Daron Acemoğlu

Daron Acemoğlu (2016)

Kamer Daron Acemoğlu (* 3. September 1967 in Istanbul) ist ein US-amerikanischer Ökonom und Hochschullehrer.[1] Er lehrt seit 1993 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und ist dort Elizabeth and James Killian Professor of Economics. Im Jahr 2019 wurde er zum Institutsprofessor ernannt.[2] Acemoğlu wurde als Sohn armenischer Eltern in Istanbul geboren und schloss mit 25 seinen Master und seinen PhD an der London School of Economics (LSE) ab.[3] Er unterrichtete ein Jahr lang an der LSE, bevor er ans MIT wechselte. 2005 erhielt er die John-Bates-Clark-Medaillle.[4]

Acemoğlu ist besonders bekannt für seine Arbeiten zur politischen Ökonomie. Seine wissenschaftliche Motivation ist nach eigener Aussage, die Ursachen von Armut besser zu verstehen.[5] Zusammen mit James A. Robinson verfasste er Economic Origins of Dictatorship and Democracy (2006) und Warum Nationen scheitern (2012). Letzteres ist ein einflussreiches Buch über den Einfluss staatlicher Institutionen auf die ökonomische Entwicklung von Nationen – es löste bei Veröffentlichung eine breite wissenschaftliche und mediale Debatte aus.[6] Acemoğlu sieht sich in der politischen Mitte und befürwortet eine regulierte Marktwirtschaft.[7] Er kommentiert regelmäßig verschiedene politische Themen, besonders Technologie, Klimawandel und wirtschaftliche Ungleichheit.[8]

Acemoğlu gilt nach einer Umfrage unter US-amerikanischen Wirtschaftsprofessoren als einer der besten lebenden Ökonomen unter 60 Jahren.[9] Laut IDEAS/RePEc ist er derzeit der weltweit am dritthäufigsten zitierte Wirtschaftswissenschaftler.[10] Außerdem ist er dem Open Syllabus Project zufolge einer der am häufigsten zitierten Autoren in Lehrplänen für Universitätskurse in Wirtschaftswissenschaft.[11]

Akademischer Werdegang

Acemoğlu ist Elizabeth & James Killian Professor für angewandte Ökonomik sowie Institute Professor[12] am Massachusetts Institute of Technology. Er arbeitet außerdem beim National Bureau of Economic Research und Centre for Economic Policy Research. Seinen Bachelorabschluss erhielt Acemoğlu 1989 von der Universität York und seinen Doktorgrad 1992 von der London School of Economics and Political Science. Ihm wurde 2005 die John Bates Clark Medal verliehen, 2012 der Nemmers-Preis für Wirtschaftswissenschaften und 2016 der BBVA Foundation Frontiers of Knowledge Award. 2019 gewann er den Weltwirtschaftlichen Preis, 2023 den A.SK Social Science Award. Von 2011 bis 2015 war Acemoglu Herausgeber der Fachzeitschrift Econometrica[13]. 2006 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, ebenso wie 2014 in die National Academy of Sciences[14] und 2021 sowohl in die American Philosophical Society als auch in die British Academy.

Forschung

Als Forscher ist er insbesondere in den Bereichen Politische Ökonomie, Entwicklungsökonomik, Wachstumstheorie, Technologie, Einkommens- und Lohnungleichheit, Humankapital und Ausbildung sowie Arbeitsmarktökonomik tätig.

Sein zusammen mit Simon Johnson und James A. Robinson 2001 veröffentlichter Aufsatz Reversal of Fortune: Geography and Institutions in the Making of the Modern World Income Distribution rief eine Debatte zwischen Acemoğlu und Jeffrey Sachs über die Ursachen von Unterentwicklung hervor. Im Unterschied zu Sachs, der Unterentwicklung vor allem auf geographische Faktoren zurückführt, vertreten Acemoğlu et al. die Ansicht, dass schlechte institutionelle Rahmenbedingungen den Hauptgrund für die Unterschiede im Grad der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen verschiedenen ehemaligen Kolonien darstellen. Dabei haben die Kolonisatoren nach ihrer Untersuchung in den ärmeren Regionen (z. B. Australien) Institutionen für Investitionen (breitere Eigentumsrechte für die Bevölkerung) geschaffen, während in den wohlhabenderen Regionen (z. B. die früheren Gebiete der Inkas in Südamerika) eher z. B. Zwangsarbeit eingesetzt wurde und sich die Macht in der Hand einer kleinen Elite befand (sogenannte Extraktionsinstitutionen). Dadurch sei es ab dem 19. Jahrhundert zu einem umgedrehten Verhältnis zwischen ärmeren und wohlhabenderen Kolonien gekommen.[15]

