Concordiasee (Seeland)

Concordiasee
Concordiasee (Juni 2008)
Geographische LageSachsen-Anhalt, Deutschland
Zuflüssenatürlicher Grundwasseraufgang und Stützwasser aus der Selke
Abflussaktuell keiner, zukünftig Königsauer See (Überlauf), Ablauf in den Hauptseegraben[1]
Orte am UferNachterstedt, Schadeleben
Daten
Koordinaten51° 49′ 16″ N, 11° 21′ 0″ O
Concordiasee (Seeland) (Sachsen-Anhalt)
Fläche3,5 km²
Länge2,3 km
Breite1,1 km
Umfang6,7 km
Maximale Tiefe61 m
Mittlere Tiefe29,5 m

Besonderheiten

geflutetes Tagebaurestloch

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Der Concordiasee (lat. concordiaEintracht“) ist der größte künstliche See im Harzvorland in Sachsen-Anhalt. Er befindet sich etwa acht Kilometer nordwestlich von Aschersleben und grenzt unmittelbar an die zur Stadt Seeland gehörenden Ortsteile Nachterstedt im Süden und Schadeleben im Norden.

Wegen eines Erdrutsches 2009 war er viele Jahre ganz und ist noch heute teilweise gesperrt.

Geschichte

Das Tagebaurestloch 1999

Der Name des Sees ist von der früheren Braunkohlegrube Concordia abgeleitet, welche nach dem Zweiten Weltkrieg als Tagebau Nachterstedt bezeichnet wurde. Im Jahr 1992 begann die Sanierung des Tagebaus, ab 1998 wurde das Restloch mit Wasser aus dem Fluss Selke geflutet.[2] Es entstand ein vielseitig nutzbarer See als Mittelpunkt einer sich entwickelnden Bergbaufolgelandschaft, der Freizeitlandschaft Harzer Seeland. Im Sommer 2002 erreichte der Concordiasee eine Wasserfläche von etwa 300 Hektar. Mit einer Eröffnungsfeier am 17. August 2002 wurde der See offiziell für die wassertouristische Nutzung freigegeben. Seit dem 25. Mai 2005 verkehrte auf ihm regelmäßig in der Saison ein 250 Personen fassendes Fahrgastschiff, die Seelandperle.[3] Im Sommer 2009 umfasste die Wasserfläche 350 ha. Es war das größte touristisch nutzbare Gewässer zwischen Magdeburg und Kassel sowie Braunschweig und Halle (Saale).[4] Der Höchstwasserstand sollte im Jahre 2020 bei etwa 103 m ü. NHN und einer Wasserfläche von 650 Hektar erreicht sein. Als neuer Termin für das endgültige Erreichen der 103-m-Marke wurde 2019 das Jahr 2030 genannt.[5] Die maximale Tiefe des Sees wird dann 61 Meter betragen.

Erdrutsch 2009 und Folgen

Unglücksort von Schadeleben aus gesehen, Juli 2009
Unglücksort am Concordiasee, Sommer 2012

Ereignis

Am 18. Juli 2009 rutschte gegen 4:40 Uhr im Bereich des Ortes Nachterstedt ein etwa 350 Meter langer und 150 Meter breiter Landstreifen in den entstehenden See. Dabei wurden ein Doppelhaus, ein Teil eines weiteren Doppelhauses sowie ein Straßenabschnitt mit Aussichtspunkt und Informationskiosk in die Tiefe gerissen; die abgerutschte Erdmasse wird auf 4,5 Millionen Kubikmeter geschätzt. Drei Personen starben,[6] 41 weitere Personen der Siedlung Am Ring wurden obdachlos.

Die Flutwelle drückte auf der gegenüberliegenden Seeseite das Ausflugsschiff Seelandperle aufs Ufer und der Wasserspiegel des Concordiasees stieg, wodurch sich die Seefläche vergrößerte. Das gesamte Seegebiet mit seinem unmittelbaren Umfeld wurde abgesperrt und für einige Tage zum Katastrophengebiet erklärt, weil weitere Erdabbrüche drohten.

