Die Saat (Film)

Film
OriginaltitelDie Saat
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr2021
Länge100 Minuten
AltersfreigabeFSK 12[1]
Stab
RegieMia Maariel Meyer
DrehbuchMia Maariel Meyer,
Hanno Koffler
ProduktionChristoph Holthof,
Daniel Reich,
Luna Selle
KameraFalko Lachmund
SchnittGesa Jäger
Besetzung

Die Saat ist ein Film von Mia Maariel Meyer, der im Juni 2021 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin seine Premiere feierte und im April 2022 in die deutschen Kinos kam.

Handlung

Rainer Matschek, seine Frau Nadine und ihre Tochter haben gerade ein renovierungsbedürftiges Häuschen am Stadtrand bezogen. In Folge der Gentrifizierung und dadurch gestiegener Mieten war ihnen ihre Wohnung in der Stadt zu teuer geworden. Jetzt, wo Rainer nach Jahren bei Klose Bau die Bauleitung für die Arbeiten an Musterwohnungen übertragen bekam und Klose Junior ihm garantierte, bei erfolgreichem Geschäftsabschluss mit Investoren diese Position behalten zu können, verfügt der gelernte Fliesenleger über das nötige Einkommen für die Hypothek, zudem auch Nadine dazuverdient. Ihre 12-jährige Tochter Doreen trifft der Umzug hart. Sie vermisst ihre Freundinnen in der Stadt, besonders Frieda, und fürchtet, keine neuen Freunde zu finden. Dann jedoch macht sie die Bekanntschaft von Mara aus der Nachbarschaft.

Rainer wird auf der Arbeit unter Druck gesetzt, und obwohl er eine pünktliche Fertigstellung verspricht, setzt man dem Bautrupp Herrn Kleemann vor die Nase, weil die Investoren hierauf bestehen würden, so Klose Junior. Auch Rainers Kollegen können die Entscheidung nicht verstehen, dass der Rainers Job übernehmen soll, besonders weil der sich immer für seine Mitarbeiter stark gemacht hat. Mit dem Verlust seiner gerade erworbenen Position verliert Rainer auch einen Teil seines Lohns. Rainer, der mit Klose Junior befreundet ist, besucht ihn in dessen schickem Haus. Als Freund und Chef verspricht er ihm die Bauleitung beim nächsten Projekt.

Die schwangere Nadine will zum Ausgleich bis dahin mehr Stunden im Krankenhaus übernehmen, doch als es in ihrer Schwangerschaft zu Komplikationen kommt und sie selbst ins Krankenhaus muss, kann sie gar nicht mehr arbeiten. Sein neuer Chef zeigt kein Verständnis dafür, dass er an diesem schwierigen Tag nicht arbeiten kann, Rainer jedoch sind die ihm angedrohten Konsequenzen egal, auch weil er ohnehin einen Jobwechsel plant. Seine Suche nach einem neuen Job gestaltet sich schwierig. Ohne Erfahrungen will ihm keiner die Chance geben, sich als Bauleiter zu beweisen. Von Existenzängsten geplagt, beginnt Rainer sogar, seine Tochter anzubrüllen, die in ihrer Einsamkeit schon völlig verzweifelt ist. Zudem hat Mara sie zu Dingen angestiftet, bei denen Doreen nicht wirklich wohl war.[2]

Produktion

Regie, Drehbuch und Besetzung

MJK 69286 Hanno Koffler und Karoline Schuch.jpg

Der Schauspieler Hanno Koffler gibt mit dem Film sein Drehbuchdebüt

Regie führte Mia Maariel Meyer, die gemeinsam mit Hanno Koffler auch das Drehbuch schrieb. Koffler spielt im Film zudem Rainer Matschek. Meyer ist seine Lebensgefährtin, und Koffler war bereits in ihrem Spielfilmdebüt Treppe aufwärts in der Hauptrolle zu sehen.[3] Anna Blomeier spielt Rainers Ehefrau Nadine, die Nachwuchsschauspielerin Dora Zygouris ihre Tochter Doreen.

