Cynegils

Cynegils (auch Kynegils, Cinegils, Cinegels, Cinigels, Cynegisl, Cynigislo; † um 642) war von 611 bis um 642 König der Gewissæ, einer Volksgruppe, die im späten 7. Jahrhundert als „Westsachsen“ das angelsächsische Königreich Wessex bildete.[1] Cynegils war der erste getaufte König der Gewissæ.[2]

England um 600 n. Chr.

Leben

Familie

Er stammt aus dem Haus Wessex. Als Vater werden Ceol,[3] Ceolwulf,[4] oder Cuthwine[5] angegeben.[6] Üblicherweise wird Ceol als Vater Cynegils angesehen. Dass auch Ceolwulf, dessen „Rufname“ ebenfalls „Ceol/Ceola“ gelautet haben mag, einen Sohn namens Cynegils hatte, wird für eine Verwechslung Ceols und Ceolwulfs durch mittelalterliche Schreiber gehalten.[7]

Cynegils hatte vier Kinder:[2]

Herrschaft

Als Cynegils' Vater König Ceol 594/597 starb, war er möglicherweise noch zu jung um die Nachfolge anzutreten, sodass zunächst sein Onkel Ceolwulf (594/597–611) König wurde.[9] Cynegils kam im Jahr 611 als Nachfolger Ceolwulfs an die Macht und beteiligte seinen Sohn Cwichelm (611?–636) möglicherweise bereits 611[12] an der Herrschaft.[2]

Archäologische Funde aus der Zeit um 600 weisen auf ein für diese Zeit bedeutendes Königtum hin. Fundstücke belegen Kontakte zum Königreich Kent, ins Frankenreich und sogar bis nach Byzanz.[13] 614 gelang Cynegils und Cwichelm ein wichtiger Sieg gegen die Briten bei Beandun (Lage unbekannt, vielleicht Bampton in Oxfordshire oder Bindon in Dorset) in der 2046 Briten[14] fielen. Um 617 kam es zu einem Krieg gegen das Königreich Essex, in dem drei Könige von Essex, die Brüder Sexred, Sæward und ein Weiterer, fielen.[2] Cynegils' Sohn Cwichelm ließ 626 ein erfolgloses Attentat auf den northumbrischen König Edwin, der Oswald ins Exil getrieben hatte, verüben. Edwin unternahm eine Strafexpedition gegen die Gewissæ, in dem fünf westsächsische „Könige“ und zahlreiche Krieger fielen.[15] Die Schlacht von Cirencester 628[16] gegen den aufstrebenden Penda von Mercia verlief ebenfalls wenig erfolgreich und endete mit einem Friedensvertrag.[17] Dieser Vertrag sah offenbar die Heirat von Cynegils Sohn Cenwalh mit der Schwester Pendas vor. Auch die Vorherrschaft über die Region um Cirencester im Königreich Hwicce, wo sowohl Angeln als auch Sachsen siedelten, ging an Mercia über. Darin scheint einer der Gründe für die seither südwärts gerichtete Expansion der Gewissæ zu liegen.[2] Diese Schlacht war der Beginn der Rivalität zwischen Wessex und Mercia, die sich bis ins 9. Jahrhundert hinzog.[18]

Cynegils' Sarg in der Kathedrale von Winchester

634 ließ der heidnische Cynegils in seinem Land die Mission durch den von Papst Honorius I. (625–638) zur Mission Englands entsandten Birinus zu.[19] Cynegils und König Oswald von Northumbria hatten in Penda von Mercia und dem alten Königshaus von Deira gemeinsame Feinde. Um 635 schlossen sie ein Bündnis, das durch die Heirat Oswalds mit Cynegils' Tochter gefestigt wurde. Das Bündnis wurde wahrscheinlich von Oswald dominiert.[2] Im Jahr 635 war Oswald Taufpate als sich König Cynegils von Bischof Birinus[20] in Dorchester-on-Thames taufen ließ. Die Missionstätigkeit scheint nicht von Oswald ausgegangen zu sein, wenngleich Oswald an der Gründung des ersten westsächsischen Bistums in Dorchester beteiligt war. Das Gebiet um Dorchester, einer kleinen Stadt römischen Ursprungs, gilt als „Kernland“ der Gewissæ.[2] Cynegils gewährte dem Bistum Privilegien und stattete es mit Ländereien in Cyltancumbe (Chilcomb in Hampshire) aus.[21]

Cynegils starb um 642. Nachfolger wurde sein Sohn[10] Cenwalh.[2] Er wurde vermutlich in Dorchester beigesetzt und mit der Verlegung des Bischofssitzes um 660 nach Winchester überführt.

