Die Bettwurst

Film
OriginaltitelDie Bettwurst
ProduktionslandBR Deutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr1971
Länge81 Minuten
AltersfreigabeFSK 16
Stab
RegieRosa von Praunheim
DrehbuchRosa von Praunheim
ProduktionRosa von Praunheim, ZDF
KameraRosa von Praunheim,
Bernd Upnmoor
SchnittRosa von Praunheim,
Gisela Bienert,
Bernd Upnmoor
Besetzung
  • Luzi Kryn: Luzi
  • Dietmar Kracht: Dietmar
  • Steven Adamczewski: Steven
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Die Bettwurst (auch Kieler Bettwurst) ist ein früher Film von Rosa von Praunheim, der erstmals 1971 im ZDF gezeigt wurde. Der Titel bezieht sich auf eine im Volksmund als „Bettwurst“ bezeichnete Nackenrolle, die die Hauptdarstellerin Luzi ihrem Freund Dietmar zu Weihnachten schenkt. Der mit wenig Geld produzierte Camp-Film erlangte schnell Kultstatus.[1][2][3] In Studentenkinos, die den Film traditionell einmal im Jahr zeigen, werden prägnante Textstellen des Films vom Publikum lautstark mitgesprochen. Besonders populär wurde die Szene zwischen Luzi und Dietmar im Bett, in der sie sich immerzu ihre Liebe gestehen und Komplimente machen.

Handlung

Die Norddeutsche Luzi spricht den Mannheimer Dietmar an der Kieler Uferpromenade an, da ihm Wechselgeld aus der Hosentasche gefallen ist. Sie verspricht ihm, die Stadt zu zeigen. Die beiden treffen sich häufiger und gehen unter anderem zu einem Tanztee. Während sie sich in Luzis Wohnung ein Fotoalbum ansehen, gesteht Dietmar ihr seine Liebe. Luzi erwidert seine Gefühle. Die beiden leben eine Zeit lang ungestört zusammen und genießen viele Stunden ungetrübten Glücks. Das Paar ahmt bemüht, aber aufrichtig die Rituale einer kleinbürgerlichen Vorzeige-Ehe nach, so wie es diese aus Kitsch- und Liebesfilmen und anheimelnden Werbespots kennengelernt hat. Um endlich reinen Tisch zu machen, gesteht Dietmar Luzi seine „dunkle Vergangenheit“ unter „leichten Mädchen“ und „schweren Jungs“. Seine ehemaligen Komplizen entführen kurz darauf Luzi, weil er sich weigert, wieder ein krummes Ding mit ihnen zu drehen. Dietmar kann Luzi nach einer wilden Verfolgungsjagd befreien und erschießt dabei einen der Gangster. Danach flieht das Liebespaar in einem Sportflugzeug und fliegt einer ungewissen Zukunft entgegen, ist aber glückselig darüber, wieder vereint zu sein.

Erzählstil

Der Film ist von der exaltierten Sprechweise der Hauptdarsteller, besonders Dietmars Mannheimer Dialekt und sehr redundanten Dialogen geprägt. Schauplatz ist – neben der Strandpromenade, dem Strand, einem Restaurant und einer Kuhwiese – vor allem Luzis Wohnung. Die Schauspielkunst der Hauptdarsteller ist laienhaft, aber entsprechend ihrer Persönlichkeiten authentisch. Mit den Low-Budget-Bedingungen der Dreharbeiten ging die Produktion offen um und versuchte nicht, diese im Film zu kaschieren.

