Die Macht der Gewohnheit

Daten
Titel:Die Macht der Gewohnheit
Gattung:Komödie
Originalsprache:Deutsch
Autor:Thomas Bernhard
Erscheinungsjahr:1974
Uraufführung:27. Juli 1974
Ort der Uraufführung:Salzburger Festspiele
Personen
  • Caribaldi, Zirkusdirektor
  • Enkelin
  • Jongleur
  • Dompteur
  • Spaßmacher

Die Macht der Gewohnheit ist ein Schauspiel des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard in drei Akten. Es wurde 1974 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Die Regie führte Dieter Dorn.

Personen

  • Zirkusdirektor Caribaldi: Er will alles kontrollieren – verkennt die Aussichtslosigkeit des Forellenquintetts – hat sein gesamtes Leben auf Leistung orientiert und wirkt somit sehr kühl und unnahbar – auffallend ist auch, dass es das erste Mal ist, dass in einem von Bernhards Stücken die sprachmächtige Figur einen Namen trägt! „Dem Teufel einen Namen geben“
  • Dompteur: Schon von älterem Jahrgang – mehrmals dem Verlieren eines seiner Arme knapp entgangen – großes Alkoholproblem – trotzdem bei allen außer Caribaldi wegen seiner sehr warmen, kumpelhaften Art beliebt
  • Spaßmacher: Er ist der unterste in der Hierarchie der Zirkusmenschen. Er ist eher eine stumme Figur und kommuniziert über Körpersprache. Ärgert Caribaldi, indem ihm ständig seine Haube herunterfällt und dies nicht nur in der Manege, sondern auch beim Proben – ist der beste Freund des Dompteurs in Caribaldis Zirkus – ist sehr gelassen – schnell besorgt – eine Art Vertrauensperson
  • Enkelin: Noch sehr jung – eine Seiltänzerin in Perfektion, die ihre Gabe von ihrer Mutter geerbt hat – eigentlich Caribaldis Liebling unter allen, da sie am meisten Begabung für die „Hohe Kunst der Musik“ hat (Caribaldi) – sie antwortet immer sehr kurz und prägnant und bringt somit immer eine Ruhe in die Konfliktsituationen. Caribaldi „quält“ sie immer wieder, lässt sie üben und üben. In Wirklichkeit liegt sie ihm sehr am Herzen, möchte, dass sie die Artistiknummer perfekt beherrscht, damit sie nicht wie ihre Mutter endet, die beim Seiltanzen verunglückt ist.
  • Jongleur: Wird manchmal poetisch und wirkt immer etwas von der Lage distanziert – schätzt eigentlich das Forellenquintett und die Musik, allerdings kann er wie alle anderen mit dem Führungsstil Caribaldis nichts anfangen und streubt sich immer wieder, nur alleine des Trotzes wegen gegen das Spielen – korrigiert oft seine Aussagen bzw. perfektioniert sie.

Handlung

Generell handelt das Stück in allen drei Akten von demselben Thema: Der Zirkusdirektor Caribaldi versucht krampfhaft, die Aufführung des Forellenquintetts zu ermöglichen. Es ist ein wirklich grauenhaftes Unterfangen, denn die Proben des Quintetts werden immer von einem der Artisten sabotiert. Zum Beispiel betrinkt sich der Dompteur des Öfteren, nervt alle mit seiner Leibspeise Rettich und ist somit unfähig, die Probe zu ermöglichen. Vor allem im 3. Akt wird immer wieder das Herunterfallen der Mütze des Spaßmachers zum zentralen Problem, welches Caribaldi zum Glühen bringt. In solchen Situationen versucht Caribaldi, immer die Fehler der anderen aufzuzählen und sie zu belehren, doch meist wird er dadurch zum Gespött der Artisten. Speziell seine Enkelin, die er zum Spielen der Viola zwang, versteht es unheimlich gut, Caribaldi mit ihrem gehässigen Lachen zu irritieren und aus „den Schienen zu werfen“.

1. Akt

Im Wohnwagen des Zirkusdirektors Caribaldi. Caribaldi sucht etwas unter einem Kasten, und nacheinander treten der Jongleur und die Enkelin ein. Es wird vor allem über den baldigen Auftritt in Augsburg geredet und dann sofort wieder zum Thema Forellenquintett dadurch zurückgekehrt, dass der Zirkusdirektor sein Kolophonium (Bogenharz) verlegt hat. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Caribaldi der Einzige ist, dem etwas an diesem Stück liegt bzw. der Zirkusdirektor alles und jeden damit tyrannisiert. Es treten immer wieder Probleme beim Proben auf, und der 1. Akt endet mit dem Protest des Jongleurs, der Herrn Caribaldi über ein Angebot eines anderen Zirkusdirektors informiert, um ein besseres Gehalt zu erzwingen. Dies bringt den Zirkusdirektor Caribaldi endgültig aus der Fassung: „Ein Dummkopf, ein Dummkopf, der heute noch einem Künstler glaubt, ein Dummkopf!“ Der Vorhang fällt.

