Dao

Dào
Dao
Dao
Chinesische Schreibung
Langzeichen
Kurzzeichen
Pinyindào (dao4)
Wade-Gilestao4 (tao4)
Jyutpingdou6 (dou6)
Japanische Schreibung
Go-on-Lesung
Kanji[1][2]
Kanaどう
Hepburn
Kunrei
Kan-on-Lesung
Kanji
Kanaとう
Hepburn
Kunrei
Kun-Lesung
Kanji
Kanaみち
Hepburnmichi
Kunreimichi
Koreanische Schreibung
Hangul
Hanja
R.R.do
M.R.to
Yaleto
Vietnam. Schreibung
Quốc Ngữđạo (dao)
Chữ nôm

Dào (chinesisch , Pinyin dào, Jyutping dou6)[3][4] heißt wörtlich übersetzt „Weg“, „Straße“, „Pfad“ und bedeutet im entsprechenden Kontext auch „Methode“, „Prinzip“, „der rechte Weg“, Lehre oder Schule – im Sinne einer Denkrichtung u. v. A., was dem Wort im Konfuzianismus entspricht. Die Übersetzung nähert sich nur sehr grob an den abstrakten Gehalt des Wortes im daoistischen Kontext an, denn das Dàodéjīng des Lǎozǐ stellte das Dào zum ersten Mal als eine Art von transzendenter höchster Wirklichkeit und Wahrheit dar.

Schriftzeichen

Das chinesische Schriftzeichen für Dao (, dào, tao, Jyutping dou6) setzt sich aus dem Zeichen shou (, shǒu, Jyutping sau2)[5][6], das für sich „Haupt“ (formal für „Kopf“) bedeutet, und einem so genannten Radikal oder Determinativ chuo ( /, chuò, Jyutping coek3) mit der Bedeutung von „gehen / stampfen“ zusammen.[7][8]

Bedeutungen

Dào ist unübersetzbar

Traditionellerweise wird Dào mit „Der Weg“ wiedergegeben. Die moderne Sinologie erachtet es aber für besser, es als eigenständigen Begriff unübersetzt zu gebrauchen, da die Inhalte für ein Wort zu umfassend seien.

『吾不知其名。
字之曰道』

Ich kenne seinen Namen nicht,
darum nenne ich es „Dào“.

(aus Kapitel 25 des Dàodéjīng (道德經) von Lǎozǐ (老子))
Taiji – Das Symbol für das universelle Yin und Yang

Auch im Chinesischen – so wird von Autoren gesagt – gehe die Bedeutung des Dao über Worte hinaus. Dao werde von unterschiedlichen Schulen und Kulten unterschiedlich verwendet. Worte gehörten zu den flüchtigen Erscheinungen der Sprache. Die Sprache könne keine Vorstellungen vermitteln über eine Wirklichkeit, die sich ständig verändere. Das Dao sei tief verwurzelt im chinesischen Denken und in den Lebensgewohnheiten. Konfuzianisten, Buddhisten und Daoisten sprächen alle von der gleichen Sache, auch wenn sie das Dao verschieden erläuterten.[9] Dazu eine daoistische Weisheit von Meister Zhuangzi:

„Worte sind da, um Gedanken zu vermitteln; wir wollen die Gedanken behalten und die Worte vergessen.“[10]

Dào in westlich-philosophischen Begriffen

Dào bezeichnet in der daoistischen chinesischen Philosophie ein ewiges Wirk- oder Schöpfungsprinzip, das für den Ursprung der Einheit und Dualität und damit für die Entstehung der Welt (Die „Zehntausend Dinge“) verantwortlich ist. Aus Dào entstehen die Polaritäten Yīn und Yáng und dadurch die Gegensätze, aus deren Zusammenspiel sich Wandel, Bewegung und gegenseitige Durchdringung und dadurch die Welt ergibt. Dào ist allumfassend und meint sowohl die dualistischen Bereiche der materiellen Welt als auch die transzendenten jenseits der Dualität. Das Dào ist also sowohl ein Prinzip der Immanenz als auch der Transzendenz. Es stellt den höchsten Seinszustand dar. In seiner transzendenten Funktion, als undifferenzierte Leere, ist es die Mutter des Kosmos, als immanentes Prinzip das, was alles durchdringt (vergleiche „das Eine“ der antiken griechischen Philosophie).

