Der alte Sultan

Der alte Sultan ist ein Tiermärchen (ATU 101, 103, 104). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 48 (KHM 48).
Inhalt
Der Alte Sultan ist ein alter zahnloser Hund, den sein Herr erschießen will. Der Wolf weiß Rat und raubt zum Schein das kleine Kind, und der Hund holt es zurück. Jetzt behandelt ihn der Bauer gut. Der Wolf glaubt, dafür ungestraft ein Schaf rauben zu können, aber der Hund verrät es dem Bauern, der den Wolf verdrischt. Dafür lässt der Wolf den Hund vom Schwein zum Duell fordern. Als der alte Hund mit einer alten dreibeinigen Katze dort auftaucht, halten die beiden anderen den aufgereckten Schwanz der Katze für einen Säbel und ihr Hinken für das Aufheben von Steinen. Sie verstecken sich, aber seine Ohren verraten das Schwein im Laub. Beschämt schließt der Wolf Frieden.
Herkunft

Grimms Anmerkung nennt als Quelle eine Erzählung „aus Niederhessen“ (Wachtmeister Krause) und eine „aus dem Paderbörnischen“ (Familie von Haxthausen), in letzterer sind es Fuchs und Bär, und geben eine dritte, „auch aus dem Paderbörnischen“ wieder, wozu sie auch „Halterich Nr. 14 und 34“ vergleichen. Sie nennen noch Haupt und Schmaler Nr. 8, serbisch „Reinhart Fuchs CCXCIV“, KHM 32 Der Fuchs und das Pferd, KHM 102 Der Zaunkönig und der Bär, „Baradja Nikdani in Wolfs Zeitschrift 1, 1. 2“, „der kleine Knäpzagel“ bei Haltrich Nr. 31, Laßbergs Liedersaal 1, 291, „die elfte Extravagante von dem Wolf und hungrigen Hund“ bei Steinhöwel „(1487) S. 56. 57.“
Der Text wurde sprachlich etwas ausgearbeitet. „Dir soll kein Härchen gekrümmt werden“ heißt es ab der 3. Auflage (vgl. KHM 20, 120), „ein Auge zudrücken“ ab der 2. Auflage (vgl. KHM 44). Der Bauer „kämmte“ dem Wolf schon in der 1. Auflage „tüchtig die Haare“, ab der 3. Auflage „mit dem Dreschflegel garstig die Haare“, die Wendung steht sinngemäß schon in Fischarts Geschichtsklitterung.[1]
Vgl. KHM 27 Die Bremer Stadtmusikanten, KHM 102 Der Zaunkönig und der Bär, KHM 132 Der Fuchs und das Pferd; Ludwig Bechsteins Undank ist der Welt Lohn in Neues deutsches Märchenbuch.
In Heinrich Steinhöwels Fabel Der Wolf und der hungrige Hund lässt ein Hund einen Wolf dreimal zum Schein ein Schaf stehlen, um besseres Essen zu erhalten, während er ihm ein weiteres zur Belohnung aus Treue zu seinem Herren versagt. Der Stoff ist antiker Herkunft.
Grimms Fassung von 1812 ist ältester Beleg für die in Mittel- und Osteuropa häufige Kombination der Geschichte vom alten Hund (ATU 101) als Auslöser für den Krieg der Tiere (ATU 103, 104) in seiner Normalform mit Sieg der Schwachen über die Starken.[2]
Parodien

In Janoschs Parodie will der Bauer den treuen Hund erschießen, der nachts aus Heimweh um den Hof schleicht und ihn vor dem Feuer warnen will, doch alle verbrennen.[3] Ein Manga erschien 2012 von Anike Hage.[4]
Fernsehen
In Kater Mikesch nach der Augsburger Puppenkiste (s/w, 6 Folgen, 1964) heißt der Hund auch „alter Sultan“.
- Gurimu Meisaku Gekijō, japanische Zeichentrickserie 1987, Folge 19: Der alte Sultan.
- SimsalaGrimm, deutsche Zeichentrickserie, Folge 4 der 3. Staffel (2010) Der alte Sultan.
Literatur
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 273–275. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag, ISBN 3-538-06943-3.
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1, S. 92–93, 463.
- Ines Köhler-Zülch: Hund: Der alte H.. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 6. Berlin / New York 1990, S. 1340–1343.
- Rolf Wilhelm Brednich: Krieg der Tiere. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 8. Berlin / New York 1996, S. 430–436.
- Lothar Bluhm und Heinz Rölleke: „Redensarten des Volks, auf die ich immer horche“. Märchen - Sprichwort - Redensart. Zur volkspoetischen Ausgestaltung der Kinder- und Hausmärchen durch die Brüder Grimm. Neue Ausgabe. S. Hirzel Verlag, Stuttgart/Leipzig 1997, ISBN 3-7776-0733-9, S. 82–83.
- Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 114–115.
Einzelnachweise
- ↑ Lothar Bluhm und Heinz Rölleke: „Redensarten des Volks, auf die ich immer horche“. Märchen - Sprichwort - Redensart. Zur volkspoetischen Ausgestaltung der Kinder- und Hausmärchen durch die Brüder Grimm. Neue Ausgabe. S. Hirzel Verlag, Stuttgart/Leipzig 1997, ISBN 3-7776-0733-9, S. 82–83.
- ↑ Rolf Wilhelm Brednich: Krieg der Tiere. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 8. Berlin / New York 1996, S. 430–436.
- ↑ Janosch: Janosch erzählt Grimm's Märchen. Fünfzig ausgewählte Märchen, neu erzählt für Kinder von heute. Mit Zeichnungen von Janosch. 8. Auflage. Beltz und Gelberg, Weinheim und Basel 1983, ISBN 3-407-80213-7, S. 138–139.
- ↑ Grimms Manga. Sonderband. Tokyopop, Hamburg 2012, ISBN 978-3-8420-0638-6.
Weblinks
Auf dieser Seite verwendete Medien
Illustration von Otto Ubbelohde zum Märchen Der alte Sultan
Illustration from Household stories from the collection of the Bros. Grimm, Lucy Crane [translator]; Walter Crane [illustrator] original printing 1882
Image or page from the book