Ursache

Der abgerutschte Standort war Teil einer Tagebaukippe aus der Zeit vor 1926, die in den 1930er Jahren zur Bebauung mit Eigenheimen freigegeben wurde.[7] Es wurde anfänglich vermutet, dass unverfüllte Strecken aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Kohle noch im Tiefbau gewonnen wurde, Auslöser des Erdrutsches sein könnten.[8][9] Als Ursache wahrscheinlicher erschien zunächst ein Setzungsfließen. Bereits während des aktiven Tagebaubetriebs kam es wiederholt zu derartigen Erdrutschen; nähere Informationen dazu sind im Artikel zum Tagebau Nachterstedt zu finden. Am 16. April 1938 (8 Tote)[10] und am 2. Februar 1959 (1 Toter)[11] kamen dabei Bergleute ums Leben.

Als Auslöser für den Erdrutsch wurde ein leichtes Erdbeben vermutet.[12][13] Ein Institut der Universität Leipzig hat sechs Minuten vor dem Eingang des ersten Notrufs in Nachterstedt eine Erschütterung von 1,0 auf der Richterskala registriert. Dieses seismische Ereignis stand am Anfang des Erdrutsches. Das Zentrum des Bebens lag außerhalb des Tagebaus. In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung sagte Mahmut Kuyumcu, Geschäftsführer der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), dass das um 4:42 Uhr registrierte Beben den Beginn einer langen Ursachenkette darstellt, die zu dem Unglück führte. Der genaue Ort des Bebens konnte noch nicht lokalisiert werden, liegt aber außerhalb des eigentlichen Tagebaus, möglicherweise im Bereich des früheren Braunkohlentiefbaus. Ein zunächst angenommenes reines Setzungsfließen schloss er aus, da die Abbruchkante sehr stabil und der bei einem Setzungsfließen zu erwartende Staffelbruch ausgeblieben sei.[14] Durch die hohe Stabilität der Abbruchkante mehrten sich die Hoffnungen der Bewohner der gesperrten Siedlung, ihre Häuser nochmals betreten zu dürfen. Die Erderschütterung war bereits länger bekannt. Das Landesbergamt Sachsen-Anhalts erklärte dazu, dass diese Messung vermutlich nichts anderes als den Zusammenbruch der mehr als zwei Millionen Kubikmeter Erdmasse dokumentiert, nicht aber ein seismisches Ereignis.[15]

Auch zwei Jahre nach dem Erdrutsch galt die Ursache als ungeklärt. In der ersten Hälfte des Jahres 2011 fanden umfassende Bohrungen und Drucksondierungen statt, um das Unglück aufzuklären und den See wieder für den Tourismus freigeben zu können. Noch immer war der See gesperrt, weil mehrere Uferbereiche hätten abrutschen könnten. 2012 sollten die Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen und wenigstens Teilbereiche wieder freigegeben werden.[16]

2016 wurde endgültig festgestellt, dass die Unglücksursache nicht in absichtlichem oder fahrlässigem Handeln begründet ist.[17] Am 29. Juni 2016 fand bei Sanierungsarbeiten ein erneuter Erdrutsch statt, bei dem rund 1,7 Millionen Kubikmeter Erde abrutschten.[18]

Folgen und weitere Entwicklung

Südwestseite des Concordiasees im August 2020 mit Blick auf die Sanierungsarbeiten
Südwestseite des Concordiasees im August 2020 mit Blick auf die Sanierungsarbeiten. Im Hintergrund der 51 km entfernte Brocken.