Lǎozǐ über Dào

Lǎozǐ – der Vater der dàoistischen Lehre – fand bereits eine alte Lehre vom Dào vor. Ihm gefiel an dieser alten Lehre, dass das Dào als etwas Reines aufgefasst werden konnte, die „Zehntausend Dinge“ (das Vorhandene) aber als mangelhaft. Er entschied sich, in der Reinheit des Dào zu leben, und entwickelte daraus die Idee vom Zusammenhang zwischen Sein und Nichtsein, der die große Einheit des Lebens schafft. Im Sinne dieses lebendigen Zusammenhanges von Widersprüchlichem erläuterte er das Dào oft in gegensätzlichen Ausdrücken.

Gemäß Lǎozǐ bringt das Dào die Einheit hervor, die Einheit bringt die Zwei hervor, diese dann die Drei und diese schließlich die manifestierte Welt der zehntausend (≅ gemeint ist: unzählige, unendliche, aller) Dinge (萬物 / 万物, wànwù). Das kann darauf hindeuten, dass das Dào die Potentialität aller Formen ist, denn es ist mehr als die Einheit. Gleichzeitig steht es für die Kraft, die den ganzen Schöpfungsprozess und die Schöpfung durchzieht. Da das Dào alles umfasst, auch die Gegensätze von Leere ( / , ) und Dasein (, yǒu), ist es mit westlich-philosophischen Begriffen eigentlich nicht zu beschreiben. So haftet den Erklärungen der chinesischen Philosophie immer das Paradoxe an. Es kann z. B. vom Dào nicht gesagt werden, es besitze eine Existenz, denn das hieße, seine Nicht-Existenz oder Leere auszuschließen; doch sagte man, es existiere nicht, so würde man seine Erscheinung in der Fülle der manifestierten Welt leugnen.[11]

Zhuangzi über das Dào

Zhuangzi, der Verfasser des traditionellen dàoistischen Standardwerkes Das wahre Buch vom südlichen Blütenland, entschied sich für eine andere Variante der bereits vorhandenen Dào-Lehre: Er verstand das Dào vor allem als das Bewegende und als das Prinzip des Lebens. Das Dào bestimmt den Weg der Welt und bewegt alle Dinge. Die „Zehntausend Dinge“ verändern sich ständig. Das Dào ist unfassbar weit und ohne Form. Es vereint Tod und Leben, es verbindet Himmel und Erde und ist durch Erleuchtung erreichbar.

Die „Zehntausend Dinge“ verbindet das Dào auf eine solche Art, dass man sich dem Einzelnen nicht mehr zuwenden möchte. Die Betonung des Dào als Bewegung schlug sich in seiner Entscheidung für Darstellungen seiner Auffassungen in Gesprächen nieder und auch in seiner Betonung der Möglichkeiten des Menschen, sich verändern zu können.[12]

Dào in der Literatur

In den Begriffen der klassischen daoistischen Literatur erscheint das Dào als unergründlicher, weiter und ewiger reiner Geist, die Mutter des Kosmos. Auch ist es das alles Durchdringende, das Umfassende und das Ziel der Existenz, selbst Nichtsein, aber auch der Ursprung des Daseins. Es wirkt ohne Aktivität und Absicht, die Dinge gehen aus ihm hervor und erhalten ihre Ordnung. Das Dào verursacht jeglichen Wandel und ist doch selbst leer und ohne Aktivität. Es ordnet, ohne zu herrschen, und jedes Wesen und jedes Ding besitzt sein eigenes Dào, seinen eigenen Weg, weshalb es als weise angesehen wird, dem Dào zu folgen, indem man Nichthandeln, Wúwèi (無爲 / 无为), praktiziert, denn das Dào ordnet von selbst, und man sollte in diese natürliche Ordnung nicht eingreifen.

