Die Reiterarmee
Budjonnys Reiterarmee bzw. Die Reiterarmee (russ. Originaltitel Konarmija russisch Конармия / wiss. Transliteration Konarmija) ist ein Zyklus (bzw. eine Sammlung) von 38 Geschichten von Isaak Babel (1894–1940).
Zum Buch
34 von ihnen wurden in den Jahren 1923–1925 geschrieben, die letzten 1937. Sie werden durch das Thema des russischen Bürgerkrieges vereinigt und basieren auf dem Tagebuch, das der Autor während seines Dienstes in der 1. Reiterarmee unter dem Kommando von Semjon Budjonny (1883–1973) während des Polnisch-Sowjetischen Krieges von 1920 schrieb. 1926 erschienen sie zum ersten Mal als Buch. Einige der später im Buch enthaltenen Geschichten wurden zuerst von Wladimir Majakowski in dem Magazin LEF („ЛЕФ“) in den Jahren 1923–1924 veröffentlicht.
Das Buch besteht aus 38 Kurzgeschichten, die Skizzen aus dem Leben und insbesondere dem Leben der Ersten Kavalleriearmee darstellen, die durch gemeinsame Helden und Erzählzeit vereint sind. Das Buch zeigt lebensnah und ohne Beschönigungen die Realität dieser Zeit, die Grausamkeit des Krieges und das Heldentum der Menschen, die ihr Leben für die gemeinsame Sache gegeben haben. Viele Episoden der Arbeit sind autobiographisch.
Im Frühjahr 1920 trat Babel auf Empfehlung von Michail Kolzow unter anderem Namen in die 1. Reiterarmee, d. h. die berühmte Reiterarmee des bolschewistischen Reitergenerals Budjonny, ein und ritt mit den Kosaken durch Polen.
Das Buch wurde von einigen sowjetischen Militärkommandanten und einigen Schriftstellern der Zeit abgelehnt. Die Charaktere der Geschichten, mit all ihrem Heldentum und Mut, waren weit entfernt von glänzenden Propagandastereotypen. Das Buch wurde besonders negativ von Semjon Budjonny bewertet, der mit einer wütenden Note im Oktober-Magazin reagierte.
Budjonny warf Babel vor, die „Gestalten der Kämpfer“ verzerrt dargestellt zu haben. Eine Intervention Maxim Gorkis verhinderte jedoch Schlimmeres. Gorki warf Budjonny vor, er habe das Buch „von der Höhe des Pferderückens“ aus beurteilt und nicht „von der Höhe der Kunst“.[1] (siehe auch: Babels „Brief an den Herausgeber“)
Die letzte Ausgabe des Buches zu Babels Lebzeiten war die von 1933. Im Jahr 1940 wurde Isaak Babel nach einer weit hergeholten Anklage von den Stalinisten ermordet und alle seine Werke wurden bis in die 1950er Jahre verboten. 1955 wurde er rehabilitiert, dann wurde die Veröffentlichung seiner Werke wieder aufgenommen.
Das Buch wurde in zahlreiche Fremdsprachen übersetzt. Es wurde auch im Rahmen des Projekts der „100 Bücher“ (100 книг) in die Liste der einheimischen Literatur aufgenommen, ein vom russischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation entwickeltes Projekt, um den Schülern ein Spektrum für das unabhängige Lesen zu bieten.
Die erste deutsche Übersetzung des Werkes aus dem Russischen von Dimitri Umanski erfolgte im gleichen Jahr (1926) wie die erste russische Buchausgabe.
Wie auch seine Erzählungen Geschichten aus Odessa (ebenfalls eines der 100 Bücher) sind die aus dem Bürgerkrieg ein seltenes Beispiel jüdischer Kultur in der Sowjetliteratur.
