Dieter Krombach

Dieter Paul Christian Krombach (* 5. Mai 1935 in Dresden; † 12. September 2020 nahe Winsen an der Luhe) war ein in Deutschland und Frankreich mehrfach rechtskräftig verurteilter Straftäter. Internationale Aufmerksamkeit erhielt der vormalige Arzt im Zuge der sich über mehrere Jahrzehnte streckenden Verfahren wegen der von ihm verübten Tötung seiner Stieftochter Kalinka Bamberski.

Jugend

Krombach wurde am 5. Mai 1935 als Sohn der Eheleute Walter und Marianne Brendler geboren.[1] Sein Vater arbeitete als Jurist im Finanzministerium; seine Mutter war Hausfrau. Krombach selbst beschreibt die damaligen Lebensumstände als eher ärmlich.[2] Im Grundschulalter erlebte er die Luftangriffe auf Dresden mit, während sein Vater als Offizier bei der Wehrmacht diente.[3] Später besuchte Krombach die Leibnizschule in Offenbach am Main. Krombachs Vater arbeitete zu der Zeit als Regierungsrat.[4] Nach einem sehr guten Abitur studierte Krombach in Frankfurt am Main Medizin, erlangte im Rahmen seiner Promotion zu einem Thema aus dem Fachgebiet Psychiatrie den Doktorgrad und wurde Facharzt für Innere Medizin. 1964 folgte eine Spezialisierung im Fachgebiet Kardiologie in Zürich.[5][2]

Erste Ehe

Anfang der 1960er begann Krombach eine Beziehung mit der damals noch minderjährigen Monika Hentze. Im Alter von 15 Jahren wurde diese ungeplant von ihm schwanger und ließ das Kind abtreiben. 1963 wurde sie erneut von Krombach schwanger, im November 1963 heirateten die beiden. Kurz darauf wurde ihre Tochter Diana geboren und etwas später ihr Sohn Boris.[5][2] Die Familie lebte zu der Zeit in Zürich.[6]

Die Ehe war von Gewalt geprägt. Krombach misshandelte seine Frau, vergewaltigte sie und drohte damit, sie zu töten. 1969 wurde Monika von einer unerklärlichen Erkrankung befallen, die sie erst stumm und blind, dann gelähmt werden ließ. Im Oktober 1969 starb sie im Alter von 24 Jahren an einer Hirnblutung – wenige Stunden, nachdem Krombach ihr eine Injektion verabreicht hatte, in der Schlangengift enthalten gewesen sein soll. Krombach selbst diagnostizierte bei seiner toten Frau als Todesursache einen Verschluss einer Schlagader am Hirnstamm (Basilaristhrombose) infolge der Einnahme einer zu hoch dosierten Antibabypille.[3][2][6]

Mitte der 1970er Jahre ermittelte der zuständige Staatsanwalt Bernd Weiland in der Angelegenheit gegen Krombach wegen des dringenden Verdachtes, seine Frau ermordet zu haben. Zu einer Anklage kam es nicht.[4]

Zweite Ehe

Zehn Monate nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Krombach 1970 Inge Wienröder. Beide wanderten nach Casablanca in Marokko aus, wo Krombach eine Anstellung als Arzt im Deutschen Konsulat erhielt. Krombach war mit der Ehe unzufrieden und hatte zahlreiche sexuelle Beziehungen zu anderen Frauen. Nur wenige Häuser entfernt von den Krombachs lebte 1974 das französische Ehepaar André und Danielle Bamberski mit seinen beiden Kindern Kalinka und Nicolas. Krombach gefiel die Frau seines Nachbarn, er verfolgte sie ständig und verführte sie. Als André Bamberski dies bemerkte, stellte er Krombach zur Rede. Kurz darauf verzog die Familie Bamberski nach Pechbusque in der Nähe von Toulouse in Frankreich. Krombach verließ daraufhin seine Frau und folgte Danielle nach Frankreich. Bei einem Zwischenhalt in Algeciras in Spanien passte er sie ab und schwor ihr, sie niemals gehen zu lassen. Die beiden setzten ihre Affäre in Frankreich ohne Bamberskis Wissen fort. Ab 1975 verbrachte Danielle die Zeit unter der Woche zumeist mit Krombach, während sie ihren Mann glauben machte, sie wäre in Nizza, um dort zu arbeiten. Ein Jahr später verließ Danielle ihren Mann und ihre Kinder für Krombach und zog mit ihm nach Lindau am Bodensee.[3][7][8][9][10]

Dritte Ehe

Danielle wurde 1977 Krombachs dritte Ehefrau. Das Sorgerecht für die Kinder Kalinka und Nicolas wurde zunächst dem Vater, André Bamberski, zugesprochen. Im Juli 1980 zog Bamberski mit beiden Kindern wieder zurück nach Marokko. Daraufhin erstritt Danielle vor Gericht das Sorgerecht für ihre Kinder und Bamberski zog zurück nach Pechbusque. Die beiden in Casablanca geborenen, französischsprechenden Kinder wurden in Deutschland jedoch nicht heimisch. Darum sollten sie im September 1982 zurück zu ihrem Vater nach Frankreich ziehen.[3][7] Es kam anders.

Todesfall Kalinka Bamberski

In der Nacht vom 9. zum 10. Juli 1982 tötete Krombach seine 14-jährige Stieftochter Kalinka, indem er ihr starke Medikamente injizierte. Anschließend behauptete Krombach, er habe Kalinka nur retten wollen, und konnte sich so einer Strafverfolgung durch die deutschen Behörden entziehen.