Notizen

Rosa von Praunheim drehte mit denselben Hauptdarstellern eine Fortsetzung namens Berliner Bettwurst (1975).[4]

Rezeption

Dass die Die Bettwurst schnell zu einem Kultfilm aufstieg, lag sicherlich in erster Linie an der Begeisterung vieler Zuschauer, die Kritik gab aber ihren Beitrag dazu: „Auch das nichtkommerzielle Kino hat seine Meister, ihr größter in Deutschland: Rosa von Praunheim. Sein im ZDF uraufgeführter Film Die Bettwurst bestätigte erneut, was seine schon auf vielen Festivals gezeigten Werke Rosa Arbeiter auf goldener Straße und Schwestern der Revolution kennzeichnen: Eine in Deutschland überaus seltene Mischung von künstlerischem Ideenreichtum, sozialkritischem Bewußtsein und Humor.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)[5] „So grotesk und unterhaltsam von Praunheims Trivialhandlung erscheint – Die Bettwurst hat dennoch die Qualitäten eines seriösen, wohldurchdachten Soziogramms.“ (Der Spiegel)[6] „Und dieser Film – balancierend zwischen Groteske, komischer Nummer und anrührendem Schicksal – hat eine merkwürdige Bannkraft: Die filmungewöhnlichen Protagonisten, die Antihelden mit ihren treffend wiedergegebenen Klein-Leute-Dialogen nehmen sich in der Tat fesselnd aus – von ähnlich filmungewöhnlicher Neuheit wie authentische Volkstypen in amerikanischen Underground-Filmen.“ (Der Film-Beobachter)[7] „Quadratur des Kreises: Solch eine Balance von Sachlichkeit und Nonchalance, von Engagement und Heiterkeit habe ich noch kaum gesehen – und gewiß nicht in deutschen Filmen.“ (Film und Fernsehen)[8] Der renommierte Kritiker und Professor für Theaterwissenschaft Hellmuth Karasek lobte den Film im Spiegel als „Knüller“ und schrieb über die Hauptdarstellerin: „Luzi ist seine [Rosa von Praunheims] Tante [...] und ist eine unvergleichliche Mischung aus spießig gesundem Menschenverstand und Vergnügungsgier, aus nüchterner Erdennähe und girrender Nippes-Seligkeit. Luzi ist die verkörperte Aufrichtigkeit falscher Töne, eine Duse in der Sozialwohnung, eine Callas aus Kiel.“[9] „Nach dem aufsehenerregenden Nicht der Homosexuelle ist pervers ... folgte der grandios exzentrische, bis heute [2012] als Kultfilm verehrte Die Bettwurst.“ (Süddeutsche Zeitung)[10] Die Deutsche Welle unterstrich ganz im Sinne des Neuen Deutschen Films die Strahlkraft des Films in Bezug auf gesellschaftliche Themen und neue Formen des Kinos: „Die Filme Die Bettwurst und Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt (beide 1971) waren für das deutsche Kino, aber auch für eine breitere Öffentlichkeit, Fanale des Aufbruchs.“[11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rosa von Praunheim. filmportal.de, abgerufen am 29. März 2022.
  2. Die Bettwurst. filmportal.de, abgerufen am 4. März 2022.
  3. Die Bettwurst. Queer.de, abgerufen am 4. März 2022.
  4. Berliner Bettwurst. filmportal.de, abgerufen am 29. März 2022.
  5. Die Bettwurst. Basis-Film Verleih, (FAZ, 1972), abgerufen am 4. März 2022.
  6. Die Bettwurst. Basis-Film Verleih, (Spiegel, 1971), abgerufen am 4. März 2022.
  7. Die Bettwurst. Basis-Film Verleih, (Film-Beobachter, 1972), abgerufen am 4. März 2022.
  8. Wie Form frei macht. Berkeley Art Museum (Universität von Kalifornien) – Film und Fernsehen, 3. März 1970 (Presseaufführung), abgerufen am 21. April 2022.
  9. Rosas Zeiten für altere Damen. Der Spiegel, 31. Januar 1982, abgerufen am 10. April 2022.
  10. Was die Sphinx lehrt. Süddeutsche Zeitung, 25.11.2012, abgerufen am 22. April 2022.
  11. Vielfach geehrt, aber auch umstritten: Rosa von Praunheim. Deutsche Welle, 26.01.2020, abgerufen am 23. April 2022.