Dào ist irrational

Das Dào ist am ehesten als ein allumfassendes Prinzip zu verstehen, rein rational unzugänglich. Der Mensch soll es möglichst wenig durch bewusstes Handeln und Streben stören, sondern in mystisch-intuitiver Weise mit dem Gesetz im Einklang leben. Doch nicht nur der Mensch hat Teil am Dào, sondern jedes Ding und Wesen hat sein eigenes Dào, seinen eigenen Weg. Jedes Wesen ist auf seinem Weg einmalig in seinen Wandlungen und Entwicklungen, und durch den ständigen Fluss offenbart sich das Dào als Bewegung und Wandlung, die auf die Erfahrung von Existenz hindeutet und nicht auf das Verständnis starrer intellektueller Konzepte.

Dào im I Ging

In den Kommentaren zum I Ging (易經 / 易经, Yì Jīng) wird dieses Urprinzip Tàijí (太極 / 太极) genannt. Den Begriff Dào führte Lǎozǐ im Dàodéjīng als Synonym für Tàijí ein. Allerdings existierte er schon vor dem Dàodéjīng, und auch Konfuzius (孔子, Kǒngzǐ) benutzt ihn, allerdings im Sinne von „der (rechte) Weg zu handeln“. Erst Lǎozǐ gab dem Begriff Dào die umfassende Bedeutung des absoluten Wirkprinzips.

Dào im Hán Fēizǐ

Der Philosoph Han Fei sah im Dào den „Anfang aller Dinge und das Maß für Richtig und Falsch“ sowie etwas, dass „existiert, ohne gesehen zu werden, und Anwendung [findet], ohne erkannt zu werden“. Deshalb empfahl er als Richtschnur für einen guten Herrscher. Ein Regent solle Han Feis Ansicht nach in Ruhe verharren und seine Umgebung beobachten, jedoch sowenig wie möglich selbst aktiv werden. Daraus könne er den Charakter der ihn Umgebenden erkennen.[13]

Weitere umfassende Prinzipien

In der Geschichte des Daoismus gerieten auch noch andere Gestaltungen umfassender Prinzipien mit dem Dào in Verbindung. So ist es Tàixū (太虛), die große Leere, wie auch Tàiyì (太易), das Wandlungsprinzip, und in einer begrenzten Form auch Tiān (天), der Himmel, Quelle und Ausdruck der Ordnung. Das Dào als immanentes Prinzip, das alles Sein durchdringt, ist ein Prinzip der Wandlung (, ) und des Fließens ( / , ), jedoch nicht in chaotischer Form, denn das Dào bewirkt auch die natürliche Ordnung der Dinge, und die Wandlungen des Dào sind zyklisch.

In der traditionellen chinesischen Kultur ist Dào ein Schlüsselprinzip für viele Bereiche der Wissenschaft und der Kunst (z. B. KampfkunstWushu, Medizin, Kriegskunst, Malerei, Kalligraphie, Teezeremonie).

Schlüsselprinzip chinesischer Kultur

In den japanischen Künsten ist die Namenssilbe DŌ (=Dào,), neben ihrer wörtlichen Bedeutung „Weg“, auch ein Hinweis auf die spirituellen Dimensionen und den Einfluss des Dào auf die Praxis der einzelnen Disziplinen, z. B. Budō (武道), Bushidō (武士道), Kendō (剣道), Iaidō (居合い道), Kyūdō (弓道), Aikidō (合気道), Jūdō (柔道), Sadō (茶道), Shodō (書道) und Kadō (花道).

Durch die Auflösung der Gegensätze (z. B. durch daoistische Meditation) kann der Dào-Praktizierende (siehe Daoismus) Dào erfahren – beschreiben kann man Dào nach Lǎozǐ jedoch nicht.