Dieser Ansatz wurde u. a. von Pranab Bardhan als zu eurozentristisch kritisiert, da er nicht die wirtschaftliche Unterentwicklung von nicht oder wenig kolonisierten Staaten wie Äthiopien, Thailand oder China zu erklären vermag.[16]

Seit 2022 zählt der Medienkonzern Clarivate Acemoğlu aufgrund der Zahl der Zitationen zu den Favoriten auf einen Nobelpreis (Clarivate Citation Laureates).[17]

Schriften

  • mit Simon Johnson und James A. Robinson: The colonial origins of comparative development. 2001.
  • mit James A. Robinson: Economic Origins of Dictatorship and Democracy. 2005.
  • Introduction to Modern Economic Growth. 2008.
  • mit James A. Robinson: Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity, and Poverty. 2012. Auf deutsch: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut, übersetzt von Bernd Rullkötter, S.Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-000546-5. (Nationen und ihr Wohlstand: Schlüssel zum Reichtum, Rezension von Christian Rickens in Spiegel Online, 7. April 2012.)
  • mit James A. Robinson: The Narrow Corridor. State, Societies, and the Fate of Liberty, Penguin, New York 2019. Auf deutsch: Gleichgewicht der Macht. Der ewige Kampf zwischen Staat und Gesellschaft, aus dem Englisch von Bernhard Jendricke et al., S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019, ISBN 978-3-10-397336-5.

Weblinks

Commons: Daron Acemoğlu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Archivierte Kopie (Memento vom 29. April 2015 im Internet Archive)
  2. Daron Acemoglu | MIT Economics. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  3. Istanbul-born MIT professor named world’s most influential economist - Latest News. 26. September 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. September 2021; abgerufen am 30. Januar 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hurriyetdailynews.com
  4. Robert Shimer: Daron Acemoglu: 2005 John Bates Clark Medalist. In: Journal of Economic Perspectives. Band 21, Nr. 1, 1. Januar 2007, ISSN 0895-3309, S. 191–207, doi:10.1257/jep.21.1.191.
  5. Daron Acemoglu - Premios Fronteras. 4. November 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. November 2017; abgerufen am 30. Januar 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.frontiersofknowledgeawards-fbbva.es
  6. Institutions matter, a lot. In: The Economist. ISSN 0013-0613 (economist.com [abgerufen am 30. Januar 2023]).
  7. Managers must learn why workers deserve a fair share of the spoils. In: Financial Times. 11. Januar 2023 (ft.com [abgerufen am 30. Januar 2023]).
  8. Daron Acemoglu: Environmental Tariffs Could Be a Game Changer | by Daron Acemoglu. 25. Juli 2022, abgerufen am 30. Januar 2023 (englisch).
  9. Economics Professors' Favorite Economic Thinkers, Journals, and Blogs (along with Party and Policy Views) · Econ Journal Watch : Economists, favorite economists, economics journals, economics blogs, party, voting, policy views, survey, Adam Smith. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  10. Economist Rankings | IDEAS/RePEc. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  11. Open Syllabus: Explorer. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. September 2022; abgerufen am 30. Januar 2023 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/opensyllabus.org
  12. Daron Acemoglu named Institute Professor. Abgerufen am 12. Dezember 2019.
  13. Past Editors and Co-editors of Econometrica | The Econometric Society. Abgerufen am 7. Juni 2020.
  14. National Academy of Sciences Members and Foreign Associates Elected. (Memento vom 18. August 2015 im Internet Archive) Pressemeldung der National Academy of Sciences (nasonline.org) vom 29. April 2014
  15. NBER Working Papers. 8460, 2001; publiziert als: Daron Acemoglu, Simon Johnson & James A. Robinson: Reversal Of Fortune: Geography And Institutions In The Making Of The Modern World Income Distribution. In: Quarterly Journal of Economics. v107, 4. November 2002, S. 1231–1294.
  16. Pranab Bardhan (2005), Scarcity, Conflicts and Cooperation: Essays in Political and Institutional Economics of Development (Memento vom 9. Oktober 2012 im Internet Archive), MIT Press, S. 4.
  17. Clarivate Reveals Citation Laureates 2022 – Annual List of Researchers of Nobel Class. In: Clarivate. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).

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