Die Toten (Kracht)

Die Toten ist ein 2016 erschienener Roman des Schweizer Schriftstellers Christian Kracht. Krachts fünfter Roman wurde 2016 mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.[1]

Inhalt

Christian Kracht erzählt in Die Toten die verwobene Geschichte zweier Protagonisten: die des fiktiven Schweizer Regisseurs Emil Nägeli und des japanischen Ministerialbeamten Amakasu Masahiko in den 1930er Jahren. Amakasu intendiert, parallel zur politischen Achse zwischen Japan und dem deutschen Reich, eine „zelluloidene Achse“ zu formen. UFA-Chef Alfred Hugenberg entsendet den Schweizer Nägeli nach Japan, um einen „Gruselfilm“ zu drehen. Die Erzählung wechselt zwischen der Perspektive der beiden Protagonisten, ohne sie in direkten Kontakt treten zu lassen. Das verbindende Element ist Nägelis Geliebte, die Schauspielerin Ida von Üxküll. Gegen Ende des Romans scheidet sie spektakulär aus dem Leben – wie auch Protagonist Amakasu, der durch die Hand von Charlie Chaplin stirbt.

Der Roman speist sich einerseits aus grotesken Szenerien und Gastauftritten von Personen des Zeitgeschehens der 1920er und 1930er Jahre, nicht zuletzt aus der Filmwelt, und er gliedert sich in drei Segmente. Er folgt nach Krachts Aussage formal dem Aufbau des japanischen -Theaters und gliedert sich entsprechend in drei Teile: Jo-ha-kyū.[2] Andererseits gibt es introspektiv und in die Vergangenheit der Protagonisten blickenden Passagen. Die Handlung des Romans findet ihre Rahmung in einem gänzlich anderen als den von Hugenberg bestellten Film, den Nägeli am Ende dreht. Der Film, der als Antizipation der Nouvelle Vague verstanden wurde,[3] heißt „Die Toten“.

Rezeption

Den für Kracht nicht unüblichen Anspielungsreichtum und die Vielzahl der in den Roman hineinmontierten Figuren der Zeitgeschichte wie Charlie Chaplin, Lotte Eisner, Putzi Hanfstaengl und Siegfried Kracauer fasst Literaturwissenschaftler Moritz Baßler in seiner Rezension wie folgt zusammen: „Man könnte eine ‚Die Toten‘-Wiki einrichten (wie für Pynchon oder Wallace) […], aber der Text funktioniert, dank des Realismus-Effektes und der guten Schauspieler, auch einfach so.“[4] Der Literatur- und Medientheoretiker Oliver Jahraus betont darüber hinaus, dass Krachts Roman, der vor dem Übergang vom Stumm- zum Tonfilm sich abspielt, eine relativ abstrakte Reflexionsebene einnimmt, wenn er im Beschreiben von Filmischem “[sein] ureigenstes Medium, die Sprache, nicht unsichtbar macht, sondern im Gegenteil, ausstellt und durch sie auf sie selbst aufmerksam macht. Diese Prozedur nennen wir Stil.”[5]

Auszeichnungen

Ausgaben

  • Christian Kracht: Die Toten. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2016, ISBN 978-3-462-04554-3.
    • Christian Kracht: De døde. Pelikanen Forlag, Stavanger 2017, ISBN 978-82-93237-86-0. Übersetzt von Sverre Dahl
    • Christian Kracht: Οι νεκροί. Εκδόσεις Παπαδόπουλος, Athen 2017, ISBN 978-960-569-766-2. Übersetzt von Tsalis Vasilis
    • Christian Kracht: De Döda. Ersatz Förlag, Stockholm 2018, ISBN 978-91-87891-72-4. Übersetzt von Anna Bengtsson
    • Christian Kracht: The Dead. Farrar, Straus and Giroux, New York 2018, ISBN 978-037-413-967-4. Übersetzt von Daniel Bowles
    • Christian Kracht: De døde. Gyldendal, Kopenhagen 2018, ISBN 978-870-225-018-3. Übersetzt von Madame Nielsen
    • Christian Kracht: Les Morts. Éditions Phébus, Paris 2018, ISBN 978-2-7529-1153-7. Übersetzt von Corinna Gepner
    • Christian Kracht: Umarli. Wydawnictwo Literackie, Krakau 2018, ISBN 978-83-08-06571-6. Übersetzt von Ryszard Wojnakowski
    • Christian Kracht: Мертвые. Ad Marginem, Moskau 2018, ISBN 978-5-91103-441-2. Übersetzt von Tatiana Baskakowa
    • Christian Kracht: 망자들. 을유문화사, Seoul 2020, ISBN 978-89-324-0489-9. Übersetzt von Taehwan Kim
    • Christian Kracht: Mirušie. Mansards, Rīga 2021, ISBN 978-9934-585-13-5. Übersetzt von Dens Dimiņš
    • Christian Kracht: I morti. La Nave di Teseo, Mailand 2021, ISBN 978-8834-605-32-5. Übersetzt von Francesca Gabelli
    • Christian Kracht: Miruoliai. Kitos Knygos, Vilnius 2021, ISBN 978-609-427-491-6. Übersetzt von Kristina Sprindžiūnaitė

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Christian Kracht erhält den Schweizer Buchpreis, Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung, 13. November 2016.
  2. Jan Drees: Ein Werk, das ins Dunkle führt. In: Deutschlandfunk vom 11. September 2016.
  3. Lucas Marco Gisi: Über die Toten nur Gutes. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Uni Zürich. Archiviert vom Original am 1. Februar 2018; abgerufen am 1. Februar 2018: „Die vor dem Hintergrund einer Konkurrenz zwischen dem von Charlie Chaplin zur Meisterschaft geführten Stummfilm und dem aufkommenden Tonfilm (und sogar dem von Nägeli präfigurierten Farbfilm der Nouvelle Vague) angestrebte «zelluloidene Achse» zwischen Tokio und Berlin steht geradezu sinnbildlich für die Verwandtschaft von Kamera und Maschinengewehr.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.buchjahr.uzh.ch
  4. Moritz Baßler: Zwischen Setzung und Zersetzung. In: die tageszeitung vom 13. September 2016.
  5. Oliver Jahraus: Stil und Medienreflexion in Christian Krachts Die Toten (2016) mit einem Seitenblick auf Bertoluccis Der letzte Kaiser (1987). (PDF) 2016, abgerufen am 3. Januar 2017.

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Autor/Urheber: Anthony Shouan-Shwan, Lizenz: CC BY-SA 3.0
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