Diemarden
Diemarden Gemeinde Gleichen | |
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Koordinaten: | 51° 29′ N, 9° 59′ O |
Höhe: | 172 m ü. NN |
Einwohner: | 1216 (1. Jan. 2020)[1] |
Eingemeindung: | 1. Januar 1973 |
Postleitzahl: | 37130 |
Vorwahl: | 0551 |
Lage Diemardens innerhalb von Gleichen | |
Karte der Gemarkung Diemarden |
Diemarden ist nach Reinhausen und Klein Lengden der drittgrößte Ortsteil der Gemeinde Gleichen im Landkreis Göttingen. Der Ort liegt an der Garte, die kurz vor Göttingen in die Leine mündet. Auf dem Diemardener Berg ist die im Jahre 1409 errichtete Diemardener Warte zu finden. Dieser Wartturm ist der letzte voll erhaltene Turm von ehemals 11 Warten, die die Göttinger Landwehr als ein mittelalterliches Frühwarnsystem für die Stadt Göttingen bildeten. Zur selben Zeit wurde der Diemardener Kirchturm aus rotem Sandstein erbaut. Trotz der Nähe zu Göttingen haben sich in dem Ort einige öffentliche Einrichtungen, wie Grundschule und Kindergarten gehalten. Diemarden war bis Ende der 1950er Jahre Haltepunkt der Gartetalbahn.
Geschichte
Diemarden wurde erstmals im Jahr 1022 urkundlich erwähnt – in der Stiftungsurkunde des Klosters St. Michaelis in Hildesheim, in der Gut und Kirche in Diemarden als Klostereigentum bezeichnet wurde.[2] Zu jener Zeit besaß das Michaeliskloster 80 Hufen und einen Hof in Diemarden; um 1200 erwarb Abt Dietrich noch weitere 6 Hufen hinzu.[3] 1234 ging beides durch Kauf in den Besitz des Klosters Hilwartshausen über; jedoch zahlte das Kloster Hilwartshausen zunächst nur 71 von den insgesamt 165 Mark an Hildesheim. Es ist anzunehmen, dass dadurch das Michaeliskloster zu Hildesheim vorerst weiterhin im Besitz der Diemardener Güter verblieb. Wann der Restpreis gezahlt wurde, ist unbekannt. In den Urkundenbüchern und Archivbeständen des Michaelisklosters tritt allerdings Diemarden von diesem Zeitpunkt an nicht mehr auf.
Am 8. April 1255 verpfändeten die Herren von Plesse Hilwartshausen die halbe Vogtei in Diemarden.[4] Von dieser Zeit an wird das Kloster Hilwartshausen in den endgültigen Besitz Diemardens gekommen sein, da es am 20. Mai 1305 noch weitere 6 1⁄2 Hufen im Ort dazuerwarb.[5] Dem Kloster gehörten auch die beiden damals in Diemarden existierenden Mühlen: die auf dem Klosterhof gelegene Obermühle sowie die Untermühle. Das Krugrecht stand in dieser Zeit der Klosterkammer zu.
Schon früh war Diemarden Pfarrort – bereits 1272 wird der erste Pfarrer erwähnt. Als Gerichtsbarkeit diente das Vogtding, aus dem sich später das Klostergericht entwickelte. Im 16. Jahrhundert gab es außerdem ein Gericht der Landleute, das auch Meierding genannt wurde. Bis ins 19. Jahrhundert hatte der Klosterhof die völlige Untergerichtsbarkeit. Neben Hilwartshausen trat ein weiterer Grundherr in Diemarden mit Besitz auf, das unweit des Ortes gelegene Kloster Reinhausen, sowie das Adelsgeschlecht derer von Uslar, welche am Ende des 14. Jahrhunderts ein von den Edelherren zu Plesse verpfändetes Gut besaßen.[6] Bereits um 1400 kamen sie zudem in den Besitz einer Hufe Landes aus dem Plessischen Pfandeigentum. Das Kloster Reinhausen besaß um die Mitte des 12. Jahrhunderts 6 Hufen, ein Vorwerk mit 3 Hufen, die Mühle und den Wald Kaldinlied. In den folgenden Jahrhunderten kam es durch das Kloster auch zu Güterabtretungen. So erhielt der Göttinger Rat 1457 von den Reinhäuser Gütern zu Diemarden ein Vorwerk von 4 Hufen, das 17 Malter Roggen, 4 Malter Weizen, 4 Malter Gerste und 15 Malter Hafer gab, ferner 2 Vorwerke von 6 Hufen und 3 1⁄2 Hufen weiteren Landes.
