Dennis-Kenji Kipker
Dennis-Kenji Kipker (* 1987 in Ibbenbüren)[1] ist ein deutsch-japanischer Rechtswissenschaftler und Professor für IT-Sicherheitsrecht[2]. Darüber hinaus ist er Mitglied des Vorstandes der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID) in Berlin sowie Legal Advisor im VDE[3]. Kipker ist Laureat des Berninghausenpreises und Mitglied der AG-Recht des Bundesverbandes IT-Sicherheit TeleTrusT[4]. Seit 2023 ist er Mitglied im Advisory Board des Anbieters für verschlüsselte Kommunikation NordVPN mit Sitz in Panama.[5]
Leben
Kipker erwarb sein Abitur im Jahr 2006 und studierte von 2006 bis 2011 Rechtswissenschaften an der Universität Bremen, wo er das Studium mit dem Ersten Juristischen Examen abschloss. Nachfolgend war er als Mitarbeiter bei Benedikt Buchner tätig, wo er im Jahr 2015 mit der Arbeit „Informationelle Freiheit und staatliche Sicherheit – Rechtliche Herausforderungen moderner Überwachungstechnologien“ promovierte. Die Dissertation wurde mit dem Promotionspreis des Senators für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen ausgezeichnet. 2017 war Kipker Visiting Research Fellow an der Graduate School of Law der Waseda-Universität in Tokyo, 2018 war er unter anderem als Gastprofessor an der Peoples’ Friendship University of Russia in Moskau tätig, seit 2019 an der privaten Riga Graduate School of Law in Lettland[6]. Zurzeit hält er einen Lehrauftrag am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam.[7]
Kipker publiziert insbesondere in den Themenbereichen der sicherheitsbehördlichen Überwachungstätigkeit und der IT-Sicherheit.[8] Er ist Autor der Bremer „Daten-Kolumne“ im Weser-Kurier. Kipker berät darüber hinaus verschiedene öffentliche und private Einrichtungen, so das FBI[9], die Max-Planck-Gesellschaft, das Bundesfinanzministerium und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.[10] Speziell zum Thema Body-Cams und Videoüberwachung hat er Stellungnahmen in verschiedenen Ländern abgegeben, so in Hessen, im Saarland, in Brandenburg, in Niedersachsen sowie im Bund. Aufgegriffen wurden die von Kipker entworfenen rechtlichen Betrachtungen in entsprechenden Gesetzgebungsverfahren weiterer Länder, so beispielsweise in Schleswig-Holstein[11] in Sachsen-Anhalt,[12] in Nordrhein-Westfalen[13] und in Baden-Württemberg, wo infolge der Kritik Kipkers an der unzureichenden Definition technisch verwendbarer Aufnahmegeräte für polizeiliche Körperkameras in anderen Ländern in § 21 Abs. 4 PolG BaWü eine genauere gesetzliche Bezeichnung der Eingriffsmittel eingeführt wurde.[14] Kipkers Kritik an den Body-Cams wurde vielfach rezipiert.[15][16][17][18]
Forschung
Dennis-Kenji Kipker beforscht das IT-Recht mit speziellem Bezug zur Datensicherheit[19] sowie zur staatlichen Überwachungstätigkeit. In seiner Dissertationsschrift Informationelle Freiheit und staatliche Sicherheit behandelt er das Problem der Regulierungsgrenze des Rechts im Bereich technischer Sachverhalte und der technischen Regulierung juristischer Fragen. Das Prinzip des Grundrechtsschutzes durch Verfahren wandelt er in ein Konzept des „Grundrechtsschutzes durch Technikgestaltung“ ab. Für den Bereich des Polizeirechts und der Body-Cams entwickelte er die Idee einer Treuhandstelle,[20][21] um einen verfassungskonformen Einsatz der neuen Überwachungstechnologie zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang spielen auch Fragen der IT-Sicherheit, zum Beispiel im Hinblick auf Verschlüsselungstechniken, eine Rolle. Im