道可道非常道
名可名非常名
無名天地之始
有名萬物之母

Das nennbare Dào ist nicht das absolute (ewige/dauerhafte) Dào.
Der nennbare Name ist nicht der absolute (ewige/dauerhafte) Name.
Das Namenlose ist der Ursprung des Universums (von Himmel und Erde).
Das Benannte ist die Mutter aller Dinge (der zehntausend Dinge).

(aus Kapitel 1 des Dàodéjīng (道德經) von Lǎozǐ (老子))

Literatur

  • Gellért Béky: Die Welt des Tao. Seite 217 bis 243: Bibliographie verzeichnet die wichtigsten europäischen und amerikanischen Veröffentlichungen zum Thema. Verlag Karl Alber, Freiburg / München 1972
  • Jean C. Cooper: Was ist Daoismus? Der Weg des Tao – eine Einführung in die uralte Weisheitslehre Chinas. Übers. aus dem Engl. von Ulli Olvedi. Barth: Bern/München/Wien 1993. 175 S. ISBN 3-502-62112-8
  • Lukas Maria Weber: Nietzsche und Dao. Der Weg von der Wahrheit zur Weisheit. Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie, 33. Sonnenberg, Annweiler 2013, ISBN 3-933264-72-3

Weblinks

Wiktionary: Dao – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Begriff „do / to ()“: [1] auf tangorin.com, abgerufen am 2. März 2018 – Online (englisch, japanisch)
  2. Begriff „do / to ()“: [2] auf wadoku.de, abgerufen am 2. März 2018 – Online (deutsch, japanisch)
  3. Begriff „dao ()“: [3] auf zdic.net, abgerufen am 2. März 2018 – Online (chinesisch, englisch)
  4. Begriff „dao ()“: [4] auf leo.org, abgerufen am 2. März 2018 – Online (deutsch, chinesisch)
  5. Begriff „shou ()“: [5] auf zdic.net, abgerufen am 9. März 2018 – Online (chinesisch, englisch)
  6. Begriff „shou ()“: [6] auf leo.org, abgerufen am 9. März 2018 – Online (deutsch, chinesisch)
  7. Begriff „shou ()“: [7] auf zdic.net, abgerufen am 9. März 2018 – Online (chinesisch, englisch)
  8. Begriff „shou ()“: [8] auf dict.revised.moe.edu.tw, abgerufen am 9. März 2018 – Online (chinesisch)
  9. Vgl. Philip Rawson u. Laszlo Legeza: Tao. Die Philosophie von Sein und Werden. München/Zürich 1974, S. 7–10.
  10. Zhuangzi, Kap. XXXI.
  11. Vgl. Richard Wilhelm: Einleitung zu Laotse: Tao Te King – Das Buch des Alten vom Sinn und Leben. Düsseldorf/Köln 1952, S. IV4-XXIII23. - Alexander Noll: Frauen im Dào . Frauenrollen im alten China-abseits der Mainstreams. München 2016., S. 32.
  12. Vgl. Richard Wilhelm: Einleitung zu Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 7–26.- Alexander Noll: Frauen im Dào . Frauenrollen im alten China-abseits der Mainstreams. München 2016., S. 32.
  13. Die Kunst der Staatsführung. Die Schriften des Meisters Han Fei. Aus dem Altchinesischen übersetzt von Wilmar Mögling, Komet Verlag, Köln 1994, ISBN 978-3-89836-675-5, S. 41 ff.

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the Chinese character 道 dao in Taoism (font: SungTi or MingTi or Mincho)
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This is the Taijitu (太極圖), with black representing yin and white representing yang. It is a symbol that reflects the inescapably intertwined duality of all things in nature, a common theme in Taoism. No quality is independent of its opposite, nor so pure that it does not contain its opposite in a diminished form: these concepts are depicted by the vague division between black and white, the flowing boundary between the two, and the smaller circles within the large regions.