Cumhurbaşkanlığı Külliyesi

Türkischer Präsidentschaftspalast
Recep Tayyip Erdoğan im Çankaya-Palast im September 2014 (vor Eröffnung des „neuen“ Palasts und Umzug dorthin)
Empfang für Mahmud Abbas, den Präsidenten des Staates Palästina, mit kostümierten Repräsentanten historischer Turkstaaten

Der Cumhurbaşkanlığı Külliyesi,[1] zu Deutsch Präsidentschaftskomplex (auch Cumhurbaşkanlığı Sarayı, zu Deutsch: Präsidentschaftspalast) genannt, ist der Amtssitz des Präsidenten der Türkei in der Hauptstadt Ankara. Der von 2011 bis 2014 gegen einen gerichtlich angeordneten Baustopp und gegen ein Urteil des obersten Verwaltungsgerichtes erbaute Palast befindet sich auf dem Beştepe-Areal der Waldfarm Atatürks.

Geschichte und Gestaltung

Ursprünglich sollte der Bau als Ministerpräsidentenamt der Türkei dienen. Erst einige Tage nach seinem Amtseintritt als Staatspräsident ließ Recep Tayyip Erdoğan mitteilen, dass der Komplex als sein Amtssitz dienen sollte. Berichten nach mit einer Grundstücksfläche von rund 210.000 Quadratmetern und einer Gebäudefläche von 40.000 Quadratmetern,[2] etwa eintausend Zimmern und einer Bausumme von 491 Millionen Euro[3] ist er einer der größten Staatspaläste der Welt[4] und löst die vorige bereits von Mustafa Kemal Atatürk bewohnte Präsidentenresidenz, den Çankaya-Palast, ab. Der Stil lehnt sich an die seldschukische Architektur an, die mit modernen Elementen ergänzt wurde. Führender Architekt war Şefik Birkiye.

Zu der Architektur äußerte sich Erdoğan:

„Türkiye artık eski Türkiye değil. Mimari olarak Ankara bir Selçuklu başkenti mesajı vermemiz lazımdı. Binanın iç mimarisinde Osmanlı motiflerine dikkat ettik“

„Die Türkei ist nicht mehr die alte Türkei. Architektonisch gesehen war es notwendig, die Botschaft Ankaras als ‚seldschukische Hauptstadt‘ zu vermitteln. Wir haben in der Innenarchitektur auf osmanische Motive geachtet.“

Recep Tayyip Erdoğan: 5. September 2014[5]

Während in der europäischen Presse aufgrund der Dimensionen vielfach von einer Wiederbelebung osmanischer Sultanspaläste gesprochen wurde, entgegnete der bekannte Historiker und ehemalige Museumsdirektor des Topkapı-Palasts, İlber Ortaylı den Worten Erdoğans, erstens sei Ankara nie seldschukische Hauptstadt gewesen (sondern Konya), zweitens gebe es keine seldschukischen Paläste, die Seldschuken hätten eher in Brücken und Koranschulen investiert, und auch die Osmanen hätten in Sachen Palastbau eher Bescheidenheit geübt. Bezüglich der osmanischen Motive zweifelte er die Fähigkeiten von „Vorstadt-Architekten“ an.[6]

Im Januar 2015 kündigte Erdogan an, den Bau künftig als „Külliye“ zu bezeichnen, um so an ottomanische Tradition anzuknüpfen.[7] Seitdem wird der Präsidentschaftssitz auf der offiziellen Webseite des Präsidenten, Einladungen usw. als Cumhurbaşkanlığı Külliyesi bezeichnet.[8]

