Der Hexenmeister

Der Hexenmeister (Carl Spitzweg)
Der Hexenmeister
Carl Spitzweg, 1875/1880
Öl auf Leinwand
29,8 × 21,9 cm
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Der Hexenmeister, auch Zauberer und Drache, ist der Titel zweier Gemälde von Carl Spitzweg, die 1875 und 1880 in Öl auf Leinwand entstanden. Ein Gemälde befindet sich heute im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt, das andere ist Eigentum der Erben des Sammlers Leo Bendel. Die Bilder sind im Motiv nahezu identisch und unterscheiden sich in der Größe und in der Farbgebung.

Bildbeschreibung

In der unteren Bildhälfte steht inmitten einer finsteren Felslandschaft der Hexenmeister, um den herum sechs oder sieben Totenschädel kreisförmig angeordnet sind. In der Pose eines Schulmeisters oder Dompteurs hat er seinen Stab hochgereckt. Vor ihm erhebt sich mit offenem Maul ein nicht allzu großer Drache, der sich mit seinen Vordertatzen an einem Felsbrocken festkrallt, um den sich auch sein schlangenhafter Schwanz legt. Die Flügel heben sich schwarz gegen einen glutroten Schein ab, der aus dem Untergrund, wohl einer Felsspalte, dringt. Darüber kräuselt sich dichter, bleigrauer Rauch, hinter dem neben einer aufragenden Säule eine sonnenbeschienenes Märchenschloss sichtbar wird, nicht unähnlich dem Schloss Neuschwanstein, dessen Bau 1869 begonnen worden war. Die Signatur des Künstlers, das S mit dem stilisierten Spitzweck, findet sich unten links am Bildrand.

Rezeption

Ursula Seibold-Bultmann sieht in der Neuen Zürcher Zeitung den Drachen als Fafnir aus der nordischen Mythologie und das Gemälde als einen Seitenhieb auf „die Wagner-Begeisterung des Bayernkönigs Ludwig II. und [...] Michael Echters Nibelungen-Wandbildern aus der Münchner Residenz (1864).“[1] Lisa Zeitz würdigt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Hexenmeister und Spitzwegs Gemälde Justitia als „zwei besonders schöne Gemälde mit dem typisch leisen Humor von Carl Spitzweg.“[2]

Provenienz

Das kleinere der beiden Gemälde mit den Maßen 29,8 × 21,9 Zentimeter hat die Werkverzeichnisnummer 1394 und wurde mit der Sammlung des Industriellen Georg Schäfer in das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt übergeben und ist dort seit dem Jahr 2000 ausgestellt.[3]

Das größere Gemälde hat die Maße 47,1 × 26,2 Zentimeter und die Werkverzeichnisnummer 1395. Es befand sich Anfang der 1930er Jahre im Besitz von Leo Bendel, Generalvertreter der Tabakunternehmen Ermeler und JOB Zigarettenpapier, in Berlin. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Bendel 1935 entlassen; er und seine Frau Else mussten Möbel und Kunstwerke unter Wert verkaufen, um Mittel für die Emigration aufzubringen. Den Hexenmeister verkaufte Bendel am 15. Juni 1937 für 18.000 Reichsmark an die Galerie Heinemann in München. Dieser Vorgang ist rechtlich als verfolgungsbedingter Vermögensverlust anzusehen, das Bild gilt damit als NS-Raubkunst.[4] Am 12. August 1937 erwarb die Gattin des Backpulverfabrikanten August Oetker, Caroline „Lina“ Oetker das Gemälde zum Preis von 28.000 Reichsmark. 1968 kam es durch Erbfolge an Rudolf-August Oetker, es stand dann, seit deren Gründung, im Eigentum der Kunstsammlung Rudolf August Oetker GmbH. Im Juni 2006 wandten sich die Erben Bendel an die Kunstsammlung GmbH und regten ein Gespräch an, um eine „faire und gerechte Lösung“ gemäß der Washingtoner Erklärung zu verhandeln. Die Kunstsammlung GmbH lehnte jedoch jedes Gespräch ab.[5] Im Oktober 2016 gab der Oetker Konzern bekannt, dass die Kunstsammlung auf eventuelle Raubkunst untersucht wird und auch der Hexenmeister vermutlich zurückgegeben wird[6], nachdem im Juli eine Ausstellung von Goldschmiedekunst der Oetker Sammlung in Toulouse für Aufsehen, auf Grund der Unklarheit der Herkunft der Kunstobjekte, erregt hatte.[7]

Im November 2019 hat die Kunstsammlung Rudolf-August Oetker GmbH das Gemälde an die Nachkommen des jüdischen Sammlers Leo Bendel zurückgegeben. Der Restitution vorausgegangen war eine jahrelange internationale Suche nach den rechtmäßigen Erben des von den Nationalsozialisten ermordeten ursprünglichen Eigentümers.[8][9]

Fußnoten

  1. Seibold-Bultmann, Ursula: Geküsste Bagatelle. Neue Zürcher Zeitung, 13. Juni 2002, abgerufen am 11. August 2010.
  2. Zeitz, Lisa: Auf der Spur der Bilder. Frankfurter Allgemeine Zeitung, April 2008, abgerufen am 1. August 2010.
  3. Werke von Spitzweg, abgerufen am 28. November 2011.
  4. Lost Art Internet Database. (Nicht mehr online verfügbar.) Koordinierungsstelle Magdeburg, 2010, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 12. August 2010.
  5. Neue Westfälische: Gespräche abgelehnt / Oetker will mit Erben wegen Spitzweg aus jüdischem Besitz nicht verhandeln, Artikel vom 6. Februar 2009, abgerufen am 28. November 2011.
  6. Vier Werke in Oetkers Sammlung womöglich Raubkunst, Neue Westfälische, 27. Oktober 2016, abgerufen am 22. Februar 2017.
  7. À Toulouse, la collection d’un ancien nazi exposée à la Fondation Bemberg soulève des questions, Le Quotidien de l’Art, Sarah Hugounenq, 6. Juli 2016.
  8. Presseinformation - Kunstsammlung Rudolf-August Oetker gibt Gemälde von Carl Spitzweg an die Nachkommen des jüdischen Sammlers Leo Bendel zurück, oetker-gruppe.de, 20. November 2019, abgerufen am 20. Dezember 2019.
  9. Jüdische Allgemeine: Das Unternehmen gibt ein weiteres Gemälde zurück an die Nachkommen verfolgter jüdischer Besitzer, juedische-allgemeine.de, 20. November 2019, abgerufen am 20. Dezember 2019.

Literatur

Auf dieser Seite verwendete Medien