Kapitel
- Perechod tscheres Sbrutsch Переход через Збруч Perechod čerez Zbruč Übergang über den Sbrutsch
- Kostel w Nowograde Костел в Новограде Kostel v Novograde Die Kirche von Nowograd
- Pismo Письмо Pis'mo Der Brief
- Natschalnik konsapassa Начальник конзапаса Načal'nik konzapasa Der Kommandant der Kavalleriereserve
- Pan Apolek Пан Аполек Pan Apolek Pan Apolek
- Solnze Italii Солнце Италии Solnce Italii Die Sonne Italiens
- Gedali Гедали Gedali Gedalje
- Moi perwy gus Мой первый гусь Moj pervyj gus' Meine erste Gans
- Rabbi Рабби Rabbi Der Rabbi
- Put w Brody Путь в Броды Put' v Brody Der Weg nach Brody
- Utschenije o tatschanke Учение о тачанке Učenie o tačanke Die Lektion vom Maschinengewehrwagen
- Smert Dolguschowa Смерть Долгушова Smert' Dolgušova Dolguschows Tod
- Kombrig dwa Комбриг два Kombrig dva Der Brigadekommandant
- Saschka Christos Сашка Христос Saška Christos Saschka Christus
- Schisneopissanije Pawlitschenki, Matweia Rodionytscha Жизнеописание Павличенки, Матвея Родионыча Žizneopisanie Pavličenki, Matveja Rodionyča Der Lebenslauf des Matwej Rodionitsch Pawlitschenko
- Kladbischtsche w Kosine Кладбище в Козине Kladbišče v Kozine Der Friedhof von Kozin
- Prischtschepa Прищепа Priščepa Prischtschepa
- Istorija odnoi loschadi История одной лошади Istorija odnoj lošadi Die Geschichte eines Pferdes
- Konkin Конкин Konkin Konkin
- Berestetschko Берестечко Berestečko Berestetschko
- Sol Соль Sol' Salz
- Wetscher Вечер Večer Abend
- Afonka Bida Афонька Бида Afon'ka Bida Afonjka Bida
- U swjatowo Walenta У святого Валента U svjatogo Valenta Bei Sankt Valentin
- Eskadronny Trunow Эскадронный Трунов Ėskadronnyj Trunov Schwadronskommandeur Trunow
- Iwany Иваны Ivany Zwei Iwans
- Prodolschenije istorii odnoi loschadi Продолжение истории одной лошади Prodolženie istorii odnoj lošadi Fortsetzung der Geschichte eines Pferdes
- Wdowa Вдова Vdova Die Witwe
- Samostje Замостье Zamost'e Samostje
- Ismena Измена Izmena Der Verrat
- Tschesniki Чесники Česniki Tschesniki
- Posle boja После боя Posle boja Nach der Schlacht
- Pesnja Песня Pesnja Das Lied
- Syn rabbi Сын рабби Syn rabbi Der Sohn des Rabbi
- Argamak Аргамак Argamak Argamak
- Pozelui Поцелуй Poceluj Der Kuss
- Grischtschuk Грищук Griščuk Grischtschuk
- Ich bylo dewjat Их было девять Ich bylo devjat' Es waren neun von ihnen
Deutsche Hörspiele
- 1961: Kurdjukows Brief und andere Erlebnisse in Budjonnys Reiterarmee – Produktion: SDR; Bearbeitung (Wort): Alfred Andersch; Regie: Irmfried Wilimzig, u. a. mit Konrad Georg als Isaak Babel.
- 1999: Die Reiterarmee (Zwei- und dreiteilige Version) – Produktion: MDR/DLR Berlin; Dramaturgie: Thomas Fritz; Bearbeitung (Wort) und Regie: Joachim Staritz, u. a. mit Efim Etkind als alter und Cornelius Obonya als junger Kirill Ljutow, alias Isaak Babel.
- Auszeichnungen: Deutscher Hörbuchpreis 2003 (Bestes Hörbuch) und hr2-Hörbuchbestenliste Mai 2002 (3. Platz)
Literatur
Ausgaben und Übersetzungen
- Babel, Isaak: Budjonnys Reiterarmee und Autobiographische Erzählungen. Deutsch von Dimitrij Umanskij und Heddy Proß-Weerth. Mit einem Nachwort von Walter Jens: Isaak Babel. - (=dtv Band 11). München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1961
- Erste Hilfe. Sämtliche Erzählungen. Die Andere Bibliothek, Band 32. Nördlingen, Greno Verlagsgesellschaft, 1987 Inhaltsübersicht
- Babel, I[saak]: Budjonnys Reiterarmee. Berlin, Malik-Verlag, 1926 (Übers. von Dmitrij Umanskij). Erste dt. Ausgabe.
- Moskau 1926
- Babel, Isaak: Die Reiterarmee. Aus dem Russischen übersetzt, hrsg. u. kommentiert von Peter Urban. Friedenauer Presse Berlin 1. Auflage 1994
Sekundärliteratur
- The Complete Works of Isaac Babel, trans. Peter Constantine, ed. Nathalie Babel, introduction Cynthia Ozick, Norton, New York, 2002 (Online).
- Reinhard Krumm: Isaak Babel: Schreiben unter Stalin. Eine Biographie. 2005 (Online-Teilansicht)
Weblinks
- lib.ru (russisch)
- Ordnung im Tohuwabohu
- Hanser, Leseprobe
- Checklist of the works of Isaak Babel (1894-1940) and translations. Compiled by Efraim Sicher, Ben-Gurion University of the Negev (englisch)
Einzelnachweise und Fußnoten
- ↑ Arkadi Waksberg: Die Verfolgten Stalins. Aus den Verliesen des KGB. Reinbek 1993, S. 53.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Исаак Бабель Сборник рассказов "Конармия"
(c) MARELBU, CC BY 3.0
Siemion Budionny Monument (near Olesko, Ukraine)
Bolshevik propaganda poster of Polish-Soviet war (1920). Texts in the picture:
- Above:
- w:RSFSR
- That is what Polish lords' undertaking will end with
- On flag: Long live Soviet Poland!