Zuge zunehmender staatlicher Überwachungstätigkeit entwirft Kipker in Abwandlung des allgemeinen rechtsstaatlichen Grundgedankens der Waffengleichheit das Prinzip der „informationellen Waffengleichheit“[22] zwischen den Sicherheitsbehörden und dem Bürger, wonach, soweit Überwachungstechnologien eingesetzt werden, diese stets durch entsprechende verfahrenstechnische Vorkehrungen zugunsten des Bürgers auszugleichen sind, um den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verhältnismäßig zu gestalten. Kipker publizierte überdies zu den Encrochat-Verfahren in verschiedenen EU-Staaten und setzte sich kritisch mit den behördlichen Methoden von digitaler Beweismittelerhebung und Beweismittelverwertung auseinander.[23] Im August 2022 war er an einer Investigativrecherche der Tagesschau zur Warnung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik vor dem russischen Unternehmen Kaspersky beteiligt und äußerte sich dazu kritisch.[24] Im Zuge der chinesischen Spionagevorwürfe und des gegen ByteDance gerichteten Vorwurfs des Datenabflusses an chinesische Geheimdienste stellte Kipker fest, dass auch die Auslagerung des Firmenstandortes nach Singapur oder die Verlegung von Serverkapazitäten in die USA oder EU den chinesischen Staat nicht daran hindern würden, auf Nutzerdaten zuzugreifen.[25] Im Juni 2023 veröffentlichte Dennis Kipker ein Gutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung, in dem er ein Grundrecht auf verschlüsselte Kommunikation zur Wahrung des „digitalen Briefgeheimnisses“[26] entwickelt. Daraus geht hervor, dass präventive und generelle staatliche Überwachungsmaßnahmen wie die Chatkontrolle, Vorratsdatenspeicherung und die Encrochat-Verfahren juristisch unzulässig sind. Das Gutachten mit dem neuen Grundrecht wurde auf der re:publica 2023 vorgestellt.[27]
Publikationen (Auswahl)
- International Cybersecurity Law Review (ICLR, Herausgeberschaft, Zeitschrift), Springer Verlag, seit 2020
- Handbuch Sozialdatenschutz in der Praxis, Nomos Verlag, Baden-Baden 2021
- Cybersecurity: Rechtshandbuch, Verlag C.H. Beck, München 2020
- Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz polizeilicher „Body-Cams“. In: Neue Juristische Wochenschrift 2015, S. 296
- Wir brauchen klare rechtliche Vorgaben für den Einsatz polizeilicher „Body-Cams“. In: netzpolitik.org
- mit Alexander Dix, Peter Schaar: Die neue Vorratsdatenspeicherung – Schnellschuss gegen die Europäische Grundrechtecharta. In: Zeitschrift für Datenschutz 2015, S. 300
- mit Vincent Mittag: Der Staatstrojaner – und was man verfassungsrechtlich dagegen tun kann. In: Verfassungsblog
- Die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr in Nordrhein-Westfalen im Kontext von Anschlagsszenarien: durchdachtes Gesamtkonzept oder solides Grundgerüst mit Optimierungspotenzial? Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft, Clemens Lorei, 2016, ISBN 978-3-86676-461-3
- Informationelle Freiheit und staatliche Sicherheit: rechtliche Herausforderungen moderner Überwachungstechnologien. Tübingen: Mohr, Siebeck-Verlag, 2016, ISBN 978-3-16-154114-8
- Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz sicherheitsbehördlicher Verbunddateien. In: Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht 2015, Berlin, S. 117 ff.
- Mehr Sicherheit durch öffentliche Videoüberwachung? Eine Stellungnahme zum Entwurf des Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes. In: Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht 2016, Berlin, S. 225 ff.