Am 17. März 1997 wurde Krombach in Kempten wegen Vergewaltigung einer unter Narkoseeinwirkung stehenden 16-jährigen Patientin, begangen in seiner Praxis am 11. Februar 1997, zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt und verlor seine Zulassung als Arzt.[11] Im Nachgang 1998, recherchierte die ZDF-Redakteurin Barbara Völkel für das ZDF-Fernsehmagazin Frontal über den mysteriösen Tod Kalinkas und Krombachs Verurteilung im Vergewaltigungsfall in Kempten. Der Arzt kommentierte seine Tat an der minderjährigen Patientin gegenüber der Fernsehjournalistin mit den Worten: „Sie hat nicht ja gesagt,[…] aber sie hat auch nicht nein gesagt […] wer schweigt, scheint zuzustimmen, hat man im alten Rom gesagt.“[12] Es blieb das einzige Interview, das der Täter jemals einem Fernsehsender über seine Tat gegeben hat. Auch das Opfer Krombachs, die zur Tatzeit erst 16-jährige Patientin, äußerte sich später in nur einem einzigen Fernsehinterview gegenüber Völkel mit der Aussage: „Ich konnte mich gar nicht wehren. Ich war durch die Narkose wie gelähmt. Sah verschwommen wie er auf mir lag. Konnte gar nichts dagegen tun.“[13] In der Folge wies ihm die Staatsanwaltschaft Coburg nach, trotz fehlender Zulassung in 28 Fällen zwischen Oktober 2001 und September 2006 ein Honorar von insgesamt fast 300.000 Euro erhalten zu haben. Im Juli 2007 verurteilte ihn das Landgericht Coburg deshalb zu zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis, die er zuletzt in der Justizvollzugsanstalt Kempten abbüßte, bis er am 3. Juni 2008 vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde.[14]

In Frankreich konnte Krombach für die Tötung seiner Tochter, einer Französin, nicht vor Gericht gestellt werden, weil Deutschland seine Auslieferung verweigerte. Kalinkas leiblicher Vater wollte dies nicht hinnehmen und setzte sich unermüdlich für eine juristische Bestrafung Krombachs ein. Als es so aussah, als würde Krombach bald endgültig der Strafverfolgung entkommen, ließ Bamberski ihn 2009 nach Frankreich entführen, wo er am 22. Oktober 2011 zu 15 Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt wurde und im Gefängnis saß, bis er im Februar 2020 aus gesundheitlichen Gründen entlassen wurde.

Dieter Krombach starb am 12. September 2020 nahe Winsen an der Luhe in Niedersachsen, wo er zuletzt in einem Altenheim gelebt hatte.[15]

Einzelnachweise

  1. Urteil im Strafverfahren KLs 211 Js 5180/97 wegen sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger vom 9. Oktober 1997, abgerufen am 26. Dezember 2018
  2. a b c d Julie Saulnier: Qui est le Dr Dieter Krombach? L’Express vom 30. März 2011, abgerufen am 26. Dezember 2018
  3. a b c d Joshua Hammer: The Kalinka Affair. The Atavist Magazine, no. 13, 2012 (auch als mp3 Audiofile verfügbar)
  4. a b Kino-Drama um Mädchenmord hat Offenbacher Vorgeschichte. op-online.de vom 20.10.18, abgerufen am 26. Dezember 2018
  5. a b Lebenslauf auf Justice pour Kalinka, abgerufen am 26. Dezember 2018
  6. a b France: le procès Krombach est lancé, le médecin allemand nie tout crime. Meldung des belgischen Nachrichtensenders RTBF vom 30. März 2011, abgerufen am 26. Dezember 2018
  7. a b Andrew Anthony: Thirty years in search of justice. The Guardian vom 24. Oktober 2010, abgerufen am 26. Dezember 2018
  8. Thierry Lévêque: Au procès Krombach, l'histoire d'un trio amoureux tragique. Reuters vom 31. März 2011, abgerufen am 26. Dezember 2018
  9. Marie Desnos: L'interminable affaire Krombach. Paris Match vom 7. April 2011, abgerufen am 26. Dezember 2018
  10. Isabelle Monnin: Procès Krombach: la mère de Kalinka, une femme entre deux hommes. L’Obs vom 27. November 2012, abgerufen am 26. Dezember 2018
  11. Mischa Hauswirth: Der grösste Justiz-Thriller der Nachkriegszeit. In: tagesanzeiger.ch. 24. Mai 2014, abgerufen am 20. Oktober 2016.
  12. Barbara Völkel, Frontal vom 20. Januar 1998 (ZDF), abgerufen am 4. Januar 2019 (Mitschrift als PDF; 15 KB)
  13. Barbara Völkel: Es geschah in der Nacht zum 18. Oktober, 2009. Drei Männer lauerten Dieter Krombach auf […]. (PDF; 438 KB) 21. April 2011, abgerufen am 29. Oktober 2021 (Niederschrift eines Reportagebeitrags für die Fernsehsendung Hallo Deutschland des ZDF zum bevorstehenden Mordprozess im Kriminalfall Kalinka Bamberski).
  14. Der Fall Krombach im Überblick. In: schwaebische.de. 25. März 2011, abgerufen am 20. Oktober 2016 (Bezahlschranke).
  15. Fall Kalinka: Verurteilter Stiefvater gestorben. In: badische-zeitung.de. 27. November 2020, abgerufen am 28. November 2020.