Meyer und Koffler wollten mit ihrem Film nicht nur vom „Leben der Anderen“ erzählen, sondern ließen eigene Erfahrungen aus einem mittelschichttypischen Haushalt mit zwei Kindern in ihr Herzensprojekt einfließen.[4] Über den von ihm gespielten Rainer sagte Koffler, dieser wolle ein guter Mensch sein und auf beruflicher und privater Ebene alles richtig machen. Ihn habe dabei die Frage interessiert, "Warum ist es eigentlich so schwer, ein guter Mensch zu sein? [...] Wer zwingt uns denn dazu eigentlich, für den Wettbewerb in der Arbeitswelt härter zu sein? Warum müssen wir das tun?" Rainer wolle gar nicht Patriarch und Alleinversorger der Familie sein, komme aus dieser Rolle jedoch nicht raus.[3]

Als sie anfingen, an dem Drehbuch zu schreiben, wollten sie einen Film machen, in dem es um die Entstehung von Gewalt geht. Im kreativen Prozess hätten sie für sich herausgefunden, dass es in der Geschichte eigentlich um Druck geht. "Dieser enorme, allgegenwärtige Leistungsdruck führt zu einem Mangel an Empathie und schreit gleichzeitig nach einem Ventil. In unserer Gesellschaft wird es belohnt, wenn man Leistung bringt und funktioniert, das gilt für alle Schichten", so Koffler, der dieses System als "kapitalistisches Hamsterrad" beschreibt. Viele Menschen würden diesen Druck dann entweder weiter nachgeben oder daran zerbrechen.[5]

Koffler arbeitete in Vorbereitung auf seine Rolle auf einer Baustelle und war mit einer Truppe von Fliesenlegern unterwegs.[5]

Filmförderung und Dreharbeiten

Der Film erhielt von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg eine Produktionsförderung in Höhe von 500.000 Euro und vom Deutschen Filmförderfonds in Höhe von rund 216.000 Euro.[6][7]

Die Dreharbeiten fanden im Sommer 2020 zur Zeit der Coronavirus-Pandemie unter Federführung der Baden-Badener Filmproduktionsfirma kurhaus production statt.[8] Gedreht wurde von Ende Juli bis Anfang September 2020 in Baden-Württemberg, unter anderem auf einer Baustelle in Baden-Baden.[9][8] Als Kameramann fungierte Falko Lachmund.

Veröffentlichung

Die Weltpremiere erfolgte am 10. Juni 2021 im Rahmen des Open Air stattfindenden Berlinale Summer Special, wo er in der Sektion Perspektive Deutsches Kino gezeigt wurde.[10][11] Im Oktober 2021 wird er beim Filmfest Emden-Norderney vorgestellt.[12] Im November 2021 wurde er beim Cambridge Film Festival gezeigt.[13] Der Kinostart in Deutschland erfolgte am 28. April 2022.[14]

Rezeption

Kritiken

Peter Gutting schreibt in seiner Funktion als Filmkorrespondent der Gilde deutscher Filmkunsttheater, Regisseurin Mia Maariel Meyer schildere ihre Geschichte vom unaufhaltsamen Abstieg eines Vorarbeiters mit präzisem Blick auf das Milieu. Sie interessiere sie sich für die Mechanismen der Arbeitswelt und die konkreten Bedingungen der Baubranche mit einer Souveränität im Detail, die selten sei im deutschen Kino. Mit eindringlichen akustischen und visuellen Mitteln erzeuge das Sozialdrama einen spannenden Sog, dem sich das Publikum kaum entziehen kann. In ihrer differenzierten Studie über die kapitalistische Leistungsgesellschaft seien Meyer und ihr Lebenspartner, Koautor und Schauspieler Hanno Koffler nicht auf Anklage und klare Lösungen aus: „Die Saat reißt mit und bietet Anknüpfungspunkte für sämtliche sozialen Milieus [...]. Vor allem aber ist der zweite Film von Mia Maariel Meyer auch eine Studie über Väter und Töchter. Beider Perspektiven halten sich die Waage und werden in eindrücklichen Parallelmontagen gegeneinander gestellt.“[4]