Auszeichnungen
- 2017 Nominierung für den Friedwart Bruckhaus-Förderpreis 2017/2018
- 2017 Berninghausenpreis
- 2016 Nominierung für den Deutschen Studienpreis[28]
- 2015 Promotionspreis des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Bremen und des Senators für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen
Weblinks
- Literatur von und über Dennis-Kenji Kipker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lebenslauf Kipkers auf der Website der Uni Bremen
Einzelnachweise
- ↑ Eigenvorstellung auf der Website der JU Diepholz, abgerufen am 29. Oktober 2018.
- ↑ Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker - Universität Bremen. Abgerufen am 1. Oktober 2021.
- ↑ Dennis-Kenji Kipker. Abgerufen am 27. Mai 2019.
- ↑ Mitglied. Abgerufen am 5. März 2019.
- ↑ Über uns | NordVPN. 6. Oktober 2015, abgerufen am 29. Juni 2023.
- ↑ RGSL: Dennis-Kenji Kipker. Abgerufen am 18. Januar 2019 (englisch).
- ↑ Lehrbeauftragte. Abgerufen am 15. November 2019.
- ↑ Absicherung von Benutzerkonten - Wenn das Passwort nicht mehr ausreicht. Abgerufen am 18. Januar 2019.
- ↑ Vom Leester KGS-Schüler zum Jura-Professor: Dennis-Kenji Kipker berät sogar das FBI. 30. November 2021, abgerufen am 2. Juli 2023.
- ↑ Dr. Dennis-Kenji Kipker, Vorstandsmitglied | EAID. Abgerufen am 11. Mai 2019.
- ↑ White Paper BodyCams im Einsatz der Polizei, Bl. 20
- ↑ Clemens Arzt, Stellungnahme zur Erprobung von Bodycams bei der Polizei
- ↑ Mark A. Zöller, Schriftliche Stellungnahme zu den rechtlichen Hürden für polizeiliche Videoüberwachung
- ↑ Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 16/308, S. 3
- ↑ CILIP 108, Bodycams: Neue Form der mobilen Videoüberwachung
- ↑ Hessische Landesregierung plant räumliche und technische Ausweitung des Body-Cam-Einsatzes durch die hessische Polizei
- ↑ FORUM RECHT 02/15: Alles im Blick? Polizeiliche Bodycams in Deutschland und den USA
- ↑ Seckelmann, „Body-Cams“ als „New Tools of Governance“ in: von Lucke/Lenk (Hrsg.), Verwaltung, Informationstechnik & Management
- ↑ IT-Experte: "Solche Fälle lassen sich nicht verhindern". Abgerufen am 9. Januar 2019.
- ↑ Kipker/Gärtner, NJW 2015, 296ff, Fußnote 184
- ↑ Dennis-Kenji Kipker: Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Innenausschusses
- ↑ dieDatenschützer Rhein-Main Polizeiliche Body-Cams – ein Eingriff in das Grundrecht der überwachten BürgerInnen auf informationelle Selbstbestimmung
- ↑ Gastbeitrag: Encrochat-Ermittlungen: Strafverfahren jenseits des Rechtsstaats. 28. Februar 2022, abgerufen am 25. April 2022.
- ↑ IT-Sicherheit - Schwierige Warnung vor Kaspersky. Abgerufen am 11. August 2022.
- ↑ tagesschau.de: EU-Kommission: TikTok-App auf Diensthandys künftig tabu. Abgerufen am 16. März 2023.
- ↑ Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit - Shop. Abgerufen am 6. Juni 2023.
- ↑ Das digitale Briefgeheimnis – Herleitung des Rechts auf Verschlüsselung | republica. 6. Juni 2023, abgerufen am 6. Juni 2023.
- ↑ Dennis-Kenji Kipker. Lebenslauf auf der Website beck-shop.de des Verlags C.H.Beck
Personendaten | |
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NAME | Kipker, Dennis-Kenji |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtswissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 1987 |
GEBURTSORT | Ibbenbüren |
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Autor/Urheber: Hector Kowalski, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dennis-Kenji Kipker, BSI-Kongress 2019 in Bonn