Neben dem Kloster waren auch die Herren von Bodenhausen in Diemarden vertreten. 1318 war Bruno von Bodenhausen mit der Vogtei über einen Teil des Dorfes, von welfischer Seite aus, belehnt worden, was sich noch bis in das späte 16. Jahrhundert nachweisen lässt. 1410 verpfändete Ordomar von Bodenhausen Vogteidienste über zwei kleine Güter in Diemarden und 3 Hufen des Landes. In den Vogteilehnsbriefen derer von Bodenhausen wird erwähnt, dass sie 1414 8 Hufen Landes in der Diemardener Gemarkung besitzen.[7]
Spätestens ab Mitte des 16. Jahrhunderts findet sich mit dem Göttinger Pastor Johann Gödeke der erste evangelische Geistliche in Diemarden. Er übte sein Amt von 1556 bis 1566 aus. Zur Reformationszeit wurde Diemarden mit Reinhausen vereinigt. Die erste große nachreformatorische Kirchenvisitation fand vom 23. Februar bis zum 6. Juni 1588 statt und wurde nötig, da der katholische Herzog von Calenberg-Göttingen Erich II. 1584 verstarb. Sein Nachfolger Julius von Wolfenbüttel galt als Anhänger der evangelischen Konfession.
Über den Dienst der Einwohner beim Klostervorwerk berichtet der Vertrag von 1612: „Jeder der sechs Ackerleute fuhr jährlich fünf Tage Mist, holte mit den anderen sechs Klafter Holz aus dem Reinhäuser Wald, pflügte und säte in jedem der drei Felder der Gemarkung von jeder von ihm beackerten Hufe Landes drei Vorlinge (= 3750 m²), fuhren die Frucht davon in die Scheune des Klostervorwerkes Diemarden. Die Kötner rauften, rotteten, wuschen, brachen und schwangen den Flachs, mähten und banden das Getreide jährlich fünf Tage im Winterfeld, harkten und banden einen Tag im Sommerfeld, hielten die Gebäude des Klostervorwerks in Bau und Besserung, misteten den Kuhstall und hackten 6 Klafter Holz im Reinhäuser Wald.“[2] Im Jahr 1671 betrug der an Diemardener Einwohner vom Kloster Hilwartshausen vergebene Grund und Boden 27 Hufen (= 202 Hektar[2]). Die Schäferei in der Feldmark Diemarden stand dem Klostervorwerk mit 400 Schafen zu. Die Bauern durften zur Hutung nur 200 Schafe austreiben. Das Klostervorwerk hatte Bullen und Eber für die Gemeinde zu halten.
Am 1. Januar 1973 wurde Diemarden in die neue Gemeinde Gleichen eingegliedert.[8]
Politik
Ortsrat
Der Ortsrat setzt sich aus sieben Ratsfrauen und Ratsherren zusammen.
(Stand: Kommunalwahl am 12. September 2021)
Ortsbürgermeister
Ortsbürgermeister von Diemarden ist Martin Worbes (Grüne), sein Stellvertreter ist Wolfgang Schöngraf (CDU).[10]
Wappen
Blasonierung: „In Rot über einem grünen Hügel, ein goldener (gelber) Zinnenturm.“ | |
Wappenbegründung: Das von Otto Rössler von Wildenhain entworfene Wappen wurde vom niedersächsischen Ministerium des Inneren am 5. März 1953 genehmigt. Es zeigt in den Farben der Herren von Plesse die Diemardener Warte, einen Turm auf dem Diemardener Berg, der der Stadt Göttingen als Beobachtungsposten diente.[11] |
Gemarkung
Die Diemardener Gemarkung mit einer Größe von 719 ha ist überwiegend durch Ackerbau geprägt. Grünland (81 ha) und Ackerland (417 ha) umfassen 69 % der Gemarkung (Stand 2018), Wald bedeckt insgesamt 117 ha. Im Norden und im Südwesten stockt artenreicher Buchenwald, im Gartetal gibt es extensiv bewirtschaftetes Grünland, das sehr artenreich sein kann. An steileren Hängen auf Muschelkalk und auf Röt gibt es Reste von Kalkmagerrasen, mit etlichen gefährdeten Pflanzenarten, wie etwa Am Sentenberge (s. Flora).
Flora
In der Diemardener Gemarkung kommen zahlreiche gefährdete Pflanzenarten vor – insbesondere auf Muschelkalk.
