Der Räuberbräutigam
Der Räuberbräutigam ist ein Märchen (ATU 955). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 40 (KHM 40).
Inhalt (ab der 2. Auflage)
Ein Müller verspricht seine Tochter einem reichen Mann. Er ist ihr aber nicht geheuer. Er besteht darauf, dass sie ihn in seinem Haus im Wald besucht. Auf ihre Ausreden erwidert er, er habe die Gäste schon eingeladen, und er werde ihr Asche auf den Weg streuen, damit sie ihn finde. Das ängstliche Mädchen folgt dem so bezeichneten Weg und streut dazu Erbsen und Linsen aus. Es erreicht das Haus abends. Drinnen ruft ihm ein Vogel zweimal zu: Kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus. Im Keller ist eine alte Frau, die ihr erklärt, dass die Räuber sie zerhacken, kochen und essen wollen. Sie versteckt sie hinter einem Fass. Die Räuber kommen und bringen eine Jungfrau mit, geben ihr weißen, roten und gelben Wein, reißen ihr die Kleider ab, zerhacken sie und streuen Salz darüber. Als einer ihr einen goldenen Ring vom Finger hackt, springt dieser hinter das Fass, aber die Alte hält die Räuber mit dem Essen davon ab, dort zu suchen, und gibt ihnen einen Schlaftrunk in den Wein. Die Braut steigt vorsichtig über die Schlafenden und flieht mit der Alten. Die Asche hat der Wind weggeweht, aber die Erbsen und Linsen haben gekeimt und zeigen ihr den Weg zu ihrem Vater, dem sie alles erzählt. Auf der Hochzeit erzählt sie vor dem Bräutigam und allen Verwandten des Vaters ihre Geschichte, als wenn sie sie nur geträumt hätte, und zeigt dann den abgehackten Finger mit dem Ring. Die Gäste halten den Räuber fest. Er und die Bande werden gerichtet.
Herkunft
Das Märchen ist in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm ab der 1. Auflage von 1812 enthalten. Als Quelle nennen sie in ihren Anmerkungen „zwei Erzählungen aus Niederhessen“ und erwähnen eine dritte „unvollständigere aus den Maingegenden“ (Marie Hassenpflug), wobei v. a. die Art der Wegbezeichnung variiert, weiter Karoline Stahls „die Müllerstöchter (s. unten)“, Meier Nr. 63, Pröhles „Märchen für die Jugend“ Nr. 33, dänisch Thiele „2, S. 12. 13“, ungarisch „Streit S. 45.“
Die Fassung nach Marie Hassenpflug findet sich schon in Grimms handschriftlicher Urfassung von 1810, und schon vorher hatte Clemens Brentano sich Stichworte zu einem ähnlichen Text notiert.[1]
Vergleiche
- verlorene Spur im Wald: KHM 15 Hänsel und Gretel, KHM 169 Das Waldhaus; Theseus und Minotaurus.
- warnender Vogel: angedeutet in KHM 15 Hänsel und Gretel, KHM 69 Jorinde und Joringel.
- Mörderhaus: KHM 22 Das Rätsel, KHM 29 Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, KHM 46 Fitchers Vogel, KHM 120 Die drei Handwerksburschen, KHM 125 Der Teufel und seine Großmutter, KHM 165 Der Vogel Greif, KHM 199 Der Stiefel von Büffelleder, KHM 43a Die wunderliche Gasterei, KHM 59a Prinz Schwan, KHM 70a Der Okerlo, KHM 73a Das Mordschloß.
- finsteres Haus im Wald: KHM 9 Die zwölf Brüder, KHM 13 Die drei Männlein im Walde, KHM 22 Das Rätsel, KHM 31 Das Mädchen ohne Hände, KHM 53 Schneewittchen, KHM 68 De Gaudeif un sien Meester, KHM 93 Die Rabe, KHM 123 Die Alte im Wald, KHM 125 Der Teufel und seine Großmutter, KHM 127 Der Eisenofen, KHM 163 Der gläserne Sarg, KHM 169 Das Waldhaus.
Vgl. in Giambattista Basiles Pentameron IV,6 Die drei Kronen, V,9 Die drei Zitronen. Vgl. Der goldne Rehbock und Die schöne junge Braut in Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch sowie Die hoffärtige Braut und Das goldene Ei der Ausgabe von 1845, zum Vogelvers Star und Badewännlein.
Adaptionen
- Margaret Atwoods The Robber Bride, 1993. Deutsche Ausgabe: Die Räuberbraut, 1994.
- Die NDH-Band Ost+Front thematisiert in ihrem Lied Die Räuber auf dem Album Dein Helfer in der Not lose die Geschichte vom Räuberbräutigam.
Literatur
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1, S. 80, 459.
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. Vollständige Ausgabe, 19. Auflage. Artemis und Winkler, Düsseldorf u. a. 2002, ISBN 3-538-06943-3, S. 239–242.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1, S. 459.
Auf dieser Seite verwendete Medien
From Grimm's Fairy Tales - Illustrated by Arthur Rackham (1909)
Illustration of "The Robber Bridegroom" from Household Stories by the Brothers Grimm, translated by Lucy Crane, illustrated by Walter Crane, first published by Macmillan and Company in 1886.