Quellen

Literatur

  • D. N. Dumville: The West Saxon genealogical regnal list and the chronology of early Wessex, Peritia, 4/1985, S. 21–66.
  • John Cannon, Anne Hargreaves: The Kings and Queens of Britain, Oxford University Press, 2009 (2. überarb. Aufl.), ISBN 978-0-19-955922-0, S. 24.
  • Barbara Yorke: Kings and Kingdoms of early Anglo-Saxon England. Routledge, London-New York 2002, ISBN 978-0-415-16639-3. PDF (6,2 MB)
  • D. P. Kirby, Alfred Smyth, Ann Williams (Hrsg.): A Biographical Dictionary of Dark Age Britain, Routledge, London-New York 1991, ISBN 978-1-85264-047-7.
  • Barbara Yorke: Wessex in the early Middle Ages (Studies in the Early History of Britain), Continuum, 1995, ISBN 978-0718518561.
  • Lapidge et al. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. Wiley-Blackwell, Oxford u. a. 2001, ISBN 978-0-6312-2492-1.
  • Sonia Chadwick Hawkes: The early Saxon period. In: G. Briggs, J. Cook, T. Rowley (Hrsg.): The archeology of the Oxford region, 1986, S. 64–108.
  • D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, London-New York 2000, ISBN 978-0415242110.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Simon Keynes: Kings of the West Saxons. In: Lapidge et al. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. Wiley-Blackwell, Oxford u. a. 2001, ISBN 978-0-6312-2492-1, S. 511–514.
  2. a b c d e f g h Barbara Yorke: Cynegils@1@2Vorlage:Toter Link/www.oxforddnb.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (kostenpflichtige Registrierung erforderlich). In: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004. abgerufen am 13. November 2011
  3. Angelsächsische Chronik zum Jahr 611
  4. Angelsächsische Chronik zum Jahr 676
  5. Angelsächsische Chronik zum Jahr 688
  6. siehe dazu: D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, London-New York 2000, ISBN 978-0415242110, S. 43ff.
  7. Barbara Yorke: Ceol@1@2Vorlage:Toter Link/www.oxforddnb.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (kostenpflichtige Registrierung erforderlich). In: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004. abgerufen am 13. November 2011
  8. Angelsächsische Chronik zum Jahr 648
  9. a b John Cannon, Anne Hargreaves: The Kings and Queens of Britain, Oxford University Press, 2009 (2. überarb. Aufl.), ISBN 978-0-19-955922-0, S. 44.
  10. a b c Angelsächsische Chronik zum Jahr 495
  11. D. P. Kirby, Alfred Smyth, Ann Williams (Hrsg.): A Biographical Dictionary of Dark Age Britain, Routledge, London-New York 1991, ISBN 978-1-85264-047-7, S. 196.
  12. Barbara Yorke: Cwichelm@1@2Vorlage:Toter Link/www.oxforddnb.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (kostenpflichtige Registrierung erforderlich). In: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004. abgerufen am 13. November 2011
  13. Barbara Yorke: Wessex in the early Middle Ages (Studies in the Early History of Britain), Continuum, 1995, ISBN 978-0718518561, S. 34–35.
  14. Angelsächsische Chronik zum Jahr 614
  15. Angelsächsische Chronik zum Jahr 626
  16. wahrscheinlich etwas später, siehe: D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, London-New York 2000, ISBN 978-0415242110, S. 68.
  17. Angelsächsische Chronik zum Jahr 628
  18. Barbara Yorke: Wessex in the early Middle Ages (Studies in the Early History of Britain), Continuum, 1995, ISBN 978-0718518561, S. 57.
  19. Angelsächsische Chronik zum Jahr 634
  20. Angelsächsische Chronik zum Jahr 635
  21. Charta S 817.
VorgängerAmtNachfolger
CeolwulfKönig von Wessex
611–um 642
gemeinsam mit Cwichelm (611?–636)
Cenwalh

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Autor/Urheber: Ealdgyth, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Mortuary chest from Winchester Cathedral, Winchester, England. This is one of six mortuary chests near the altar in the Cathedral, this one purports to contain the bones of Cynegils of Wessex, king of Wessex, who died about 643 AD. See here for more details.
English kingdoms.svg
Map of England and Wales, showing Anglo-Saxon and Celtic kingdoms as of c. 600. Redrawn from a map in James Campbell, The Anglo-Saxons, Penguin Books, 1991.