Schwarzbau und Kritik

Baugebiet war die vom Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk gestiftete und als grüne Lunge dienende Waldfarm im Westen der Stadt, die als Naherholungsgebiet unter besonderen staatlichen Schutz gestellt war. Die Bebauung war aus diesem Grunde stark umstritten. Umstritten war der Bau weiterhin, da der Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan vorgeworfen wurde, mit dem Bau Auflagen und Gesetze zu missachten. Trotz mehrerer Gerichtsbeschlüsse[9] samt sofortigem Baustopp ordnete Erdoğan den Weiterbau an und kommentierte im Mai 2014, „Wir tun nichts Illegales. Wenn sie [Anm.: die Opposition] sich traut, soll sie doch herkommen und es abreißen.“[10] Im Mai 2015 erklärte das oberste Verwaltungsgericht der Türkei in einem einstimmigen Votum den Bau für nicht rechtens und verwarf die grundsätzliche Baugenehmigung.[11]

Empfänge und Ereignisse

Papst Franziskus war am 28. November 2014 das erste Staatsoberhaupt, das den türkischen Präsidenten in seinem neuen Palast besuchte,[12] am 1. Dezember 2014 folgte als zweites Staatsoberhaupt der russische Präsident Wladimir Putin.[13]

Der Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu weigerte sich zunächst aus Protest, den Amtssitz zu betreten. Erst nach dem Putschversuch 2016 besuchte er den Präsidenten.[14]

Weblinks

Commons: Cumhurbaşkanlığı Sarayı – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Presidency Of The Republic Of Turkey : Home. Abgerufen am 28. März 2020.
  2. Türkischer Präsidentenpalast: 1000 illegale Zimmer für Erdogan. In: Spiegel Online, 29. Oktober 2014, abgerufen am 7. Juli 2019.
  3. Erdogans umstrittener Präsidentenpalast kostet halbe Milliarde Euro (Memento vom 5. November 2014 im Internet Archive) In: Zeit Online, 4. November 2014.
  4. Rainer Hermann: Ein neues Haus für den Sultan. In: FAZ.net, 29. Oktober 2014.
  5. İlber Ortaylı'dan Erdoğan'a tarih dersih. In: Cumhuriyet, 5. September 2014 (Erdoğan war zu dem Zeitpunkt im Flugzeug Richtung Nato-Gipfel in Graz).
  6. Ankara bir Selçuklu başkenti mi? In: Hürriyet – Kelebek, 22. September 2014.
  7. Erdogan to change Palace-name adding religious connotation. In: Hürriyet Daily News, 16. Januar 2015.
  8. Webpräsenz des Präsidenten der Türkei.
  9. Hasnain Kazim: 1000 illegale Zimmer für Erdogan. spiegel.de, 29. Oktober 2014, abgerufen am 31. Oktober 2014
  10. http://news.yahoo.com/erdogan-unveils-turkeys-controversial-presidential-palace-002523775.html
  11. AFP: Erdogans Präsidentenpalast ist ein Schwarzbau. In: FAZ.net. 26. Mai 2015, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  12. As it happened: Pope Francis in first day of historic visit to Turkey In: Hurriyet Daily News, 28. November 2014. Abgerufen am 29. November 2014. 
  13. http://www.tccb.gov.tr/haberler/170/91627/rusya-devlet-baskani-putin-cumhurbaskanligi-sarayinda.html
  14. Gespräch mit dem türkischen Oppositionsführer, NZZ, 31. Juli 2016

Koordinaten: 39° 55′ 53″ N, 32° 48′ 1″ O

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U.S. Secretary of Defense Chuck Hagel, center left, meets with Turkish President Recep Tayyip Erdogan, center right, at the Turkish presidential palace in Ankara, Turkey, Sept. 8, 2014.
Ak Saray - Presidential Palace Ankara 2014 002.jpg
Autor/Urheber: Ex13, Lizenz: CC BY-SA 4.0
New Presidential Compound in Ankara, AOÇ (Beştepe)
Recep Tayyip Erdoğan Mahmoud Abbas.jpg
Turkish President Recep Tayyip Erdoğan meeting Palestinian President Mahmoud Abbas in the Turkish presidential palace