Dampfheizung (Eisenbahn)

Die Dampfheizung dient zum Beheizen von Personenzügen der Eisenbahn in der kalten Jahreszeit. Für den Betrieb wird allgemein ein Dampferzeuger sowie eine Hauptdampfleitung (mit 50 mm Durchmesser) mit Dampfheizkupplungen benötigt. Der Dampferzeuger befindet sich entweder direkt auf der Lokomotive oder in einem mitgeführten Heizwagen, letzteres konnte bei sehr langen Zügen und besonders niedrigen Außentemperaturen zusätzlich notwendig werden, wenn der von der Lokomotive gelieferte Dampf nicht mehr ausreichte. Zur Versorgung von abgestellten oder bereitstehenden Reisezügen gibt es Vorheizanlagen mit stationärem Dampferzeuger, beispielsweise in Form von abgestellten Heizloks. Die Dampfheizkupplungen verbinden die Hauptdampfleitung sowohl zwischen Lokomotive und Wagen, als auch die Leitungen der Wagen untereinander. Güterwagen dürfen an der Spitze von Reisezügen nur dann eingestellt werden, wenn sie über eine Hauptdampfleitung verfügen. Der Dampf gelangt vom Heizkessel über die Dampfheizkupplungen mit einem Heizdampfdruck von 3,5 bar zu der Hauptdampfleitung der Personenwagen. Beim Vorheizen der Züge oder bei strengem Frost wird der Heizdampfdruck auf bis zu 4,5 bar erhöht. Sicherheitsventile begrenzen außerdem den vom Heizkessel erzeugten Dampfdruck auf etwa 5 bar.

Geschichte

Dampfheizungskupplung (mittig) an einem ehemaligen Bahndienstwagen, 2014

In der Frühzeit der Eisenbahn wurden die Reisezugwagen mit kohlebefeuerten Einzelöfen beheizt, was einerseits einen hohen Personalaufwand erforderte und andererseits auch bei Abteilwagen nur bedingt praktikabel war, da sich die Wärme in den vielfach unterteilten Wagen kaum verteilte. Hinzu kam die Brandgefahr in den damals überwiegend aus Holz bestehenden Wagenkasten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man daher, den Dampf der Lokomotive zur Beheizung der Wagen zu nutzen. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes wurde es notwendig, international einheitliche Systeme festzulegen, um einen grenzüberschreitenden Einsatz der Wagen zu ermöglichen. Mit der fortschreitenden Ersatz der Dampflokomotiven durch die Elektrifizierung und die Umstellung auf Dieselbetrieb nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Heizdampf nicht mehr automatisch zur Verfügung und es musste über neue Heiztechniken nachgedacht werden.[1]

Mitte der 1990er Jahre verkehrten die letzten normalspurigen planmäßigen Personenzüge, die mit Dampfheizung beheizt wurden. Abgelöst wurde diese bei den Diesellokomotiven durch die ersten Lokomotiven mit „Zentraler Energieversorgung“ (Zugsammelschiene) ab etwa 1966. Die zentrale Energieversorgung arbeitet in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Regel mit einer Wechselspannung von 1000 V 16,7 Hz (früher 1000 V 16 2/3 Hz).[2] Sie übernimmt neben der Heizung des Fahrgastraumes auch die Versorgung aller elektrischen Verbraucher der Personenwagen. Die Dampfheizung fand schwerpunktmäßig bei Dampf- und Diesellokomotiven Verwendung. Während der nötige Dampf bei Dampflokomotiven direkt aus dem Kessel entnommen wurde, befand sich auf Diesellokomotiven ein spezieller Dampferzeuger.

Hochdruck- und Niederdruckdampfheizung

Unterschieden wird zwischen Hochdruck- und Niederdruckheizung. Bei der Hochdruckdampfheizung ist die Hauptdampfleitung in das Wageninnere verlegt. Die Temperaturregelung ist durch den Eingangsdruck des Heizkessels oder mit Hilfe von abschirmenden Klappen möglich. Die Niederdruckdampfheizung verfügt über einen Dampfeinlassregler, der den Heizkörpern im Wageninneren ein Dampf/Luftgemisch zuführt. Der Dampfeinlassregler dient außerdem dazu, das entstehende Kondensat abzuführen. Die Regelung erfolgt bei den Niederdruckdampfheizungen über ein Stellventil im Fahrgastraum, außerdem kann ein Thermostat die Höchsttemperatur begrenzen. Die Bauart der Heizung ist am Langträger der Personenwagen in Form von Abkürzungen angeschrieben. Es bedeuten:

  • Hhz 00– Hochdruckdampfheizung
  • Hhzk 0– Hochdruckdampfheizung mit verstellbaren Klappen
  • Lhz 0– Luftfheizung
  • Nhz 00– Niederdruckdampfheizung
  • Nhhz 0– Vereinigte Niederdruck- und Hochdruckdampfheizung
  • Nuhz 0– Niederdruck-Umlaufdampfheizung
  • Nuhzs 0– Niederdruck-Umlaufdampfheizung (selbstregelnd mit Hilfsenergie, 24 V)
  • Nkohz – Niederdruck-Kondensatheizung

Die Dampfheizung war bei Innentemperatur der Reisezugwagen unter 18 °C, sowie während der international festgelegten Hauptheizzeit vom 1. September bis zum 15. Juni in Betrieb zu nehmen (bei der DR lag der Grenzwert zeitweise bei 15 °C, gemäß Dienstvorschrift 926)[3].

