruchteten Eies verhindernde „Pille danach“ zur Verhütung einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr.[7] In den 1990er Jahren waren einzige anerkannte Anzeigen für eine DES-Behandlung fortgeschrittener Brustkrebs in der Postmenopause und fortgeschrittener Prostatakrebs. Der letzte verbliebene Hersteller von DES, Eli Lilly, stoppte das Marketing von DES im Jahr 1997.[8]

Tierstudien

In Tierstudien wurde gezeigt, dass Mäuse, die pränatal hohen Dosen von DES ausgesetzt waren, eine erhöhte Tumoranfälligkeit an Nachfolgegenerationen weitergeben, wenn auch in geringerem Ausmaß.[9][10]

Einzelnachweise

  1. a b c Eintrag zu Diethylstilbestrol in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  2. a b Datenblatt Diethylstilbestrol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 27. März 2022 (PDF).
  3. a b Diethylstilbestrol: Lebenslange Folgen einer intra-uterinen Exposition. In: Deutsches Ärzteblatt. 6. Oktober 2011, archiviert vom Original am 28. Dezember 2017; abgerufen am 27. Dezember 2017.
  4. a b c Laura N. Vandenberg: Fetal Origins of Adult Disease: Xenoestrogens and Breast Cancer Risk. ProQuest, 2007, ISBN 0-549-36033-6, S. 38 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Teresa Ortiz-Gómez, María Jesús Santesmases: Gendered Drugs and Medicine: Historical and Socio-Cultural Perspectives. Ashgate Publishing, Ltd., 2014, ISBN 978-1-4094-5404-5, S. 26 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Council on Drugs: Androgens and estrogens in the treatment of disseminated mammary carcinoma: retrospective study of nine hundred forty-four patients. In: JAMA. 172. Jahrgang, Nr. 12, 1960, S. 1271–1283 (englisch).
  7. Anfrage im Deutschen Bundestag: Risiken und Spätfolgen von Hormonbehandlungen in der Gynäkologie, Reproduktionsmedizin und Geburtshilfe, am Beispiel des Hormonpräparats Diäthylstilböstrol (DES) (14. November 1990).
  8. Susan E. Bell: DES Daughters, Embodied Knowledge, and the Transformation of Women's Health Politics in the Late Twentieth Century. Temple University Press, 2009, ISBN 978-1-59213-920-0, S. 180 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Retha R Newbold, Elizabeth Padilla-Banks, Wendy N Jefferson: Adverse effects of the model environmental estrogen diethylstilbestrol are transmitted to subsequent generations. In: Endocrinology. Band 147, 6 Suppl, Juni 2006, S. 11–17, doi:10.1210/en.2005-1164, PMID 16690809.
  10. Retha R Newbold: Lessons learned from perinatal exposure to diethylstilbestrol. In: Toxicol Appl Pharmacol. Band 199, Nr. 2, April 2004, S. 142–150, doi:10.1016/j.taap.2003.11.033, PMID 15313586.

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