Sascha Westphal von epd Film erklärt in seiner Kritik, Meyer lasse in ihrem Film keinen Zweifel daran, dass die gehobene Mittelschicht eine geschlossene Gesellschaft ist, die ihre Privilegien rücksichtslos verteidigt. Doreen verstehe die Gesetze dieser für sie neuen Welt zu spät, und Rainer müsse erkennen, dass er sich über seine Zukunft Illusionen gemacht hat: "Wer wie Rainer glaubt, es allein durch Fleiß und Arbeit schaffen zu können, wird letzten Endes nicht nur scheitern, sondern innerlich und äußerlich zerstört werden." Es sei schmerzhaft, mitzuerleben, wie sich die Wut in ihm und Doreen immer mehr aufstaut, so Westphal, und aus zwei Sympathieträgern würden Menschen, die mit dem Rücken an der Wand stehen.[15]

Auszeichnungen

Braunschweig International Film Festival 2021

  • Nominierung für den „Heimspiel-Preis“
  • Nominierung für den Braunschweiger Filmpreis
  • Lobende Erwähnung (Hanno Koffler)[16][17][18]

Exground Filmfest Wiesbaden 2021

  • Auszeichnung mit dem Publikumspreis der Reihe „Made in Germany“[19]

Fernsehfilmfestival Baden-Baden 2021

  • Auszeichnung mit dem MFG Star (Mia Maariel Meyer)[20]

Festival des deutschen Films 2021

  • Nominierung für den Filmkunstpreis
  • Nominierung für den Rheingold-Publikumspreis[21]

Filmfest Emden-Norderney 2021

  • Nominierung für den DGB-Filmpreis (Mia Maariel Meyer)
  • Nominierung für den NDR-Filmpreis für den Nachwuchs (Mia Maariel Meyer)[22]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Die Saat. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 212587/K).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Dreharbeiten zur Kinokoproduktion „Die Saat“. In: swr.de, 6. August 2020.
  3. a b Knut Elstermann: Schauspieler Hanno Koffler über seinen Film "Die Saat". In: mdr.de, 20. Juni 2021. (Audio)
  4. a b Peter Gutting: Die Saat. In: programmkino.de. Abgerufen am 29. April 2022.
  5. a b Claudia Reinhard: Hanno Koffler: Im kapitalistischen Hamsterrad kann man nur scheitern. In: Berliner Zeitung, 28. April 2022.
  6. MFG vergibt 2,55 Millionen Euro für 22 Projekte. In: mfg.de, 10. Mai 2019.
  7. Produktionsspiegel. In: dfff-ffa.de. Abgerufen am 12. Februar 2021.
  8. a b Ralf Joachim Kraft: Dreharbeiten in Baden-Baden: „Die Saat“ gedeiht unter Corona-Bedingungen. In: bnn.de, 26. August 2020.
  9. https://bnn.de/mittelbaden/rastatt/dreharbeiten-in-baden-baden-die-saat-gedeiht-unter-corona-bedingungen
  10. Perspektive Deutsches Kino 2021: Gehen oder Bleiben? Wie und wo wollen bzw. können wir leben? In: berlinale.de, 10. Februar 2021.
  11. Die Saat. In: berlinale.de. Abgerufen am 23. Mai 2021.
  12. Programmheft 31. Internationales Filmfest Emden-Norderney. In: filmfest-emden.de. Abgerufen am 19. September 2021. (PDF; 15,1 MB)
  13. The Seed. In: cambridgefilmfestival.org.uk. Abgerufen am 25. Oktober 2021.
  14. http://www.insidekino.com/DStarts/DStartplan.htm
  15. https://www.epd-film.de/filmkritiken/die-saat
  16. Heimspiel. In: filmfest-braunschweig.de. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  17. Braunschweiger Filmpreis. In: filmfest-braunschweig.de. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  18. Barbara Schuster: Preisregen in Braunschweig. In: Blickpunkt:Film, 8. November 2021.
  19. Jochen Müller: „Die Saat“ geht bei Exground-Publikum auf. In: Blickpunkt:Film, 22. November 2021.
  20. https://film.mfg.de/preise/mfg-star/ abgerufen am 20.05.2022
  21. Programm des Festivals des deutschen Films 2021. In: filesusr.com. Abgerufen am 3. August 2021. (PDF; 10,1 MB)
  22. Programmheft 31. Internationales Filmfest Emden-Norderney. In: filmfest-emden.de. Abgerufen am 19. September 2021. (PDF; 15,1 MB)

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Autor/Urheber: Martin Kraft, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Hanno Koffler und Karoline Schuch auf der Medienboard-Party, Berlinale 2020