Auf Basis der Untersuchung des Concordiasees wurde 2013 entschieden, dass der See noch für weitere zwei Jahre gesperrt bleiben muss. Die somit zunächst zur Saison 2015 geplante Freigabe des Sees und des Badebetriebes[19] wurde aber 2014 auf unbestimmte Zeit verschoben.[20]

Bei Sanierungsarbeiten kam es am 28. Juni 2016 erneut zu einer Rutschung nahe Nachterstedt; ein Baggerfahrer konnte sich retten und wurde nur leicht verletzt. Zur Sicherheit erfolgte eine zeitweilige Sperrung der durch Nachterstedt führenden Bahnstrecke Halle–Halberstadt sowie eine zeitweilige Evakuierung von Einwohnern in der Nähe des Grubenrands.[21]

Im Jahr 2017 wurde eine Teilfreigabe für das Jahr 2019 in Aussicht gestellt.[22] Im Juli 2019 wurde die Nordseite des Sees bei Schadeleben tatsächlich wieder für den Tourismus freigegeben. Ungefähr 220 Hektar der Seefläche können seitdem wieder von Badegästen und Wassersportlern genutzt werden. Die Südseite des Sees[23] und der Uferbereich außerhalb der Badestelle am Nordufer bleiben gesperrt.[24]

Im Jahr 2026 soll laut Planungen des Sanierers LMBV die Beseitigung der Schäden der beiden Böschungsrutschungen von 2009 und 2016 abgeschlossen sein. Ab dem Jahr 2029 ist die weitere Flutung des Sees geplant, die 16 Jahre andauern soll, bis der Pegel von 103 Metern erreicht ist. Mit einer Freigabe des gesamten Concordiasees sei im Jahr 2045 zu rechnen.[25]

Nutzung

Im September 2022 nutzten zwei italienische Löschflugzeuge den Concordiasee als Löschwasserreservoir. Sie waren an der Bekämpfung eines Waldbrandes am Brocken im Harz beteiligt.[26]