2. Akt

Beginnt mit dem Eintreten des Dompteurs, der mit einem – zum Erschrecken des Spaßmachers – einbandagierten Arm den Proberaum (Caribaldis Wohnwagen) betritt. Die beiden reden über den Hergang des Unfalls. Nach einiger Zeit betritt Caribaldi den Raum und hat sofort an dem vorherigen Auftritt etwas auszusetzen, und die Stimmung hat einen Tiefpunkt erreicht. Dann beginnt die Probe und nichts gelingt – zum Zorn des Zirkusdirektors. Er befehligt alle zu neuen, für sie „grauenvollen“ Übungen. Zum Trotze aller Anstrengungen des Direktors fruchten seine Anweisungen nicht, und er sucht sich seine Enkelin als Opfer aus, um seine Führungsposition auszuleben. Caribaldi zur Enkelin: „Wie verneigt man sich?“. Die Enkelin verneigt sich einige Male, bis Caribaldi ihr zustimmend zunickt.

3. Akt

Der letzte Akt beginnt wieder in dem Proberaum, und wie gewohnt hält Herr Caribaldi eine Moralpredigt. Um dieser zu entgehen, wollen alle schon mit der Probe anfangen, doch der Dompteur ist unauffindbar. Es wird längere Zeit wieder über das Forellenquintett geredet, und in dieser Phase verwendet Bernhard seine charismatische Wiederholungstechnik in hoher Sequenz. Am besten kommt dies zur Geltung, wie dem Spaßmacher immer wieder seine Haube hinunterfällt und über eine Lösung diskutiert wird, wie denn diese auf seinem Haupt bleiben könne. Nun machen sich schwere Schritte bemerkbar und jedem ist klar: Der volltrunkene Dompteur kommt. Und tatsächlich stürzt er zur Tür herein und setzt sich ans Klavier. Die Probe ist jedoch unmöglich. Der erschöpfte Caribaldi wirft alle aus dem Wagen heraus, räumt die Notenständer und Instrumente auf und setzt sich in einen Fauteuil. Als er das Radio neben sich aufdreht, hört man die ersten fünf Takte des Forellenquintetts.

Aufführungen

Der Uraufführung in Österreich folgte im Jahr 1975 eine Aufführung in Deutschland: Im Hamburger Deutschen Schauspielhaus wurde das Werk mit denselben Schauspielern der Uraufführung aufgeführt.

Veröffentlichungen

Die Uraufführung der Salzburger Festspiele im Jahr 1974 wurde in Bild und Ton mitgeschnitten und später auf CD und DVD publiziert:

Ein Mitschnitt der Aufführung im Deutschen Schauspielhaus wurde als Schallplatte veröffentlicht, eine LP von Deutsche Grammophon aus dem Jahr 1983.[3]

Literatur

Von dem Werk wurden die folgenden Textausgaben und kommentierten Ausgaben publiziert:

  • Thomas Bernhard: Die Macht der Gewohnheit. In: Ders.: Die Salzburger Stücke. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1975. 196 S. (Suhrkamp-Taschenbuch; 257). S. 95–197.
  • Thomas Bernhard: Die Macht der Gewohnheit. Komödie. In: Ders.: Werke in 22 Bänden. Hrsg. von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Band 16: Dramen II. Hrsg. von Manfred Mittermayer und Jean-Marie Winkler. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2005. S. 7–124.
  • Thomas Bernhard: Die Macht der Gewohnheit. In: Ders.: Stücke. Band 1. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1988. 348 S. (Suhrkamp-Taschenbuch; 1524).
  • Thomas Bernhard: Die Macht der Gewohnheit. Komödie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1974. 145 S. (Bibliothek Suhrkamp; 415).

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. z. B. Die Macht der Gewohnheit (Komödie) CD. In: amazon.de. Abgerufen am 24. Dezember 2018. – Dort wird als Erscheinungsdatum das Jahr 1975 genannt. Dabei dürfte es sich um einen Fehler handeln, denn im Jahr 1975 war das CD-Format noch nicht bekannt. Möglicherweise bezieht sich die Jahreszahl 1975 auf eine frühere Veröffentlichung der Deutschen Grammophon auf Vinyl/LP.
  2. z. B. Thomas Bernhard – Die Macht der Gewohnheit. In: amazon.de. Abgerufen am 24. Dezember 2018.
  3. z. B. Die Macht der Gewohnheit (Komödie). In: amazon.de. Abgerufen am 24. Dezember 2018.