Darius der Meder

Darius (so lateinisch nach aramäisch דָרְיָוֶשׁdarjawesch) oder Dareios der Meder (d. h., aus Medien) ist ein im biblischen Buch Daniel erwähnter Herrscher, der am Ende des 70-jährigen Exils der Juden in Babylon aufgetreten sein soll. Über seine Identität gibt es wenig eindeutige Aussagen.

Nach dem Ende des Babylonischen Großreiches soll er die Herrschaft über das „Königreich der Chaldäer“ übernommen haben (Dan 9,1 ). Laut dem Buch Daniel (Dan 6,1 ) war er zu diesem Zeitpunkt 62 Jahre alt und Nachfolger von Belsazar. Im Kapitel 9 (Dan 9,1 ) wird Darius als Sohn des Ahasveros bezeichnet. Der auch im Buch Ester (Est 1 ) genannte Ahasveros wird meist mit Xerxes identifiziert.

Im Danielbuch wird anscheinend angenommen, dass „Darius der Meder“ bereits vor Kyrus dem Großen geherrscht hat, der aus biblischen und nichtbiblischen Quellen als König Persiens und Eroberer Babylons (538 v. Chr.) bekannt ist. So ist jedenfalls die Nennung von Darius und dem „Perserkönig Kyros“ in Dan 6,29  sowie die Abfolge von Dan 9,1  und Dan 10,1  am einfachsten zu verstehen. Mit dieser, durch keine außerbiblischen Quellen gestützten Annahme ergibt sich eine Abfolge von „Medern und Persern“ als Nachfolgern des letzten babylonischen Königs, die der Weissagung von Dan 5,28  entspricht.

Aus Keilschrifttexten geht hervor, dass Kyros nicht sofort nach der Eroberung Babylons den Titel „König von Babylon“ annahm; Historiker gehen davon aus, dass Kyros jenen Titel einem Vasallen, auch Satrapen genannt, übertrug, der sein Statthalter in Babylon wurde. Darius setzte laut Bibelbericht seinerseits 120 Satrapen (Statthalter) über das ehemalige Königreich Babylon ein. Überdies wurde im Altertum der Titel „König“ nicht nur auf Monarchen angewandt, sondern auch auf regionale Herrscher, Statthalter oder Vasallen.

Einige Historiker identifizieren mit Darius einen Mann namens Gubaru, der am wahrscheinlichsten mit Gobryas I. zu identifizieren ist.[1] Gubaru wurde von Kyros zum Statthalter in Babylon eingesetzt und regierte gemäß antiken Quellen mit großer Macht und Eigenständigkeit, sodass die Bezeichnung „König“ auf ihn passen würde und dass „Darius“ nur eine weitere Herrschertitulatur im Sinne der persischen Bedeutung – „der Mächtige“ – darstellt.[2]
In diesem Falle ist Darius der Meder nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Königen der Achämenidendynastie, Dareios I., Dareios II. und Dareios III.

Da das Buch Daniel nach überwiegender Ansicht der heutigen Forschung erst um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstand, ist aber auch denkbar, dass der unbekannte Verfasser des Textes über die Geschichte des 6. Jahrhunderts nicht zuverlässig orientiert war und Darius/Dareios mit Kyros II. verwechselt hat.

Literatur

  • Richard N. Frye: DARIUS ii. Darius the Mede. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. Band 7, 1996, ISBN 1-56859-028-8, S. 40–41 (englisch, iranicaonline.org, Stand: 17. November 2011 [abgerufen am 14. Februar 2016] inkl. Literaturangaben).

Einzelnachweise

  1. William H. Shea: Darius The Mede: An Update. Andrews University Seminary Studies. Herbst 1982. Jahrgang 20, Nr. 3, S. 229–247.
  2. Gobryas 1. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – inkl. Literaturangaben). Siehe auch „Ugbaru“ in den Artikeln Gutians. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – inkl. Literaturangaben). und Babylonia i. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – inkl. Literaturangaben).