Heizkesseltypen

Bei den Diesellokomotiven der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn kamen als Kesseltypen Abgaskessel mit Zusatzbrenner, Rauchrohrkessel sowie Zwangsdurchlaufkessel zur Anwendung. Im Einzelnen waren dies:

  • bei den DB Baureihen 211/212/213 Zwangsdurchlaufkessel der Bauart Vapor-Heating Typ Ok 4610
  • bei den Baureihen DB 215/DB 216/221/DB 230 Zwangsdurchlaufkessel der Bauart Vapor-Heating Typ Ok 4616
  • bei der DB V200.0 Rauchrohrkessel der Firma MAN mit Körting-Ölfeuerung
  • bei der Lokomotive DB 232 001 (ex V320 001) Zwangsdurchlaufkessel Vapor-Heating Typ Ok 4625
  • bei der DB 265 Abgaskessel mit Zusatzbrenner
  • bei den Baureihen DR V100 (später 202) und DR V180 (später 228) Rauchröhrenkessel der Bauart Köthen

Neben der Versorgung der Zugheizung war mit diesen Kesseln außerdem die Erwärmung des Motorkühlwassers, sowie die Erwärmung des Speisewassers möglich. Das Kühlwasser wird vorgewärmt um einen Kaltstart des Dieselmotors zu vermeiden. Zur Vermeidung der Bildung von Kesselstein wird dem Speisewasser des Kessels sogenanntes Aufbereitungsmittel zugesetzt. Die Dosierung erfolgt nach einem Dosierungsnachweis.

Zum Warmhalten des Motors während der kalten Jahreszeit, sowie zum Vorwärmen des Kühlwassers des Motors verfügen die oben aufgeführten Lokomotiven über einen sogenannten Dreikreiswärmetauscher. In ihm liegen die Leitungen der Kreisläufe Motorkühlwasser, Speisewasser und Dampf direkt nebeneinander und geben ihre Wärme gegenseitig ab. Durch diese technische Einrichtung wird ein Warmhaltebetrieb der Lokomotive ermöglicht, da die drei Kreisläufe ihre Wärme solange aneinander abgeben, bis die Temperaturen im Gleichgewicht sind.

Energieeffizienz

Theoretisch bringt die Dampfheizung einen Vorteil, da bei Lokomotiven mit Verbrennungsmotoren Energie unmittelbar aus der Motorenkühlung entnommen werden kann. Die notwendigen Drücke und Temperaturen um 160 °C sind jedoch mit den Kühlsystemen der Dieselmotoren nicht kompatibel, so dass Wärmepumpen oder ein zusätzlicher Brenner benötigt werden.

Weiterhin muss regelungstechnisch bedingt immer ein gewisser „Leistungsüberschuss“ vorgehalten werden, der zumindest teilweise über die Leitungen als Wärmeverlust verloren geht.

Nicht zuletzt gelingt es in der Praxis nur sehr selten, sämtliche Verbindungen völlig abzudichten; das Ergebnis ist ein ständiger Verlust von Dampf, unabhängig von der abgerufenen Heizleistung.

Die elektrische Heizung per Zugsammelschiene ist zwar theoretisch – bei Diesellokomotiven – weniger effizient, jedoch wird hier nur die tatsächlich „verheizte“ Energie eingespeist. Bei Elektrolokomotiven ändert sich die Bilanz noch mehr zugunsten der Elektroheizung.

Unfallgefahren

Die Dampftemperatur beträgt bei den Dampfheizungen der Schienenfahrzeuge bis zu 160 °C. Dampf dieser Temperatur kann zu schmerzhaften Verbrühungen führen. Nach dem Schließen der Absperrhähne der Dampfheizkupplungen befindet sich in diesen noch der volle Heizdampfdruck von bis zu 4,5 bar. Dampfheizkupplungen dürfen nur in drucklosem Zustand getrennt werden. Erreicht wird dies durch rechtzeitiges Schließen der Dampfzufuhr vom Triebfahrzeug. Des Weiteren ist vor dem Trennen die Verbindung der Kupplungen vorsichtig zu öffnen. Danach sind die Kupplungen in der Form wegzudrücken, dass zwischen ihnen ein Spalt entsteht, durch den eventuell vorhandener Restdruck entweichen kann. Arbeiten oder Inbetriebnahmen dürfen nur von unterwiesenem Personal durchgeführt werden. Die Heizkessel unterliegen den Vorschriften für Landdampfkessel.

Einzelnachweise

  1. Ralf Roman Rosberg (Hrsg.): Deutsche Eisenbahnfahrzeuge von 1838 bis heute. Springer, Düsseldorf 1988, ISBN 978-3-642-95771-0, S. 319–320.
  2. Bahnen ändern Frequenz. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 11. Minirex, Luzern 1995. S. 460.
  3. BahnExtra, 2/2023 (Artikel "Winterdampf"), GeraMond-Verlag, München, 2023

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Autor/Urheber: Christian Liebscher, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Stirnfront eines ehem. Bahndienstfahrzeuges mit Dampfheizung im DB Museum Koblenz-Lützel.