Einzelnachweise

  1. Informationsblätter Concordia See – Februar 2011 (Memento vom 31. August 2012 im Internet Archive) In: investoren-neuseenland.de (PDF; 780 kB)
  2. Die Sanierung des Tagebaus Nachterstedt nach der Böschungsbewegung von 2009. Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV), Leipzig Oktober 2020 (lmbv.de [PDF; 13,1 MB; abgerufen am 2. Januar 2024]).
  3. Bergbaufolgelandschaft Nachterstedt – Harzer Seeland. (PDF; 3,6 MB) bwk-lsa.de, archiviert vom Original am 18. Juli 2011; abgerufen am 2. August 2010.
  4. Ab ans Wasser – Sommerurlaub in Deutschland kann wunderbar nass sein, openPR, 7. Juli 2009
  5. Concordiasee. In: stadt-seeland.de. Abgerufen am 27. August 2020.
  6. Erdrutsch von Nachterstedt 2009: Begraben unter 4,5 Millionen Kubikmetern Erde: Leichen bleiben verschwunden. In: mz.de. 15. Juli 2015, abgerufen am 27. Mai 2021.
  7. Lutz Geißler: Kartenmaterial zum Unglück von Nachterstedt. In: geoberg.de. 22. Juli 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Juni 2010; abgerufen am 2. August 2010.
  8. Erdrutsch reißt Haus in See. Spiegel Online, 18. Juli 2009, abgerufen am 18. Juli 2009.
  9. Wohnhäuser in Tagebausee gestürzt (Memento vom 22. Juli 2009 im Internet Archive), mdr.de
  10. Grubenunglück: Bereits 1938 starben acht Menschen. In: Mitteldeutsche Zeitung. 22. Juli 2009, abgerufen am 1. Januar 2024.
  11. Walter Emmerling: Kippenrutsch: Bergleute standen unter Schock und gerieten in Panik. In: mz.de. 19. Juli 2009, abgerufen am 27. Mai 2021.
  12. Erdbeben löste Erdrutsch in Nachterstedt aus. In: Die Welt. 27. September 2009, abgerufen am 7. Februar 2013.
  13. Axel Bojanowski: Erdrutsch von Nachterstedt: Geheimnisvolles Grollen vor dem Grauen. In: Spiegel Online. 18. Juli 2010, abgerufen am 7. Februar 2013.
  14. Interview mit dem Geschäftsführer der LMBV. In: Mitteldeutsche Zeitung, 25. September 2009.
  15. Nach dem Erdrutsch am Concordia-See in Nachterstedt gibt es Hinweise auf ein kleines Erdbeben als Ursache. In: merkur.de. 25. Juli 2009, abgerufen am 27. Mai 2021 (dpa).
  16. Erdrutsch-Drama immer noch nicht aufgeklärt. Welt Online, 14. Juli 2011, abgerufen am 18. August 2011.
  17. Nachterstedt wird zu den Akten gelegt. In: mdr.de. 23. Februar 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juni 2016; abgerufen am 2. Juni 2016.
  18. Concordiasee bei Nachterstedt: Kann im Jahr 2019 wieder gebadet werden? In: mz.de. 10. August 2017, abgerufen am 12. Dezember 2023.
  19. Hendrik Lasch: Weiter Ebbe am Concordiasee (nd aktuell). In: neues-deutschland.de. 10. Juli 2013, abgerufen am 27. Mai 2021.
  20. Ralf Böhme: Auch 2015 keine Freigabe: Geplatzte Träume am Concordia See. In: Mitteldeutsche Zeitung. mz.de, 7. April 2014, abgerufen am 27. Mai 2021.
  21. Kerstin Beier: Wieder Erdrutsch am Concordiasee. In: Mitteldeutsche Zeitung. 28. Juni 2016, abgerufen am 2. Januar 2024.
  22. Regine Lotzmann: Teilfreigabe 2019 am Concordiasee in Nachterstedt: Nun gibt es wieder eine Perspektive. In: mz.de. 12. August 2017, abgerufen am 13. Juni 2018.
  23. Badestart am Concordia-See. In: mdr.de. 13. Juli 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Juli 2019; abgerufen am 15. Juli 2019.
  24. Concordia See: Gemeinsame Medieninformation von Stadt Seeland und LMBV. Nordufer am Concordia See ab Mitte Juli 2019 offiziell freigegeben - Alle Beteiligten ziehen an einem Strang (Memento vom 21. September 2020 im Internet Archive) In: lmbv.de, 10. Juli 2019, abgerufen 18. Juli 2019 (LBMV konkret – mit Grafik des freigegebenen Bereiches).
  25. Regine Lotzmann: Sperrung des Concordia Sees bis zur vollständigen Sanierung. In: mz.de. 12. Dezember 2023, abgerufen am 12. Dezember 2023.
  26. Feuer im Harz: Einsatzkräfte sollen verstärkt am Boden helfen. Abgerufen am 7. September 2022.

Weblinks

Commons: Concordiasee – Sammlung von Bildern

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Südwestseite des Concordiasees 23.08.2020.jpg
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Südwestseite des Concordiasees im August 2020 mit Blick auf die Sanierungsarbeiten der Böschung. Im Hintergrund der Brocken.
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der Concordiasee bei Nachterstedt
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Tagebaurestloch von Nachterstedt
Das Tagebaurestloch entstand, als zu DDR-Zeiten auch dieses relativ kleine Braunkohlflöz abgebaut wurde. Nach der Auskohlung wurde zuerst der nordwestliche Bereich in ein Naturschutzgebiet umgewandelt. Zur Zeit der Aufnahme wurde gerade der restliche Bereich für ein Naherholungsgebiet vorbereitet. Die Böschungen wurden abgeschrägt und die Flutung vorbereitet.
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Unglücksstelle Concordiasee. Am frühen Morgen des 18. Juli 2009 kam es im Ortsbereich Nachterstedt zum Abbruch eines etwa 350 x 120 Meter breiten Landstreifens in den südlichen Ausläufer des entstehenden Concordiasees. An dieser Stelle klafft nun ein viele Meter tiefes Erdloch. Dabei wurden ein zweistöckiges Einfamilienhaus, ein Teil eines Mehrfamilienhauses sowie ein Straßenabschnitt und eine Aussichtsplattform mitgerissen.
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Unglücksort am Concordiasee