- (c) Rabe19, CC BY-SA 3.0Märzenbecher am Westerberg
- (c) Rabe19, CC BY-SA 3.0Manns-Knabenkraut Am Sentenberge kurz vor der Blüte
- Wiesen-Gelbstern im Gartetal
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Siehe: Liste der Baudenkmale in Diemarden
Ev.-luth. Kirche St. Michaelis
Nachdem ein Brand die frühere St.-Michaeliskirche zerstörte, wurde 1733 mit dem Bau eines neuen Gotteshauses begonnen, von dem der Rohbau bereits im selben Jahr abgeschlossen werden konnte. Ohne auf die Vollendung des Innenraums zu warten, hielt man Anfang November 1733 schon den ersten Gottesdienst ab. Der endgültige Ausbau wurde, in Folge von Zahlungsschwierigkeiten, erst 1774 beendet. Während der obere Teil des Kirchturms mit dem Holzdach 1747 abgebrochen wurde, blieb das untere Gemäuer erhalten. Das Alter wird auf etwa 600 Jahre geschätzt, vermutlich bildete es einst im Mittelalter die Zufluchtsstätte der Einwohner Diemardens und unterstreicht zudem den früheren Charakter des Hauses als Wehrkirche. Die Bauten am neuen Turm konnten erst 1775 beendet werden, er erhielt ein Zwiebeldach, welches in seiner architektonischen Form auch als welsche Haube bezeichnet wird. Am Südeingang der Kirche findet sich die Inschrift DIESES GOTTESHAUS IST ERBAUET ANNO 1733 ALS JOHANN DANIEL SCHRAMM PASTOR ZU DIEMARDEN UND REINHAUSEN WAR. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1833, Altar und Kanzel aus den Jahren 1839 bis 1841. Die älteren Glocken wurden im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Die kleinere von den beiden Kirchenglocken wurde 1632 angeschafft; nachdem sie 1735 geborsten war, goss man sie 1736 in Nordhausen um und setzte sie schließlich in den Neubau der Kirche ein.
Bildergalerie
- Diemarden von Südwesten gesehen (2015); in der Mitte die Dorfkirche, im Hintergrund der Göttinger Wald
- Friedhofskapelle, Juli 2013
- Tieplatz, Juni 2009
- Garte westlich von Diemarden, Februar 2015
Weblinks
- www.diemarden.de
- Lage von Diemarden. Göttingerland
- Warttürme in Niedersachsen – u. a. in Diemarden
- Königlich-preußische Landesaufnahme 1909 von Diemarden und Umgebung Maßstab 1:25.000
- Universität Göttingen: Untersuchung des Instituts für Agrarökonomie zu einer Schweinestall-Planung in Diemarden (2006). pdf, 49 S.
Einzelnachweise
- ↑ Einwohner der Gemeinde Gleichen (Stand 1. Januar 2020), abgerufen am 4. Dezember 2020
- ↑ a b c Heinrich Lücke: Burgen, Amtssitze und Gutshöfe rings um Göttingen. Clausthal-Zellerfeld 1969.
- ↑ Horst-Detlef Illemann: Bäuerliche Besitzrechte im Bistum Hildesheim. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1969, S. 15.
- ↑ Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch der Stadt Göttingen. Band 1, Bis zum Jahre 1400, Nr. 7. Hahn, Hannover 1863.
- ↑ Gustav Schmidt (Hrsg.): Urkundenbuch der Stadt Göttingen. Band 1, Bis zum Jahre 1400, Nr. 61. Hahn, Hannover 1863.
- ↑ Heinrich Lücke: An den Ufern der Garte. Historisches und Literarisches aus der Südostecke des Göttinger Landes. Mecke, Duderstadt 1927, S. 178.
- ↑ Heinrich Lücke: An den Ufern der Garte. Historisches und Literarisches aus der Südostecke des Göttinger Landes. Mecke, Duderstadt 1927, S. 177.
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 208.
- ↑ Ortsratswahl 12.09.2021 - Gemeinde Gleichen - Diemarden. In: kdo.de. 13. September 2021, abgerufen am 20. Dezember 2021.
- ↑ Ortsrat Diemarden im Ratsinformationssystem der Gemeinde Gleichen, abgerufen am 1. September 2019
- ↑ Kreisarchiv Göttingen, Wappen der Ortschaften der Gemeinde Gleichen und ihre Beschreibungen, E-Mail vom 24.04.2019, Gemeinde Gleichen
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Links: St. Michaelis Kirche und Klostergut Diemarden. Rechts: Klostergut zu Diemarden (Baudenkmal ID 35230150).
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Friedhofskapelle in Diemarden, Gemeinde Gleichen, Südniedersachsen (Baudenkmal ID 35262237)
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Rabe19 (Diskussion) 14:45, 27. Mär. 2019 (CET)
, Lizenz: CC-by-sa 3.0Karte der Gemarkung Diemarden
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Lage des Ortsteils Diemarden in der Gemeinde Gleichen
Autor/Urheber: B.Preuschhof (Rabe19), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Gagea pratensis, aufgenommen im Gartetal auf Kartenblatt (MTB) 4525
Autor/Urheber: Barbara Arand, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Michaeliskirche Reinhäuser Straße 2 zu Diemarden im Landkreis Göttingen
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Garte westlich von Diemarden, vom Südufer gesehen. Foto: F. Welter-Schultes
Autor/Urheber: Francisco Welter-Schultes, Lizenz: CC0
Diemarden bei Göttingen, von Südwesten gesehen. Foto: F. Welter-Schultes
Autor/Urheber: Jan Stubenitzky (Dehio), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Tieplatz in Diemarden, Gemeinde Gleichen, Südniedersachsen.
Autor/Urheber: Nemracc, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Blick von der alten Heer- und Handelsstr. über den Ort Diemarden bei Göttingen zum Knüll und den Gleichen.